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Das Märchen von Hänsel und Gretel wie es wirklich geschah.

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Tauron

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Das Märchen von Hänsel und Gretel wie es wirklich geschah.

von Tauron am 09.11.2019 10:18

(Diesen Beitrag schrieb ich ursprünglich für den Kurzgeschichten-Wettbewerb. Aber in der zuständigen Gruppe, scheint sich nichts mehr zu tun und deshalb veröffentliche ich ihn nun hier.)

Hänsel & Gretel

Hänsel lebte, zur Zeit des 30 jährigen Krieges, mit seiner Schwester Gretel, dem Vater und der Stiefmutter in einer abgelegenen, ärmlichen Hütte, tief im Wald. Der Vater war mit seinen beiden Kindern, als sie noch Kleinkinder waren, in diesen Wald geflüchtet, weil sein Hof in den Kriegswirren niedergebrannt wurde und dabei auch seine Frau ihr Leben verlor. Seine neue Frau traf er, als er mit nichts als einer Kiepe auf dem Rücken und auf jedem Arm ein Kind, den Waldrand erreichte. Sie war Marketenderin und mit einem Landsknecht verbandelt gewesen, aber die letzte Schlacht war ungünstig für das Heer der Liga, der Streitmacht des rechten Glaubens, ausgegangen. Den Landsknecht gab es nicht mehr und der Marketenderwagen wurde geplündert, sowie die beiden Zugpferde geschlachtet und von dem Unionspack aufgefressen. Aber die Marketenderin hatte den Braten, was den Ausgang der Schlacht betraf, gerochen und hatte sich mitsamt dem ansehnlichen Beutel ihres Soldaten davongemacht. Im laufe der Kriegsjahre entwickelten manche Leute eine Art siebten Sinn für Gefahren. In dem besagten Beutel befand sich die gesamte Beute, die der Landsknecht bei dem Sturm auf die große Stadt, vor zwei Monaten, zusammengerafft hatte. Darunter war einiges aus Silber und sogar etwas Gold. Eigentlich hätte sie davon einige Zeit leben können, doch wegen dem Kriegsdrama, dass sich jetzt schon 20 Jahre hinzog, konnte sie sich in bewohntem Gebiet, nirgendwo hinwenden. Sie wusste was ihr blühte, wenn sie, egal von welcher Seite, mit den Wertsachen aufgegriffen würde. Und dann waren zusätzlich ja auch noch die Marodierenden Deserteure auf den Straßen. Von den gewöhnlichen Räubern gar nicht zu reden. Das Leben war damals also alles andere als einfach und ein jedes Leben hing an einem seidenen Faden. Da war sie froh den Mann mit den zwei Bälge auf den Armen zu treffen, denn ein Mann, der sich in diesen Zeiten mit Kleinkindern abplagte, konnte noch nicht völlig verroht sein. Sie brauchte ihn, denn der Wald war die einzige Zuflucht und allein konnte sie dort nicht überleben. Er brauchte sie aber auch, den als Bauer war er den lieben langen Tag auf dem Feld gewesen und wusste nicht so Recht, wie mit so kleinen Kindern umzugehen war. Es ließ sich für die Fremde auch nicht vermeiden, dem Bauern zu offenbaren was in dem Beutel war, aus dem diese verdächtigen, metallenen Geräusche beim Tragen kamen. Das war ein erhebliches Risiko für die Frau, doch sie wusste, dass er sie wegen seiner Brut brauchte. Und so kam es, dass die Beiden zuerst ein Zweckbündnis eingingen, aus dem wenig später echte Zuneigung entstand. Soweit man in dieser grausamen Zeit von Zuneigung zwischen Menschen sprechen kann. Die geplünderten Wertgegenstände halfen entscheidend beim Überleben der neuen Familie. Als Mann konnte Heinrich, so hieß der Bauer, es eher wagen sich zum nächsten Dorf zu schleichen, um etwas aus dem Beutel gegen Werkzeug einzutauschen, dass er nötig brauchte, um eine Hütte zu bauen, denn in dem provisorischen Erdloch konnten sie auf Dauer nicht bleiben.
So gingen sieben Jahre ins Land, in der die Familie mehr schlecht als recht in ihrem finsteren Wald lebte. Elisabeth, die ehemalige Marketenderin, gewann mit der Zeit die beiden Rotznasen sogar etwas lieb, was eine erstaunliche Gefühlsregung darstellte, für eine Frau, die jahrelang in einem Heer mitgezogen war und so manches Schreckliche gesehen hatte. Eigentlich hätte es, den besonderen Umständen entsprechend, für Heinrichs Familie einigermaßen gut laufen können. Aber es sollte anders kommen.
Die Kinder waren nun zehn Jahre alt und mussten schon lange, wie damals ohnehin üblich, mit ihrer Arbeitskraft für den Lebenserhalt der Familie beitragen. Hänsel ging regelmäßig mit dem Vater in den Wald zum Holzsammeln, Baumfällen, Fallen kontrollieren und auch musste er helfen die Stämme zu zersägen und zu spalten, sowie den in den Fallen gefangenen Kleintieren den Rest zu geben, ihnen das Fell abzuziehen und es zu bearbeiten, was eine besonders unangenehme Arbeit war. Gretel musste von früh an helfen die Hütte in Ordnung zu halten und den Gemüsegarten zu bearbeiten. Da gab es bei beiden Kindern so manche Schwiele an den Händen. Hänsel war der erste, der zu murren anfing, was damals üblicherweise mit Ohrfeigen geahndet wurde. Bald murrte auch Gretel, aber nur wenn sie allein mit Hänsel war, um Strafe zu vermeiden. Das ermutigte Hänsel sich seiner Schwester, als sie alleine beim Beeren sammeln waren, anzuvertrauen. „Ich hab' von der Schinderei die Nase gestrichen voll, was hältst du davon, wenn wir in die Welt hinausziehen, um zu sehen was außerhalb dieses Waldes ist"! Gretel fand den Gedanken an so einem Abenteuer aufregend, meinte aber; „was ist mit der Hexe?" Davor, dass in dem Wald eine Hexe lebte, die streunende Kinder anlockte, um sie aufzufressen, hatte der Vater gewarnt. „Ach, diese Geschichte soll uns doch bloß Angst machen, damit wir nicht weglaufen und die Alten ihre Diener nicht verlieren!" Nach solcher Rede ihres Bruders stimmte das Mädchen schließlich zu. Sie versprach zwei Brotlaibe aus dem Vorratsverschlag zu stehlen und sich mit Hänsel am nächsten Morgen davonzumachen. „Ich werde dem Vater vorschlagen, dass wir beide losziehen, um wilden Honig zu sammeln, dann werden wir bis zum Mittag nicht vermisst. Das gibt uns einen großen Vorsprung!" Am Abend unterbreitete Hänsel dem Vater seine Idee, mit Gretel wilden Honig zu suchen und dieser stimmte zu, aber nicht ohne abermals vor der Kinderfressenden Hexe zu warnen.
Am nächsten Morgen zogen die beiden Kinder schon sehr früh los und außer Sichtweite nahmen sie die zwei Umhänge-Stoffbeutel aus einem Baum, wo Gretel sie mit je einem Brotlaib aus gemahlenen Bucheckern, noch vor Sonnenaufgang, hingehängt hatte.
Die Kinder schlugen einen Trampelpfad ein, der wohl von Tieren stammte und noch tiefer in den Wald führte. Zur Mittagszeit hatten sie bereits eine ordentliche Wegstrecke hinter sich gebracht und bekamen Hunger. Also nahmen sie eins der Brote und begannen im Gehen zu mampfen, wobei Brotkrumen auf den Boden fielen. Das sollte später zu der Legende führen, dass die Kinder absichtlich eine Spur aus Brotkrumen gestreut hätten, um den Weg nach Hause wiederzufinden, was ein lächerlicher Gedanke war, denn jeder musste doch Wissen, dass bei den vielen Tieren im Wald diese Krumen nicht lange liegen bleiben.
Plötzlich war ein Geruch von Rauch in der Luft und diesem gingen die Kinder, vorsichtig zwischen die Bäume spähend, nach. Auf einer Lichtung stand eine halb zerfallene Ruine, aus deren Schornstein aber Rauch aufstieg. An einem Fenster, im einigermaßen erhaltenen Gebäudeteil, stand der Holzladen offen und auf der Fensterbank stand ein Kuchen zum abkühlen. Die Kinder wurden von dem Duft magisch angezogen und schlichen näher. Der Kuchen war aus gemahlenen Eicheln, Bucheckern, Kastanien und Haselnüssen gemacht, sowie mit Honig bestrichen und Walnuss-Hälften garniert. So etwas hatten die Beiden, bisher, nicht einmal zu Weihnachten gegessen. Hänsel brach ein Stück ab und reichte die Hälfte seiner Schwester. Als sie auf beiden Backen genüsslich kauten, ertönte plötzlich eine krächzende, aber leise Stimme aus dem Inneren des Hauses. „Knusper, knusper Kneischen, wer knuspert an meinem Häuschen? Gretel rief schnell; „der Wind, der Wind, das himmlische Kind!" Ein Lachen drang nun aus dem Haus und die Kinder wussten, dass sie aufgeflogen waren.
Hedwig hatte die beiden Streuner, durch die Warnrufe der Vögel, bereits entdeckt, als sie über die Lichtung zum Haus geschlichen waren. Nun amüsierte sie sich über die Reaktion Gretels. Sie lebte nun schon gut 15 Jahre mutterseelenallein in diesem Wald und war, für damalige Verhältnisse, Uralt. Hedwig lebte am Rand eines Dorfes, gar nicht so weit entfernt. Sie war so etwas wie eine Heilerin gewesen, denn sie kannte, von ihrer Mutter, die Geheimnisse der Kräuterkunde und auch wie man Pilz, Schlangen und Krötengift dosiert und als Heilmittel einsetzt. Richtige Ärzte gab es zu jener Zeit nur in der Stadt und sie waren teuer und meist nutzlose Pfuscher. Wegen dem Krieg, litt die Landbevölkerung Not, denn oft wurde Vieh von Kriegsvolk von der Weide gestohlen und es gab oft Tierseuchen. Wegen seiner kranken Kuh wendete sich ein Bauer an einem verfluchten Tag an Hedwig wegen Medizin. Die Medizin half aber nicht und die Kuh ging ein. Das machte den Bauern, wegen den Lebensumständen ohnehin ewig schlecht gelaunt, wütend. Er lief zum örtlichen Priester und meldete ihm, dass Hedwig seine Kuh durch Hexerei umgebracht hätte. Der Priester war von dieser Kunde hoch erfreut, denn die Lehre der heiligen Kirche war, dass Krankheit, ob bei Mensch oder Tier, eine Strafe Gottes war. Heilte jemand eine Krankheit, so vereitelte er also die göttliche Strafe und säte dadurch Zweifel an seiner Allmacht. Der Priester schickte Büttel zu Hedwigs Hütte, aber ein Knecht des Bauern, dem die Heilerin schon mal geholfen hatte, warnte sie. Ihr blieb kein anderer Weg als sich in den dichten Wald zu flüchten. Hedwig wusste von dem verlassenen Forsthaus. Der Jagdaufseher des Grafen hatte mitsamt seiner beiden Gehilfen dort gelebt. Eines Tages liefen die Drei aber einer Streife von Werbern über den Weg. Zu diesen Leuten konnte man schlecht Nein sagen und so wurden sie allesamt in die Armee gepresst. Der Graf war als Kommandant in einer weit entfernten Schlacht vermisst gemeldet und so wurde das verlassene Forsthaus von den meisten vergessen. Weil Hedwig so genaue Kenntnisse über Flora und Fauna hatte konnte sie allein im Wald überleben. Nur für die Instandhaltung des Gebäudes fehlte ihr Können und Kraft.
Nun öffnete Hedwig, mit einem Knarren, die Tür. Die Kinder standen starr vor Schreck, als sie die Alte im Türrahmen stehen sahen. Sie trug eine mit Flicken besetzte Schürze über einem zerschlissenen Kleid und ein vergammeltes Kopftuch. Den Kindern schien es als wenn die Hexe, dieser standen sie zweifellos gegenüber, sie angrinste. Dabei versuchte Hedwig nur, mit ihrem verwitterten Gesicht zu lächeln. Sicher waren die armen Kleinen von ihren Eltern ausgesetzt worden, was gar nicht so selten war, weil es ihnen an Nahrung mangelte. Hedwig dachte sich, dass sie nun nicht mehr so allein sein würde und etwas Hilfe im Alltag konnte sie gut gebrauchen.
„Kommt herein, ihr Kuchendiebe!", meinte sie schalkhaft. „Nein, schrie Gretel, du willst uns fressen!" „Sei nicht albern, an euch ist doch gar kein Fett, ich würde mir ja an euch Knochengerippen meinen letzten Zahn ausbeißen!" Hänsel und Gretel gingen langsam durch die Tür und hatten ein flaues Gefühl im Magen. „Setzt euch an den Tisch!" Als die Kinder saßen bekamen sie, zu ihrer großen Überraschung, die Hälfte der Angebrochenen Seite des Kuchens. „Damit ihr was auf die Rippen bekommt!", sagte die Alte und ihre Gäste hauten rein. Nachdem alles aufgegessen war sagte Hedwig, „so, nun könnt ihr euch euren Schlafplatz am Kamin verdienen und mir im Haus etwas zur Hand gehen!" Solche Rede hörte Hänsel nicht gern, aber er wagte es nicht sich offen zu widersetzen. Es gab an diesem Nachmittag ein Großreinemachen im Forsthaus und am Abend legten sich die Kinder auf die Decken neben dem Kamin. Die Hausherrin ging die Stiege hoch zu ihrer Schlafkammer. Nach einer Weile flüsterte Hänsel; „wach auf Gretel!" „Was ist Bruder!" Wir müssen diese Nacht noch fliehen!" „Aber wir bekommen doch Kuchen!" „Ja, damit wir Fett ansetzen und außerdem gibt es hier eine größere Schinderei als in unserem alten Zuhause!" „Du hast Recht, aber was vom Kuchen übrig ist nehmen wir noch mit!" Die Zwei legten die Decken zusammen, diese konnten sie bestimmt noch gut gebrauchen, außerdem wurde der halbe Kuchen in einen der Umhänge-Beutel gepackt. Dann hieß es vorsichtig die Tür zu öffnen. Aber ein Knarren war nicht zu vermeiden und die Hausherrin hörte es. „Lauf!", flüsterte Hänsel und beide rannten im Mondlicht über die Lichtung und waren schon zwischen den Bäumen verschwunden.
Hedwig war ja wahrlich nicht mehr die Jüngste, und so dauerte es eine Weile, bis sie die Öllampe entzündet und die Stiege heruntergekommen war. Auf der untersten Stufe blieb sie stehen und schaute zur Tür, durch die das Mondlicht herein viel. „Oh, sie sind fort!", flüsterte sie leise und das flackernde Öllicht erhellte gespenstisch ihr trauriges Gesicht.
Die beiden Flüchtenden irrten bis zum Morgengrauen zwischen den alten Bäumen umher. Dann suchten sie unter einer breiten Tanne Schutz und schliefen ein. Erst am nächsten Tag setzten sie ihre Wanderung fort und nach weiteren drei Tagen erreichten sie zufällig den Rand des Waldes. Sie hatten keine Erinnerung mehr an weite Wiesenflächen und Felder. Von dieser unbekannten Welt angezogen, verließen sie ihren Wald und begannen damit einen großen Fehler.
Sie waren etwa fünf Kilometer auf einem Feldweg gelaufen, als sie ein Bauer auf seinem Fuhrwerk sah. „He da, ihr Streuner, wohin wollt ihr?" „In die weite Welt!", antwortete Hänsel. „Und woher kommt ihr?" Gretel zeigte mit dem Finger in Richtung Wald. „Was, aus dem Hexenwald?" Gretel nickte und sagte, „ja, wir haben sie gesehen!" Hänsel meinte, „sie wollte uns mästen!" „Was ihr nicht sagt, ich kenne wen, der sich dafür interessieren dürfte. Steigt auf, dann braucht ihr nicht zu laufen!" Der Bauer fuhr schnurstracks zur Dorfkirche und brachte sie vor den Pfarrer. „So, ihr habt also die Hexe gesehen, wo war das und woher stammt ihr!" Der Priester schien nicht von der gemütlichen Sorte zu sein. Gerade deshalb misstraute Hänsel ihm und schwieg. Gretel tat es ihm gleich. Wenn ihr wirklich den Aufenthaltsort einer Hexe kennt, müsst ihr es einem Stellvertreter Gottes melden. Verschweigt ihr euer Wissen, so kommt ihr in die Hölle, sagt ihr aber was ihr wisst, so werdet ihr einst das Paradies sehen. Mit dieser Aussicht begannen die Kinder an zu plaudern. Sie sagten, dass sie mit Vater und Stiefmutter in einer Hütte im Wald lebten. „Ihr lügt doch, wie können Menschen in dieser Wildnis überleben?" „Wir lügen nicht!", empörte sich Gretel. „Wir sind nicht ganz so arm, Stiefmutter hat einen Beutel mit Dingen aus glänzendem Metall darin!" Nun glänzten die Augen des Gottesmannes auch. „So so, Dinge aus glänzendem Metall, und wo traft ihr die Hexe?" „Sie haust in einem verfallenen Haus aus Stein!", sagte Hänsel. Der Bauer meinte sofort, „es kann sich nur um das seit langem verlassene Forsthaus handeln, das einzige Steinhaus, dass im Wald je gebaut wurde!" „Ah ja, das alte Forsthaus!" Der Priester rieb sich die Hände. „Also gut, wir werden eure Aussagen überprüfen und wenn ihr die Wahrheit gesagt habt, werdet ihr belohnt, in den Schoß der heiligen Mutter Kirche aufgenommen und dürft dereinst ins Paradies.
Der Priester begab sich zum Schultheiß und der stellte aus Büttel, Handwerker und Bauern einen Trupp zusammen und ein alter Mann, der früher als Holzfäller gearbeitet hatte musste den Weg zum Forsthaus zeigen. Sie umstellten die Ruine und riefen, die Hexe solle herauskommen. Hedwig war alt und langsam. Selbst wenn es einen Weg gegeben hätte, sie war zu schwach zum Fliehen. Sie wusste, dass sie verloren war und blieb einfach am Tisch sitzen. Der Priester ordnete an Feuer zu legen und Hedwig löste sich in Rauch auf und stieg mit dem restlichen Qualm zum Himmel empor.
Nun galt es noch die Hütte zu finden. Eigentlich ein schwieriges Unterfangen, doch einer aus dem Trupp fand den Wildpfad und so gingen sie ihn und kamen direkt zur Hütte. Sie traten die Tür ein und fesselten das Paar. Dann rissen sie den Lehmboden auf und fanden schließlich den ledernen Beutel mit dem Rest an Silber und noch alles Gold. Nun wurde an Ort und Stelle Gericht gehalten. Die ehemalige Marketenderin hätte die Dinge geraubt und der ehemalige Bauer sei ihr Hehler. Außerdem lebten sie in wilder Ehe und damit Gottlos. Es erfolgte das Urteil; Tot durch Erhängen.
Beide wurden vor den Trümmern ihrer Existenz an einem Baum aufgeknüpft. Es wären nur noch drei Jahre bis zum Ende des Krieges und der Anarchie gewesen.
Die sichergestellten, wertvollen Gegenstände wurden der heiligen Mutter Kirche übergeben.
Hänsel kam als Novize in ein Kloster und Gretel als Novizin in ein weit entferntes Nonnenkloster. Hänsel wurde schnell zum Favoriten des ehrwürdigen Abtes und wurde des öfteren in dessen Privatgemächer gerufen. Zudem musste Hänsel feststellen, dass nirgendwo härter gearbeitet wird als in einem Kloster.
Gretel erregte die Aufmerksamkeit eines Mönches, der als Beichtvater regelmäßig das Nonnenkloster besuchte. Er fand, dass einem Geschöpf wie ihr wohl besondere Bußen auferlegt werden müssten. Als eines Tages wieder einmal eine solche Buße anstand, stieg Gretel die Treppe zum Glockenturm hoch und stürzte sich in die Tiefe.
An ihrem Todestag erwachte Hänsel wie aus einem Alptraum. Zu dem fühlte er sich seltsam niedergeschlagen. So als wäre er plötzlich ganz und gar verlassen. Als ein Mönch an seine Zellentür klopfte und ihm beschied, dass der ehrwürdige Abt ihn zum Sonderdienst in seinen Privatgemächern erwartete, ging er in die Küche und nahm eines der Langen Küchenmesser und steckte es unter seine Kutte. Dann begab er sich zum Abt und als er neben das Bett trat, zog er das Messer und rammte es dem heiligen Mann in seinen Wanst. Als der Abt beim nächsten, nächtlichen Betgeläut vermisst wurde, fand man ihn in seinem Blute, auf dem Bett und den neuen Novizen neben dem Bett am Boden. Das Messer im Leib und die Rechte noch um den Griff gekrallt.
Weil Hänsel und Gretel den Freitod gewählt hatten, war ihnen ein Grab in geweihter Erde verwehrt. Sie wurden irgendwo wie ein krepiertes Tier verscharrt. Damit war ihnen das Himmelreich auf ewig verschlossen.
Sie werden das Paradies niemals sehen.

Fanfiction, frei nach den Gebrüder Grimm.
Tauron, 04.11.2019

Fanuilos, le linnathon
Immerweiße, zu Dir singen- werde- ich
(von JRR Tolkien)

Antworten Zuletzt bearbeitet am 30.11.2019 14:43.

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