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Diskussion und Philosophie | Ist Recht immer gleich Gerechtigkeit?

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CheshireCat_86

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Re: Diskussion und Philosophie | Ist Recht immer gleich Gerechtigkeit?

von CheshireCat_86 am 21.10.2021 19:33

Das kann ich erst angemessen beantworten, wenn du mir (d)eine Definition dazu gibst. Ist nämlich ein sehr unbestimmter Begriff. (Daran erkennt man schon mal, wie problematisch das ist.)

Also ich definiere es wie bei Arbeitsrechts-Prof... und oh Gott, dass ist SO lange her aber... "Im deutschen Recht bezeichnet der Begriff Billigkeit die Entscheidung von Rechtsfällen nach einem natürlichen Gerechtigkeitsempfinden, welches bei der Beurteilung des Einzelfalls neben die Anwendung des positiven Rechts tritt und diese ergänzt. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und durch Anwendung allgemeiner Grundprinzipien des Rechts ausgelegt wird. Oftmals ist die Milderung von Härten durch eine strikte Anwendung der Gesetze die Folge und auch das Ziel von Billigkeitserwägungen." Und als Beispiele hatte er damals BGB § 138 und §829 genannt... Und bitte sag mir nicht, dass sich die Definition geändert hat, dann hab ich mir ja jahrelang nur non-sense gemerkt!

Alice asked the Cheshire Cat, who was sitting in a tree, "Can you show me the right direction?" The cat asked, "That depends on where you want to end up?" "I don't know where I want to end up" Alice answered. "Then," said the cat, "it really doesn't matter which direction you take, does it?"

~Lewis Carroll, Alice's Adventures In Wonderland~

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Re: Diskussion und Philosophie | Ist Recht immer gleich Gerechtigkeit?

von Anticonformist am 21.10.2021 22:10

Alice asked the Cheshire Cat, who was sitting in a tree, "Can you show me the right direction?" The cat asked, "That depends on where you want to end up?" "I don't know where I want to end up" Alice answered. "Then," said the cat, "it really doesn't matter which direction you take, does it?"~Lewis Carroll, Alice's Adventures In Wonderland~

Ach, im Rechtssinne? Uff, ich bin kein großer Freund von unbestimmten Rechtsbegriffen, weil die immer auslegungsbedürftig sind und man u.U. im selben Fall zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen kann. Aber das ist in der Juristerei nichts Unbekanntes – aka. „zwei Juristen, drei Meinungen". Je nach Ermessensspielraum und Einstellung des Richters kann das dann auch nochmal anders ausfallen. Dementsprechend unterliegt auch das wieder (auch wie bei der Gerechtigkeit) u.a. dem subjektiven Empfinden. Um das/mein „Problem“  mit der Billigkeit zu verdeutlichen: Könntest du „nach Billigkeit bestimmen" (vgl. § 253 II BGB), wie hoch die Entschädigung einer Vergewaltigung ausfallen soll? Ich persönlich finde das super schwierig. 
Man versucht diesen Spielraum meist (um Ungleichbehandlungen auszuschließen) durch gewisse (interne Verwaltungs-)vorschriten zu begrenzen. D.h. das tatsächlich Listen existieren, die je Rechts(guts)verletzung einen bestimmten Entschädigungsrahmen festlegen (können). Aber ist das dann „billig"? Das Vergewaltigung-/Körperverletzungsopfer wird natürlich einen sehr hohen Betrag einfordern, die Gegenseite natürlich versuchen das aufs Minimum zu reduzieren. Wo ist da die Mitte? Kann man wirklich einen objektiven Maßstab für die Billigkeit bilden? Weiß nicht, ob du darauf hinaus wolltest, aber das ist im Grunde mein Problem mit dem Begriff.
Wie stehst du dazu? 

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CheshireCat_86

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Re: Diskussion und Philosophie | Ist Recht immer gleich Gerechtigkeit?

von CheshireCat_86 am 21.10.2021 22:50

Ach, im Rechtssinne? Uff, ich bin kein großer Freund von unbestimmten Rechtsbegriffen, weil die immer auslegungsbedürftig sind und man u.U. im selben Fall zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen kann. Aber das ist in der Juristerei nichts Unbekanntes – aka. „zwei Juristen, drei Meinungen". Je nach Ermessensspielraum und Einstellung des Richters kann das dann auch nochmal anders ausfallen. Dementsprechend unterliegt auch das wieder (auch wie bei der Gerechtigkeit) u.a. dem subjektiven Empfinden. Um das/mein „Problem“ mit der Billigkeit zu verdeutlichen: Könntest du „nach Billigkeit bestimmen" (vgl. § 253 II BGB), wie hoch die Entschädigung einer Vergewaltigung ausfallen soll? Ich persönlich finde das super schwierig. Man versucht diesen Spielraum meist (um Ungleichbehandlungen auszuschließen) durch gewisse (interne Verwaltungs-)vorschriten zu begrenzen. D.h. das tatsächlich Listen existieren, die je Rechts(guts)verletzung einen bestimmten Entschädigungsrahmen festlegen (können). Aber ist das dann „billig"? Das Vergewaltigung-/Körperverletzungsopfer wird natürlich einen sehr hohen Betrag einfordern, die Gegenseite natürlich versuchen das aufs Minimum zu reduzieren. Wo ist da die Mitte? Kann man wirklich einen objektiven Maßstab für die Billigkeit bilden? Weiß nicht, ob du darauf hinaus wolltest, aber das ist im Grunde mein Problem mit dem Begriff. Wie stehst du dazu?
Guten Abend, und sorry, wenn ich da jetzt irgendwie Verwirrung gestiftet habe. Eigentlich wollte ich damit nur unterstreichen, dass selbst wenn du Recht hast und KEINE Gerechtigkeit, selbst im Recht es Bereiche gibt, die nach Billigkeit bewertet werden und meistens dann weder für den Klagenden noch den Anklagenden wirklich zufriedenstellend geklärt werden können. Ich kenne solche Listen, die gibt es ja auch bei Vergleichen wegen ungerechtfertigter Kündigung genauso. Z.B. weil es keine Sozialauswahl gab usw. Ich finde, wie können wir glauben (gut 100% der hier Antwortenden haben es ja schon als Utopie abgetan), dass Recht immer oder oft Gerechtigkeit ist, wenn wir selbst im Rechtsgebrauch die Billigung haben, also „2 Juristen und 3 Meinungen bekommen" oder „Vor Gericht wie auf dem Meer – in Gottes Hand". Alleine das sollte uns ja zeigen, dass Recht sehr wenig mit dem Gerechtigkeitsempfinden zutun hat. Ich finde hier ein wunderbares Beispiel – außer deinem Vergewaltigungsbeispiel auch den § 1576 – Alleine der Nachsatz: „Schwerwiegende Gründe dürfen nicht allein deswegen berücksichtigt werden, weil sie zum Scheitern der Ehe geführt haben." => Darüber würde sich vor Gericht so HERRLICH streiten lassen Aber ja, ich stimme dir zu. Ich finde diese Bereiche – auch gerade im Arbeitsrecht – als würdest du DAUERND auf rohen Eiern laufen. Mein Lieblingsstreitpunkt mit dem BR ist daher.... RATE:

 

#spoiler# § 75 Abs. 1 BetrVG => du könntest tagelang diskutieren #endspoiler#

Alice asked the Cheshire Cat, who was sitting in a tree, "Can you show me the right direction?" The cat asked, "That depends on where you want to end up?" "I don't know where I want to end up" Alice answered. "Then," said the cat, "it really doesn't matter which direction you take, does it?"

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Re: Diskussion und Philosophie | Ist Recht immer gleich Gerechtigkeit?

von Anticonformist am 21.10.2021 23:04

Guten Abend, und sorry, wenn ich da jetzt irgendwie Verwirrung gestiftet habe. Eigentlich wollte ich damit nur unterstreichen, dass selbst wenn du Recht hast und KEINE Gerechtigkeit, selbst im Recht es Bereiche gibt, die nach Billigkeit bewertet werden und meistens dann weder für den Klagenden noch den Anklagenden wirklich zufriedenstellend geklärt werden können. Ich kenne solche Listen, die gibt es ja auch bei Vergleichen wegen ungerechtfertigter Kündigung genauso. Z.B. weil es keine Sozialauswahl gab usw. Ich finde, wie können wir glauben (gut 100% der hier Antwortenden haben es ja schon als Utopie abgetan), dass Recht immer oder oft Gerechtigkeit ist, wenn wir selbst im Rechtsgebrauch die Billigung haben, also „2 Juristen und 3 Meinungen bekommen" oder „Vor Gericht wie auf dem Meer – in Gottes Hand". Alleine das sollte uns ja zeigen, dass Recht sehr wenig mit dem Gerechtigkeitsempfinden zutun hat. Ich finde hier ein wunderbares Beispiel – außer deinem Vergewaltigungsbeispiel auch den § 1576 – Alleine der Nachsatz: „Schwerwiegende Gründe dürfen nicht allein deswegen berücksichtigt werden, weil sie zum Scheitern der Ehe geführt haben." => Darüber würde sich vor Gericht so HERRLICH streiten lassen Aber ja, ich stimme dir zu. Ich finde diese Bereiche – auch gerade im Arbeitsrecht – als würdest du DAUERND auf rohen Eiern laufen. Mein Lieblingsstreitpunkt mit dem BR ist daher.... RATE: Anzeigen Spoiler Alice asked the Cheshire Cat, who was sitting in a tree, "Can you show me the right direction?" The cat asked, "That depends on where you want to end up?" "I don't know where I want to end up" Alice answered. "Then," said the cat, "it really doesn't matter which direction you take, does it?" ~Lewis Carroll, Alice's Adventures In Wonderland~

Bin da voll bei dir! Wenn man sich doch bereits im Recht nicht einig ist, wie kann das dann i.E. gerecht sein/werden? 😂

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Pandakyo

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Re: Diskussion und Philosophie | Ist Recht immer gleich Gerechtigkeit?

von Pandakyo am 23.10.2021 19:19

Diskussion und Philosophie  die allgemeinen Regeln von Rollenspielhimmelhier Das Thema der Woche wird immer in einem neuen Thread am Montagvormittag gepostet. (Sollte ich nicht verschlafen.)Wer Vorschläge für ein neues Thema hat, bitte gerne an diesen Account schicken. ich werde sie sammel und das gefragteste Thema für die kommende Woche auswählen. Sollte es keines geben, entscheidet der Zufall. Alle alten Themen findet ihr per Link in meinem Blog, damit ihr jeder Zeit nachlesen könnt, was alles geschrieben wurde.Diese Woche solle es um die Frage gehen ob Recht immer gleich Gerechtigkeit ist.

Als jemand, der gerade Rechtswissenschaften studiert, kann ich dazu sagen, das Recht eindeutig nicht Gerechtigkeit bedeutet. Gerechtigkeit ist etwas, dass jeder selbst als Individium festlegt. Für jemanden mag es gerecht sein, wenn der Mörder verurteilt wird, für jemand anderen ist es erst dann gerecht, wenn der Mörder auch stirbt.
Unsere Gesetze sind so ausgelegt, dass sie sehr oft möglichst viele Varianten des Lebens abdecken. Deshalb kann es vorkomen, dass Juristen sich selbst nicht einig sind, weil die Gesetze diese Wege eben offen halten.

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Draugalfur

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Re: Diskussion und Philosophie | Ist Recht immer gleich Gerechtigkeit?

von Draugalfur am 23.10.2021 21:56

Recht ist defintiv nicht Gerechtigkeit.
__________
Recht ist:
Rentenabzug bei der Hinterbliebenenrente bei Altersunterschied Beamter > 10 Jahre und Nicht-Beamter >15 Jahre
Gerecht ist es nicht:
Wenn ein Paar 35 Jahre verheiratet ist, er sie davon fast 20 Jahre als Pflegefall (Unfall) pflegt und nur, weil sie einen Altersunterschied von 21 Jahre haben, bekommt er 30% der Hinterbliebenenrente von ihr abgezogen, wird also dafür bestraft, dass er sich um seine Frau gekümmert hat.
__________
Recht ist:
Verstirbt der Partner und man selbst ist noch keine 47, erhält man die Hinterbliebenenrente 24 Monate.
Gerecht ist nicht:
Ehezeit wird dabei nicht berücksichtigt. Es ist also egal, ob sie 2 Monate oder 30 Jahre verheiratet waren.
__________
Recht ist:
Die Strafe für die Begehung des Grundtatbestands der Vergewaltigung ist Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren. (bis 31. Dezember 2019 mindestens ein Jahr) und maximal zehn Jahre.
Gerecht ist dies nicht, denn die Opfer leiden ein Leben lang, müssen sich häufig auch damit abfinden, dass der Peiniger in der Nachbarschaft weiterhin wohnt.
Und gerecht ist es auch nicht, dass Vergewaltigungen und Misshandlungen an Kindern verjähren können.
__________
Ich könnte da noch viele Beispiele aus dem Alltag nennen.
Auch wenn wir uns mit vielen Dingen im Alltag nicht abfinden können, die 3-Strike-Out-Regel im Strafrecht der Amis finde ich da schon gerechter.
Wird man 3 Mal wegen des selben Vergehens verurteilt
a.) das Strafmaß härter mit jeder Verurteilung
b.) beim 3. Mal automatisch Lebenslänglich

Leben in 4 Phasen:
1. Geburt
2. Meint ihr das wirklich ernst?!?
3. Knackiges Alter, mal knackts hier, mal da
4. Tod

Antworten Zuletzt bearbeitet am 23.10.2021 21:57.
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