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The Headwinds - Handlung

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Zladune

26, Weiblich

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Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 16.08.2022 17:39

Es war wirklich nicht zu leugnen, dass den Drachenritter eine Woge der Erleichterung und Freude überfiel, als Jasper seine Anwesenheit kundgab. Natürlich war er selber stark genug, um sich bestens alleine verteidigen zu können, dessen war Notos sich mehr als nur bewusst. Aber die Präsenz seines Partners hatte schon immer etwas äußerst Beruhigendes für ihn gehabt. Jasper war sein Gefährte. Seine Augen, seine Schwingen, seine zweite Hälfte. Seine zweite Hälfte, die im Gegensatz zu ihm die fremde Frau scheinbar nicht recht leiden konnte. Fast schon amüsiert verfolgte der Weißhaarige mit angehobener Braue die kurze Auseinandersetzung zwischen Mensch und Drache. Wobei seine Aufmerksamkeit nicht nur bei dem kleinen Federflaum lag. Die Fremde hatte... etwas gezogen und hielt es abwehrend vor sich. Bereit, damit notfalls selbst einen Drachen zu bekämpfen. Abermals keine eingebauten Kristalle. Schwer zu sagen also, ob es eine Waffe oder nur ein Ast war. Allerdings... Notos tat sein Bestes, um sich seine Neugier, sein zunehmendes Interesse nicht anmerken zu lassen. Die junge Frau besaß wahrhaftig ein gewisses... Temperament. Eine gewöhnliche Heilerin war sie auf jeden Fall nicht.

Mit blinden Augen verfolgte er Jaspers Flugbahn, spürte seinen wachsamen Blick im Nacken. Ein Schmunzeln entkam ihm, als er die Verwunderung in der Stimme der Fremden hörte. War es für sie wirklich so überraschend, dass er über die Existenz seines Partners nicht nur gescherzt hatte? „Ich mag nicht so aussehen", verkündete er nach einem Moment der Stille, „doch ich schätze Ehrlichkeit. Ob du es also glaubst oder nicht: Ich habe dich seit unserem Zusammentreffen bisher nicht ein einziges Mal angelogen." Höchstens vielleicht nicht die ganze Wahrheit erzählt oder sie ein klein wenig verschleiert. Berufskrankheit. Auf ihre zusätzliche Verwirrung aufgrund des elektrischen Schlages, den Jasper ihr anscheinend verpasst hat, antwortete er jedoch nur mit einem wissenden Lächeln.

Der kleine Drache verfolgte die darauffolgende Interaktionen mit großem Misstrauen. Die goldbraunen Augen zu Schlitzen verzogen, plusterte er sich abermals etwas auf, als die Fremde sich seinem Partner näherte, ja, ihn sogar anfasste und ihn Richtung Quelle schob. Die Krallen ausgefahren, bohrten sich die scharfen Klauen in das weiche Holz, hinterließen dort winzige Rußspuren. Als die Frau dann letztendlich ihre Hände auf die Schultern des Weißhaarigen legte, löste Jasper sich aus seiner statuenähnlichen Starre und schlich auf leisen Pfoten lauernd den Ast etwas hinab, um die beiden Menschen besser im Blick behalten zu können.

Notos hingegen wartete unschlüssig auf... ja auf was eigentlich? Diesmal war er es, der dezent verwirrt bewegungslos an Ort und Stelle verharrte. Die Heilerin hatte ihn vorgewarnt, dass er etwas ungewohntes spüren konnte. Allerdings... er spürte nichts. Rein gar nichts. Dabei war er sich ziemlich sicher, dass seine Helferin sicherlich etwas tat. Sie schien äußerst konzentriert. Allerdings war es doch eine leicht sonderbare Situation für ihn, einfach nur untätig still auf einem Stein zu sitzen, während er so nah vor sich die Aura der Fremden sah und ihre Hände auf seinen Schultern spürte... während NICHTS passierte. Aber guuut, er musste ja nicht alles verstehen.

...

Kleine Korrektur. Er musste nicht alles verstehen. Aber er wollte es.

Der Drachenritter rang seine aufkeimende kindliche Wissbegierde und die damit verbundene Unruhe nieder – alleine schon deswegen, weil er die junge Frau nicht stören wollte, bei was auch immer sie genau tat – und suchte, die Lippen aufeinandergepresst, nach irgendeiner Ablenkung. Was hatte die Fremde vorhin verkündet? Ah ja, genau. Sie hatte einen Wolf gesehen. Er hatte von Wölfen gelesen und in Büchern auch Bilder von ihnen zu Gesicht bekommen. Diese Rudeltiere lebten in kleinen Gruppen, zumeist nur vereinzelt in den wilden Ebenen im äußeren Ring. In manchen fragwürdigeren Kreisen wurden sie seines Wissen nach gerne als exotische Tiere gehalten. Gesehen hatte er einen Wolf mit eigenen Augen jedoch nie. Allerdings änderte es nichts an dem, dass es weiterhin Tiere waren. Die somit keine besonderen Fähigkeiten besaßen, welche ihnen ein rasantes Verschwinden ermöglichen konnten. Das war es doch eben, was Tiere von Monstern, Drachen und Menschen unterschied. Der starke Zugriff auf das eigene Körpermana.

...Warte mal.

Seine Intuition meldete sich in Form eines elektrisierenden Kribbelns in seinem Hinterkopf, welches ihm einen Schauer über den Rücken jagte. Vorhin... als die Fremde sich an ihn das erste Mal angepirscht hatte. Da hatte er doch ihre Aura... Sein Atem stockte kurz, noch bevor er den Gedanken zu Ende denken konnte. Eine dunkle Vorahnung befiel ihn. Er hatte sie für die Aura eines Tieres gehalten. Damals hatte er die Schuld für diesen sonderbaren Irrtum seinem körperlichen Zustand zugeschoben. Aber was wenn doch...?

Fast schon erschrocken zuckte Notos zusammen, als die junge Frau ihn auf einmal erneut berührte, um ihn ein wenig zurechtzuschieben und sein Oberteil hochkrempelte. Er hatte gar nicht gemerkt, dass sie ihn inzwischen losgelassen hatte... er musste sich zusammenreißen. Seine Alarmbereitschaft durfte niemals derartig fallen. Der Drachenritter tätigte ein paar tiefe Atemzüge – was die Fremde scheinbar auch tat. Wenngleich aus einem anderen Grund. Deutlich hörte er, wie sie scharf die Luft einsog. Ihre leise Frage entlockte ihm dann jedoch doch ein kleines Lachen. „Das ist sicherlich ein Satz, den man gerne von einem Heiler hört", antwortete er halb sarkastisch, halb witzelnd, ehe er wieder verstummte, um sie ihn Ruhe arbeiten zu lassen. Außerdem konnte er so....

Eigentlich missfiel es Notos zutiefst, was er nun vorhatte. Auren zu beobachten war eine Sache. Sie zu durchforsten, tiefer einzudringen, das... das war etwas völlig anderes. Etwas sehr Persönliches. Etwas, was ihm nur möglich war, solange eine Person sich sehr nahe bei ihm befand, bestenfalls sogar berührte. Normalweise tat er dies nur in Ausnahmefällen. Oder mit ausdrücklicher Erlaubnis. Zumal es eigentlich immer zu spüren war, wenn jemand mit der Aura eines anderen manipulierte. Aber auch nur, wenn man auf sein Körpermana Zugriff hat, wisperte eine kleine Stimme in seinem Hinterkopf.

...

Vielleicht reichte es ja auch, wenn er ihre Aura nur oberflächlich abtasten würde. Sehr oberflächlich.

Der Weißhaarige beobachtete die Fremde dabei, wie sie erneut etwas tat, was außerhalb seines Verständnisses lag. Es... war absurd. Der alleinige Gedanke daran war irrsinnig. Er hatte nie, NIE, einen Menschen gesehen, der nicht auf sein Mana Zugriff hatte. Selbst bei den wenigen Personen, die er getroffen hatte, die bewusst versuchten, den Gebrauch von Magie auf ein Minimum zu reduzieren. Und die junge Frau tat auf jeden Fall etwas. Er sah klar und deutlich, wie ihr Körper auf ihre Tätigkeiten reagierten, sich der ihm altbekannte grüne Schimmer an ihren Handflächen zu sammeln und stärker zu glühen begann. Aber... sie benutzte diese Magie nicht. Oder zumindest... nicht wirklich? Nicht wie er gewohnt war? Am allerliebsten hätte er seinen eigenen inneren Schutz, den er um die Wunde herum errichtet hatte, für einen Moment aufgehoben. Zu groß war seine Neugier darauf, ob er etwas von dieser ungewöhnlichen Heilmethode spüren konnte. Seine Furcht vor seinem eigenen Partner war allerdings stärker. Besser gesagt, die Sorge, wozu Jasper fähig wäre, wenn er auch nur die leisesten Anzeichen bemerken sollte, dass sich die Schmerzen seines Gefährten während der Behandlung verstärken sollten. Denn das würden sie definitiv tun, wenn er sein Körpermana wieder direkt und in voller Stärke in die Verletzung fließen lassen würden. Und er wollte nicht, dass sein Partner die Heilerin angriff, nur weil er sich und seine Wissbegier nicht unter Kontrolle hatte.

 

Sein ungläubiges, intensives Starren wurde zeitnah unterbrochen. Für den winzigsten Bruchteil einer Sekunde hatte er das Gefühl, dass sich blasses Blau in den sonst so weißen Schleier seiner Sicht schlich. Heller, als es der Himmel jemals sein könnte. Nach einem einzigen Blinzeln war es jedoch auch schon wieder vorbei. Notos unterdrückte den Drang seine Augen zu reiben. Nicht dass die Fremde ihm dazu die Zeit gegeben hätte, bei dem Wasserfall an Fragen, der sich über ihn ergoss. Seine gutmütige, beschwichtigende gemeinte Miene, die er nach der anfänglichen Sorge in ihrer Stimme aufgesetzt hatte, spiegelte bald so etwas wie... aufrichtige Anerkennung wider. Alle Achtung, die junge Dame war erstaunlich gut darin, diese Dinge schnell zu bemerken. Wenn man diese Aufmerksamkeit trainieren würde, hätte sie gute Chancen gehabt, in seinen Orden aufgenommen zu werden. Vielleicht hätte sie sogar im selben Bereich wie er arbeiten können. Diese Frau, seine ganze Situation hier... es wurde immer kurioser und kurioser. Der Drachenritter spürte, wie in eine gewisse Aufregung und Faszination in die Mangel nahm. Gut. Diese Herausforderung nahm er an. Er wird früher oder später hinter die Lösung dieser Rätsel kommen. Oder sein Name war nicht – oh, sie nannte ihm ihren Namen.

Der sowieso schon leichte Anflug eines freudiges Lächelns wandelte sich in ein breites, verschmitztes Grinsen, als die Fremde ihm endlich ihren Namen anvertraute. Nirah also. „Ein hübscher Name.", meinte er ehrlich. „Freut mich, deine Bekanntschaft zu machen." Na ging doch! Eine Information für eine Information, ein Gefallen für ein Gefallen, ein Geheimnis für ein Geheimnis. Mittlerweile könnte man dies fast als seine Lebensdevise bezeichnen. Wer mit ihm regelmäßig zusammenarbeitete, würde ein Lied davon singen können. Aber er bleib beim Austausch von Wissen und Hilfe immer fair. Er musste nur überlegen...

Der Weißhaarige fand wieder zu seiner Ruhe zurück und schmunzelte leicht. „Und du stellst immer noch sehr viele Fragen, kleine Miss." Und glaub mir, ich habe mindestens so viele wie du, hätte er am liebsten hinzugefügt. Für einen Moment hüllte er sich in nachdenkliches Schweigen. Die Frage war: Was konnte er ihr verraten? Ohne dass er dabei sie oder sich in Gefahr brachte. Aber dann wiederum... egal wie er es drehte und wendete, er sah keinen guten Grund, ihr nicht zumindest ein paar Antworten zu liefern. Selbst wenn ihn jemand verfolgen sollte, die Fremde... nein, Nirah hatte so viel Zeit mit ihm verbracht, dass alleine eine Beschreibung von ihm ausreichen würde, um andere eindeutig wissen zu lassen, dass er hier gewesen war. Wobei er mittlerweile stark bezweifelte, dass ihn jemand suchen würde. Wenn alleine der Gedanke nicht so absurd wäre, hätte er fast behauptet... aber das war unmöglich. Über dem Wolkenmeer befand sich nur Arcadia. Und unter dem Wolkenmeer war noch nie jemand gewesen. Oder zumindest lebend rausgekommen, um davon zu berichten. Die Luftströmungen waren zu tückisch, um überhaupt durch die dicke Schicht an Wolken zu kommen. Nein, er befand sich sicherlich irgendwo im äußeren Ring. Nur... sehr, sehr weit entfernt und sehr weit unterhalb von anderen Inseln. Und zwar so weit entfernt, dass kein Drache oder Mensch jemals seinen Weg hierher gefunden hat...

Notos ordnete kurz seine wirren Gedanken, bevor er mit einem sanften Lächeln endlich das Wort erhob: „Nun, um vielleicht mit dem Wichtigsten anzufangen: Bitte bezeichne meinen Gefährten nicht als Monster. Er ist so viel mehr als das. Wenn nicht sogar das genaue Gegenteil. Außerdem ist er nicht mein Besitz. Wie gesagt sind wir gleichberechtigte Partner. Und sein Name ist Sir Jasper vom Donnerfels. Und ja, solange er dich nicht als Freund betrachtet, wird er darauf bestehen, dass du ihn zumindest als Sir Jasper betitelst, sonst wird er erst recht auf dich hören." Der Drachenritter wirkte bei dem letzten Satz belustigt, wenngleich es sein voller Ernst war. Sir Jasper hingegen hatte die bisherige Entwicklung der Geschehnisse recht skeptisch mitverfolgt. Als der kleine Drache jedoch seinen Namen hörte, blickte er Nirah widerwillig an – bevor er tatsächlich aufstand und mit leicht abgespreizten Flügeln zu nicken schien. Ein wenig wirkte es auf sehr unbeholfene Weise wie eine Art Verbeugung.

Eine Geste, die sein Partner ihm kurz darauf nachtat. „Und zu der Frage, wer ich bin... nun, dort wo ich herkomme, nennt man mich die Donnerschwinge. Doch bitte, nenn mich Notos." Der Weißhaarige deutete mit einem Schmunzeln eine spielerische, überschwängliche Verbeugung an. Und haderte abermals er damit, mehr zu sich zu erzählen. Was hätte er ihr auch mehr erklären können? Sie kannte die Farben seines Orden augenscheinlich nicht und von Stoffen hatte er schon erst recht keine Ahnung. Bisher war er immer davon ausgegangen, dass seine Kleidung der normalen Ausrüstung eines jeden Indigos, ja sogar einem guten Teil der Bevölkerung entsprach. Und über seine Verletzung und ihre Herkunft wollte er... momentan nicht wirklich reden. Erst recht nicht mit ihr.

Wobei ihm gerade letzteres schwer fiel. Erst recht, wenn er so deutlich die Sorge aus ihrer Stimme raushören konnte. Fast schon hätte er seine Schwester vor sich sehen können, wie sie tadelnd die Hände in die Hüfte gelegt hatte, während ihn grünen Augen besorgt musterten.

Bei allen Göttern, was hast du jetzt schon wieder angestellt, Nol?

„Und ich habe nichts angestellt. Besser gesagt, es nicht meine Schuld. Ausnahmsweise.", rückte er sehr, sehr zögerlich mit der Sprache raus. „Ich wurde nur etwas überraschend angegriffen. Und keine Sorge, das hier ist nur ein Kratzer. Der bringt mich schon nicht um." Etwas zwischen Witz und unerschütterlichem Optimismus schwang in seiner Stimme mit. „Oh und Schmerzen habe ich vermutlich. Aber ich bin gut darin... sie zu ignorieren?" Er grinste verhalten. Wie erklärte man jemanden, der vielleicht nicht mit Körpermana umgehen konnte... „Solange ich es nicht übertreibe, wird schon alles gut werden. Aber ich danke dir dennoch für alles."

Weit entfernt erklang ein weiteres Rascheln. Sofort schellte sowohl Jaspers Kopf in die Richtung, die Ohren steif aufgerichtet. Doch soweit Notos erkennen konnte, war es nur ein Tier. Vermutlich. Der Drache wandte seine Aufmerksamkeit jedoch weiterhin nicht von der Richtung ab. Der Weißhaarige sparte sich seinen Anteil der Fragen erstmal auf. Das hatte Zeit und er war geduldig. Sowieso würde er wohl mehr klären können, wenn er wieder etwas sehen konnte. Und er musste nur seiner Neugier willen nicht noch eine junge Dame in Gefahr bringen. Lächelnd wand er sich an die junge Heilerin, versuchte das Thema in eine andere Richtung zu lenken. „Aber sag, du meintest vorhin, dass ich Schwierigkeiten haben würde, das nächste Dorf vor Sonnenuntergang zu finden. Solltest du dich dann nicht auch langsam auf dem Weg machen? Ich würde zwar anbieten, dich zum Schutz zu begleiten, aber vermutlich bist du besser ohne mich unterwegs."



Antworten Zuletzt bearbeitet am 16.08.2022 18:59.

Saphyr

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Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 19.08.2022 00:57

Nirah ließ das Hemd des Fremden wieder über die bedenklich aussehende Verletzung fallen und trat ein paar Schritte zurück. Sofort bemerkte sie, dass das seltsame Wesen inzwischen nicht mehr auf seinem Ast saß. Es war ganz unaufällig näher gekommen, lauerte als wäre es jeden Moment bereit zum Sprung. Sie konnte sich lebhaft vorstellen, wie es sich bei der kleinsten falschen Bewegung auf sie stürzte, um ihr mit Klauen und Zähnen die Haut zu zerfetzen. Sie nahm sich vor, es um keinen Preis der Welt nocheinmal aus den Augen zu lassen.

"Ich stelle notwendige Fragen." korrigierte sie ihn. Sie hatte nicht wirklich eine Antwort auf ihre Frage erwartet. Gerade weil der Fremde bisher mindestens genauso sparsam mit Antworten gewesen war, wie sie. Umso überraschter war sie, dass gleich mehrere Sätze hintereinander aus seinem Mund kamen. 
Nirah hasste es, es zugeben zu müssen, aber jedes Wort heizte ihre Neugier an. Sie warf wieder einen langen Blick zu dem Wesen, das der Kerl als 'Sir Jasper' bezeichnet hatte. Was für ein seltsamer Name für ein Haustier. Oder Partner. Erst jetzt kam ihr der Gedanke, ob er mit dem Wort eigentlich einen Getreuen meinte. Für Wächter war es nicht ungewöhnlich, zu mindestens einem der vielen verschiedenen Waldbewohner eine enge Bindung aufzubauen. Eulen, Rehe, Raubkatzen...Wölfe. Alles war möglich. Sie hatte eine solche Verbindung noch nicht am eigenen Leib erlebt - sonst wäre sie nicht hier - aber man hatte sie davon unterrichtet. Diese Partnerschaften währten ein Leben lang und beruhten auf gegenseitgem Respekt und ergebener Treue. Man sagte, Getreue waren Ergänzungen des Ichs, Teile der eigenen Seele. Die Bindeglieder zum Mutterbaum, Tore zu einem tiefgehenden Verständnis der Umwelt und des Selbst. Nicht selten leiteten sich Wächter und Getreue gegenseitig auf ihrem Weg und entwickelten sich Seite an Seite weiter.
Nun, der Mann war kein Wächter und sein Partner war kein Tier aus diesen Wäldern. Doch wenn es nur entfernt eine Parallele zwischen Getreuen und dem was das kleine Ding für den Mann war gab, so verstand Nirah ein wenig mehr was die beiden verband. 

Nirah bemerkte die kleine Bewegung, die wie ein Gruß anmutete. Sie hatte also recht gehabt. Das Wesen besaß Intelligenz. Scheinbar hatte es genügend von der Unterhaltung mitbekommen, dass es verstand worüber der Mann redete. Nirah musste lächeln. Es sah so eigenartig aus und erzeugte gleichzeitig einen Anflug von Sympathie. Trotz seines augenscheinlichen Misstrauens ihr gegenüber, war er höflicher als sein menschlicher Begleiter. Gut... Es war im Bereich des möglichen, dass sie etwas voreingenommen war. Nirah hatte schon immer einen besseren Draht zur Tieren gehabt als zu Menschen. Außerdem war ihr dieser spezielle Mensch immernoch nicht ganz geheuer. Sie erwiderte die Geste mit einer kleinen, respektvollen Verbeugung. "Sir Jasper also. Freut mich." meinte sie in seine Richtung. "Ich sehe nun, dass er kein einfaches Monster ist. Ich frage mich nur, was ist er dann?" fragte sie freiheraus. 

Die Verbeugung des Mannes, der sich selbst Donnerschwinge nannte, tat sie nur mit einer hochgezogenen Augenbraue ab. "Dann hätten wir das auch geklärt." kommentierte sie. Sein Name beantwortete nicht so recht ihre darunterliegenden Fragen. Woher kommst du? Was ist los mit deinen Augen? Wieso habe ich den Eindruck, dass du trotz deiner Blindheit zu viel mitbekommst?

"Lass mich einmal zusammenfassen, Notos Donnerschwinge." fing sie an und betonte dabei seinen Namen mit kaum verborgener Ablehnung. "Du und dein Partner seid im Wald gelandet, ohne zu wissen wo ihr seid. Dein Partner kann fliegen, du ...eher nicht. Du wurdest kürzlich angegriffen. Womit ist die Frage. Fast hätte ich auf Gift getippt, aber ich wüsste nicht welches Gift eine Wunde so aussehen lassen kann. Du scheinst recht unbesorgt, daher schätze ich du weißt ganz genau, was dich so zugerichtet hat und welche Wirkung es hat. Du willst es nur nicht sagen. Und eigentlich brauchst du meine Hilfe nicht. Nicht mit der Verletzung. Höchstens damit, geradeaus zu laufen. Trotzdem weißt du die ganze Zeit wo ich bin, wo dein Partner ist und hast Informationen, die du nicht haben solltest." Sie holte einmal kurz Luft, war aber noch nicht fertig.
"Außerdem hast du Waffen und kannst sie vermutlich auch benutzen. Wieder die Frage, wieso. Meines Wissens nach funktioniert das Kämpfen besser mit klarer Sicht." beendte sie ihre Analyse.

"Du siehst, hier gibt es einige Ungereimtheiten, die all meine Fragen rechtfertigen. Erste wichtige Frage: Wieso bin ich noch hier und rede mit dir?" warf sie ihm vor. Sie hatte ihre Hilfe in dem Glauben angeboten, dass er sie womöglich benötigte. Jedoch erhärtete sich der Eindruck, dass dies keineswegs der Fall war. Er hätte sie doch einfach wegschicken können und sie wäre mit Freuden gegangen. Jetzt jedoch...
"Nummer zwei. Woher kommst du? Drei. Wie bist du hierher gekommen? Man endet nicht einfach irgendwo und vergisst direkt darauf den Weg den man genommen hat." stellte sie klar.

Daraufhin konnte sie nicht anders, als einfach verständnislos den Kopf zu schütteln. "Ich sollte keine gute Antwort erwarten, oder?" murmelte sie zu sich selbst. "Soll mir recht sein. Ich beantworte dir trotzdem deine Frage. Ich kenne mich hier aus und finde problemlos vor Sonnenuntergang in mein Dorf zurück. Es ist recht weit, aber ich bin zügig unterwegs. Du hast trotzdem recht, dass ich eigentlich sofort losgehen sollte. Deinen Schutz brauche ich nicht und ich wüsste auch nicht so recht, wie du das anstellen wolltest. Du kannst mir nicht erzählen, dass du mit meiner Geschwindigkeit mithalten kannst. Du dagegen wirst alleine herum irren und wirst dir wohl oder übel einen Unterschlupf bis zum nächsten Tag suchen müssen. Und ohne meinen Schutz werden sich die Monster, die bereits in den Schatten lauern, nicht in Ruhe lassen." belehrte sie ihn ungeduldig.

"Also stelle ich eine letzte Frage und darauf möchte ich eine Antwort. Brauchst du nun Hilfe oder nicht? Lautet die Antwort nein, gehe ich jetzt. Andernfalls..." Nirah seufzte dramatisch auf und zögerte eine Weile bevor sie weitersprach. "Das bringt wirklich meinen ganzen Tag durcheinander...Ich biete dir meinen Schutz an, bis du sicher im Dorf ankommst. Mit dir im Schlepptau werden wir dennoch die Nacht im Freien verbringen müssen. Im Austausch für meine Großzügigkeit bekomme ich Informationen darüber was hier eigentlich los ist." 
Nirah wandte sich schon zum Gehen, sicher dass er dieser Notos ihre Hilfe ablehnen würde. Dabei war gerade jetzt so etwas wie echtes Interesse an dieser Auseinandersetzung erwacht. Was sie überaus ärgerlich stimmte.


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Antworten Zuletzt bearbeitet am 19.08.2022 13:21.

Zladune

26, Weiblich

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Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 19.08.2022 16:15

Nein, du stellst vor allem etwas lästige und zeitkonsumierende Fragen, korrigierte Notos gedanklich die Anmerkung der jungen Frau, bemüht, sich seinen aufkeimenden Unmut nicht anmerken zu lassen. Es wäre wohl einfacher und schneller gewesen, ihr alles direkt zu zeigen, statt sich in lange Erklärungen zu verwickelten, denen sie noch nicht mal wirklich Glauben schenkte. Doch warum hätte er das tun soll? So notwendig dieses Verhör für seine Heilerin auch zu sein schien, so hatte sie in seinen Augen nicht wirklich das Recht, Antwort auf ihre Fragen zu verlangen. Höchstens noch für die, die seine Wunden betrafen. Hätte sie ihm gerade nicht eben zumindest versucht zu helfen, hätte sich seine Kooperation wohl deutlich mehr in Grenzen gehalten. Er mochte Kreuzverhöre nicht. Erst recht nicht, wenn für ihn dabei nichts raussprang. Nichts, außer seiner eigenen stätig anwachsenden Liste an Fragen und Unklarheiten.

 

Wenigstens verhielt sie sich respektvoller zu seinem Partner. Dem Weißhaarigen entkam ein nun wieder gutmütigeres Schmunzeln, als er den Hauch von Sympathie in der Stimme der jungen Frau hörte. Jasper hingegen teilte diese anscheinend immer noch nicht, wenngleich er etwas entspannter wirkte, seitdem sie von seinem Gefährten abgelassen hatte. Notos war sich nicht sicher, ob der Ursprung dieses feindseligeren Verhaltens darin lag, dass die Heilerin ihm nicht wirklich hatte helfen können, weil er die offensichtliche Abneigung der Frau ihm gegenüber spürte oder ob er Nirah schlicht und ergreifend einfach nicht leiden konnte. Er hoffte, dass es nicht letzteres war.

Notos brauchte eine ganze Weile, bevor er auf die darauffolgende Frage zu Jaspers Wesen reagierte. „Ich kann immer noch nicht glauben, dass du nicht weißt, was mein Gefährte ist." Abwesend streiften die blinden Augen den Drachen, dabei schüttelte er zweifelnd den Kopf. Er würde es aber wohl oder übel fürs Erste akzeptieren müssen. Und sich mit Jasper später deswegen noch austauschen. Mit einem zu gleichen Teilen sanften wie ergebenen Lächeln wandte er sich an die Heilerin, antwortete ihr genauso freiheraus: „Ich fürchte, dir sein Wesen zu verraten ist verlorene Liebesmüh. Du würdest mir entweder keinen Glauben schenken oder nichts damit anzufangen wissen. Belassen wir es also einfach dabei, dass er mein Gefährte ist. Oder was meinst du, Jasper?" Das kleine Bündel an Federflaum behielt jedoch seine unnahbare, stoische Miene. Dann wandte er sich demonstrativ ab, breitete seine Flügel aus und landete lautlos vor dem Weißhaarigen. Besser gesagt, direkt vor der Hellebarde, auf die es schützend eine Pfote gelegt hatte, den wachsamen Blick für keinen Augenblick von der Frau ihm gegenüber gelassen. Wollte sein Freund ihm damit andeuten, dass er seine Waffe nehmen und gehen sollte?

Den Gefallen konnte er ihm wohl leider noch nicht erfüllen. Sichtlich amüsiert hörte er der Heilerin dabei zu, wie sie ihm ihre Erkenntnisse und Deduktionen vorstellte – und ihm abermals ihre nicht allzu hohe Meinung von ihm klarmachte. Jasper plusterte sich bei der kühlen Aussprache des ihm bekannten Namen zuerst noch etwas auf. Doch auch nur so lange, bis Notos das Wort erhob. Der quittierte die vorherige Ablehnung in ihrer Stimme allzu deutlich. „Nun, meine allerliebste Nirah..." Der Drachenritter betonte ihren Namen dabei mit der zuckersüßesten, charmantesten Stimme, die er gerade noch hinbekam, ohne in Lachen auszubrechen. „Das ist eine hervorragende Analyse. Auch wenn du bei den meisten Vermutung nur zur Hälfte richtig liegst. Mit Ausnahme der Aussagen über den Angriff." Denn ja, da wusste er wirklich zu gut, wer der Täter war und was für eine Art von Mana er bevorzugt in seine Waffen reinjagte.

„Aber um zu deinen wichtigen Fragen zurückzukommen: Ich weiß nicht, was du hier noch tust. Sag du es mir. Vielleicht hast du ja eine bizarre Art der Zuneigung zu mir entwickelt. Oder unser Zusammentreffen war Schicksal". Der Weißhaarige grinste verschmitzt. „Oder es ist einfach nur die Neugierde, die dich länger als nötig hier hält?" Das Gefühl verstand er nur zu gut. Sein Lächeln wurde eine Spur ernster: „Falls du mir aber irgendwelche dubiosen Hintergedanken unterstellst, die beinhalten, dass ich unseren längeren Aufenthalt hier geplant habe: Dann nein." Kurz holte er Luft, wandte dann nachdenklich den Blick ab. „Ich... hätte wirklich Hilfe mit der Verletzung gebrauchen können", gab er schließlich verhalten zu, „ich war auch der Meinung, dass gerade du mir vielleicht hättest helfen können. Allerdings... nun, du nutzt Heilmethoden, die ich nicht kenne – und ich habe bereits so einige an eigener Haut erfahren dürfen. Zudem kennst du dich offensichtlich nicht mit dieser Art von Verletzungen aus. Alles in allem ist das also etwas ...ungewöhnlich für mich. Aber es war wohl etwas naiv von mir zu denken, dass du mir helfen könntest, nur weil du eine Heilerin bist. Verzeih mir."

Tatsächlich war ausnahmsweise die Belustigung in seinen Zügen gänzlich verschwunden. Geblieben war nur ein grübelnder Ausdruck, mit dem er die junge Frau vor ihm intensiv musterte. Es ergab einfach keinen Sinn. Allerdings musste er momentan wohl einfach seine Theorie für wahr erachten. Sie nutzte nicht ihr eigenes Mana. Frage war: Was tat sie dann?

Das witzelnde Lächeln kehrte erst dann zurück, als Nirah ihre anderen zwei Fragen stellte. Wenngleich es müder als zuvor wirkte: „Nun, es ist möglich, den Weg nicht zu kennen, den man hergekommen ist – zum Beispiel, wenn man währenddessen nicht bei Bewusstsein war. Und was die Nummer zwei angeht: Du scheinst mir eine gute Intuition sowie Schlussfolgerungsgabe zu haben. Wenn du dir die bisherigen Zeichen und Informationen ansiehst, wirst du sie schon richtig verknüpfen." Und fügte leise hinzu: „Dir selbst wirst du auch eher Glauben schenken als mir."

Er hingegen vertraute ihr. Sowohl als sie verkündete, dass sie alleine seinen Schutz wohl nicht brauchen würde – auch wenn er sich deutlich besser fühlen würde, wenn er sie dennoch begleitet hätte – als auch, dass ihn die Monster nicht in Ruhe lassen würden. Mit einem ruhigen Nicken nahm er ihre Worte zur Kenntnis. Letzteres wäre kein allzu großes Problem. Er schlief gerne unter freiem Himmel und was einen möglichen Angriff anging... Als hätte Jasper seine Gedanken gelesen, breitete der kleine Drache seine Schwingen und mit diesen seine Präsenz aus. Das Wesen, welches bisher am Rande seines Radars getänzelt hatte, verschwand mit einem Mal.

So wie es seine bisherige Begleiterin nun auch scheinbar tun wollte. Als wäre ihr alles gleichgültig. Nur... Ihre Aura flackerte erneut verdächtig auf. Notos begann zu schmunzeln: „Ich sehe, du bist ebenfalls kein Freund von zu vielen unbeantworteten Fragen." Der Weißhaarige war mittlerweile aufgestanden und war ruhigen Schrittes zu seinem Gefährten gelangt und dem Schatz, den er bewachte. Seine Hellebarde hob er mit Leichtigkeit auf, genoss das altbekannte Gewicht und Form in seiner Hand. „Ich nehme dein Angebot an. Besser gesagt..." Er lächelte verschmitzt: „Ich schlage ein temporäres Bündnis vor. Ich kann zugegeben mit deinem Schutz in etwa so viel anfangen, wie du mit meinem. Aber ich vertraue dir. Lass uns diesbezüglich einfach eher Taten als Worte sprechen lassen. Ich wäre aber wohl so sehr wie du an einem Austausch interessiert. Zum Beispiel, wie du heilst und schützt. Im Gegenzug versuche ich deine Fragen zu klären. Zum Beispiel, wie ein Speer solche Verletzungen wie die meinen verursachen kann. Ich denke..." Seine Miene wirkte kurz nachdenklich, als er sich an die Magie zu erinnern versuchte, die die Waffe umgeben hatte. „... ich kann es dir sogar zeigen. Wenngleich lieber erst morgen."

Jasper betrachtete seinen Partner mit deutlichem Missmut, gab aber keine Proteste von sich. Mit umso größerer Verwunderung verfolgte er aber die zunehmend ernster werdende Miene seines Partners – und weitete die goldbraunen Augen etwas, als er verstand, was sein Gefährte vorhatte. Notos umklammerte nachdenklich seine Hellebarde. „Ich werde dir natürlich währenddessen versuchen, nicht zur Last zu fallen und auszuhelfen, soweit es meine Fähigkeiten zulassen. Von dem her..." Der Drachenritter kniete mit dem Anflug eines Lächelns entschlossen vor der jungen Frau nieder, eine Hand hinter den Rücken, die andere zur Faust geballt aufs Herz gelegt: „Ich schwöre, dass ich während unserer Reise dein Leben mit dem meinen schützen werde." Nach einer Weile streckte er eine Hand in ihre Richtung aus, schmunzelte dabei gutmütig: „Nur, wenn du meinem Angebot natürlich zustimmen solltest."



Antworten Zuletzt bearbeitet am 08.09.2022 01:18.

Saphyr

26, Weiblich

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Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 21.08.2022 00:22

Nirah machte hastig einen Schritt zurück, als das Wesen ganz in ihrer Nähe landete. Auch wenn sie keinen Angriff befürchtete, war sie auf der Hut vor diesem unbekannten Ding. Dank der 'Mitteilsamkeit' von Notos, wusste sie immernoch nicht, was es genau war. Er tat ja gerade so, als wäre es Allgemeinwissen, das ihr fehlte. Sie hatte ihm als Dank direkt einen weiteren Blick geschenkt, den er nicht sehen würde. Sie wusste mit ziemlicher Sicherheit jedoch, dass seine Art hier nicht verbreitet sein konnte.
Sie sah wie es mit seinen Klauen die am Boden liegende Waffe in Beschlag nahm. Sie konnte nicht anders, als ein leises Lachen obgleich der besitzergreifenden Geste abzugeben. "Keine Sorge. Ich hatte nicht vor, sie wegzunehmen. Ich könnte ohnehin nicht damit umgehen." sagte sie mit ruhiger, beschwichtigender Stimme. Derweil betrachtete Nirah Sir Jasper neugierig. Ein faszinierendes Wesen. Jetzt wo er so nah war, konnte sie alle Einzelheiten seiner kleinen Gestalt erkennen. Ganz eindeutig ein Raubtier in der Verkleidung eines Vogels. Anders ließ es sich einfach nicht beschreiben. Kurz fragte sie sich, ob seine Federn sich wohl genauso weich anfühlten wie sie aussahen. Sie verwarf den Gedanken schnell wieder. Das Risiko es auszustesten, würde sie ganz sicher nicht eingehen.
"Was auch immer du bist...du bist wirklich recht niedlich." murmelte sie vor sich hin und hoffte im selben Moment, dass Sir Jasper nicht jedes ihrer Worte verstand.

Innerlich deutlich eingenommener von Sir Jasper als von seinem menschlichen Begleiter, dauerte es einen Moment bis sie ihren Blick wieder dem Mann zuwandte. Natürlich schaffte Notos es sofort, den bekannten Anflug von Ärger mit aller Macht zurückzuholen. Nirah verzog das Gesicht bei seiner süßlichen Stimme, die es eindeutig darauf anlegte, Gewaltvorstellungen in ihr hervorzurufen. Ein gefährliches Funkeln, blitzte in ihren Augen auf, als sie Notos' leerem Blick untermalt von seinem immerwährenden äußerst provozierenden Schmunzeln begegnete. 
Nirah machte sich am Rande eine gedankliche Notiz, dass Notos tatsächlich einen Angriff bestätigte. Hatte er jemanden attackiert oder war er angegriffen worden? Die Vermutung lag nahe, dass es einen Kampf gegeben haben könnte. Sie hielt die Erkenntnis, die sie womöglich zu weiteren Annahmen führen könnte fest.
Allerdings ruhte ihre Aufmerksamkeit leider gerade weniger bei den Informationen, die sie erhalten hatte, sondern mehr bei dem Mann der es mit nur wenig mehr Zeit und kaum Mühe schaffen könnte, sie vollkommen zur Weißglut zu treiben. Sie schaffte es nicht ihr hitziges Gemüt zu bändigen. 

"Du bist ja vollkommen von dir überzeugt." brummte sie Notos an. "Ich sage dir mal was, Donnerschwinge. Ich würde mich freiwillig im nächsten See ertränken, bevor ich dir irgendeine Art von Zuneigung entgegenbringen würde. Und ich werde inständig dafür beten, dass nicht das Schicksal uns zusammengeführt hat. Denn das würde bedeuten, dass ich deine Selbstgefälligkeit länger als nötig ertragen müsste. Darauf verzichte ich dankend."
Neugier. Ja das war es tatsächlich was sie zurückgehalten hatte, gab sie grimmig zu. Obwohl Nirah wirklich überzeugt gewesen war, dass Notos Hilfe benötigte. Und dann wieder nicht...Und anscheinend doch? Dieser Kerl verwirrte sie.
"Ach und du stinkst förmlich nach dubiosen Hintergedanken. Nur damit du es weißt." fügte sie bissig hinzu. "Was soll das überhaupt heißen, nur weil ich eine Heilerin bin. Ich habe deine Wunde versorgt, oder? Ob du es glauben magst, oder nicht, auch wenn ich nicht weiß wie diese Verletzung zustande gekommen ist, mein Eingriff wird dafür sorgen, dass sie schneller heilt als es sonst der Fall gewesen wäre. Nur weil du meine Methoden nicht kennst, sind sie noch lange nicht wirkungslos. Ich habe bereits geholfen. Gern geschehen." stellte sie klar. Oh, dass er nun auch noch ihre Kompetenz in Frage stellte setzte dem ganzen ja die Krone auf. 

Seine restlichen 'Versuche' ihre Fragen zu beantworten ließ Nirah in ihrem Ärger unkommentiert. Sie fügte nur der Theorie mit einem möglichen Kampf noch einen Punkt hinzu: Er hatte verloren. Noch immer hatte sie keine Idee wie er bewusstlos hierher gelangt sein sollte. Es war nicht so, dass er verschleppt worden war, oder? Sie würde sich wohl vorerst damit abfinden müssen, weiter im Dunkeln zu tappen. Immerhin war Notos geistesgegenwärtig genug um eine absolute Wahrheit zu erkennen: Nirah würde jedes seiner Worte anzweifeln solange sie keine Beweise direkt vor den Augen hatte. 
Schließlich wurde sie aus ihrer Tirade gerissen, als eine Welle von Bedrohung über sie hinweg schwappte. Alarmiert sah sie sich um, bis ihr Blick wieder auf Sir Jasper fiel. Bildete sie sich das ein oder sandte der Katzenvogel diese aus? Sie musterte ihn. Ja, eindeutig kam es von ihm. Eigenartig...

In der Zwischenzeit hatte Notos seine Hellebarde an sich genommen, welche ihm bedenklich leicht in der Hand zu liegen schien. Nirah beobachtete ihn misstrauisch. Leider kam sie nicht umhin zu bemerken, dass sein Vorschlag im Grunde recht vernünftig klang. Sie hätte kein schlechtes Gewissen ihn blind im Wald umherirren zu lassen, auch wenn er behauptete, dass er gut ohne sie klar kam. Dafür würde sie weitere Informationen, vielleicht sogar richtige Antworten bekommen. Notos hatte sie spätestens in dem Moment, als er davon sprach, dass sie erfahren könnte wie seine Verletzung zustande gekommen war. Über so etwas war sie noch nie gestolpert. Selbst wenn ihr alles andere nichts brachte, wenn Nirah eines nicht leiden konnte, dann etwas aus ihrem Spezialgebiet nicht zu wissen. 

Nirah nickte langsam. Sie hatte ihre Entscheidung bereits getroffen. Womit sie nicht rechnete war, dass der Mann plötzlich vor ihr auf die Knie fiel, um eine förmlich wirkende Geste zu machen. Sie gab ein überraschtes Lachen von sich, weil das so absurd war. "Was soll das theatralische Gehabe?" grummelte sie. "Spar dir deine geschwollenen Versprechungen... Ich akzeptiere ein kurzfristiges Bündnis. Ich begleite dich, bis wir das Dorf erreichen. Wenn du mir Antworten gibst, so werde ich dir auch die ein oder andere Frage beantworten können. Mehr ist das nicht. Und jetzt..."
Sie trat auf ihn zu, streckte die Hand aus um die von Notos zu ergreifen und ihn auf die Füße zu ziehen. "...steh auf."

"Ah. Verdammt." stieß sie hervor. Nirah riss ihre Hand vor Überraschung zusammenzuckend in dem Moment zurück, als sie die seine gerade berührt hatte. Ein plötzlicher Schmerz war durch ihren Arm bis in ihre Beine gejagt. Selbst jetzt wirkte er noch dumpf nach. Sie schüttelte ihren Arm um die eigenartige Empfindung loszuwerden. 
"Das hat weh getan!" fuhr sie Notos anklagend an. Er trug nicht gerade dazu bei, dass sich ihre Meinung über ihn verbesserte. 
Abrupt wandte sich Nirah von ihm ab, wandte ihm den Rücken zu und ging mit großen Schritten in eine Richtung los. Sollte er doch selbst schauen, wie er sich ohne hinzufallen fortbewegte. "Komm mit!" wies sie ihn an, ohne sich auch nur umzudrehen. 
Sie wusste wo sie ein Lager für die Nacht aufschlagen könnten. Eine Höhle neben einem kleinen Bach, die Schutz bot. Darum herum wuchsen einige essbare Pflanzen, die den größten Hunger abhalten würden. Sie müssten noch ein Stück laufen. Eigentlich war es nicht so weit, doch sie schätzte dass die Dämmerung herein brechen würde bis sie angekommen waren. Notos konnte sich nicht so schnell durch das Unterholz kämpfen. Nirah tauchte wieder in den Wald ein, wartete nicht auf ihn bis sie schon ein gutes Stück vorgelegt hatte. Dann erst machte sie langsamer, ging sogar wieder ein paar Schritte zurück.
Auch wenn es ihr nicht gefiel, sie würde ihn wohl halbwegs führen müssen. 




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Zladune

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Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 21.08.2022 14:28

Volltreffer. Hatte Notos am Anfang noch versucht, sein kleines, belustigtes Lachen in Zaum zu halten, so gelang ihm dies zu Ende von Nirahs Tirade nicht mehr wirklich. Seine Provokation hatte ja hervorragend funktioniert. Er hatte nicht erwartet, dass sie den Köder so schnell schlucken würde. Und sie würde sich also lieber ertränken, als jemals irgendwelche Sympathien zu ihm zu entwickeln? Nun, er würde sie daran erinnern, sollte sich die Gelegenheit bieten.

Dabei kam er während ihrem aufgebrachten Monolog nicht umhin, die Heilerin mit einem warmen Ausdruck im Gesicht zu betrachten. Bei allen Göttern, sie war niedlich – auch wenn er ihr dies nicht nochmal auf die Nase binden würde. Hätte er Aryll so sehr geneckt, hätte sie ihn bestimmt mit irgendeinem Lähmungszauber an die Wand gepinnt. Und Kiki hätte ihn auf die Bretter geschickt, noch bevor er sich solche Sticheleien hätte erlauben können. Im Vergleich zu den beiden Damen war Nirah hier... nun eher eine kleine fauchende Wildkatze. Mit den richtigen Mitteln hätte sie ihn bestimmt ordentlich zurichten können, aber dennoch konnte er ihr Verhalten nur als putzig beschreiben. War das dasselbe Gefühl, welches sie, zum Verdruss seines Partners, zu Jasper hegte?

Immer noch lächelnd hob er beschwichtigend die Hände. „Natürlich weiß ich, dass du versucht hast, mir zu helfen. Und du etwas getan hast, wenngleich ich mir nicht ganz bewusst bin, was genau es war. Und ich habe mich dafür bereits auch schon bedankt, wenn sich dein Feuerkopf noch daran erinnern kann", meinte der Weißhaarige ruhig, und spielte bei dem neuen Spitznamen einzig auf ihren temperamentvollen Charakterzug ab. „Wenngleich ich deutlich schnellere Heilmethoden gewohnt bin und kenne – ich schätze deine Mühen sehr."

 

Wenigstens hatte sich seine Begleiterin bald daraufhin wieder so weit beruhigt, dass sie sich seinen Vorschlag anhörte und dem kurz daraufhin auch zustimmte. Wie zu erwarten. Genauso wie die Tatsache, dass sie seine Geste nicht richtig deuten konnte. Das Lächeln schlug Notos diese Erkenntnis jedoch nicht aus dem Gesicht. Es änderte nichts an der Bedeutung oder dem Wahrheitsgehalt seiner Worte für ihn. Sondern bewies nur, dass die Heilerin wahrhaftig nichts mir Drachenrittern anzufangen wusste.

Dafür konnte er nicht das überaus zufriedenstellende Gefühl der Genugtuung beschreiben, welches das leise „Verdammt" in ihm auslöste. „Muss wohl die elektrisierende Atmosphäre zwischen uns sein", verkündete er scherzend, während er leicht grinsend das letzte kribbelnde Gefühl aus seiner Hand schüttelte. Sie übertrieb, so wehgetan hatte es sicherlich nicht. Es war nur ein winziger elektrischer Schock, weitaus weniger, was Jasper normalerweise in andere reinjagte. Vermutlich sprach da mehr die Überraschung als wirklicher Schmerz in ihrer Anklage – nicht, dass sie den nach allem nicht ein klein wenig verdient hätte.

Wohl als Strafe preschte seine Begleiterin nach vorne, ohne ihm erneut Hilfe anzubieten. Gut, das war verdient und er nahm es in Kauf. Genau wie das leichte Ziehen an seiner Seite, welches sein kleiner Scherz gekostet hatte. Notos richtete sich auf und folgte der Heilerin langsam, seine Hellebarde als Sehhilfe nutzend, um nicht über größere Steine, Stämme oder Äste zu stolpern. Nach einer Weile spürte er ein altbekanntes Gewicht auf seiner Schulter. Er richtete seine Aufmerksamkeit nach vorne, doch die junge Frau war weit genug entfernt. „Du hast alles gut überstanden?", kam es flüsternd von ihm. Er spürte, wie sich Krallen leicht in seine Haut bohrten und achtete genaustens auf den Rhythmus der elektrischen Impulse, die sein Partner ihm übermittelte. „Das ist gut zu hören", antwortete er erleichtert, bevor sich die Ernsthaftigkeit wieder in seine Züge schlich. „Ich nehme an, du spürst ebenfalls keine Präsenz?" Erneut durchfuhr ihn elektrisierendes Kribbeln und Notos nickte nachdenklich. „Wann denkst du, bist du wieder startklar?" Doch ausnahmsweise kam als Antwort... nichts. Sein Gefährte haderte. Na das waren großartige Neuigkeiten.

Der Drachenritter kam nicht dazu, über das ungewöhnliche Verhalten seines Partners länger zu sinnieren. Er spürte einen scharfen Blick auf ihn ruhen, dann kam von der Seite des Federbündels eine Frage. Notos schmunzelte: „Es war nur ein Schwur. Nichts weiter." Erneut kamen elektrische Impulse, diesmal wirkten sie ungeduldiger. „Und das eben war nur ein kleiner Scherz gewesen. Ich wollte sie nur etwas necken". Seine beschwichtigenden Worte stießen auf taube Ohren. Eine kleine Pause entstand – doch die nächste Nachricht brachte den Weißhaarigen zu einem abrupten Stopp. „..Ich weiß, dass sie es nicht ist", raunte er nach einem kurzen Zögern dem Drachen zu. „Und ich bin nicht töricht genug, um Vergangenes in die Gegenwart zu bringen. Ich kann sie gut leiden, aber das ist auch alles." Hätte Jasper skeptisch eine Braue in die Höhe ziehen können, hätte er es wohl getan. Doch das kleine Wesen blieb stumm, als es den Schatten von Zwist, Trauer und einem sanften Hauch von Sehnsucht bemerkte, der über das Gesicht seines Partners kroch. Er würde ihn ausnahmsweise in diesen alten Erinnerungen schwelgen lassen. Wenn auch nur für einen Moment.

Als Nirah sich endlich umwandte, ja sogar wieder leicht zurückkehrte, um nach den Rechten zu sehen, war Notos gerade dabei, liebevoll Jaspers Kopf zu kraulen, der sich die Streicheleinheiten sichtlich gefallen ließ. „Würdest du mir den Gefallen tun, alter Freund?", bat er seinen Gefährten leise, der daraufhin nickte und seine Flügel ausbreitete. Lautlos flog der kleine Drache von Ast zu Ast, immer in direkter Nähe des Ritters. Der verschärfte leicht sein Tempo. Er sollte seine Helferin wohl nicht warten lassen.

Die Dämmerung war tatsächlich bereits angebrochen, als die kleine Gruppe ihr Ziel erreichte. Ohne größere Zwischenfälle, was sie hauptsächlich Jasper zu verdanken hatten. Die größte Hilfe, die Notos bieten konnte, war es, sich nicht zu oft in dornigen Büschen zu verheddern oder zu lange beim Umgehen von umgefallen, morschen Bäumen zu brauchen. Zugegeben, seine Blindheit ging ihm bei Aufenthalten in Wäldern wirklich ausnahmsweise dezent auf den Geist. In den weiten Ebenen oder in der Luft konnte er sich weitaus besser orientieren, wenn er nicht ständig auf den Untergrund achten musste. Wenngleich es sich bewerkstelligen ließ – abermals mit Jaspers Unterstützung und mit seiner Hellebarde als Blindenstock.

Seit ihrer Ankunft war der kleine Drache jedoch verschwunden. Notos wanderte still schweigend in breiter werdenden Halbkreisen langsam vor der Höhle umher. Er ließ Nirah erstmal machen, was sie machen wollte. Pflanzen sammeln, ein Feuer entfachen...  was auch immer sie tat, um ihren Schutz zu errichten. Es war zwar nicht so, dass er der jungen Frau und ihren Methoden gänzlich misstraute... aber er würde ebenfalls nichts dem Zufall überlassen. Warum also die Zeit nicht nutzen, um sich mit der Umgebung vertraut zu machen. Schließlich würden sie hier wohl die Nacht verbringen.

Der Weißhaarige streifte mit der Hand über die umliegenden rauen Stämme, versuchte sich die Distanz zwischen ihnen einzuprägen. Ein Rascheln war zu hören und etwas landete auf seiner rechten Schulter. Es war schwerer als zuvor. Notos lächelte dankbar: „Das hast du großartig gemacht, danke." Die Aura verblasste zu schnell, um zu erkennen, was der kleine Drache da gefangen hatte. Ein Hase vielleicht. Es war auf jeden Fall tierischer Natur. „Würdest du ihr das kleine Wiedergutmachungsgeschenk überreichen?" Krallen bohrten sich missmutig in seine Kleidung. „Komm schon, von mir würde sie das sicherlich nicht annehmen. Und wenn du ihr noch etwas Zeit gibst, würde sie dich aufgrund deiner Niedlichkeit praktisch vergöttern – nicht, dass ich das nicht auch tun würde." Ein Flügel streifte sein Gesicht, als sein Gefährte knurrend kurz an Ort und Stelle flatterte, dann änderte die drachenartige Präsenz blitzartig seine Richtung und rauschte lautlos zum Höhleneingang. Vermutlich, um dort die Beute nur lieblos fallen zu lassen, denn ohne große Verzögerungen landete Japser wieder in seiner Nähe, diesmal auf seinem ausgestreckten Arm. Notos warf mit einem gutmütigen Lächeln einen Blick nach hinten, ehe er dankend das federbesetzte Kinn kraulte. Vielleicht würde sie ja nicht dahinterkommen. Aufmerksam setzte der Weißhaarige seinen Rundgang fort. Irgendetwas war seltsam an diesen Wäldern... er wusste nur nicht, ob es die fehlende, heimelige Präsenz von anderen Drachen und Menschen war oder ob noch mehr dahinter lag.



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Saphyr

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Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 22.08.2022 02:30

Feuerkopf ...
Er war ja soo dankbar ...
Und natürlich war der elektrische Schlag der Atmosphäre zwischen ihnen zu verdanken ... 

Witzbold. Das einzige, was zwischen ihnen vorging, war die stetig steigende Gefahr, dass Nirah ihm wie ein tollwütiger Wolf an die Kehle ging. Bündnis hin oder her. Wenn sie doch nur selbst Stromschläge austeilen könnte. Dann könnte sie ihm wenigstens zeigen, was sie von ihm hielt, anstatt es nur zu sagen oder denken. Sie wusste nur leider nicht, wie Notos das angestellt hatte. Also blieb Nirah nur übrig, möglichst unbarmherzig eine eisige Miene aufzusetzen und ihre missmutige Laune deutlich nach außen zu zeigen. Diese und einige weitere Gedankenfetzen jagten ihr durch den Kopf.
Sie hatte plötzlich den tadelnden Blick des alten Weißhaar vor sich. Die anderen sagen, du seiest schnippisch und unkooperativ.  Solch ein Wildfang wie du ist mir schon lange nicht mehr untergekommen. Dann hatte er gelacht, mit einem warmen Ausdruck im Gesicht. Nirah wusste ganz genau, wie sie auf andere wirkte. Solche Dinge bekam sie schon immer gesagt. Sollten sie ihr doch alle gestohlen bleiben. Nirah machte ihrem Ärger Luft, indem sie energisch einen Schritt vor den anderen setzte.

Sie war Notos entgegengelaufen, der wie erwartet nur langsam voran kam. Sie hatte noch gesehen, wie Sir Jasper von seiner Schulter gesprungen war und von Baum zu Baum flog. Seitdem war sie in ungeduldigen kleinen Schritten vor ihm hergelaufen, war immer wieder umgekehrt, weil sie zu schnell war. Derweil hatte sie sich den Kopf zermartert, wie sie ihre Fertigkeiten einsetzen könnte, um Notos seinen Stromschlag mit etwas Gleichwertigem zu vergelten.
Irgendwann war sie langsamer geworden und hatte sich seiner Geschwindigkeit angepasst. Sie hatte keine weitere Unterhaltung mehr initiiert und Notos schaffte es erstaunlicherweise auch still zu sein. Mit etwas Abstand trottete Nirah vor ihm durch den Wald. Irgendwie fand sie einen Rhythmus, der es ihr erlaubte, in eine angenehme Gedankenlosigkeit zu fallen. 
Nach einer Weile machte sie es sich zur Regel, dann zu Notos zurückzufallen, wenn sie glaubte, dass er Hilfe benötigte. Beispielsweise wenn ihm ein Baum im Weg lag, der Weg sehr steil abfiel oder das Dickicht so dicht wurde, dass er es nicht mehr schaffte den Fuß zu heben, ohne sich zu verfangen. Dann führte sie ihn, indem sie ihre Hand an seine Waffe legte, um direkt danach wieder den gewohnten Sicherheitsabstand herzustellen. Tatsächlich kamen sie ab diesem Zeitpunkt ein wenig schneller voran. 

Sie erhob erst wieder die Stimme, um Notos mitzuteilen, dass sie angekommen waren. Sie erklärte ihm kurz und knapp, dass sie ihn der Höhle schlafen könnten. Damit überließ sie ihn sich selbst und widmete sich der Vorbereitung des kurzfristigen Lagers. Die tiefliegende, gut versteckte Höhle war genauso unbewohnt, wie sie sie in Erinnerung hatte. Sie beäugte kritisch den Platz, der sich ihnen bieten würde. Eigentlich wäre es ihr lieber, wenn sie die Möglichkeit hätten, mindestens einhundert Schritte zwischen sich zu bringen. Aber ... es würde ausreichen, um sich nicht aneinander drängen zu müssen. Für eine einzige Nacht war es vermutlich gerade so erträglich. Nun immerhin war es einmal von Vorteil, dass sie nicht so groß war. Selbst sie konnte nicht aufrecht stehen, wie würde sich dann erst Notos schlagen?
Nirah räumte gebückt und mit einem schwachen Grinsen auf den Lippen ein paar größere Steine und abgestorbene Pflanzenteile aus dem Weg. Bevor sie sich jedoch daran machte, etwas Essbares zu besorgen, nutzte sie den Moment der Stille und Einsamkeit. Sie setzte sich aufrecht auf den kalten Boden und schloss die Augen. 

Der Ort begrüßte sie mit einer entfernten Vertrautheit, die es Nirah einfach machte, Ruhe zu finden. Das Gefühl von Sicherheit strömte auf sie ein. Hier drinnen floss die Energie nur langsam, abgeschirmt von den deutlich schnelleren Kreisen, die sie schon unmittelbar beim Ausgang zog. Dieser Ort war bei weitem nicht mit so viel Kraft erfüllt, wie die Lichtung zuvor. Nirah nahm sich die Zeit, sich dieses Mal intensiv auf einen Schutzzauber einzulassen. Sie leerte ihren Geist völlig, bis sie nur noch entfernt ihren stetigen Atem, dafür umso präsenter die Umgebung wahrnahm. Sie ließ den Ort auf sich wirken, stimmte sich vollständig auf ihn ein, nahm seine Essenz in sich auf. So saß sie eine Weile, scheinbar tatenlos, und genoss die umfassende Empfindung von Verbundenheit. Deutlich später erst, wiederholte sie ausführlich die Visualisierung der einzelnen Elemente. Das Feuer hob sie sich bis zum Schluss auf, ließ sich besonders viel Zeit. Nirah bat nicht nur um Schutz vor Monstern, sondern auch vor den anderen Einflüssen von draußen. Sie konnte die Höhle nicht aufheizen, wohl aber dafür sorgen, dass die Wärme, die darin war, auch dort verblieb. So würde ihre Körperwärme, sie vor dem Auskühlen bewahren. Bis zum nächsten Morgen sollte die Wirkung anhalten. 

Nirah schloss ihr kleines Ritual ab. Noch ganz in ihrer Entspannung, hörte Nirah kaum das dumpfe Geräusch von außerhalb der Höhle, das nicht so recht zu den anderen Klängen passte. Verwirrt öffnete sie die Augen. Mit steifen Gliedmaßen erhob sie sich aus ihrer Starre. Fast wäre sie über das leblose Fellbündel gestolpert, das direkt vor dem Höhleneingang auf dem Boden lag. 
Sie hob den kleinen Hasen auf. Er war noch warm, noch nicht lange tot. Verwundert betrachtete sie ihn ein paar Sekunden. Er war ganz sicher nicht einfach so hier verendet. Seine Kehle war sauber durchtrennt worden. Sanft streichelte sie einmal über das weiche Fell und murmelte leise Worte des Segens und des Abschieds. Zwar hatte sie ihn nicht getötet, doch es machte keinen Unterschied für sie. Sein Opfer würde ihre Mägen füllen.

Sie hob den Kopf, um nach Notos und seinem Gefährten Ausschau zu halten. Sie entdeckte ihn in etwas Entfernung mit Sir Jasper auf dem Arm herumlaufend. Er wäre deutlich hilfreicher, wenn er Feuerholz oder Beeren sammeln würde. Allerdings wäre das wohl zu viel verlangt von einem Blinden. Erst jetzt überlegte sie, ob das frische Fleisch wohl ihm oder Sir Jasper zu verdanken war. Wenn, dann eher letzteres.
Nirah machte eine geeignete Stelle für ein Lagerfeuer aus, legte den Hasen vorsichtig ab und machte sich daran, brennbares Material zu finden. Dabei stopfte sie jede essbare Pflanze in den Beutel, die sie entdeckte.
Wenig später entzündete Nirah mühelos die trockenen Äste. Knisternd entfachten die anfänglichen Funken schnell die ersten Flämmchen. Während diese nach und nach zu einem richtigen Feuer heranwuchsen, zog Nirah dem Hasen die Haut ab und nahm ihn aus. Sie hatte leider keine Kochutensilien dabei, daher würden sie ihn einfach mit einem Stock über dem Feuer rösten müssen. Alls das bereitete sie vor. Sie breitete auch das gesammelte Essen auf dem Boden aus, schob sich schon die ein oder andere Beere in den Mund. 

Sie hatte gar nicht gemerkt, dass es inzwischen recht dunkel geworden war. Sie stand auf, in die Richtung gewandt, wo sie das seltsame Paar das letzte Mal gesehen hatte. 
"Notos?", rief sie mit gedämpfter Stimme. "Wie wäre es, wenn du endlich herkommst. Es wird immer dunkler. Und das Essen ist bald fertig." Ah, er war doch noch da. Sie sah seinen Schatten zwischen ein paar Bäumen.
Sie ließ sich direkt wieder zu Boden sinken, wendete den Spieß mit dem Hasen und begann ihren Dolch zu säubern. 


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Antworten Zuletzt bearbeitet am 24.08.2022 12:48.

Zladune

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Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 22.08.2022 22:37

Notos war etwas tiefer in den Wald vorgedrungen. Nicht weit genug, um Nirahs Aura aus dem Blick zu verlieren, doch weit genug, dass die Bäume an dieser Stelle wieder dichter wuchsen. Ein leises, dumpfes Klacken begleitete ihn, beinahe in einem regelmäßigen Rhythmus. Nur dass die Abstände dazwischen immer geringer wurden. Als seine Hellebarde erneut und für seinen Geschmack viel zu früh gegen einen der Stämme stieß, blieb der Weißhaarige endlich stehen. Das hatte keinen Sinn mehr. Selbst wenn er sich jede einzelne Hecke oder Baum hier merken könnte, wäre er bei einem Angriff in einem hoffnungslosen Nachteil. Selbst mit Jaspers Hilfe. Nun, falls es zu irgendwelchen Zwischenfällen kommen sollte, würde er sie wohl auf der kleinen Lichtung abhalten und zu Ende müssen. Allzu viel Platz war das ja nicht... aber er würde damit schon klarkommen. Notgedrungen.

Ein tiefes Seufzen erklang, dann hob der Ritter seinen Arm an und lächelte seinen Partner verschmitzt an. Es war Zeit, sich anders nützlich zu machen. „Was haltet ihr von einem kleinen Training, mein guter Sir?" Die flauschigen Ohren zuckten bei dem gespielt höfischen Klang aufmerksam in die Höhe. Der Drache legte seinen Kopf schief, ein Kribbeln im Unterarm folgte. Wunde? Notos lächelte, schüttelte dabei beschwichtigend den Kopf: „Nichts zu aufwändiges natürlich. Aber es könnte helfen, das Zeug schneller aus meinem Körper zu bekommen." Das kleine Wesen nickte bedächtig und erhob sich kurz daraufhin in die Luft.

Das Rauschen von Flügeln war zu hören. Ein lautloses Ausatmen. Dann ein scharfes Surren, gefolgt von einem leisen Knacken und einem kaum wahrnehmbaren, gedämpften Aufprall. Jasper flog nur eine Handbreit über seinem vorherigen Sitzplatz, verharrte flattern noch einen Moment an Ort und Stelle, bevor das erdfarbene Federbündel erneut vorsichtig an einem vertrockneten Ast landete. Notos folgte der Drachen-Aura mit geschlossenen Augen, brachte sich dabei mit langsamen Bewegungen in eine angriffsfähige Position. Atmete tief ein, konzentrierte sich auf die stetig fließende Energie in seinem Inneren. Visualisierte sie. Die ruhigen Wellen, die beinahe im Tempo seines Herzschlages durch seinen Körper schwappten. Visierte gedanklich den Bereich um die Verletzung an, sah wie die Energie, seine Energie, an dieser Stelle zähflüssiger verlief, sich anstaute, dunkler verfärbte. Er erlaubte dem Fluss, einen winzigen Hauch dieser Verfärbung mitzunehmen, ließ diese zusammen mit seiner Energie über seine Schulter bis zu seinem Arm strömen. Hob diesen dann an – und führte in einer fließenden, nahtlos daran geknüpften Bewegung einen Stoß mit seiner Hellebarde aus. Ein weiterer Ast fiel zu Boden und der Weißhaarige atmete ruhig aus. Nur um das ganze Spiel von vorne anzufangen. Es war ein bedächtiger Tanz an der Grenze zwischen präzisen Bewegungen, die aber nicht zu ruckartig und kräftig sein durften, um seine Wunde eventuell wieder zu öffnen. Notos war sich gar nicht bewusst, wie viel Zeit er damit verbracht hatte, als er sich schlussendlich mit einer respektvollen Verbeugung bei seinem Partner bedankte. Er warf einen Blick in Richtung Höhle, auf Nirahs Aura. Es musste inzwischen recht spät sein. Besser, er sah bei ihr nach dem Rechten.

Der Drachenritter hob die abgeschlagenen Äste auf, ließ sich dabei von Jasper führen, der immer knapp neben diesen landete und auf sie mit seiner Pfote aufmerksam machte. Gerade war er dabei, das kleine Bündel an Feuerholz unter seinen Arm zu packen, als er sofort aufschreckte und sich aufrichtete. Er hatte seinen Namen gehört. Nirah? Es schwang keine Panik oder Angst in der Stimme, also... Gleich darauf erklang die Anweisung, dass er zurückkehren sollte und er atmete erleichtert aus. Ein belustigtes Schnaufen folgte. War er gerade wirklich so überrascht davon gewesen, aus ihrem Mund zur Abwechslung seinen richtigen Namen zu hören und kein ablehnendes Donnerschwinge? Er war zu angespannt.

Immer noch über sich amüsiert den Kopf schüttelnd, pfiff er leise seinen Gefährten zu sich, der ohne Umschweife auf seiner Schulter landete und begab sich langsam zur Höhle – und blieb abermals abrupt stehen. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken und sofort umklammerte er seine Waffe fester. Sein Blick fiel rechts von ihm zum Waldrand. Etwas beobachtete sie. Er spürte das unmissverständliche Brennen im Nacken. Auch Jasper gab ein drohendes Knurren von sich, weitete seine Flügel... und die Präsenz duckte sich, ging ein paar Schritte nach hinten und verschwand abermals. Notos Aufmerksamkeit ruhte noch für eine Weile auf dem Dickicht, bevor er sich wieder abwandte und zügig durch die zuvor erkundete Lichtung zu Nirahs Aura schritt. Bis ihn eine warnende Schmerzwelle an der Schulter erfasste. Erneut machte der Weißhaarige sofort Halt. Gab diesmal besser auf seinen Partner acht. Kopf tiefer? Achso!

Notos duckte sich so lange, bis die elektrischen Impulse verstummten und betrat vorsichtig die Höhle. Beinahe wäre er mit dem Kopf an die Decke gedonnert. Diesmal deutlich wachsamer verharrte er in der Nähe des Einganges. Nur kurz verstärkte sich sein Griff, als ihm der schwache metallische Geruch von Blut in die Nase stieg - bevor er sich daran erinnerte, dass die Heilerin ja einen Hasen bekommen und vermutlich inzwischen auch zubereitet hatte. Er verlor kein Wort darüber. Weder mit einer gespielt unwissenden Frage, woher sie das Tier hatte und er hakte erst recht nicht nach, ob für ihn und Jasper auch etwas übrig bleiben würde. Darauf hatte er kein Anrecht. Sie hatte erwähnt, dass sie sich noch ihr Abendessen jagen musste und er hatte Jasper darum gebeten. Aber es war ihr Geschenk und ob sie es teilen wollte oder nicht, war ihre Entscheidung. Es war zwar sicherlich nicht so, dass er keinen leeren Magen hatte, erst recht nach der kräftezehrenden Heilung... aber was wäre er für ein Ritter, wenn er zur Not nicht ein paar Tage hungern könnte?

Die restlichen essbaren Pflanzen auf dem Boden sah er nicht. Generell sah er nichts, außer Nirahs Aura... war da ein Hauch von violett dabei? Er kniff musternd die Augen zusammen. Er dachte, sie war nur eine Heilerin. Vielleicht hatte sie zu den Göttern gebetet? Für ihren Schutz oder was auch immer? Wenn er sich recht entsinnte, hatte sie ja vorher von einer heiligen Mutter gesprochen. Auch wenn er zu dieser Gottheit später Recherchen anstellen musste, der Name wollte ihm partout nichts sagen. Vielleicht irrte er sich aber auch. Zwar war er immer noch blind wie ein Fisch, aber die Zeit, die er hier verbracht hatte, zeigte bereits Spuren – er musste sich langsam stärker konzentrieren, um die Reichweite seines Radars aufrecht zu halten und Auren genauer zu betrachten.

Notos blieb erst ein wenig verunsichert mit dem Bündel an Feuerholz gekrümmt im Raum stehen. Er konnte die ungefähre Nähe zum Feuer abschätzen, wusste aber nicht, ob sich nicht weitere Objekte auf dem Boden befanden, auf die er besser nicht treten sollte. Erst als Jasper von seiner Schulter flog und mittels Schaben seiner Pfote auf eine geeignete Stelle am Boden aufmerksam machte, legte er dort sein Päckchen ab und lächelte seine Begleiterin an: „Danke, dass du mich darauf aufmerksam gemacht hast, dass es dunkler wird. Hätte ich glatt übersehen." Die Aussage war so aufrichtig wie witzelnd. In seinem momentanen Zustand hätte er den Anbruch der Nacht wirklich nur anhand der fallenden Temperaturen ausmachen können. Wobei es immer noch überraschend warm war.
Er war Kälteres gewohnt.

...

Er war Kälteres gewohnt. Jetzt wo er darüber in Ruhe nachdachte, war selbst die Kühle des Waldes deutlich wärmer als die eisige Witterung, die in Arcadia normalerweise herrschte. Seltsam. Vielleicht lag es ja wirklich nur daran, dass die Bäume die kühlen Winde abblockten. Wahrscheinlich.
Nachdenklich schweigend ließ sich der Weißhaarige nahe des Höhleneinganges nieder. Allzu tiefer wollte er sie nicht betreten. Er konnte sich hier keinesfalls richtig aufrichten, notfalls wollte er also keine weiten Strecken hinter sich bringen, falls er ihr Versteck abrupt verlassen oder verteidigen musste.

 

Für eine Weile herrschte Stille, als Notos seinen Kopf aufmerksam zum Waldrand gerichtet die Umgebung scannte. An die kalte Höhlenwand gelehnt und die Hellebarde griffbereit. Jasper war ihm erst beschützerisch nicht von der Seite gewichen, hatte die junge Frau mit zu Schlitzen verengten Augen misstrauisch beim Hantieren mit ihrem Dolch beobachtet. Dann glitt sein Blick zu dem Spieß mit dem Hasen und nach einer Weile begab er sich näher ans Feuer, hypnotisierte das Fleisch geradezu. Dann wandte er sich an die Heilerin, sah wieder zum Fleisch, dann wieder zur Heilerin – und stellte sich kurzerhand auf seine Hinterpfoten, während er mit der vorderen bittend wedelte. Notos ignorierte seinen Partner schmunzelnd, ehe er sanft lächelnd das Wort erhob. „Danke", meinte er knapp, aber aufrichtig. „Für vorhin und... generell alles." Ihre Heilung, ihre Führung... er hatte dazu keine großen Kommentare abgegeben, aber er wusste ihre Hilfe zu schätzen. Irgendwie würde er sich dafür später noch revanchieren. Denn so ungern er es zugab: Auch wenn er mit Jasper alleine klarkam, während seiner Blindheit eine sehende Person bei sich zu haben, bot auf jeden Fall einen großen Komfort für ihn.



Antworten Zuletzt bearbeitet am 02.07.2023 17:34.

Saphyr

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Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 23.08.2022 15:12

Nirah hörte bald schon die schweren, recht unbeholfenen Schritte, die das Näherkommen ihres Wegbegleiters ankündigten. Sie sah auf und beobachtete schmunzelnd, wie er sich durch das Gestrüpp kämpfte. Sein Gefährte thronte mit erhobenem Kopf, fast stolz auf seiner Schulter. Sie runzelte die Stirn. Er kam aus der falschen Richtung. Es sei denn, er war von seinem Standort, wo sie ihn gesehen hatte, einen großen Bogen gelaufen. Dann hätte er aber deutlich länger gebraucht.
Der Gedanke verschwand so schnell wie er gekommen war, als Notos umständlich versuchte, seinen Kopf ohne Schäden unter die tiefhängenden Äste des dichten Blätterdachs zu bekommen, welches den kreisförmigen, freien Bereich vor der Höhle beinahe wie ein Sichtschutz umsäumte. Sie gab ein leises, freies Lachen von sich. Das bisschen Zeit allein hatte wahre Wunder für ihre Laune gewirkt. Zwar kam die bloße Anwesenheit eines anderen Menschen schon einer Störung ihrer Ruhe gleich, doch noch wirkte die angenehme Entspannung des Zaubers nach. Es blieb zu hoffen, dass ihre zurückgewonnene Ausgeglichenheit nicht wieder von einem gewissen lästigen Mann mit einem Hang zu dummen Kommentaren zunichtegemacht wurde.

Und ...

Da waren sie wieder, die sarkastischen Sprüche. Ausnahmsweise blieb die Rückkehr eines leichten Ärgers aus, noch. Denn es war wohl wirklich nicht schlecht gewesen, ihn auf die Dunkelheit hinzuweisen. Außerdem ... Überrascht beäugte sie den Haufen aus trockenen Ästen, den Notos mitgebracht hatte.
"Sieh an, du hast dich doch nützlich gemacht." kommentierte sie. "Das Holz können wir gut gebrauchen. Auch wenn ich natürlich schon einiges gesammelt habe." Wie um ihre Aussage zu bestätigen, streckte sie sich zu dem Haufen, nahm zwei der Äste und platzierte sie im Feuer. Währenddessen hatte sich Notos an die Steinwand gelehnt, hinter der sich der Hohlraum befand, wo sie schlafen würden.

Nirah beendete die Säuberung ihrer Waffe und widmete sich wieder dem Essen. Das Fleisch war noch nicht ganz durch. Sie ließ den Blick über die Häufchen an Beeren und Wurzeln schweifen. Sie blieb bei einem kleinen Bund aus harmlos aussehenden, hellrosa Beeren hängen. Jeder wusste, dass man diese lieber nicht pur essen sollte. Sie waren nicht giftig, nur ...
Als Kind hatte sich Nirah einmal unbedarft gleich ein paar davon gleichzeitig in den Mund gesteckt. Sie war lautstark weinend zum Wasser gerannt und hatte ihren Kopf untergetaucht, um möglichst schnell jegliche Überreste herauszuwaschen. Das hatte es nur schlimmer gemacht. Sie hießen nicht umsonst Feuerbeeren.
Als sie vorhin im Gestrüpp herumgelaufen war, hatte sie einen Strauch davon entdeckt. Sie hatte einfach nicht widerstehen können, eine Handvoll mitzunehmen. Sie hatten sie geradezu angefleht, Gebrauch von ihnen zu machen. Notos würde ja nicht sehen, was er aß ... und Rache war bekanntlich süß. Oder in diesem Fall unangenehm brennend.

Plötzlich bemerkte Nirah den Katzenvogel, der auf einmal ihr und ihrem Abendessen gefährlich nahe gekommen war. Wieder lachte sie, als Sir Jasper sich auf seine Hinterpfoten setzte und aufrichtete. Gleichzeitig löste Nirah den Spieß aus seiner Position, um ihn weiter weg von seinem Maul zu bringen. Es war unverkennbar, worauf er es abgesehen hatte.
"Es ist noch nicht fertig. Es dauert noch ganz kurz." schmunzelte sie. "Aber ich habe etwas anderes für dich." Sie hob einen kleineren Spieß in die Hand, welcher bis dahin am Rande des Feuers gelegen hatte, damit er nicht völlig auskühlte. Nirah hatte die essbaren Innereien zusammen mit ein paar Kräutern für den Geschmack hintereinander auf den Stock gespießt und ebenfalls gebraten. Es wurde nichts weggeworfen, was noch verwertet werden konnte. Sie zog die kleinen Leckereien von dem Stock und legte sie vorsichtig vor Sir Jasper. So lebensmüde, dass sie es ihm aus der Hand anbot, war sie noch nicht. "Du kannst alles haben. Dein verdienter Anteil an der Beute." lächelte sie wissend.

Sie hob den Kopf und sah Notos einige Sekunden lang stumm an. Sein Dank klang ehrlich. "Keine Ursache, Donnerschwinge." gab sie ernst zurück. Sie meinte es ebenfalls ehrlich. Auch wenn sie seine Art nicht leiden konnte, ein Teil ihres Lebens war es anderen Menschen zu helfen. Selbst in solchen seltsamen Zusammentreffen, wie diesem hier. Nirah hatte getan, was richtig war. Mit einigen Sinneswechseln und der mehrmals aufgekommenen Überzeugung, Notos seinem Schicksal zu überlassen, aber immerhin.
Fast, aber nur fast tat es ihr leid, was sie vorhatte.
"Lass uns essen und dann bald schlafen gehen. Ich möchte nicht so spät los morgen. Und wir wollten uns auch noch austauschen, ein paar Fragen klären. Oder nicht?" Und dann, sobald sie im Dorf angekommen waren, hatte sie ihn endlich los.

Nirah erhob sich auf die Knie und füllte ihre Hände mit etwa der Hälfte ihrer gesammelten Essbarkeiten. Zusätzlich ließ sie eine, eine einzige der Feuerbeeren ebenfalls hineinfallen. Der Schmerz, den sie entfachen würde, sollte sich in Grenzen halten. Er würde schon nicht davon sterben. Nur eine kleine Warnung, dass man sich nicht mit ihr anlegen sollte.
Sie robbte auf den Knien um das Feuer herum zu Notos, der seine Hände immer noch verkrampft in der Nähe seiner Hellebarde liegen hatte. "Hast du Angst, dass wir angegriffen werden?", fragte sie. "Keine Sorge, ich habe dieses Mal ausführliche Vorkehrungen getroffen. Bis morgen sollten wir unsere Ruhe haben."
Sie zog eine seiner Hände auf und ließ die kleineren Beeren hineinrieseln. Neben ihn legte sie alles andere, was er sicherlich auch mit Blindheit finden könnte. Trotzdem zog sie seine freie Hand dorthin, um ihm die Position zu zeigen. "Bitte sehr. Damit du nicht verhungerst, bevor das Fleisch fertig ist."

Sie beförderte sich wieder auf ihren Platz und begann ebenfalls zu essen. Die restlichen Feuerbeeren legte sie weit weg von sich, damit sie sie nicht versehentlich selbst aß. Nirah behielt auch den Hasen im Auge, bis sie irgendwann entschied, dass er essbar war. Sie zog ihn vom Feuer, um ihn etwas abkühlen zu lassen. Da fiel ihr wieder ein, was sie noch hatte sagen wollen. Sie war sich inzwischen sicher, dass der Hase nicht wie ein Geschenk vom Himmel gefallen war, sondern Notos oder Sir Jaspers Werk war.
"Übrigens. Wenn du oder dein Partner das nächste Mal ein Tier erlegt, erweist ihm doch bitte den nötigen Respekt und werft es nicht einfach wie Abfall auf den Boden. Ich wäre fast draufgetreten. Das muss wirklich nicht sein." sagte sie mit belehrender Stimme, während sie Notos mit säuerlichem Blick fixierte.


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Antworten Zuletzt bearbeitet am 24.08.2022 12:46.

Zladune

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Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 24.08.2022 15:17

Notos hatte nur mit einem stummen Nicken auf Nirahs Kommentar zu dem mitgebrachten Feuerholz geantwortet. Generell war er überraschend ruhig und wortkarg, seitdem er wieder in der Anwesenheit seiner Heilerin war – von seiner witzelnden Aussage bezüglich der aufkommenden Dunkelheit mal abgesehen. Dafür war er viel zu konzentriert dabei, seinen Radar aufrecht zu halten und zu sehen, ob die dubiose Präsenz wieder auftauchte. Sie war vorhin so schnell verschwunden, dass er nicht mal erfassen konnte, ob es sich um Mensch, Tier oder eine andere Kreatur handelte...

Erst das Lachen seiner Begleiterin riss ihn aus seiner aufmerksamen Suche. Da versuchte wohl jemand mit seiner Niedlichkeit zu punkten... Unbewusst schlich sich ein warmes Lächeln auf seine Lippen. Die junge Frau wirkte deutlich entspannter, seitdem für eine nächtliche Unterkunft und Essen gesorgt war. Entfernt, sehr entfernt, erinnerte die Atmosphäre ihn an die Abende, die er mit anderen während Gruppenaufträgen verbracht hatte. Mit der Ausnahme, dass ihn diesmal niemand verpfeifen konnte, dass er sich öfter bei den Sternenkindern rumtummelte. Sonst hätte schon längst das ewige Sticheln angefangen, bis er schließlich irgendwann nachgeben und selber zu einem Lied anstimmen würde oder seine Flöte hervorzog. Was ihn daran erinnerte...

Mit seiner freien Hand griff er nach einem ganz bestimmten, unscheinbaren Beutel an seiner Seite, ließ aber auch sogleich von ihm ab, als er die ihm bekannten Konturen ertastete. Zum Glück hatte er sie nicht verloren. Vernon würde einen Herzanfall erleiden, wenn er sein Herzensblut, sein Kunstwerk, seine Ophelia verlieren würde. Notos konnte bereits die überdramatische, theatralische Stimme seines Freundes glasklar hören. Er verdrehte gutmütig die Augen, schüttelte sachte den Kopf und widmete sich lieber wieder seiner Wache.

Jasper hingegen war weitaus weniger wohlwollend gestimmt als sein Partner. Warum musste ihn die fremde Frau so auf die Folter spannen? Erst ließ sich der kleine Drache enttäuscht auf alle Viere nieder, als die Rothaarige den Spieß mit dem Hasen weg von ihm zog. Dann aber wiederum verkündete sie, dass sie etwas anderes hatte und das Federbündel verfolgte mit großen Augen haargenau jede einzelne ihrer Bewegungen. Misstrauisch machte er einen Satz nach hinten, als sich ihre Hand ihm näherte, bevor die Neugier siegte. In geduckter Haltung, die Fremde dabei weiterhin genaustens beobachtend, schlich er sich näher, schnupperte vorsichtig an dem gebratenen Fleisch – und setzte sich mit einem Mal auf, die Augen zu Schlitzen verzogen. Er strafte Nirah mit einem verurteilenden Blick, der wohl soviel sagen sollte wie: „Willst du mich vergiften, Frau!? Sieh mich an, ich bin hier klar am Verhungern und du legst mir dieses unbekannte Zeug vor? Ich wollte doch das Futter am anderen Spieß. Das, welches ganz klar besser schmeckt." Als seine stummen Proteste nicht schnell genug erhört wurden, trottete Jasper zu einem der größeren Stücke, nahm es vorsichtig ins Maul und trug es beleidigt in raschen Trippelschritten zu seinem Partner.


Notos spürte plötzlich ein Kratzen an seinem Bein. Und so wie es aussah, wollte sein Angreifer sich wohl bis an seine Schulter hochkraxeln. Leise lachend gebot er seinem Gefährten Einhalt. „Heyhey, du musst gar nicht erst versuchen, es mir unterzujubeln. Das wäre unhöflich, mein guter Sir. Sie hat es ganz klar dir angeboten." Er drückte das kleinere Wesen sanft von sich runter, stupste ihm dabei auf die Nase – und bekam prompt einen leichten elektrischen Schlag als Antwort. Da war wohl jemand eingeschnappt.... „Du bist zu wählerisch. Du hast es doch noch nicht mal probiert." Der Weißhaarige klang so gutmütig wie tadelnd. Als würde er mit einem kleinen Kind argumentieren. „Ich mach dir einen Vorschlag. Nimm doch erstmal einen Bissen und wenn es dir nachher immer noch nicht munden sollte, können wir immer noch tauschen." Jasper hörte augenblicklich mit seinen Versuchen auf, seinem Partner das Futter aufzuzwingen. Den Kopf schief gelegt, schien der Drache nachzudenken. Dann legte er seine Beute auf den Boden und nahm überaus vorsichtig einen winzig kleinen Bissen – und hielt inne. Wartete. Und schnappte sich das restliche Stück, trug es zum Eingang und ließ sich dort den Rücken zu ihnen gekehrt nieder. Wohl damit niemand mitbekam, dass er dieses Essen doch nicht so schrecklich fand, wie gedacht.

Notos schmunzelte kopfschüttelnd über das trotzige Verhalten, als Nirah abermals das Wort erhob. Essen fassen und dann Ruhezeit? Dann hätte er bis morgen Früh Zeit, sich zu entscheiden. Er gab ein ernster Nicken von sich. „Ich werde über Nacht hierbleiben", antwortete er knapp, aber bestimmt. An einen tiefen Schlaf war für ihn nicht zu denken, so verlockend es nach dem heutigen Tag auch klingen würde. Nicht, wenn sie hier war. Und was auch immer dort draußen lauerte.

Den blinden Blick immer noch fest auf den Waldrand gerichtet, lächelte er nur finster auf die darauffolgende Frage. „Wollen wir mal hoffen, dass dein Schutz auch für das Ding dort draußen gilt..." Doch in der Richtung, in die der Weißhaarige starrte, war nichts zu sehen. Nur ein Rascheln war zu hören, ein Ast wankte leicht hin und her. Der Wind nahm etwas zu.

Notos hatte Mühe, nicht sichtbar zusammenzuzucken, als die Heilerin ohne Vorwarnung seine Hand ergriff. Nicht nur, weil ihm plötzlicher, direkter Körperkontakt während seiner Blindheit immer noch nicht ganz behagte. Es war etwas in ihrer Aura gewesen. Ein ganz spezifische Gefühl, welches übergeschwappt war, als sie ihn berührt hatte. Intuitiv meldete sich eine warnende Vorahnung. Der Ritter starrte die junge Frau noch lange an, musterte sie und das Essen, auf welches sie ihn hingewiesen hat, misstrauisch. Was hatte sie vor? Hatte es etwas mit den Pflanzen und Beeren zu tun? Was wäre mit diesen möglich? Schlafmittel? Lähmung? Gift? Da kamen Erinnerungen auf... Bildern von ihm, wie er schweißgebadet im Bett lag. Durch seine Adern schien Feuer zu strömen, das Atmen war viel zu kräftezehrend. Angestrengt versuchte er sich bei Bewusstsein zu halten, seinen unfokussierten Blick auf die dunkle Gestalt vor seinem Nachtlager zu richten. Kühle Augen, die ihn streng beobachteten, die Arme kritisch verschränkt.

Der Weißhaarige atmete tief aus. Ruhig Blut. Sie war eine Heilerin. Zumal sie keinen Wert daraus ziehen konnte, ihn außer Gefecht zu setzen. Sie hatten ja noch Fragen, die sie morgen beantwortet haben wollte. Und außerdem... ein gewisser Teil von ihm war neugierig darauf, was sie geplant hatte. Was konnte schon schief gehen? Er hatte seine Wege, wie er mit Giften umging. Jasper war auch noch da. Es sei denn natürlich, in diesem seltsamen Gebiet hier gab es Mittel, von denen er nie gehört hatte. Von denen selbst der Silbermond vielleicht noch nie etwas gehört hat. Deren Wirkung noch in keinem Buch in der Bibliothek vermerkt sind.
...
Ach verdammt, er würde anbeißen. „Danke", gab er nach einiger Zeit des Zögerns von sich. Lächelte aufrichtig. „Es wäre wohl bei Weitem nicht jeder so gütig gewesen, sein Essen mit zwei Fremden zu teilen. Ich weiß es zu schätzen." Und er begann ebenfalls zu essen, wenngleich bedacht und immer nur in winzigen Häppchen. Bislang schien es wirklich nur einfache pflanzliche Kost zu sein. Hatte er sich geirrt?

Und erneut war es Nirah, die ein Gespräch anfing. Notos hielt in seinen Bewegungen inne, sah sie dezent verdutzt an. Jasper ignorierte die Anschuldigung völlig. Für den Drachen war der Hase einfach nur Beute gewesen. Und er selber war es nicht gewohnt, überhaupt jagen zu müssen. Aber für Mahlzeiten bedankte man sich doch bei den Göttern für ihre Gnade? Dann wiederum... warum eigentlich nicht? Es machte Sinn, sich auch bei dem Tier zu bedanken, das für ihre Bedürfnisse sein Leben lassen musste. Nur wie war wohl die Frage... „Ich bin mir nicht ganz sicher, wovon du redest", gab er zögernd und immer noch mit einem Hauch von Verwirrung zu. „Aber ich werde es versuchen?"

Zu mehr kam er nicht. Prompt verschluckte er sich und verfiel sichtlich überrascht in einen gereizten Hustenanfall. Scharf! Seine Kehle brannte wie Feuer. Doch... nach und nach wandelte sich der Husten in ein heiseres, herzliches Lachen. Sprach da die Erleichterung oder doch pure kindliche Freude? Notos wischte sich eine Träne weg – keine gute Idee. Ein wenig des Beerensaftes gelang in seine Augen und es tränte nur noch mehr. Doch der Ritter sah über dies äußerst amüsiert hinweg. Nun, ob er vor lauter Tränen in den Augen oder seiner Blindheit nichts sah, machte keinen großen Unterschied.

Zwischen ein paar Versuchen des Räusperns gelang ihm ein „Nicht schlecht. Fies, aber nicht schlecht". Belustigt schüttelte er den Kopf, schnappte etwas nach Luft und versuchte das Hüsteln zu unterbinden. Beinahe schon ausgelassen lehnte er sich wieder an die Wand, atmete tief durch, ehe er der Heilerin grinsend einen warmen Seitenblick zuwarf. „Ihr zwei würdet euch großartig verstehen."

Inzwischen befürchtete er nichts weiteres mehr von ihrer Seite, aß deutlich furchtloser auch den Rest der Beeren auf. Dann hielt er seiner Begleiterin seine freie Hand hin, fast schon bittend: „So wie ich dich einschätze, hast du irgendwo noch mehr versteckt?" Die Schärfe der Beeren wäre ein genial einfaches Mittel, um ihn wach zu halten! Außerdem... geröstet oder getrocknet zu einem Pulver verarbeitet, könnten sie eigentlich richtig gut schmecken. Er mochte scharfe Sachen. Und es gab vielleicht auch noch ein paar Personen zu Hause, denen er die Beeren auch mal unterjubeln sollte...

Auf einmal verstummte der Weißhaarige. Erneut meldete sich ein Brennen im Nacken. Doch diesmal wandte der Ritter dem Waldrand den Rücken zu, schien es zu ignorieren. Nur Jasper, der sich in der Zwischenzeit nach und nach alle Stücke seines Futters geklaut hat, hob bei dem kuriosen Verhalten seines Partners den Kopf, sah ihn mit schiefen Blick an. Der Weißhaarige hatte die Augen geschlossen, die Stirn irritiert in Falten gelegt. Nach einer Weile nickte er seinem Gefährten kaum wahrnehmbar zu, worauf dieser sich erhob und vor dem Höhleneingang in die Dunkelheit tauchte – und von seiner Präsenz war mit einem Mal nichts mehr zu spüren. Notos öffnete wieder die Augen, schwieg noch kurz nachdenklich, bevor er endlich nachhakte: „Sag, rein theoretisch gesehen natürlich: Wie wahrscheinlich ist es, dass uns dasselbe Tier von der Lichtung bis hierher verfolgt hat?"



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Saphyr

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Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 25.08.2022 15:32

Eher amüsiert als beleidigt hatte Nirah dem kleinen Wesen zugesehen, wie es mit sich gehadert hatte. Zugegeben, nach außen sahen die Stücke, die sie ihm angeboten hatte, möglicherweise weniger appetitlich aus als es war. Sie hatte es einfach nur wartend angesehen, davon überzeugt, es würde sich schon in Versuchung bringen lassen. Da hatte es sich prompt weggedreht, um Hilfe bei seinem menschlichen Begleiter zu suchen. Ein winziger Funken Achtung vor dem nervtötendem Mann durchzuckte sie. Nirah verachtete Menschen, die meinten es sich herausnehmen zu dürfen, Tiere wie minderwertige Wesen zu behandeln. Selbst unter den Stämmen gab es die ein oder anderen Person, die nicht vor abwertenden Kommentaren oder gar gewissenlosen Grausamkeiten zurückschreckte. Die meisten Menschen jedoch verhielten sich neutral. Es gab Tiere und tierische Wesen, sie existierten, dienten manchmal als Nahrung und damit hatte es sich. Und so sprach vielleicht nichts gegen ihren Charakter, aber es sprach auch rein gar nichts dafür.

Es war nicht zu übersehen, dass Notos zur dritten Kategorie gehörte: Die Art, die sich wohlwollend und mit bestimmter Sanftheit um ein solches Wesen kümmerte. Ja, sogar eine enge Bindung aufbauen konnte. Wer so rührend mit einer Kreatur wie Sir Jasper umging, hatte sich zumindest einen Teil von Nirahs Respekt verdient. 
Sofort überlegte sie, ob das hieß, dass sie aufspringen und sich einen See suchen musste. Sie schüttelte gedankenverloren den Kopf. Nein. Er war trotzdem unausstehlich. In allen anderen Aspekten wenigstens. Zufrieden bemerkte Nirah am Rande ihrer Wahrnehmung, dass sich Sir Jasper schließlich dazu entschlossen hatte, dem Ratschlag zu folgen und sein Geschenk anzunehmen. Irrte sie sich, oder fehlte inzwischen mehr als nur ein Stück?

Nirah quittierte Notos' Entscheidung, die Nacht über hier zu bleiben, mit einem knappen Nicken. Sie hatte gedacht, das wäre schon entschieden gewesen. Sonst hätte sie sich wohl kaum die Mühe machen müssen, ihn durch den Wald zu schleifen und ein Nachtlager vorzubereiten. Wo sollte er denn sonst hin? Sie stolperte noch einmal über seine Wortwahl. Der Anflug von Verstehen drängte sich in ihr Bewusstsein, wurde aber hinfort geweht von dem Gefühl, ihre Fähigkeiten hervorheben zu müssen.
"Ich habe vorhin ein ausführliches Ritual durchgeführt. Wenn da draußen etwas ist, das die Barriere überwinden kann, sollten wir uns wirklich große Sorgen machen. Ich bezweifle es aber." beruhigte sie ihn. Wie viele Nächte war sie alleine durch die Wälder gestreift, völlig auf sich alleine gestellt? Sie hatte sich immer auf ihre Zauber, die Gewandtheit, mit der sie sich fortbewegte und ihre Intuition verlassen können. Der Wald war gefährlich, sicherlich. Aber Nirah hatte ihn nie als Feind betrachtet. Sie war genauso ein Teil davon, wie jeder Hase, jeder Wolf und ja ... auch jedes Monster. 

Seit sie ihm die Beeren in die Hand gedrückt hatte, beobachtete sie Notos aufmerksamer. Etwas frustriert hatte sie gesehen, wie er gezögert hatte. Kurz befürchtete sie, sich irgendwie verraten zu haben. Doch dann hatte er sich langsam doch an das Essen gewagt. Es musste wohl allgemeines Misstrauen gegenüber Fremden sein. Berechtigtes Misstrauen. Nirah kannte so einige Pflanzen, die ihm einen langsamen, qualvollen Tod beschert hätten. 
Sie schüttelte den Kopf, als er sich bedankte. "Ich habe extra für euch beide mitgesammelt. Es ist egal, ob du ein Fremder bist. Solange wir gemeinsam reisen und du nicht versuchst mich umzubringen, werden die Vorräte geteilt." sprach sie die simple Selbstverständlichkeit aus, mit der ihr Volk Nahrung und Schutz untereinander austauschte. Auf Reisen oder in Zeiten der Not konnte man es sich nicht leisten, kleinlich zu sein. Jederzeit könnte etwas Unvorhergesehenes geschehen und denjenigen in Gefahr bringen, der unbeachtet geblieben war. Zudem war das, was Nirah aus der Natur genommen hatte, nicht ihr Besitz. Es war nur geliehen. 

"Ich rede davon, dass wir in einem ewigen Kreislauf leben. Was wir nehmen, müssen wir auch zurückgeben. Sonst ist das Gleichgewicht gestört. Wenn du für deine eigenen Bedürfnisse tötest, ist das keine Trivialität. Du beanspruchst das Leben eines Tieres, einer Kreatur, die genauso eine Seele hat wie du. Reißt es aus dem ihm vorbestimmten Weg. Das mindeste, was du tun kannst, ist dieses Opfer mit aller Demut, die du aufbringen kannst, zu würdigen. Du kannst seiner Seele den rechten Weg auf seiner Reise zur heiligen Mutter weisen, indem du ..."
Nirah bemerkte, dass sie sich in ihren Überzeugungen verrannte und dass ein Außenstehender ihren Worten wohl kaum folgen konnte. Und wahrscheinlich hatte sie auch nicht von vorne angefangen. Sie kam nicht mehr dazu, Notos noch weiter zu unterrichten, denn der fing plötzlich an zu husten als würde er ersticken. 

Unwillkürlich ließ sich Nirah von seinem darauffolgenden Lachen mitreißen. Sie gab ein helles Lachen von sich, ehe sie sich besann, dass das nicht die Reaktion war, die sie sich erhofft hatte. Sie verzog das Gesicht, als er ihr seine Anerkennung über ihren Streich aussprach. "Nächstes Mal überlege ich mir etwas, das dich nicht zum Lachen bringt. Wie wäre es mit Gift ..." grummelte sie. War das überhaupt möglich? Er schien ja so gut wie alles amüsant zu finden.
Nächstes Mal. Nirah schüttelte wieder den Kopf, wie um einen lästigen Gedanken loszuwerden. Es würde kein nächstes Mal geben. 
"Mit wem würde ich mich gut verstehen?", fragte sie ebenso misstrauisch wie neugierig. Und wieso sah Notos sie so seltsam an, als wären sie so etwas wie Freunde? Eine überaus abwegige Vorstellung. Der Fremde hatte ganz eindeutig noch nicht erkannt, wie wenig Nirah von ihm hielt. Normalerweise blieben die Menschen auf Abstand, sobald sie ihnen ihr Temperament und ihre eindeutige Ablehnung zeigte. Genau so, wie es ihr recht war. 

Etwas verwirrt, aber noch immer leicht verstimmt, dass ihre Rache ihn zu wenig getroffen hatte, betrachtete sie seine Hand und ließ schließlich wortlos die restlichen Feuerbeeren hineinfallen. Was wollte er denn damit? 
Nirah fragte gar nicht erst und begann sich über das Fleisch herzumachen. Sie hatte Hunger nach diesem langen Tag. Sie war gerade dabei es auseinanderzuziehen, sodass sie auch das aufteilen konnten, als sie bemerkte, dass Sir Jasper auf Notos' Nicken hin in die Dunkelheit ging. Und da blieb. Sie sah Notos an.
"Wenn uns tatsächlich etwas verfolgt hat, dann kein einfaches Tier." gab sie zu bedenken. "Wie kommst du darauf, dass uns etwas verfolgt?", fragte sie besorgt. Sie hatte keine Warnung gespürt, die sie überkam, wenn Gefahr drohte. Das hieß aber nicht, dass da nichts war. Nur, dass es seinen Angriff nicht auf sie abgesehen hatte. Kurz schloss sie die Augen, um ihre Sinne auszustrecken. 
"Da ist auf jeden Fall etwas ..." meinte sie leise. Nicht in unmittelbarer Nähe. Aber seine Präsenz war seltsam. Als würden die Magieströme nicht nur um es herum wabern, sondern an ihm haften. So wie auch Nirah sich verbarg, wenn sie unterwegs war. Doch da war es und es hatte eindeutig seine Aufmerksamkeit auf ihr Lager gerichtet. 
"Und wenn es uns immer noch beobachtet, durch den Schutzzuber hindurch … Bitte sag nicht, es ist wieder dieser verdammte Wolf. Von dem habe ich wirklich genug ..." murmelte sie. 

Unvermittelt stand Nirah auf, gab Notos das Fleisch und griff nach ihrem Bogen, der neben ihr gelegen hatte. "Ich gehe nachschauen." entschied sie. Sie hatte schon einen Schleier um sich herum gelegt. "Bleib ... Bleib einfach hier. Ich bin gleich wieder da."
Damit verließ sie den kleinen Lagerplatz. Als die Dunkelheit sie umfing, benötigten ihre Augen einen Moment Zeit, bis sie wieder die Konturen ihrer Umgebung wahrnehmen konnte. Sie half sich aus, indem sie auch ihre Magiewahrnehmung nutzte, um sich besser orientieren zu können. Sir Jasper sah sie nicht, dafür etwas anderes. Schimmerndes Blau. 
Sie bewegte sich ein paar Schritte in die Richtung. Es musste der Wolf sein!
Nirah bemerkte, dass der Schein des Lagerfeuers immer kleiner wurde und sie nicht sehr viel weiter gehen sollte. Die Augen starrten sie an. Und verschwanden. Auf einmal überkam Nirah eine Welle von äußerstem Unbehagen. Ein warmer Hauch streifte ihren Nacken.

Sie fuhr herum, kampfbereit. Etwas stand direkt vor ihr. Zuerst dachte sie, es war der Wolf. Das Wesen hatte Fell. Allerdings überragte es sie und war massiger als der Wolf, den sie gesehen hatte. Etwas blitzte in der Dunkelheit auf. Fangzähne. Und seine Augen leuchteten ... rot. 
Nirah wich, ihre Waffe fest in der Hand, dem ersten Angriff gerade so aus. Allerdings verlor sie das Gleichgewicht und den Bogen. Sie konnte gerade noch so den Dolch in die Hand nehmen. Sie stieß erst einen gellenden Hilfeschrei aus, als sie am Boden lag und das Wesen erneut ansetzte, sich auf sie zu stürzen.


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Antworten Zuletzt bearbeitet am 25.08.2022 15:34.
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