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🎲 Festlicher Frühling 🎲

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Silber22

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🎲 Festlicher Frühling 🎲

von Silber22 am 05.04.2023 11:02

Festlicher Frühling


Quelle: Link *klick*, Alena Koval, Zuletzt verwendet: 05.04.23

Freunde der Sonne! Der Frühling ist da!
Wie jedes Jahr stehen im Frühjahr die verschiedensten Feste an. Ob es auf Ostereiersuche geht, man sich mit christlichen Bräuchen beschäftigt oder die Farben des indischen Frühlingsfestes Holi bewundert, es gibt viel zu erleben. Doch jede:r verbringt die Tage anders.

Uns interessiert, wie eure Charaktere die frühjährlichen Feierlichkeiten verbringen. Treffen sie sich mit der Familie? Ist es ihr erstes Fest in einer anderen Kultur? Was gibt es zum Essen? Oder chillen sie ihr Leben vor der Flimmerkiste?

In diesem Thread könnt Ihr einen Text aus der Sicht von einem Eurer Charaktere posten, in dem dieser davon berichtet, wie er jene Zeit verbringt. Dabei kann es sich um eine kurze Erzählung oder um eine kleine Szene, die zum Thema frühjährliche Feste passt, handeln. Vielleicht haben die Charaktere bereits in einem Rollenspiel eines dieser Feste gefeiert, aus dem Ihr einen Ausschnitt posten möchtet?

Regeln

Der Post muss folgendes enthalten:
(- eventuelle Triggerwarnung)
- Charaktervorstellung (3-5 Sätze reichen)
- Name des Festes
- Geschichte/Ausschnitt aus einem Rollenspiel/Szene

Falls in Euren Texten mögliche Trigger, gemäß Punkt 3 des Regelwerks vorkommen, schreibt vor den Text eine aussagekräftige Triggerwarnung und setzt den Text in einen Spoiler. Die Spoilerfunktion ist ebenfalls im Regelwerk unter Punkt 3.5 erklärt.

Punkte und Preise

1. Eine Teilnehmermedaille
2. 40 EM Punkte


Ende des Events: Sonntag, 16.04.2023 23:59 Uhr


Viel Spaß beim Schreiben und Lesen der verschiedensten Erlebnisse im Frühling! ^-^



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Lapislazuli

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Light of Spring

von Lapislazuli am 06.04.2023 18:11

Light of Spring

Lost in my mind, I stumbled upon
A clearing, tranquil yet forlorn
The silence screamed, the darkness roared
Until her gaze met mine, and I soared
She knew my truth, yet held me tight
Life and death, entwined in the light.

Myriaden meiner unendlichen Existenz genügten nicht um zu verstehen, warum ich hier war. Das hier war kein Ort, an dem ich sein wollte – geschweige denn hingehörte. Es war friedlich. Doch die sanfte Stille kreischte in meinem Inneren, traf auf den nachtschwarzen Abgrund meines Geistes und verlor sich. Genauso wie ich verloren war.
Die Freiheit der Wälder ringsum schien in den Hintergrund zu rücken, nur um sämtliche Aufmerksamkeit auf diese kleine Lichtung hier zu lenken. Fast so, als wären die Bäume alte Wächter. Wächter für was – oder für wen?
Suchend sah ich mich nach dem Grund meines Daseins um, bis meine Atmung stockte und mein Herz schwer und leicht zugleich wurde.

Flüssiges Gold traf auf undurchdringlichen Obsidian, als ihr Blick den meinen erhaschte.
Und mit einem Mal wusste ich, warum ich hier war.

Dort vor mir, aus dem klammen Griff des feuchten Nebels, schälte sich eine unbekannte Gestalt. So fremd und doch so vertraut, dass mich meine Beine automatisch zu ihr trugen. Mit jedem meiner Schritte zerstob der Nebel weiter und weiter, so als hätte er die ätherische Schönheit bisher vor fremden Augen geschützt.
Doch vor mir war niemand sicher.
Ihre zarte Hand bewegte sich formvollendet über eine geschlossene Knospe und augenblicklich erblühte diese zu solch einer Schönheit, die einen die Vergänglichkeit des Lebens verfluchen ließ. Schneller und schneller drehte sie sich im Kreis, tanzte um des Tanzes Willen, so als würde sie jeden einzelnen Sonnenstrahl einfangen und ein leuchtendes Kleid daraus weben.
Dort, wo ihre Finger, ihre Zehen, ihre Haare oder ihr Körper die Natur berührten, schien diese zu erwachen, zu erblühen und zu erstrahlen – einzig allein im Wunsch, ihr zu gefallen. Bunter, frischer und lebendiger begann sich der Zauber dieser Lichtung auf alles ringsum auszubreiten. Er erfasste jeden Grashalm, jeden Stein, die stillen Baumwächter und mit unverrückbarer Sicherheit wusste ich, dass dieser Zauber die ganze Welt berühren würde.

„Was tust du hier?“, wagte ich zu fragen, als ihre Bewegungen langsamer wurden und schließlich zum Stillstand kamen. Erneut musterten mich ihre neugierigen Goldaugen.
„Weißt du das denn nicht?“ Ihre Stimme war sanft wie eine Brise und zugleich so herausfordernd, wie ich es nicht gewohnt war. Sie kicherte, denn offenbar war mein Schweigen Antwort genug.
„Ich feiere das erste Frühlingsfest dieses Jahres.“ Ohne Furcht umfingen mich ihre Hände und augenblicklich sickerte ihre Wärme in meine kalte Haut. „Und du bist mein Gast.“
Unverständnis zierte mein Gesicht, als ich die Augenbrauen runzelte. „Ich gehöre nicht hier her. Du weißt das. Ein Fingerschnippen genügt, und dein ganzes Werk ist zunichte.“ Noch nie hatte meine Stimme kälter gewirkt, als im Kontrast zu ihrer Melodie.
Aber erneut perlte ein Lachen von ihren Lippen. „Ich weiß.“
Sekundenlang, minutenlang oder jahrelang, es machte keinen Unterschied wie lange, doch ich könnte für eine Ewigkeit in ihre Augen sehen – mich finden und zugleich immer wieder aufs Neue verlieren. Sie wusste, was ich war, und hielt mich dennoch mit dieser ihr eigenen Bestimmtheit fest, so als gehörte ich ihr.
Vermutlich entsprach dies auch der Wahrheit.

„Hallo Leben“, hauchte ich.
„Hallo Tod“, wisperte sie.



Charaktervorstellung: Inspiriert durch meinen Blogpost Eternity – Leben und Tod als personifizierte Figuren, die nicht unterschiedlicher sein könnten und doch nur zusammen sein wollen. Eine lyrische Abwandlung der vergänglichen Sterblichkeit und der frühlingshaften Lebendigkeit in einem Atemzug.

Name des Festes: Frühlingsbeginn, als erstes Fest eines jeden Jahres, wenn die Natur vom Leben geweckt wird.

Szene: Diese Szene entspringt meiner Inspiration und fand in keinem RPG statt. So stelle ich mir vor, wie es sein könnte, wenn das Leben für das Frühlingserwachen tanzt und den Tod selbst verzaubert.

Text: © Lapislazuli | Bild: Kevin Schmid, Unsplash, Abruf: 06.04.23, unsplash.com/de/fotos/AZM7aFQn00I



And then there is this urge to write ...


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Melia

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Re: 🎲 Festlicher Frühling 🎲

von Melia am 10.04.2023 07:52

Charaktervorstellung: Anastasia "Nasti" Nordian ist eine einfache Bürgerstochter im Königreich des Frühlings. Auf einer seiner Reisen lernte der Winterkönig sie kennen. Verbotenerweise trafen sie sich weiter und heirateten schließlich, wobei sie die Herkunft von Nasti selbstredend geheim hielten. Nasti ist eine sehr ausgeglichene und freundliche Ehefrau, Königin und Mutter und ist am glücklichsten, wenn alles harmonisch ist, außerdem liebt sie bunte Farben. Im eigentlichen Rollenspiel, ist sie tatsächlich 'nur' ein Nebencharakter, aber wer kennt sich wohl mit Frühlingsfesten besser aus, als eine Bewohnerin des Frühlings?
Name des Festes: Imbolg
Ausschnitt:

 

Ich war froh, dass ich einmal mehr zurück in meiner Heimat war. Im Königreich des Winters gefiel es mir zwar auch gut, immerhin wohnte ich dort mit meiner Familie, die ich über alles liebte, aber dort war es immer ein wenig frisch. Dieses Jahr reisten wir zu dem Fest, das fast am wichtigsten für mich war, nur Beltane, das Fest zum Sommeranfang, gefiel mir noch besser. Aufgrund der aktuellen Situation des Landes wurde dies jedoch nicht mehr gefeiert und ich hatte es noch nie erlebt. Vor vielen, vielen Generationen feierten wir alle vier Feste, Imbolg, Beltane, Lughnasadh und Samhain, gemeinsam, trafen uns zu jedem Fest in dem dazugehörigen Reich, bündelten unsere Kräfte um das Land zu heilen und am Leben zu erhalten. Dann jedoch brach der Krieg aus und diese Feste gerieten in Vergessenheit. Eine tödliche Seuche breitete sich im gesamten Land aus und immer mehr Pflanzen fielen dieser zum Opfer. Glücklicherweise konnte diese jüngst gestoppt werden. Der Frieden kehrte wieder ein. Nicht zuletzt aufgrund der Leistung meines Sohnes. Auch musste ich mich und meine wahre Herkunft nicht mehr verstecken, so konnte ich zu diesem Fest ein farbenfrohes Kleid in grünen und rosanen Tönen tragen, anstatt die kühlen Farben des Winters als meine ausgeben zu müssen. Alles war festlich geschmückt und sehr bunt. Die Bäume trugen gelbe, hellgrüne und rosa blühende Knospen, bunte Bänder waren in allen nur erdenklichen Farben in die Äste gebunden und überall waren kleine, magische Lichter eingearbeitet, so dass es erschien, dass die Bäume und Pflanzen und Häuser von sich aus leuchteten. Strohfiguren waren in der Vorbereitung auf dieses Fest gebastelt worden und zierten nun jede Straßenecke. Lange Tische mit Butter, Milch, Käse und einem speziellen Brot waren aufgestellt. Wir sangen und tanzten, zogen fröhlich durch die Stadt und ich schaffte es selbst meinem grimmig drein guckenden Ehemann ein kurzes Lächeln auf die Lippen zu zaubern, als ich mit ihm über die Felder lief.
Wir feierten bis zum Morgengrauen, ehe sich die Gesellschaft auflöste und wir zu Bett gingen. Nun begann ein neuer Lebenszyklus und neues Leben wurde geboren, wie uns die Stimmchen der neuen Lämmern bewies. So wie nach jedem Imbolg.

Everybody hates, but can anybody love me?

Machine Gun Kelly - 9 lives

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Saphyr

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Re: 🎲 Festlicher Frühling 🎲

von Saphyr am 10.04.2023 16:25


ZitatFruehling2.png

MUSIK+VIDEO ZUR SZENE:
All The Works Of Nature Which Adorn the World - The Green by Nightwish -> 7:33 - 12:17

Das Fest:
Die Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche. Wo Tag und Nacht gleich lang sind, bevor die Tage länger werden als die Nächte und das Licht die Dunkelheit vertreibt. In dieser Welt die Ankunft des Frühlings und ein Grund, das Gleichgewicht und den Neubeginn zu feiern. Außerdem ein Anlass zur Demut, nach einem überstandenen Winter.

Der Charakter:

Nirah Wolfsauge aus dem Fantasy PRS "The Headwinds". Sie ist eine Wächterin in Ausbildung. Diese Gruppe dient als spiritueller Ansprechpartner zur heiligen Mutter - die als Gottheit personifizierte Natur. Nirahs Spezialgebiet ist die Heilkunst. Allerdings ist sie ungeduldig, unruhig, teils überheblich und zieht die Gesellschaft von Tieren der von Menschen vor. Ihr Pflichtbewusstsein ist dafür stark ausgeprägt

Kontext:

Diese Szene entstammt nicht dem Rollenspiel, spielt aber im gleichen Setting in einer möglichen Zukunft im Frühling. Nirah wurde aus ihrem gewohnten Leben herausgerissen und hofft ihre Ausbildung zur Wächterin abschließen zu können, indem sie den fremden Krieger Notos Donnerschwinge begleitet. Dieser kommt aus einem ihr unbekannten Wolkenreich, das einst Teil des Erdreichs war, wo sie lebt. In dieser möglichen Zukunft sind die beiden gemeinsam unterwegs.

Wörter: 1364

Der Schlaf hing Nirah in den Augen, doch eine sogar für sie ungewöhnliche Unruhe hatte sie im Griff. Als es an der Tür ihrer winzigen Behausung klopfte, war sie bereits vollständig angezogen und für den Aufbruch bereit. Der alte Weißhaar, Dorfältester und Nirahs Mentor, begrüßte sie mit der Vorfreude eines kleinen Kindes. Er hätte sie nicht abholen müssen, aber er tat es gerne. Das wusste sie. Nicht, dass sie gerade heute verschlafen hätte.
Dunkelheit lag so tief über der Siedlung im Wald, dass das namensgebende silbrige Glitzern des Sees lediglich wie eine ferne Erinnerung schien. Unzählige Schemen zeichneten sich vage in der Nacht ab, als die beiden am Dorfplatz eintrafen. Fast alle waren auf den Beinen. Jeder, der reisefähig war.
Ein flackerndes Flämmchen näherte sich, erhellte das Gesicht des Häuptlings von Silberquell. Erik warf dem alten Weißhaar einen Blick zu, dessen Unsicherheit Nirah nur erkennen konnte, weil sie davon wusste. Vater und Sohn tauschten leise Worte. Ihr Mentor klopfte dem Anführer aufmunternd auf die Schulter. Nirah hörte ein tiefes Seufzen. Es war seltsam, den sonst so gleichmütigen Krieger derart neben sich stehend zu erleben. Dann gab er das Signal und ihre Aufmerksamkeit galt dem bevorstehenden Weg.

Die Gruppe von Menschen war außerordentlich still, als sie sich durch das dichte Geäst des Waldes bewegte. Lediglich das Knacken von Ästen, der dumpfe Ton von Schuhen auf weicher Erde und gelegentlich ein Wispern wie ein Windhauch zwischen raschelnden Blättern war zu hören. Ein Todesmarsch. Die Prozession wahrte die Stille und Stille war es, die Nirah willkommen war. Sie gab anderen Geräuschen Raum. Noch sangen die Vögel nicht und doch war das Leben um sie herum allgegenwärtig. Der Wald mochte ruhig erscheinen, aber er war niemals regungslos. Nirah spürte die Energie, die in trägen Bahnen pulsierte, die von Tag zu Tag mehr an Kraft gewonnen hatte. Für sie war es das eindeutigste Zeichen, dass der Frühling endlich anbrach.

Einige Stunden später wich das Dickicht einer weiten Ebene. Ein einziger, gewaltiger Baum befand sich in deren Mitte. Er war nicht so groß wie der Mutterbaum, dennoch strahlte er dieselbe Art von Macht aus. Er war eines von mehreren schlagenden Herzen, welche mit dem Zentrum in direkter Verbindung standen. Sofort spürte Nirah ein Kribbeln auf ihrer Haut. Es ließ sie erwartungsvoll der Ritualstätte entgegen eilen. Weitere Menschen hatten sich bereits rund um den Stamm niedergelassen. Die Gesichter waren in der Dunkelheit nicht genau zu erkennen. Sie wusste, dass es Leute aus anderen naheliegenden Dörfern waren. Unter ihnen musste auch ...
Auf ihrer Schulter ließ sich die Pranke eines Mannes nieder. Abrupt fuhr sie herum. "Wir waren dieses Mal zuerst da. Obwohl es für uns weiter ist." hörte sie eine bekannte Stimme leise sagen. "Aidan!" brachte sie flüsternd hervor. "Wenn du mich noch einmal so erschreckst ..." begann sie. Weiter kam sie nicht, denn der Mann zog sie in eine feste, kurze Umarmung und zerzauste ihr anschließend rücksichtslos die Haare. "Freut mich auch dich zu sehen, kleine Schwester." Nirah konnte ganz deutlich sein amüsiertes Grinsen hören. Sie entgegnete ihm mit einem dunklen Knurren, da tauchten hinter ihm bereits weitere Gestalten auf. "Mutter, Vater!" erkannte sie nach kurzem Zögern. Sie schob ihren Bruder demonstrativ zur Seite. Aidan lachte leise. Typisch. Ihr eigenes Lächeln würde niemand sehen.

Lange währte das Gespräch nicht. Es beschränkte sich auf das Wichtigste. Sie hatten nach Tagesanbruch mehr Zeit, um sich auszutauschen. Jetzt galt es zu schweigen. Nirah nahm ihren Platz im innersten Kreis ein, direkt am Fuß des Baumes – der Kreis der Wächter. Neben ihr saß ihr Mentor und irgendwo hinter ihr war ihre kleine Familie. Längst hatte sich völlige Stille über die Lichtung herabgesenkt. Sie schloss die Augen und beruhigte ihren Geist. Was sie zuvor vage bewusst als stetigen Strom wahrgenommen hatte, waren nun flirrende, fast greifbare Bänder. Sie konnte diese nicht sehen, trotzdem zeichneten sie sich vor ihrem inneren Auge ab. Wie verzweigte Wurzeln erstreckten sie sich durch Erde und Luft, bis hoch in den Himmel. Versunken in Gedanken an den vergangenen Winter, an Reue, Verluste, Tod zog ein jeder an diesem Netz Richtung Mitte. Dort hielten Nirah und die anderen Wächter die Stränge fest. Es brachte den Kreis regelrecht zum Vibrieren.

Wärme kündigte die ersten Sonnenstrahlen an und ein kollektives Aufseufzen ging durch die Reihen. Am Rande ihrer Wahrnehmung entdeckte sie die Präsenz von Tieren, die sich neugierig an die Versammlung heranwagten. Es war als wüssten sie, dass ihnen heute keine Gefahr von Jägern drohte. Dies war ein Tag der Vergebung und des Gedenkens an die Leiden des Winters. Ein letzter Tag des Mangels vor dem Wiedererwachen der Welt.
Nacheinander begannen die Menschen Gebete zu sprechen. Nirah sprach ihre Wünsche nicht laut aus. Wie oft hatte sie diese der heiligen Mutter schon entgegengebracht? Wie lange musste sie noch warten, bis man endlich zur Wächterin erklärte? Zum Schluss baten die obersten Wächter um Wachstum, Schutz und Frieden und ließen nach und nach einen Teil der Magie frei. Nirah wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, bis der letzte seinen Segen beendet hatte. Nun hielten nur noch die restlichen Wächter und Lehrlinge wie sie lose Fäden, um den Kreis nicht zu brechen. Die Masse an Energie, die gesammelt worden war, war nun Teil des Schutzzaubers, der ihren Stamm hoffentlich das ganze Jahr überspannen würde. Sie öffnete das erste Mal seit Ewigkeiten die Augen. Manche Anwesenden standen auf und zogen sich zurück, andere blieben gespannt sitzen, um zu sehen, was noch geschah. Weißhaar neben ihr strahlte, als sein Sohn vor die obersten Wächter trat – gemeinsam mit der Frau, die nach dieser Zeremonie offiziell an seine Seite gehörte. Die Hochzeit eines Häuptlings war immer eine große Sache. Nirah lächelte, während sie beobachtete, wie Stammesangehörige nach vorne unter die zu sprießen beginnende Blattkrone traten. Sie steckten dem Paar Blumen in die Haare und wickelten Blätter und junge Zweige um deren Unterarme. Der Frühling hatte wahrhaftig begonnen.

"Caeli?"
Eine sanfte Berührung, eine Stimme hinter ihr. Nirah wandte sich um und sah in das Gesicht eines unbekannten Mannes. "Wer ist Caeli?", fragte sie ihn verwirrt. Er antwortete nicht. Nein, er strahlte sie mit einer Wärme an, die ihr ein Schaudern über den Rücken jagte. Plötzlich war der Unbekannte verschwunden und an seiner Stelle stand Aidan, der sie belustigt musterte. "Es ist Zeit", sagte er. Seine Stimme hallte. Aidans Gestalt verschwamm. Dunkelheit legte sich wie Nebel über ihn, bis er ganz davon verschluckt wurde.

Nirah saugte Luft ein. Mit einem Mal saß sie aufrecht, die Augen weit geöffnet. Die Lichtung, der Baum, die Versammlung – alles war fort. Unter ihr war nur kalter Stein. Ein Traum, eine bloße Erinnerung. Sie weilte nicht länger in ihrem Dorf Silberquell, sah den alten Weißhaar nicht mehr regelmäßig. Und nur die Mutter wusste, was Aidan und ihre Eltern trieben. Wahrscheinlich waren sie an ebenjenem Baum aus ihrer Erinnerung. Heute war Frühlingsanfang, wurde ihr klar. Die Stämme würden feiern, wie sie es immer taten – ohne sie.
Und der Grund dafür lag an der anderen Seite der Höhle. Ausnahmsweise schlief der weißhaarige Krieger mit den verhängnisvollen blauen Augen. Jenes eisige Blau aus ihren Visionen, das sie dazu getrieben hatte, ihm zu folgen. In der Hoffnung, die heilige Mutter möge ihr endlich ein Zeichen der Anerkennung als vollwertige Wächterin schenken. Der Krieger namens Notos, dessen Lieblingsbeschäftigung darin bestand, ihr fragiles Nervengeflecht zu ermorden.

Sie ließ Notos zurück und krabbelte hinaus in die Nacht. Im Mondlicht badend kniete sie unter einem Baum, der sich etwas vom Wald abhob. Und sie meditierte, sammelte Energie um sich, versank in der Stille ihrer Gedanken ebenso wie sie es ihrer Erinnerung getan hatte. Nur alleine. Ganz alleine.
Nun, vielleicht doch nicht ganz. Schritte kamen näher. Nirah reagierte nicht auf Notos' Eintreffen. "Nirah", erklang es leise. "Alles in Ordnung? Was tust du hier draußen?" Sie war sich nicht sicher, ob es ein Vorwurf war, weil sie wieder einmal den Schutz des Lagers verlassen hatte oder ob er sich wirklich um sie sorgte. Wahrscheinlich beides. "Ich heiße den Frühling willkommen", antwortete sie eintönig.
"Darf ich mich zu dir setzen?" kam nach einer Weile. Nirah nickte. Er setzte sich in einiger Entfernung neben ihr auf den Boden. "Was genau muss ich ..." begann er sich zu erkundigen. Aber Nirah unterbrach ihn. "Lass uns lieber schweigen, Donnerschwinge." flüsterte sie.


Zitat: All The Works of Nature Which Adorn The World - Vista by Nightwish
Bild mit Zitat: Made with GIMP. Font: Caveat, Google Fonts, 09.04.23: https://fonts.google.com/specimen/Caveat/about?query=caveat


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astraea

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Re: 🎲 Festlicher Frühling 🎲

von astraea am 11.04.2023 20:25

TRIGGERWARNUNG
Erwähnung von Tod und Blut

charaktervorstellung & hintergrund
(etwas länger, da Kurzfassen leider nicht mein Ding ist, i'm sorry)
Lucien ist zu diesem Zeitpunkt seiner Geschichte ein Junge von vierzehn Jahren. Aufgewachsen ist er in einem Land, in welchem Magie als recht eigenwillige Macht angesehen wird. Eine Gewalt, die nicht nur das Leben in jenem Reich erblühen lässt, sondern auch für Gleichgewicht und Frieden sorgt. Man erzählt sich noch heute die Geschichte darüber, dass es die Drachen waren, welche die Magie zu den Menschen brachten. Kinder, die heute in jene Welt geboren wurden, würden niemals zu träumen wagen, dass es einst eine Zeit gegeben hatte, in der Menschen und Drachen im Einklang miteinander gelebt haben. Sie beschenkten die Menschen mit der Magie, doch nicht jeder Sterbliche verspürte die Verbindung zu jener gleichermaßen stark. Es erforderte ein gewisses Talent, Konzentration und viel, viel Übung. Meisterte man jene Verbindung jedoch, so schenkte die Magie ihrem Meister nicht nur Lebenszeit, sondern auch Möglichkeiten, wie es sie noch nie zuvor gegeben hatte. Doch wie es nun mal so üblich war, war auch unter den Magiern nicht jeder guter Absichten. Das Land, einst friedvoll und wunderschön, litt unter den Auswirkungen von Eifersucht, Hass, Habgier und letztlich auch dem Krieg, welcher grüne Felder in dunkles Rot tunkte und vielerorts Dürre und Dunkelheit mit sich brachte. Während eine dunklere Macht sich ausbreitete, verließen die Drachen das Land – und mit ihnen auch die Magie. Nur ein kleiner Rest von ihr blieb übrig, nebst ihrem verdorbenen Sprössling. Nur sehr wenige finden heute noch eine Verbindung zu ihr. Noch weniger wissen damit umzugehen. Lucien ist einer der wenigen, die das Glück besitzen, einen geeigneten Lehrer gefunden zu haben, auch wenn sich Meister und Schüler nicht immer einig sind...

name des festes
Fest des Lichts

anmerkung
Es handelt sich hierbei um einen kleinen Text, mit dem ich versuche, meine Schreibblockade zu verscheuchen. Bester Qualität ist er also nicht. x)

szene

#SPOILER#
Obgleich draußen die Sonne schien und die ersten zarten Knospen zum Leben erweckte, knisterte im Inneren der kleinen Holzhütte ein Feuer im Kamin. Es war das einzige Geräusch, welches in jenem Moment an seine Ohren drang, abgesehen von seinem eigenen, leisen Atem. Er genoss die Stille. Normalerweise wuselte der alte Mann durch die Hütte, als wäre er ständig auf der Suche nach etwas. In Wahrheit jedoch war er einfach nur ein höchst unruhiger Geselle. Außer in seinen Lehren. Kaum jemand konnte behaupten, einen solch geduldigen Mentor zu haben wie Lucien. Dass er eben jene Geduld am heutigen Tage wieder auf die Probe stellen würde, ahnte der Junge in diesem Augenblick noch nicht.
Sein Blick war aus dem Fenster gerichtet. In der Ferne unten im Tal, wo einst eine malerische Landschaft die Herzen der Menschen hatte erblühen lassen, ragte nun eine Ruine aus den verkohlten Überresten der Häuser und des Waldes empor. Niemand kümmerte sich darum. Niemand kam diesem Ort überhaupt nahe genug, um Veränderung zu bringen. Stattdessen erzählte man sich Gruselgeschichten darüber, wie man noch heute die Schreie der Menschen hören konnte, welche vor Jahrzehnten die Luft zerrissen hatten, als das Feuer über die Stadt hereingebrochen war. Einige behauptete sogar, es sei ein Schattendrache gewesen, der das Schicksal jener kleinen Stadt besiegelt hatte. Lucien hatte daran seine Zweifel. Nicht viele Drachen waren bösartiger Natur gewesen. Nur jene mit schwachem Geiste, die sich dem falschen Herrn unterworfen hatten. Man konnte sie wohl an einer Hand abzählen.
Es war jedoch nicht das Schicksal dieser Menschen, die den Jungen davon abhielten, seinen Blick von dem Grab im Tal abzuwenden. Es war sein eigenes. Die Tatsache, dass auch die Menschen hier friedlich das Fest des Lichts gefeiert hatten, als das Elend so unverhofft über sie hereinbrach. Es war, als wären jene Festlichkeiten verflucht. Dabei hatte er sie doch so sehr geliebt.

Das Fest des Lichts kündigte den Frühling an. Die wärmere Jahreszeit, welche nicht nur die lange Dunkelheit der Nacht, sondern auch jene in den Gemütern der Menschen vertreiben sollte. Überall im Land sehnte man sich den ganzen Winter über danach, die Straßen zu schmücken, wie es Tradition war, kaum dass die Tage länger wurden. Mit großer Vorfreude erwartete man in den Städten Händler und Schauspieler aus allen Ecken des Reiches. Dementsprechend groß war die Hilfsbereitschaft, sobald es an der Zeit war, die Stände und Bühnen vorzubereiten.
Lucien und seine Familie zogen ebenfalls jedes Jahr von ihrem kleinen Dorf in die nächste große Stadt. Jedes Mal, ohne auch nur eine einzige Ausnahme, war der Junge überwältigt gewesen von den gigantischen Mauern, welche die Einwohner und die große Burg schützte und ihnen die Möglichkeit gewährte, trotz der dunklen Zeiten zu gedeihen. Ein friedliches, beinahe unbeschwertes Leben zu führen. Er hatte sich tragen lassen von der Sorglosigkeit und Offenherzigkeit der Städter. Das Überleben auf dem Land war schwierig. Mehr als nur ein Mal hatte man ihre Felder und Vorräte ausgeraubt. Mehr als nur ein Mal war sein Vater dem Tode durch die Klinge eines Diebes nur knapp entkommen. Wenn er davon gezeichnet war, ließ er es sich allerdings nichts anmerken. Lucien hatte seinen Vater als frohen Mann in Erinnerung. Einen Mann, der zwar hart für seine Familie arbeitete, für Frau und Kind alles riskierte, dem man aber dennoch das Lachen nicht nehmen konnte. Niemand hätte eine solch liebevolle Frau wie seine Mutter eher verdient.
Die Festlichkeiten zum Frühlingsbeginn waren die wenigen Tage im Jahr, an welchen er viel Zeit mit beiden verbrachte. Sonst hatte er kaum etwas von seinem Vater. Dementsprechend hatte es für den Jungen nichts Schöneres gegeben, als auf dessen Schulter zu sitzen, während er sich das Schauspiel einer Gruppe vorne auf der Bühne ansah. Oder während sie durch die Reihen von Marktständen geschlendert waren. Öfters einmal war sein Kopf dabei an den seines Vaters gesunken, während Lucien vor Erschöpfung die Augen zufielen. Er war stets in den Armen seiner Mutter wieder aufgewacht.
Der Frühling hatte für Lucien stets bedeutet, seinen Eltern so nahe zu sein, wie es ihm selten vergönnt war. Einen Ort zu sehen, der so wunderschön und aufregend war, dass er noch Wochen später davon träumte. So wie die Blüten war auch sein Herz aufgegangen und hatte den Trübsinn der vergangenen Monate vertrieben.

Heute jedoch war es so ganz und gar anders um ihn bestimmt. Das letzte Fest des Lichts war im Lichte der tödlichen Flammen geendet, die ihm alles genommen hatten, was er einst geliebt hatte. Er wusste folglich nur zu gut, wie sich die Hinterbliebenen der Tragödie im Tal fühlen mussten. Mit dem Unterschied, dass er heute noch genau wusste, wer daran die Schuld trug. Nicht, dass es irgendeine Rolle spielte. Nicht heute. Heute war es der Frühlingsbeginn, den er verachtete. Den Hauch warmer, wohlduftender Luft, der ihn heute Morgen aus dem Schlaf geholt und ihn aus dem Bett gezwungen hatte, da er das Fenster in Erinnerung an jenen schicksalshaften Tag lieber wieder geschlossen wusste. Nichts an jenen Tagen brachte ihm noch Freude. Die Aufregung in seinem jungen Herzen war überschattet von der schmerzhaften Erinnerung an seinen Eltern und den letzten Tagen, die er mit ihnen verbracht hatte. Wenn nicht einmal mehr die Farben und Düfte des Frühlings ihm Freude bringen konnten, was wäre dann noch dazu in der Lage?
Er rümpfte die Nase, als der erste Schmetterling des Jahres am Fenster vorbeiflog. Wie kitschig. Als wäre das Leben ein Märchen. Schlimmer noch wäre es gewesen, wenn ein kleines Mädchen mit blondem Haar und in weißem Kleid erschienen wäre, welches die Blumen von der Wiese pflückte. Zu seinem Glück wurde Lucien jedoch davon verschont. Er war noch viel zu jung um zu begreifen, dass er Abscheu und Wut nutzte, um mit seinem Kummer umzugehen. Diesen zu übertünchen. Niemals sollte er begreifen, dass es sich um einen kläglichen Versuch handelte, der zum Scheitern verurteilt war.
Mit einem stummen Seufzen rutschte der Junge von der Fensterbank hinunter. Auch wenn er alleine war, tapste er auf leisen Sohlen hinunter zum Lebenswerk seines Meisters. Ein aufwendig verziertes Pult trug das dicke Buch, an welchem Kyrell arbeitete, seitdem er selbst als Lehrling vor über einem Jahrhundert begonnen hatte. Er war einer der letzten Magier dieser Welt. Einer der mächtigsten Männer und doch lebte er in einer Holzhütte am Waldrand. Versteckte sich und sein Wissen vor der Welt. Lucien würde niemals verstehen, weshalb sein Meister diesen Weg für sich gewählt hatte, wenn er doch dort draußen für das Gute kämpfen könnte. Vielleicht war er einfach ein Feigling. Ein kluger Feigling, der etwas von seinem Handwerk verstand, aber immer noch ein Feigling.
Lucien blätterte durch die dicht beschriebenen Seiten. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war leer, fast gelangweilt, als würde er nicht nach einem ganz bestimmten Zauber suchen, der sein Problem mit dem Frühling lösen konnte. Der Frühling konnte ihn nicht bedrücken, wenn es gar keinen Frühling gab, nicht wahr? Immerwährender Winter. Der Junge dachte, das wäre die Lösung für seine Probleme. Die Heilung für seinen Kummer. Er wusste, dass sein Meister einen Spruch dafür gefunden und niedergeschrieben hatte... Nur wo?

„Weißt du..." Er erschrak, als er hinter sich die vertraute Stimme seines Lehrers vernahm. Sofort ließ er von dem Buch ab, welches er ohne dessen Beisein eigentlich überhaupt nicht hätte anfassen dürfen. Lucien stolperte ein paar Schritte zurück, obwohl er sehr wohl wusste, dass von Kyrell keine Gefahr ausging. Nein, der Magier schien ganz und gar entspannt zu sein. Er legte den Sack mit frischem Gemüse auf die Bank neben der Türe und löste seinen Mantel, um diesen aufzuhängen. Dabei fuhr er fort: „Es ist eine Unart, die eigenen Probleme zu lösen, indem du andere ins Verderben stürzt."
„Ins Verderben stürze?", wiederholte der Junge Kyrells Worte ganz ungläubig. Er begriff nicht, was er ihm damit sagen wollte. Dabei überraschte es ihn ganz und gar nicht, dass sein Meister genau zu wissen schien, was er im Begriff gewesen war zu tun. Es war nicht das erste Mal. Vermutlich war es nicht einmal ein Zufall, dass er gerade jetzt von seinem Ausflug zurückgekehrt war. Lucien nahm eine verteidigende Haltung ein, auch wenn er nicht wirklich wusste, was er erwidern konnte.
„Ich erinnere mich, es ist schon eine Weile her...", setzte Kyrell an, um ihm seine Worte zu erklären. Dabei trat er an das Pult, strich über die offenen Seiten. „Du hast mir damals erzählt, wie deine Eltern umgekommen sind. Du hast mir vom Fest des Lichts erzählt. Wie sehr du dieses geliebt hast. Wie viel Freude du daran hattest und wie viel glücklicher du warst, wann immer der Frühling dem kalten Winter Einhalt gebot."
Lucien nickte, noch immer nicht ganz sicher, was sein Meister von ihm hören wollte. Auch er erinnerte sich daran. Natürlich. Er hatte den ganzen Tag schon an nichts anderes gedacht. Kyrell schloss das Buch, versiegelte es mit einem Zauber, dem sein Lehrling noch nicht mächtig war. Sein Blick wanderte gleich darauf zu Lucien. Prüfend, als suchte er etwas bestimmtes in dem Antlitz des Jungen. Etwas, das seine leisen Sorgen bestätigte. „Der Winter ist eine dunkle Zeit. Nicht nur, da die Nächte länger anhalten. Das wissen wir beide. Es ist der Frühling, der den Menschen Hoffnung schenkt. Neuen Mut. Der sie stets daran erinnert, dass nach Dunkelheit und Kälte, irgendwann auch wieder Licht und Wärme folgt. Wenn du ihnen das nimmst, Lucien, dann begibst du dich auf einen düsteren Pfad. Du wirst die dunklen Mächte dieser Welt ermuntern. Und so dankbar, wie sie dir dafür sein werden, werden sie einen Weg in dein Herz finden. Einen Weg, den du ihnen selbst geebnet hast." Während er sprach, trat Kyrell auf seinen Lehrling zu. Schon seit er ihn kannte, sorgte er sich um dessen Schicksal. Er sah, dass Dunkelheit und Licht um seinen Verstand rangen. Seine Absichten waren edel, doch seine Methoden gefährlich, egozentrisch. Doch er war noch ein Junge. Noch bestand Hoffnung für ihn. So also schenkte er ihm ein Lächeln, legte ihm beide Hände an die Schultern. „Die Menschen brauchen den Frühling und das, wofür er steht. Ebenso wie du. Irgendwann wirst auch du dich wieder daran entsinnen. Das weiß ich."
Lucien musste dem Drang widerstehen, ein erneutes Mal seine Nase zu rümpfen. Stattdessen verließ ein leises Seufzen seine Lippen und er wandte seinen Blick von seinem Meister ab. Er hatte schon lange die Hoffnung darauf aufgegeben, von ihm verstanden zu werden... Doch wer sonst sollte ihm Magie lehren? Heute noch war er auf ihn angewiesen. Irgendwann jedoch... Irgendwann würde sich das ändern.
#ENDSPOILER#

i can't carry it for you.
but i can carry you.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 11.04.2023 20:26.

random.xme

21, Weiblich

  9. Employed Writer

Event-Begeisterter

Beiträge: 3718

Re: 🎲 Festlicher Frühling 🎲

von random.xme am 13.04.2023 11:26

Charaktervorstellung & Kontext der Kurzgeschichte:

Die Geschichte ist aus der Sicht einer jungen Studentin geschrieben, die gerade über die Osterferien aus der Großstadt zurück aufs Land zu ihrer Familie fährt. Raus aus einer winzigen 18 m^2 Einzimmerwohnung, rein in ein abgelegenes Landhaus voller Familienangehörige. Sie besteht darauf ihren Bruder noch als „Kleinen" Bruder zu bezeichnen, auch wenn dieser im Sommer sein Abitur machen würde.
Fest:
Einfach nur Ostern
Anmerkung:
Dieser Text entstammt keinem Rollenspiel, da ich bisher noch kein Osterfest in einem Rollenspiel geschrieben habe. Aber vielleicht kann dieser Text auch so manch einem ein Lächeln auf das Gesicht zaubern.
Osterlamm - Roulette

„Mehl...Puderzucker..." summte ich leise vor mich her als ich gerade in der Speisekammer das Arsenal an Tupper-Aufbewahrungs-Dosen nach den richtigen Zutaten durchforstete. Das Osterlamm war meine Verantwortung. Andere spielten Lotto, andere Black Jack, andere russisch Roulette – ich backe ein Osterlamm, mehr sollte man sein Glück im Jahr nicht herausfordern.
„Deine Tante kommt heute Nachmittag noch vorbei – willst du eine Schütteltorte machen?" fragte mich meine Mutter, als ich gerade dabei war nochmal alle Zutaten durchzuzählen bevor ich etwas Wichtiges vergessen hatte. „Ähm ja klar" hörte ich mich sagen und bekam eine Packung Paradiescreme in die Hände gedrückt „Und Mandarinendosen, die stehen aber noch hinten" ließ mich meine Mutter wissen, während sie mich nachdem sie mir gleich ein anderes Rezept für das Osterlamm anbot
„Das habe ich letztes Jahr gemacht und es hat nicht funktioniert" entgegnete ich nur und suchte die Mandarinen zwischen den anderen Vorratsdosen. Zu Feiertagen führten wir in diesem Haus immer die gleichen Dialoge.
Zu Weihnachten ging es um den Weihnachtsmannaufhänger für die Kinderzimmertür. Mein Bruder behauptete steht's er hätte letztes Jahr den mit Eichelhut bekommen, ihm stehe jetzt der mit der Glocke zu. Ich behauptete meistens das Gleiche. Zu Ostern war es eben das Gespräch um das Osterlammrezept „Nein letztes Jahr hast du schon ein neues ausprobiert...das hat dann nicht funktioniert, nimm bitte das aus meinem Kochbuch" und dann war es an der Zeit für mein Todschlagargument: „Mama...ich bin erwachsen...ich backe das Osterlamm"

Erwachsen sein brachte viele Vorteile mit sich: Alkohol kaufen dürfen, Auto fahren oder einen Rezeptvorschlag beim Backen durchsetzen. Aber es brachte auch Nachteile: Plagereien mit dem Amt, ständig wichtige Lebensentscheidungen treffen & natürlich im Schrank der Schüssel und Tupperdosen die richtige Schüssel vom Stapel nehmen, OHNE das gleich eine Flut aus Backmaterial über die Steinfliesen der Küche schwappte. „Deine Tante nimmt auch gleich die Eier aus der Veranda mit" wurde ich ein zweites Mal erinnert – mein Vater hatte sich mit seinem Legehennen ein Eierimperium aufgebaut, während meine Mutter sich mit ihren vielen kleinen Zitronenbaumsetzlingen versuchte vom Citrusfrüchte-Angebot unabhängig zu machen.
„Lacht ihr mal immer nur!" verteidigte sie sich, wenn ich mit meinem Bruder einen einschlägigen Blick teilte.
Durch mein Butteraufwärmen in der Mikrowelle wurde ich auch mehr oder weniger freiwillig Zeugin vom Gespräch meines Vaters mit seiner Schwester. Er versuchte ihr beizubringen, dass 20 Euro für drei Packungen Eier zu viel seien, sie verteidigte sich damit dass sie die vom letzten Mal nicht bezahlt hatte. Seine Eier wären immerhin gute Eier, dafür würde sie ja auch etwas mehr zahlen und ich fragte mich gerade, ob ein Tag mit meiner Familie auch mal normal ablaufen konnte. Gespräche über den Preis der Eier meines Vaters...zwischen meinem Vater und meiner Tante waren in der Stadt nämlich alles andere als an der Tagesordnung.

Wie ich es unbeschadet schaffte dieses Osterlamm fertig zusammen zu rühren und in den Ofen zu schieben war mir immer noch ein Rätsel, als bereits der erste Teig unten wieder rauslief und eine kleine Teigpfütze bildete. Jetzt begann das Beten und Bangen, dass am Ende doch genug in der Form blieb, um es als Lamm zu erkennen. Ich stellte mich innerlich schon darauf ein dieser unförmigen Pfütze auf dem Ofenboden ein schafes-Aussehen zu verpassen und zu behaupten, dass man doch eindeutig ein kleines Schäfchen zwischen dem Puderzucker und den Wackelaugen erkennen konnte. Innerlich probte ich schon an der Rede bezüglich Inklusivität & Akzeptanz, über Andersartigkeit – die uns dieses Jahr ein ganz besonderes Osterlamm geschenkt hatte.
„Steinhart" brummte mein kleiner Bruder hinter mir und begutachtete die kleine Pfütze genauso wie ich „Wird dann dieses Jahr wohl eher ein Osterkeks statt Kuchen...sag Bescheid wenn der zum Naschen freigegeben ist"
Ende.
(PS: Das Lamm ist doch noch etwas geworden & hat fantastisch geschmeckt)

Grille

Antworten Zuletzt bearbeitet am 13.04.2023 11:26.

CheshireCat_86

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Re: 🎲 Festlicher Frühling 🎲

von CheshireCat_86 am 16.04.2023 13:05

Das erste Osterfest mit den potentiellen Schwiegereltern
(C) CheshireCat

❚  ❚  

Charaktervorstellung: Summer Sullivan und Lion Black sind zwei sehr erfolgreiche Firmeninhaber, welche komplett verschiedene Business Bereiche verfolgen. Doch eine Idee von Summer, lässt die Wege von Lion und Summer kreuzen. Denn er ist eben der Beste, wenn es darum geht, ihr ihre Wunschvorstellung zu Programmieren. Doch aus einer rein geschäftlichen Beziehung wird schneller mehr, als sie sich vorstellen können. Und so stehen sie bald nicht nur für ihr Projekt Schulter an Schulter, sondern auch Privat. Dies sind ihre ersten gemeinsamen Feiertage....
Name des Festes: Osterfest – das erste Kennenlernen, Osterbrunch
Szene: Diese Szene entspringt meiner Fantasie und hat in dem RS so nicht stattgefunden. Ich könnte mir nur vorstellen, dass das Osterfest genauso ablaufen könnte.


❚  ❚  
Summer stöhnt und lässt sich auf die weiche, schwarze Lederlandschaft fallen. „Wir hätten auf die Bahamas fliegen können!" beschwert sie sich, auch wenn sie es eigentlich nicht so meint. Lion lacht leise und legt ihr von hinten die Arme um die Schultern und stützt sein Kinn auf ihrem Scheitel ab. Sie sehen eine Weile schweigend aus dem riesigen Panorama Fenster auf die Skyline von Manhattan. „Du hättest ihr einfach /nein/ sagen sollen." Meinte Summer weiter und Lion schnaubte. „Ich werde deiner Mutter doch nicht nein sagen, wenn sie mir am Telefon sagt, dass sie uns mit deinem Dad besuchen will." Beschwerte sich nun Lion mit einem Grinsen. „Vergiss nicht Prinzessin, du hast ihre Sturheit von ihr." Erinnerte er sanft und Summer schnaubte. „Sie sind nur neugierig, wie du bist und wie unsere Wohnung aussieht." Erklärte sie und Lion lachte. „Kannst du es ihnen verübeln, nachdem Cole mich kennengelernt hat und wir zusammengezogen sind? Sie sind neugierig. Aber hey, das sind 2 Tage. Wie schlimm kann es denn werden?" fragte Lion entspannt. Doch innerlich war er sehr nervös – die Eltern der Freundin kennenzulernen schien keine große Sache zu sein. Doch er fragte sich, wie es wäre, wenn diese ihn nicht mögen würden, wenn sie ihn sogar ablehnen würden... er verbot sich darüber nachzudenken. Das Kennenlernen mit Cole – Summers Bruder – war wirklich entspannt verlaufen und Lion hatte in Cole einen Kumpel gefunden, mit dem man in den Pub gehen konnte. Doch Summers Eltern waren eine ganz eigene Liga. Sie seufzte und lehnte ihren Kopf an Lions Bauch. Sah zu ihm auf. „Und das bedeutet auch 2 Tage an denen wir frei haben und nicht 24/7 für unser Baby arbeiten dürfen, dass du nicht spielen darfst." Meinte sie fies grinsend. Lion seufzte gespielt auf. „Was für eine Zeitverschwendung." Sie lachte. „Oh ich glaube, dass wäre eine sehr interessante Art und Weise Mom und Dad sofort wieder zurück nach Arizona zu schicken. Zeig ihnen das Spielzimmer." Sie lachten beide, als das Handy von Summer summte. Sie sah drauf und lehnte ihren Kopf erneut an seinen Bauch. „Sie sind gelandet und warten auf ihr Gepäck..." informierte sie Lion und stand langsam auf. Löste sich von ihrem Freund. Sie schmunzelte. Freund – wer hätte erwartet, dass New Yorks Eiskönigin und Manhattans begehrtester Junggeselle sich so gut ergänzen? Sie sah sich in der neuen Wohnung um, die sie erst vor 2 Wochen bezogen hatten und die sie schon jetzt liebte. „Erstmal brunchen wir gemeinsam hier, dann zeigen wir ihnen heute die Stadt und wie besprochen essen wir heute Abend im 4 Seasons. Morgen gehen wir zur jährlichen Ostereier Suche in den Central Park. Danach besuchen wir dein Büro und dann bleiben wir noch hier, bevor sie gehen müssen. Du siehst, es ist alles geplant und durchgetaktet." Versuchte Lion Summer Sicherheit zu geben. Sie allerdings blickte skeptisch rein. „DU kennst die Sullivans nicht." Er schnappte sich Summer und grinste sie an. „Ich kenne die perfekte Ms. Sullivan." Raunte er, ehe er liebevoll seine Lippen auf die ihren legte.
Summer richtete gerade ein weiteres Mal einen Teller, als es klingelte und der Portier am Empfang sie informierte, dass ihre Eltern angekommen waren. Sie freute sich ihre Eltern das erste Mal in New York zu begrüßen. Die letzten 10 Jahre war sie immer zurück nach Arizona gezogen. Aber wahrscheinlich war es Lion und Coles Rückmeldung über eben jenen zu verdanken, dass sie sich nun angekündigt hatten. Während also ihre Eltern vom Portier hochgebracht wurden, öffnete Summer bereits die Wohnungstür, die direkt an den Aufzug grenzte. Keiner würde ihr einfach so reinkommen. Das war Lion wichtig. Sie spürte seine Wärme im Rücken. Sie küsste ihn nochmal sanft, ob sie ihn oder sich beruhigen wollte, wusste sie gar nicht, als schon das leise Ping ertönte, dass den Fahrstuhl ankündigte. Der Portier nickte ihnen zu, während sich eine Frau Mitte fünfzig, Anfang sechzig Summer in die Arme warf. Sie lachte. „Kommt rein, wir wollen Mike nicht aufhalten." Scheuchte sie ihre Eltern samt Koffern raus und formte mit den Lippen, danke, was Mike -den Portier – grinsen ließ. Lion wurde umarmt, als wäre er schon seit Jahren gut befreundet mit diesen beiden Menschen. Während Summers Mutter ihm die Wange tätschelte, klopfte ihm ihr Vater mit mehr Kraft auf den Rücken, als Lion erwartet hätte. „Mom, Dad, dass ist Lion, Lion – meine Eltern." Meinte Summer etwas steif. „Ms Sullivan, Mr. Sullivan." Meinte Lion und Summers Mutter schüttelte den Kopf. „So ein Unsinn, ich bin Maggy, oder Mom. Aber doch nicht Ms. Sullivan." Meinte sie herrlich und etwas drüber. Ihr Vater sagte nichts, was Lion wiederum etwas verunsicherte. Also Maggy zu ihrer Mom und Mr. Sullivan zu ihrem Dad? Summer knuffte eben jenen in die Seite und mit einem mürrischen „John." Reichte er Lion ebenfalls die Hand. Na das fing ja gut an. Summers Blicke sprachen Bände. /Ich habe es dir ja gesagt/ brannte sich förmlich in ihn. Aber er lächelte geduldig. Das hier war ernst. Und er musste es eben schaffen ihre Eltern zu überzeugen, wie bei seinen Geschäftspartnern auch. Das sollte doch machbar sein, er hatte Millionen Deals abgeschlossen – da würde er doch einen Steuerberater und eine Lehrerin in den Griff bekommen! Wieso hatte er dann nur etwas schwitzige Hände?
Während Summer die beiden in den großzügigen Wohn-Essbereich brachte, musterte er ihre Eltern. „War diese Investition sinnvoll, absetzen könnt ihr sicher nicht viel davon." Merkte ihr Dad an. „Nun ja, wir haben es ja nicht als Investition gesehen, sondern für uns als Zuhause..." meinte Lion geduldig. „Also ist dies keine Investition in die Zukunft mit meiner Tochter?" Mist, das war wohl die falsche Antwort. „Dad, lass das. Wir haben die Wohnung gekauft, weil sie uns gefällt und wir entsprechend uns hier wohl fühlen. Wir spekulieren ja nicht damit." Mischte sich Summer ein. „Genau Schatz, lass die Kinder doch. So Lion, setz dich zu uns und erzähl uns ein wenig, was du genau machst." Meinte Maggy und klopfte neben sich an den gedeckten Tisch. Summer nickte ihm zu – stimmt, sie hatte Lion gewarnt. „Ich hol den Kaffee." Erklärte sie knapp und Lion ergab sich in sein Schicksal.
Wenn das so weiter ging, würde er wohl bald alle Hemden auf Links drehen müssen, um ihren Eltern zu beweisen, dass er der richtige Mann für ihre Tochter sei. Aber hey, für seine Summer war ihm kein Weg zu steinig und sie hatten schon viel gemeinsam erlebt. Da sollte dies auch machbar sein...

❚  ❚  

Alice asked the Cheshire Cat, who was sitting in a tree, "Can you show me the right direction?" The cat asked, "That depends on where you want to end up?" "I don't know where I want to end up" Alice answered. "Then," said the cat, "it really doesn't matter which direction you take, does it?"

~Lewis Carroll, Alice's Adventures In Wonderland~

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Zladune

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Re: 🎲 Festlicher Frühling 🎲

von Zladune am 16.04.2023 23:55




sweet-chili-font

 
Are we not threaded by the same weave?
Of the wind, Terra firma and unparted sea?
Whether by accident or fortune, you and I
We are matter and it matters.

 
    Name des Festes  

Ein Tag vor der Erneuerung der Verbundenheit.

Das Fest der Verbundenheit überschneidet sich mit der Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche: Der Frühling wird hier völlig dem Zeichen des Neubeginns gewidmet – es wird gefeiert, dass ein weiterer Winter überstanden wurde und mit dem Schmelzen des letzten Schnees sämtliche Sorgen und Altlasten verschwinden. Zeitgleich wird dieses Fest auch dazu genutzt, um seine Verbundenheit zu erneuern – die Verbundenheit zu seinen Liebsten, der Natur aber auch den Drachen und Wesen des Waldes, die in dieser Welt vielen Menschen als Partner zur Seite stehen.

 
    Charaktervorstellung   

Orion ist schon seit längerer Zeit angeheuert als persönliche Leibwache der „Stimme der Götter" – die oberste Wächterin Caeli, einer Art Hohepriesterin zu der Zeit, die in der Lage ist, Visionen der Götter zu empfangen. Jedoch sind die zwei unterschiedlich wie Tag und Nacht. Während Caeli Menschen mit ihrer kühlen, abweisenden Art abschreckt, zieht Orion andere oftmals mit seiner ansteckenden Lebensfreude, seinem Enthusiasmus und aufrichtigen Wärme in seinen Bann. Aufgrund dessen gelingt es ihm, anfangs unbeabsichtigt, deutlich erfolgreicher als seinem Schützling, die empfangenen Visionen zu verbreiten – weshalb man das kuriose Duo auch in manchen Kreisen scherzhaft „die Stimme und das Herz der Götter" nennt.


    Kontext   

Orion und Caeli entstammen beide dem PRS „The Headwinds" – jedoch weit aus der Vergangenheit, als das Wolken- und Erdreich noch Teil desselben Kontinents waren. Anders als der Großteil der Bevölkerung hat Caeli jedoch keine Zeit für Nichtigkeiten wie Feiern: sie muss ihren Pflichten nachgehen. Orion steht ihr dabei als ihr Leibwächter natürlich zur Seite – und sorgt damit vielleicht nur noch mehr für die verhasste Ablenkung, der Caeli so penibel aus dem Weg gehen wollte.



Der Atem der Nacht hing dunkel und schwer am Himmel, die Wärme der vorherigen Stunden nichts mehr als eine verblassende Erinnerung. Die Tage mochten bald länger werden, doch noch brachte das Verschwinden der Sonne eine Kälte mit sich, die selbst das Schutzritual kaum im Damm halten konnte. Der Schein des Mondes fand nur ab und an seinen Weg zwischen den dichten Kronen der Wälder. Wo sein sanftes Licht auftraf, malte es silberne Schleier aus Frost an die Spitzen der Tannennadeln, bedeckte die Gräser mit feinem, schimmerndem Eisstaub.

Niemand aus der kleinen Gruppe an Wächtern wagte es, einen Laut von sich zu geben. Als würde die stille Befürchtung in der Luft hängen, dass selbst das leiseste Wort das dargebotene Bild klirrend zerbersten lassen könnte – das oder sie fürchteten den Zorn der Person, die sie führte. Zurecht wohl, denn ihre Unbarmherzigkeit kannte keine Gnade, sollte jemand den Ablauf dieser uralten Tradition stören. An der Spitze der kleinen Gruppe an Menschen wies entschlossenen Schrittes, im langen, schneeweißen Gewand, die oberste Wächterin Caeli den Weg an. Ernst, die beißende Kälte vollständig ausgeblendet. Wie immer in Begleitung ihres treuen Schattens.

Für eine lange Zeit erfüllte lediglich das Knirschen des gefrorenen Grases unter ihnen die Umgebung, während der Mond über den Himmel zog. Bis die oberste Wächterin die Hand hob, die Gruppe unvermittelt zum Halt brachte. Eine Lichtung erstreckte sich vor ihnen. Ohne einen Befehl von sich geben zu müssen, lösten sich zwei Gestalten aus den hinteren Reihen. Der deutlich ältere der beiden spiegelte die ausdrucklose Miene der Wächterin, als er ihr einen eingerollten Stoff überreichte, zusammen mit einem Beutel, aus welchem schemenhaft das zarte Grün von Blättern seinen Weg in die Freiheit suchte. Zeitgleich trat sein Begleiter nach vorne, dem jedoch der Leibwächter der obersten Wächterin in dunkler Montur entgegentrat. Der Hauch eines Lächelns wurde ausgetauscht, als diesem ein Bündel überreicht wurde, welches mehrere Steine in einem netzartigen Gewebe enthielt – doch kaum berührten sich die Hände der beiden Männer, entwich einem ein gedämpftes Fluchen. Augenblicklich haftete jeder Blick verärgert auf dem Wächter, der seine schmerzende Hand schüttelte. Nun, jeder bis auf den des Leibwächters, der sich mit vergebener Mühe ein Grinsen zu verkneifen versuchte. Ein kollektives Schnauben erklang, bevor sich der älteste Wächter vor seiner Führerin in Weiß ehrfurchtvoll verbeugte. Sich dann umdrehte. Und schließlich mit dem Rest der Gruppe der oberste Wächterin und ihrer persönlichen Wache den Rücken kehrte. Kein einziges Wort wurde gewechselt.

Stille umhüllte die beiden Gestalten. Stille, die mit einem Mal vertrauter wirkte, kaum dass nur noch der Atem zweier Menschen zu hören war. Überraschenderweise war es Caeli, die diese Ruhe durchbrach. Selbst ohne die winzigste Regung in ihrem stoischen Ausdruck war das Verdrehen der Augen geradezu hörbar. „Irgendwann werdet ihr euch umbringen.“

Die abwertende Kälte vermochte es jedoch weder, Orions Gewissen zu bewegen, noch das vergnügte Grinsen aus seinem Gesicht zu bannen: „Ach was, wir sind praktisch ein Herz und eine Seele. Brüder! Wenn er mich umbringt, dann nur weil ich in Führung liege und er ein unglaublich schlechter Verlierer…“

Sie gab ihm gar nicht erst die Chance, den Inhalt der kleinen Wette näher zu erläutern, sondern fiel ihm mit einem „Mach dich lieber nützlich und häng die Leuchtstein-Laternen auf“, ins Wort, ehe sie sich abrupt umdrehte und zur Mitte der Lichtung stolzierte. Nicht jedoch ohne den Anflug eines Lächelns vor ihm verbergen zu können. Er erwiderte dieses mit seinem eigenen Schmunzeln: „Dein Wunsch ist mir Befehl.“

Für einen kleinen Moment erklang lediglich der dumpfe Klang von schweren Stiefeln, zusammen mit einem leisen, kaum wahrnehmbaren Scharren. Orion tat wie ihm befohlen, ließ Caeli in ihren Vorbereitungen versinken, hängte währenddessen sorgfältig jeden der eingewickelten Steine auf. Getreu ihres Namens bündelten diese bald die unsichtbare Kraft der Umgebung, gaben dabei ein beständiges, pulsierendes Glühen von sich. Die Lichtung war alsbald in ein sanftes, orangenes Dämmerlicht getaucht.

Kaum war die letzte Laterne platziert, brach eine Welle von Energie über Orion herein. Ergoss sich über ihn, mit der Zärtlichkeit eines leichten Sommerschauers. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Caeli hatte mit ihrem Gebet begonnen, sponn die natürliche Energie der Wälder wie ein Spinnennetz, welches sich von der Mitte des Platzes bis hin zu den ersten rauen Stämmen erstreckte. Die Bahnen dieser Energie mochten weiterhin dem Auge verborgen bleiben, doch die Präsenz dieser war unbestreitbar. Es war weniger, dass Orion sie spüren konnte. Nein, er hörte sie. Die Vibrationen, das stetige Summen und Wispern. Jeder Strom besaß seinen eigenen Ton, seine eigene, unverwechselbare Melodie. Er vernahm… das Flüstern des Windes über ihm. Das Rauschen von Schwingen, gedämpft und weit entfernt. Das Plätschern eines Bächleins. All diese Geräusche standen ihm zur Verfügung, ineinander verwoben wie die Saiten seiner Laute. Würde er auf diesen ebenfalls spielen, ein Lied komponieren können, dass diesen Wäldern würdig wäre?

Mit einem Mal erschlafften die Stränge, rissen ihn somit aus seiner eigenen, kleinen Welt. Er spürte den Blick, der auf ihm ruhte, noch bevor er sich gänzlich zu Caeli umdrehte. Ein undefinierbarer Ausdruck prägte ihr Antlitz. Orion erwartete bereits eine Zurechtweisung. Den verärgerten Vorwurf, dass er sie in ihrem Tun störte, anstatt seiner Pflicht nachzugehen. Doch nichts von dem kam. „Du wärst jetzt lieber auf dem Fest gewesen.“ Es war weniger eine Frage als eine simple Feststellung. „Du weißt, dass ich dir frei gegeben hätte, hättest du mich gebeten.“

Sie versuchte es sich nicht anmerken zu lassen. Bemühte sich, den Schatten der Betrübtheit aus ihrer Haltung zu verscheuchen. Sie scheiterte kläglich. Zu viel Zeit hatte Orion mit seinem Schützling verbracht, um sich von diesem schwachen Versuch täuschen zu lassen. Er verfiel in ein warmes Schmunzeln. „Ich weiß nicht, wovon du sprichst, meine Liebe. Es ist mir immer eine Ehre, an deiner Seite zu verweilen. Zumal wir wohl morgen nach der Erneuerung des Schwurs genug höflicher Feierlichkeiten erleben werden.“ Sein Lächeln wuchs zu einem verschmitzten Grinsen an. „Vielleicht kriegst du es diesmal bei der Zeremonie sogar hin, nicht wieder denselben Fehler beim Tanz wie letztes Mal zu begehen.“

Flammender Zorn loderte in den goldenen Augen auf und Caeli verspannte sich sofort aufgebracht. „Ich habe keinen Fehler gemacht.“ Der Ton in ihrer Stimme nahm eine messerscharfe Kälte an. Eine offensichtliche Verwarnung an ihn, dass er seine nächsten Worte weise wählen sollte. Es gab nicht viel, das die Wächterin aus dem Konzept brachte. Orion gehörte allerdings auf jeden Fall dazu. Und er badete sichtbar in der Gewissheit, dass kaum jemand außer ihm, sich diese Kritik erlauben konnte.

 „Natürlich hast du das. Erinnerst du dich nicht?“ Langsam begann er die Schritte des traditionellen Tanzes nachzuahmen, ging dabei in einen leises Singsang über: „Höre das Lied das im Winde schwingt. Spür wie der Frühling den Winter bezwingt. In der letzten Zeile trittst du immer zu weit mit dem linken Fuß vor. Letzten Mal wärst du beinahe gestolpert.“

Wäre ihre bewundernswerte Beherrschung nicht gewesen, hätte die Wächterin bestimmt ein animalisches Knurren von sich gegeben. „Du weißt nicht, wovon du sprichst.“ Ein provozierendes Grinsen schlich sich auf seine Lippen. „Dann zeig es mir. Hier und jetzt“. Und zum ersten Mal seit langem… haderte Caeli. Die verärgerte Anspannung wich aus ihrer Haltung, machte ihrer statt einer ungewohnten Verunsicherung Platz. Sie schien diese Möglichkeit tatsächlich für einen unwirklichen Moment in Betracht zu ziehen. Ihr Blick haftete lange an ihm, schweifte dann zu der Mitte der Lichtung, in der um eine kleine Mulde herum alle Materialien für die bevorstehenden Schritte bereitlagen. „Das Ritual…“, begann sie zögerlich.

„Kann warten. In keiner Schrift steht es geschrieben, dass man sich vor der Vollendung der Zeremonie nicht einen kleinen Tanz erlauben darf.“ Er hatte recht und sie wussten es. Beide. Caeli gab ein lautloses Seufzen von sich, kam dabei ergeben näher. „Also gut. Aber nur bis zu der Stelle, an der ich den nicht existenten Fehler begangen habe.“ Schnippisch wie eh und je. Vermutlich wusste sie, dass er ihr sonst keine Ruhe mehr geben würde. Dennoch – ein Gewinn war ein Gewinn. Seine anfängliche Überraschung wandelte sich alsbald in ein freudiges Strahlen.

Er kannte den Tanz natürlich. Beliebt bei Festen und auf dem Hofe, doch bei den Kinder seines Dorfes auch ein Mittel der Disziplin, denn die Schritte waren schwer auswendig zu lernen und unterschieden sich je nach Jahreszeit. Wenn sie richtig ausgeführt wurden, sah es in großen Gruppen äußerst beeindruckend aus. Selbst wenn Caeli offensichtlich niemanden weiteren benötigte. Wie zu erwarten saß jede Bewegung perfekt, ging grazil und nahtlos ineinander über. Wie Wasserströme, die miteinander verschmolzen. Beinahe ließ es einen die starre, fast schon gelangweilt wirkende Miene vergessen.

Orion nötigte sich gar nicht erst dazu, seine Bewunderung zu verbergen. „Nicht schlecht.“

„Selbstverständlich,“ ertönte es knapp. „Ich könnte jeden Schritt im Schlaf vollführen.“

„Dann schließe deine Augen“, kam sofort der Konter, doch jegliche Herausforderung in seiner Stimme wurde überschattet von purem, neckendem Sticheln.

 Eine Herausforderung, die sie zu seiner erneuten Verwunderung sogar annahm. „Wenigstens kann mich so dein idiotisches Grinsen auf dem Gesicht nicht ablenken“, gab Caeli kühl von sich, entlockte ihm damit ein kleines Lachen.

„Du magst mein Gesicht.”

Die Antwort blieb aus. Mit erhobenen Kopf gab die Wächterin nur ein leichtes Schnauben von sich, bevor sie demonstrativ den Kopf abwandte. Das kleine Lächeln bemerkte er dennoch.

Und er erwiderte es mit einer sanften Wärme, die selbst dann nicht aus seinen Augen wich, als er sich zu den ersten, vorsichtigen Schritten verführen ließ - Caeli gegenüber, doch die erwartete, respektvolle Distanz gewahrt. Meistens. Ab und an musste er sie bei der Hand nehmen. Ein unumgänglicher Teil des Tanzes. Doch er beließ es bei flüchtigen Berührungen, behutsam und seiner Partnerin die Möglichkeit gebend, sich seiner Nähe entziehen zu können.

Es dauerte nicht lange, um an der richtigen Stelle anzuknüpfen und noch deutlich kürzer, um diesem Moment der Sorglosigkeit zu verfallen. Orion schaffte es jedoch nicht, die Harmonie zu wahren. Die eigentlich fundamentale Synchronität zwischen den Tanzenden wurde jedes Mal im Keim erstickt, sobald seine Gedanken abdrifteten.

Aber konnte man es ihm verübeln? Caeli sah…bezaubernd aus. Die Bewegungsabfolgen schienen in ihren Körper eingraviert. Er wusste, dass sie sich alles über die Jahre anstandslos eingeprägt hatte. Jeder Schritt präzise, genaustens einkalkuliert. Das war schließlich ihre Pflicht. Doch kein Pflichtgefühl der Welt konnte allein…das erzeugen. Die anmutige Leichtigkeit, mit welcher sie über den frostbelegten Boden der Lichtung glitt. Die grazile Handbewegung, mit der sie jede Drehung andeutete. Ironischerweise war das zeremonielle Gewand, welches sie trug, wie für diesen Augenblick gemacht, betonte ihre zierliche Figur, wirbelte bei jeder Umdrehung sanft umher. Schwerelos, als würde sie mit dem Wind tanzen.

Seine Bewegungen hingegen nahmen alsbald eine fröhliche Beschwingtheit an, als er sich dem Takt seines Herzen hingab, sich lediglich vom Strom der Freude treiben ließ. Eine schwer zu zügelnde Energie. Ungezwungen, der inneren Melodie in seinem Kopf folgend, verfiel er in ein lebhafteres Tempo. Nur um dann zu spät zu bemerken, dass er abermals völlig aus dem Takt geraten war und seine Geschwindigkeit drosseln musste. Sein Part wirkte authentisch und unverfälscht. Voller kleiner Fehler, bei welchem jegliche Eleganz schlief, stattdessen purem Enthusiasmus die Bühne überließ. Ein chaotisches Duett, so unterschiedlich, wie Tag und Nacht. Wie Sommer und Winter. Wie sie selbst es waren.

Wenn Orion die Augen schloss, spürte er die Energie, die Essenzen ihres Wesens, die aneinanderprallten. Caelis Ausstrahlung, gefasst, ruhig, mit der strahlenden Intensität eines Sonnenaufgangs. So ungleich zu seiner eigenen, stürmischen Aura, voller Ungeduld und Unruhe, mit einer Energie, welcher der unendliche, nächtliche Himmel selbst nicht Herr werden konnte. Mit jedem Herzschlag pulsierte diese Energie in Wellen in ihren Adern, schwappten zu dem anderen rüber. Vermischten sich mit Strom des anderen, versuchten in diesen einzudringen, stoben letztendlich doch wie Funken an Glut auseinander. Ein nie enden zu wollender Kampf.

Bis…es auf einmal kein Kampf mehr war. Als die Energien zum ersten Mal eine gemeinsame Frequenz fanden, schickte dies einen elektrisierenden Schauer durch Orions ganzen Körper. Sein Herz schien ein paar Takte aussetzen, begann dann wieder zu schnell zu schlagen, geriet ins Stolpern. Sein Blick huschte heimlich zu Caeli – und traf auf den ihren. Fand seine eigene Verwunderung in dem Gesicht ihm gegenüber wieder. Einen eigenartigen, stillen Moment lang. Bis die Wächterin auf einmal ins Straucheln geriet.

Orion kam von selbst in Bewegung. Mit einem halben Schritt überbrückte er die restliche Distanz, umfasste mit einem leisen „Hab dich“ Caelis Taille, bevor sie das Gleichgewicht vollständig verlieren konnte. Es dauerte noch ein weiteren Moment, bevor die Erkenntnis einsickerte, was gerade passiert war. Ein schiefes Grinsen entkam ihm, dabei kämpfte er ein erheitertes Auflachen nieder: „Ich hab doch gesagt, dass dich dieser Teil des Tanzes immer aus dem Konzept bringt.“

Noch ein paar weitere Atemzüge lang verharrte er in dieser Position – ehe ihn die heiße Erkenntnis überrollte, wie nah beieinander sie gerade standen. Sofort ließ er von Caeli ab, nahm die angemessene Distanz ein, senkte entschuldigend den Kopf. „Verzeih.“ Sie entgegnete dem etwas, doch es war zu leise, kaum mehr als ein Flüstern. Wand dann den Blick ab. Verhalten rieb sich Orion den Nacken. Warum… fiel es ihm auf einmal so schwer ihr in die Augen zu schauen? Aus dem Augenwinkel konnte er beobachten, wie die Wächterin ihre Finger aneinanderrieb. Wie immer, wenn sie die Unsicherheit gepackt hatte. Mehrmals schien sie zu etwas ansetzen zu wollen. Doch bevor sie dies schaffte, ertönte lautes Brüllen am Himmel. Ein erleichtertes Aufatmen entrang beiden, dankbar für das nicht ganz so stille Zeichen, dass ihnen die Zeit davonrannte. Bald würde der Morgengrauen anbrechen. Und mit ihm, die Festlichkeiten beginnen.

Ein rascher Blick wurde ausgetauscht, ehe sich Caeli einen Ruck gab und entschlossenen Schrittes zur Mitte der Lichtung eilte. Orion sah ihr nach. Dann zum Rand der Lichtung. Ein schriller Pfiff erklang. Es dauerte nicht lange, bis eine Antwort kam. Ein Rascheln ertönte, als eine Silhouette aus dem Schatten des Dickichts herausbrach. Das Fell dunkel schimmernd im Dämmerlicht, den raubtierartigen Kopf stolz in die Höhe gereckt, bohrte sich ein unergründlicher Blick in seine Augen. Spiegelte das eisige Blau wider. Stumm, auf eine Anweisung wartend.

Orion gab seinem Partner ein Zeichen, ihm zu folgen. Lief dabei selbst in Richtung des Zentrums der Lichtung. Caeli hatte sich derweil vor die kleine Mulde gekniet, die sie ausgegraben hatte. War gerade im Inbegriff, das zarte Pflänzchen aus der schützenden Umhüllung zu befreien. Es schließlich vorsichtig in die Vertiefung zu legen. Wortlos beobachtete er sie dabei, wie sie dann den zusammengerollten Stoff in die Hand nahm. Ihn ausbreitete, bis dessen volle Größe ersichtlich wurde. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man diesen einfach für einen kleinen Teppich halten. Nichts weiter als ein verzierter Vorleger. Man musste schon genauer hinsehen, um in den detailreichen Motiven eine Geschichte zu erkennen. Eine Geschichte seines Volkes. Noch zu gut war Orion es in Erinnerung geblieben, wie lange Caeli an diesem Werk gesessen hatte. Bis in die späten Abendstunden hatte sie schweigend an dem gewobenen Stoff gesessen, hatte versucht, den wichtigsten Ereignissen der vergangenen Monde ein Gesicht zu geben. Sie in Bildern wiederzugeben. Anstandslos, ohne sich auch nur ein einziges Mal zu beschweren. Dabei gehörten Handarbeiten sicherlich nicht zu ihren Stärken. Erst recht nicht, wenn man Drachenschuppen einsticken musste.

Nun saß sie abermals vor dem Gewebe der Vergangenheit, musterte es beinahe ehrfurchtsvoll. Und begann es schließlich um den kleinen Setzling auf den Boden zu platzieren. Fast hatte er das Gefühl, dass sie einen kleinen Hauch von rabiatem Frust in ihr Tun steckte. Als sie fertig war, rutschte die Wächterin ein wenig von der Mulde weg. Ein stilles Zeichen. Kurz darauf folgte ein scharfes, Surren, das Rascheln von Flügeln. Dicht gefolgt von Krallen, die sich in Orions Schultern bohrten. Ein leises Lachen war zu hören, als helle, sandfarbene Federn sein Gesicht streiften, ein Schnabel sich in seine Halsbeuge presste. Dann war das eulenartige Wesen auch schon aufgesprungen, segelte zu dem kleinen Pflänzchen herab. Orions eigener Gefährte gesellte sich zu ihm. Beide Wesen blickten zu ihren Partnern empor. Caeli nickte und Orions Begleiter trat hervor, senkte seinen Kopf zu dem verwobenen Stoff unter ihm – und das blaue Feuer des Drachen begann seine Lefzen zu umspielen. Caelis Gefährte breitete währenddessen erneut seine Flügel aus und versuchte mit ein paar umständlichen Schlägen seiner Schwingen Luft zuzufächeln.

Der Stoff entflammte in Sekundenschnelle. Die kleinen Flammen fraßen sich in die verwobenen Bilder, zerstörten binnen weniger Augenblicke all die harte Arbeit, die dahintersteckte. Bis letztendlich nur noch schwarze, glühende Asche übrigblieb, den Setzling dabei umkreiste. Was immer in der Vergangenheit passiert war, war vergangen. Es war an der Zeit, sich von all dem zu lösen. Es in Erinnerung zu behalten, doch sich nicht von dem eingrenzen zu lassen. Die Erfahrungen würden einem auch so beim Wachsen helfen. So wie die Asche auch dem kleinen Setzling helfen würde zu gedeihen – die Asche und die Rückstände der Drachenschuppen. Es gab keine stärkere Magie, keine größere Macht. Bald würde mit dieser Unterstützung das zarte Pflänzchen, die Lebensrute, die der heiligen Stätte entnommen wurde, zu einem gewaltigen Baum heranwachsen. Ein weiteres schlagendes Herz, ein Zeichen der Verbundenheit zwischen Menschen, ihren Partnern und der Natur selbst. Ein Zeichen für den Beginn eines neuen Kreislaufs.

Das Ritual war hiermit eigentlich vollendet. Nicht für Caeli. Die Wächterin begab sich näher zu dem kleinen Setzling, hielt mit einer schützenden Geste ihre Hände um den Spross. Borgte sich abermals die Kraft des Waldes, ließ diese auf das Pflänzchen herabrieseln. Sie würde noch lange hier sitzen und meditieren. Allein. Wenigstens bis zum Anbruch des nächsten Tages. Orion wusste das. Und noch ehe er registrieren konnte, was er tat, machte er einen Schritt auf seinen Schützling zu. "Caeli?" Eine sanfte Berührung von hinten folgte, doch die Wächterin ließ sich ihre Überraschung nicht anmerken. Als hätte sie seine Anfrage erwartet. „Darf ich mich zu dir setzen?“

Ein knappes, wortloses Nicken. Orion folgte der Zusage, ließ sich ihr direkt gegenüber nieder. Streckte seine Hände aus, um Caelis Bemühungen zu imitieren. Seine Fingerkuppen streiften kurz ihren Handrücken– was ihm ein deutliches verschreckteres Zusammenzucken entlockte als Caeli selbst. Doch sie entzog sich dieser Berührung nicht. Vermutlich war sie bereits zu vertieft in ihrem Tun.

Das war es, was er vermutete. Zumindest so lange, bis die Wächterin ihre Stimme erhob. Ungewöhnlich kleinlaut. „Würdest du für mich singen, Orion?“ Das riss ihn aus der Konzentration. Überrascht blinzelte er die junge Frau an. Natürlich, es war nicht das erste Mal, dass er für sie ein Lied zu besten gab. Doch es war definitiv das erste Mal, dass sie ihn darum bat.

Seine Züge wurden weicher. Er nickte. Bald schon durchdrang eine ihm zu gut bekannte Melodie die Luft. Ruhig und so leise, dass man seine Stimme beinahe kaum von den restlichen Geräuschen des Waldes heraushören konnte. Irgendwann schlich die Sonne langsam über den Horizont. Ließ die ersten, tiefroten Strahlen vorsichtig über die Spitzen der Baumkronen streichen, bis diese die Lichtung erreichten. Orion lächelte ihr mit derselben Wärme entgegen.

Morgen. Morgen würde er seinen Schwur erneuern.



I want to spin something out of nothing
Lead to gold, spring from winter
Story from moted sky




Nachwort: Warum kurze Texte schreiben wenn es auch lang geht? :'D


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Liedzitat:
The Oh Hellos - Zephyrus

 



Antworten Zuletzt bearbeitet am 22.04.2023 10:13.

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