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Diskussion und Philosophie | Ist Recht immer gleich Gerechtigkeit?

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Diskussione...
Gelöschter Benutzer

Diskussion und Philosophie | Ist Recht immer gleich Gerechtigkeit?

von DiskussionenunPhilosophie am 18.10.2021 10:38

Diskussion und Philosophie
 



Das wichtigste zuerst: natürlich gelten auch hier die allgemeinen Regeln von Rollenspielhimmel, wer sie nicht mehr weiß bitte hier nachlesen.
Zusätzlich zu beachten gilt, dass wer sich nicht an die Regeln hält von der aktuellen Diskussion und der darauffolgenden gesperrt wird.

 

Das Thema der Woche wird immer in einem neuen Thread am Montagvormittag gepostet. (Sollte ich nicht verschlafen.)

Wer Vorschläge für ein neues Thema hat, bitte gerne an diesen Account schicken. ich werde sie sammel und das gefragteste Thema für die kommende Woche auswählen. Sollte es keines geben, entscheidet der Zufall. Alle alten Themen findet ihr per Link in meinem Blog, damit ihr jeder Zeit nachlesen könnt, was alles geschrieben wurde.

Diese Woche solle es um die Frage gehen ob Recht immer gleich Gerechtigkeit ist.

Antworten

NYxUlric

35, Weiblich

  9. Employed Writer

Neuling

Beiträge: 1374

Re: Diskussion und Philosophie | Ist Recht immer gleich Gerechtigkeit?

von NYxUlric am 18.10.2021 11:11

Nein, Recht ist nicht gleich Gerechtigkeit. Du magst bei einem Ding vielleicht Recht haben, aber das gericht kann dir da ganz schnell einen Dämpfer verpassen, weil dein recht vielleicht für den anderen nciht richtig ist, also keine Gerechtigkeit. Nicht mal für beide Seiten, meistens gibt es dazu aber auch für beide Seiten einen Dämpfer.
Also Recht bekommen tun wir, auf die ein oder andere Weise, aber von gerechtigkeit würde ich jetzt nicht sprechen. Mein Bruder hat einmal angefangen Jura zu studieren, einmal im Leben, er wollte das. Kam aber nciht klar, was die ganzen Schlupflöcher angeht, weswegen er dieses Studium an den Nagel hing. Es ist also schwer zu sagen, wenn Recht gesprochen wird, das es auch gerecht ist. 

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Badangel19

24, Weiblich

  9. Employed Writer

Beiträge: 2267

Re: Diskussion und Philosophie | Ist Recht immer gleich Gerechtigkeit?

von Badangel19 am 18.10.2021 14:21

Recht und Gerechtigkeit sind zwei völlig verschiedene Dinge . Recht, das sind alle Regeln (Normen), denen wir im Sinne eines Gemeinwohls unterliegen. Gemeint sind Gesetze (in jeglicher Form) und Verhaltensregeln, die in der Gemeinschaft als verbindlich akzeptiert und befolgt werden.Gerechtigkeit ist dagegen ein Maßstab für das individuelle Verhalten von Menschen. Es geht – auch wieder verkürzt – darum, dass Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandelt wird. Dementsprechend verweist das Kundmachungspatent zum (heute noch geltenden) ABGB aus dem Jahre 1811 auf die allgemeinen Grundsätze der Gerechtigkeit, die als notwendig angesehen werden, um den Bürgern volle Beruhigung über den gesicherten Genuss ihrer Privatrechte zu verschaffen. Die Existenz einer unabhängigen Justiz und fairer Verfahrensregeln ist die Voraussetzung für Gerechtigkeit und die Vermeidung von Selbstjustiz. Dementsprechend garantiert Artikel 6 der Menschenrechtskonvention das Recht auf ein faires Verfahren und lautet wie folgt:

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Herr_Nacht

-, Männlich

  7. Columnist

Beiträge: 622

Re: Diskussion und Philosophie | Ist Recht immer gleich Gerechtigkeit?

von Herr_Nacht am 19.10.2021 17:18

Badangel 19 hat die Spannung gekonnt hochgehalten, aber ich löse sie, auch wenn's eigentlich gar nicht notwendig ist, auf.
Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren (1)
1Jede Person hat ein Recht darauf, daß über Streitigkeiten in bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. 2Das Urteil muß öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozeßparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
(2) Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.
(3) Jede angeklagte Person hat mindestens folgende Rechte:
a) innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b) ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c) sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d) Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e) unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
Hatten wir hier nicht, offenbar neben Badangel19, noch jemanden, der von Jura Ahnung hat? Rogers vielleicht?
Ich dagegen haben wiedermal keine Ahnung, will aber Folgendes von mir geben:
Ich bin ein Freund von Rechten (also im Sinne von Gesetzen xD) und Gerechtigkeit (übrigens auch von Pflichten), aber hier und da könnte man bestimmt so manches geltende Recht im Namen der Gerechtigkeit ganz gehörig gegen das Schienbein treten.
Ich will ein (eventuell ziemlich schlechtes) Beispiel geben:
Ich habe vor ein paar Wochen über eine Radiosendung erfahren, dass die beiden Hauptaktionäre von BMW, Herr Quandt und Frau Klatten, sich in der Zeit, als wir alle mit unseren Steuergeldern den BMW-Mitarbeitern das Kurzarbeitergeld bezahlt haben, beim Ausschütten des 1,3 Mrd. Euro großen Dividendentopfes ihren rechtmäßigen Anteil von knapp 600 Mio. Euro zugestanden haben. Was sie damit gemacht haben, weiß ich nicht, aber ich ahne, dass sie ihn behalten haben.
Dass eine solidarische Gemeinschaft den Mitarbeitern einer Firma den Lohn in einer Krise bezahlt, ist natürlich alles andere als schlimm, aber dass währenddessen ein solch immenser Betrag an einzelne Verantwortliche der Firma geht, ist für mein persönliches Empfinden eine ziemlich ungerechte Sache, die aber rechtmäßig ist.
Oder ein im Internet kursierendes Bild, auf dem drei Männer unterschiedlicher Größe an einem Lattenzaun stehen und einem Fußballspiel zuschauen wollen. Der größte von ihnen kann locker über den Zaun gucken, der mittelgroße schafft es ebenfalls, aber der kleinste nicht mal ansatzweise. Jetzt können drei Kästen verteilt werden, auf denen die Männer stehen können.
Wie sollten diese Kästen verteilt werden, wenn es gerecht zugehen soll?
Alle drei Kästen sollten zu dem kleinen Mann gehen, damit er sich auf sie stellen und das Spiel ebenfalls mitansehen kann.
Stattdessen werden die Kästen aber im Sinne des Rechts gleich verteilt, so dass jeder der Männer einen bekommt, was dazu führt, dass der kleine Mann das Spiel immer noch nicht sehen kann.
Die politisch linksgerichtete Sau, die das hier gerade schreibt, hat über dieses Beispiel gelernt, dass rechtmäßige Gleichbehandlung/Gleichheit nicht unbedingt Gerechtigkeit ist, ganz besonders nicht in einer Solidargemeinschaft extrem ungleicher Menschen, weswegen ich folgenden (aus dem Kontext gerissenen) Satz meiner Noch-Kanzlerin nicht unterschreiben kann:
Kann es etwas Gerechteres geben, als einen Krankenkassenbeitrag, den alle gleich bezahlen?

Und das Recht biegsam sein kann und nicht unbedingt Ausdruck eines höheren, moralischen, allgemeingültigen Ideals sein muss, zeigt vielleicht auch ein zweiter Satz, den Angela Merkel mal gesagt hat.
Wir brauchen mehr marktkonforme Demokratie


  Recht beugen zum Wohle eines Systems, nicht im Sinne der Gerechtigkeit.   

"Das köstliche und immer wieder originelle Vergnügen einer nutzlosen Beschäftigung"
Henri de Régnier

 

"You can, you should, and if you're brave enough to start, you will"
Stephen King

Antworten Zuletzt bearbeitet am 19.10.2021 17:25.

Anticonformist
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Re: Diskussion und Philosophie | Ist Recht immer gleich Gerechtigkeit?

von Anticonformist am 19.10.2021 20:18

Erst einmal möchte ich festhalten, dass ich es wirklich super finde, dass die Diskussionen beibehalten werden! Ich hätte mich gerne schon zu den vorherigen, wirklich spannenden Diskussionen geäußert, nur war es mir bislang aus zeitlichen Gründen nicht möglich gewesen.
Dennoch nochmals vielen Dank an dich, @DiskussionenunPhilosophie, für die Einführung einer RSH-Diskussions-Tradition.

Zum eigentlichen Thema: Ich musste offen gestanden etwas schmunzeln, als ich diese Frage gelesen habe. Warum? Ich versuche es mal mit einigen Beispielen zu untermauern:

Im römischen Recht (und auch anderen Rechtsordnungen!) war der Sklave nicht mit einer Person gleichzustellen (keine Rechtsfähigkeit), sondern wie eine Sache zu behandeln – sprich, man konnte an ihm Eigentum erwerben, ihn veräußern, schlagen, töten, vergewaltigen - um es mit den Worten des § 903 BGB auszudrücken: „damit" tun und lassen was man will.

Wie wäre es nun mit etwas „Kodifizierterem“?:

Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre
Vom 15. September 1935
Durchdrungen von der Erkenntnis, daß die Reinheit des deutschen Blutes die Voraussetzung für den Fortbestand des deutschen Volkes ist, und beseelt von dem unbeugsamen Willen, die deutsche Nation für alle Zukunft zu sichern, hat der Reichstag einstimmig das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird.

§ 1
(1) Eheschließungen zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes sind verboten. Trotzdem geschlossene Ehen sind nichtig, auch wenn sie zur Umgehung dieses Gesetzes im Auslande geschlossen sind.
(2) Die Nichtigkeitsklage kann nur der Staatsanwalt erheben.

§ 2 Außerehelicher Verkehr zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes ist verboten.

§ 3 Juden dürfen weibliche Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes unter 45 Jahren nicht in ihrem Haushalt beschäftigen. [...]


Oder etwas „Aktuelleres":
V§ 175 StGB in der Fassung vom 1935 bis 1969 
(1) Ein Mann, der mit einem anderen Mann Unzucht treibt oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen läßt, wird mit Gefängnis bestraft.

(2) Bei einem Beteiligten, der zur Zeit der Tat noch nicht einundzwanzig Jahre alt war, kann das Gericht in besonders leichten Fällen von Strafe absehen.


In der letzten Fassung, bis zum 11. Juni 1994:
(1) Ein Mann über achtzehn Jahre, der sexuelle Handlungen an einem Mann unter achtzehn Jahren vornimmt oder von einem Mann unter achtzehn Jahren an sich vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn
1. der Täter zur Zeit der Tat noch nicht einundzwanzig Jahre alt war oder
2. bei Berücksichtigung des Verhaltens desjenigen, gegen den sich die Tat richtet, das Unrecht der Tat gering ist.

*hust* Traurige Sidenote *hust*: Das BVerfG hat das „damals“ noch mit Art. 3 GG als vereinbar angesehen. (vgl. BVerfG, Urteil vom 10.05.1957, Az. 1 BvR 550/52 und nochmals bestätigt 1973 in BVerfG, Beschluss vom 02.10.1973, Az. 1 BvL 7/72).


Schwangerschaftsabbruch (selbst bei Fahrlässigkeit) in manchen Ländern = Mord
Todesstrafe in einigen Ländern = legitim
Und, und, und...
(Die Liste ist lang.) 

 

Jetzt gebe ich die Frage zurück: Ist das gerecht?


Ich glaube gerade an dem Umstand, dass eines der höchsten Gerichte Deutschlands (und auch andere Gerichte anderer Rechtsordnungen) sowas noch als mit dem geltenden Recht (mit der Verfassung!) vereinbar gesehen hat und erst aufgrund des gesellschaftlichen Wandels der Gesetzgeber im vorangegangenen Beispiel den § 175 StGB (a.F.) aufgehoben hat, zeigt recht deutlich, wo die Schwächen des Rechts liegen. Recht unterliegt immer (und ZUM GLÜCK) den gesellschaftlichen Vorstellungen. Zum Glück deshalb, weil es damit nicht „versteinert“. Zum Ärgernis, wenn dieses Recht bspw. nicht der Vorstellungen Einzelner entstpricht. Recht ist (je nach Rechtsordung) entweder „Mehrheits-Recht“ oder einfach nur „Diktator-Recht“. Wenn man nicht zur Mehrheit gehört und diese Mehrheit die Gesetze schafft - ist das dann ungerecht? Wenn ein Diktator Ermächtigungsgrundlagen zu seinen eigenen Gunsten schafft und für all seine Handlungen damit eine Rechtsgrundlage hat (*hust* kommt das jemanden bekannt vor) - ist das dann gerecht?
Wir müssen Recht aber auch nicht zwingend mit Gesetzen (ob förmlich oder materiell) gleichstellen, sondern wie auch @Badangel19 bereits aufgeführt hat, gehören auch Verhaltensnormen dazu. Was sich damals nicht gehörte (Mädchen mit kurzen Haaren, Frauen in Hosen, etc.) ist/kann heute Normalität sein. Ich glaube, man weiß, worauf ich hinaus will. x)
Um endlich zum Punkt zu kommen: Nein. Recht muss nicht immer mit Gerechtigkeit einhergehen. Zumal auch Recht haben und Recht bekommen wieder ein anderes Paar Schuhe sind. Ist das nicht traurig (aka. ungerecht?)? 

Ok, das war's nun wirklich. ♥

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Badangel19

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Re: Diskussion und Philosophie | Ist Recht immer gleich Gerechtigkeit?

von Badangel19 am 19.10.2021 20:54

Wie bereits oben erwähnt sind für mich Recht und Gerechtigkeit zwei gegenteilige Dinge. Es sind schon viele gute Beispiele genannt worden, doch nun möchte ich ebenfalls eines nennen, welches die gesellschaftliche Spaltung der beiden Themen noch einmal genauer beleuchtet.

Ein alter Mann welcher sein ganzes Leben lang hart gearbeitet hat, jedoch nie eine Ahnung von Rediten und den Richtigen Anlagemöglichkeiten hatte, bekommt aufgrund dessen eine , minimale Rente, die zum Leben nicht reicht. Genauso wie seine Frau, die sich ihr Leben lang um ihre Kinder kümmerte und ihren Mann im Haushalt unterstützte. Ein nicht untypisches Bild, der älteren Gesellschaft. Nun leiden beide an Altersarmut und kommen mit ihrer mickrigen Rente kaum über die Runden. Ihr so hart erarbeitetet Haus mussten sie verkaufen um in einer kleinen Wohnung zu leben ( das ist noch ein schönes Bild, es gibt viele , denen es deutlich schlechter geht. ) er muss stelen oder Flaschen sammeln um sich und seine Frau Ernähren zu können. Wohingegen der junge Mann, welcher Glück bei einer Auslosung einer höheren Macht hatte und in eine reiche Familie hineingebeten wurde, nie arbeiten gehen muss, sich nie Gedanken um seine Rente machen muss. Was ist daran gerecht ? Wenn der alte Mann stiehlt begeht er eine Straftat, muss Strafe zahlen, dafür das er sich und seine Frau ernähren möchte und dafür nicht im Dreck wühlen möchte. Geht er an Mülltonnen begeht er ebenfalls eine Straftat. Wohingegen der junge Mann ( sein Glück sei ihm gegönnt) nie solche Probleme haben wird, obwohl er viel weniger für diese Geselschaft getan hat. Rechtlich ist es eindeutig. Der alte Mann macht sich mit Containern strafbar, der junge Mann mit seinem Reichtum nicht, doch wirklich gerecht ist es sicher nicht.

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CheshireCat_86

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Re: Diskussion und Philosophie | Ist Recht immer gleich Gerechtigkeit?

von CheshireCat_86 am 19.10.2021 22:40

Nun, ich möchte mich zunächst DiskussionenunPhilosophie bedanken, dass sie so eine tolle Idee hatte, ich habe die letzten Diskussionen mitverfolgt, möchte mich aber nun selbst zu Wort melden.
Ich möchte zunächst meinen Arbeitsrechts-Prof zitieren: „Vor Gericht ist man wie auf Hoher See – in Gottes Hand." Und hier gibt es so viele Beispiele... daher möchte ich generell etwas festhalten: Absolute Gerechtigkeit im eigentlichen Sinne gibt es nicht. Gerechtigkeit ist nur ein Wort. Selbst „Auge um Auge" und „Zahn um Zahn", wie es bereits in der Bibel steht, ist nicht gerecht. Stellt euch folgendes Szenario vor: Ein Einäugiger, der einer Person mit zwei Augen ein Auge ausgeschlagen hat wird ebenfalls wiederum ein Auge ausgeschlagen – wäre das gerecht? Diese Person hätte dann doch gar kein Auge mehr und wäre mit diesem Los sicher schwerer bestraft, als eine andere Person, die zwei Augen hatte. Also bedeutet dies doch auch im Umkehrschluss, dass Recht nicht etwa bedeutet, dass gesetzliche Vorschriften in Anspruch zu nehmen „gerecht" sein muss. Recht bedeutet lediglich, dass in unserem Lebensraum – also in Deutschland - Regeln existieren, die für alle Personen – AGG konform, egal welchen Alters, welcher Herkunft, Sexualität, Religion, usw. -, die sich in diesem Lebensraum „Deutschland" aufhalten, gleichermaßen gelten. Das diese Regeln z.B. in England... oder noch krasser Thailand ganz anders ausgelegt werden können, dort aber Gerechtigkeit sicher auch anders bewertet wird, klammer ich an dieser Stelle aus, da ich denke, dass dies Konsens findet. Daher zurückkommend auf unseren Lebensraum „Deutschland": Fakt ist, dass man die Regeln, Gesetze, Verordnungen usw. als falsch ansehen kann, sie kritisieren kann. Trotzdem bleiben es allgemeingültige Regeln, und jeder der hier lebt kann sich sicher sein, dass diese Regeln gegen ihn angewandt werden können / werden und er sich andererseits auf diese Regeln oder Rechte auch berufen kann. Recht bedeutet auch, dass die Regeln gleichermaßen gegen jedermann angewendet werden. Folglich lohnt es bei einem anstehenden Gerichtsprozess nicht, sich über die geltenden Regeln zu ärgern. Die Regeln sind meist klar und bekannt. Ob das daraus entstehende Ergebnis schlussendlich als „gerecht" empfunden wird, ist dabei immer fraglich. Jedenfalls aber folgt die Entscheidungsfindung bestimmten festgelegten Regeln und ist nicht etwa von der Willkür eines Richters oder eines Gerichts abhängig, sondern eben vom geltenden Recht.

Somit schließe ich mich den Vorrednern an. Ich finde ebenfalls, dass Recht und Gerechtigkeit nicht Hand in Hand gehen.

 

P.S.: Und ich kann es doch nicht lassen: Aber ist es gerecht, dass Tiere gemäß §90a BGB zwar nicht als Sache gewertet werden, aber auf Tiere die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind? England hat dies geändert... hier wurde kürzlich entschieden, dass Tiere sehr wohl Gefühle haben und so kann dort Tierquälerei härter bestraft werden.

 

P.P.S.: Und noch ein Goody einer Diskussion mit einem Mitarbeiter. Gemäß Arbeitsvertrag habe ich das Recht, wenn ich für mich zu dem Punkt komme, dass ein Mitarbeiter zu oft ohne Krankmeldung abwesend ist, ab dem 1. Tag einer vermeintlichen Krankheit eine Krankmeldung zu verlangen. Steht im Arbeitsvertrag, bezieht sich auf §5 Abs.1 Satz 3 EFZG. Damit habe ich also das Recht dies zu verlangen - das der besagte Mitarbeiter das aber so garnicht als gerecht angesehen hat, wenn er jetzt jedesmal zu Arzt rennen muss, ist SICHER eine andere Sache ;)

Alice asked the Cheshire Cat, who was sitting in a tree, "Can you show me the right direction?" The cat asked, "That depends on where you want to end up?" "I don't know where I want to end up" Alice answered. "Then," said the cat, "it really doesn't matter which direction you take, does it?"

~Lewis Carroll, Alice's Adventures In Wonderland~

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Re: Diskussion und Philosophie | Ist Recht immer gleich Gerechtigkeit?

von Anticonformist am 20.10.2021 00:20

P.S.: Und ich kann es doch nicht lassen: Aber ist es gerecht, dass Tiere gemäß §90a BGB zwar nicht als Sache gewertet werden, aber auf Tiere die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden sind? England hat dies geändert... hier wurde kürzlich entschieden, dass Tiere sehr wohl Gefühle haben und so kann dort Tierquälerei härter bestraft werden.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie damals mein Schuld- und Sachenrechts-Prof. deswegen so an die Decke gegangen ist. Nicht, weil die Vorschriften über Sachen auf Tiere entsprechende Anwendung finden, sondern weil man die Vorschrift vor dem Hintergrund begreifen müsse, dass das BGB grundsätzlich zwischen Sachen und Rechten unterscheidet. Weil das Tier etwas Körperliches sei, fällt es nicht unter die Kategorie Rechte – sonst hätte man immer einen Forderungskauf. Daher „Sache“. Über besondere Vorschriften (bspw. das Tierschutzgesetz), welche auch bei Anwendung der BGB Vorschriften zu berücksichtigen sind, genießen Tiere einen weiterreichenden Schutz. Ob dieser ausreichend ist, ist eine andere Frage. Ob es sinnvoll wäre (um die Stellung des Tieres vom bloßen Gegenstand abzugrenzen) das irgendwie noch zusätzlich/gesondert zu regeln (als sie bislang einfach unter 90a BGB)? Idk. Glaube, dass der Gesetzgeber dann auch wieder wie beim Lebenspartnerschaftsgesetz (als es die Ehe für alle noch nicht gab) einfach wieder auf BGB Vorschriften verweist. Man hätte es dann zwar gesondert aufgeschrieben, aber inhaltlich wäre es dasselbe. Grund dafür ist nun mal, dass Tiere nach wie vor auch ein wirtschaftliches Gut sind – ob jetzt als Haus- oder Nutztier. Ob das richtig ist, Tiere hierdurch zu einem Objekt zu machen? Ich kann da nur an die vorangegangene Diskussion verweisen, denn im Grunde geht es in eine ähnliche Richtung.

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Re: Diskussion und Philosophie | Ist Recht immer gleich Gerechtigkeit?

von CheshireCat_86 am 20.10.2021 18:11

@Anticonformist: Wie stehst du zur Sonderform der Gerechtigkeit "Billigkeit"?

Alice asked the Cheshire Cat, who was sitting in a tree, "Can you show me the right direction?" The cat asked, "That depends on where you want to end up?" "I don't know where I want to end up" Alice answered. "Then," said the cat, "it really doesn't matter which direction you take, does it?"

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Re: Diskussion und Philosophie | Ist Recht immer gleich Gerechtigkeit?

von Anticonformist am 20.10.2021 21:57

Anticonformist: Wie stehst du zur Sonderform der Gerechtigkeit "Billigkeit"? Alice asked the Cheshire Cat, who was sitting in a tree, "Can you show me the right direction?" The cat asked, "That depends on where you want to end up?" "I don't know where I want to end up" Alice answered. "Then," said the cat, "it really doesn't matter which direction you take, does it?"~Lewis Carroll, Alice's Adventures In Wonderland~

Das kann ich erst angemessen beantworten, wenn du mir (d)eine Definition dazu gibst. Ist nämlich ein sehr unbestimmter Begriff.  
(Daran erkennt man schon mal, wie problematisch das ist.)

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