Wir werden unterstützt von:


The Headwinds - Handlung

Erste Seite  |  «  |  1  ...  8  |  9  |  10  |  11  |  12  ...  16  |  »  |  Letzte [ Nach unten  |  Zum letzten Beitrag  |  Thema abonnieren  |  Neueste Beiträge zuerst ]


Zladune

26, Weiblich

  11. Ghostwriter

Neuling

Beiträge: 1004

Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 19.07.2023 17:25

Es half nicht. Egal wie oft er versuchte, seine Gedanken in den Gewässern des Sees zu ertränken. Die Kälte um ihn rum schenkte ihm weder die erwünschte Betäubung noch schaffte sie es, seinen Kopf zu klären. Es gab einfach keine Erklärung für sein Verhalten. Es einfach auf seinen wirren, noch von den Nachwirkungen des Giftes beeinflussten Zustand zu schieben, klang verlockend...aber machte diese Erklärung dadurch auch nicht wahr.

Mit der Zeit gab Notos auf, sich einen Reim aus allem zu machen. Nahm es einfach hin und machte es sich lieber zur Aufgabe, seinem ursprünglichen Vorhaben nachzugehen. Wie Nirah ebenfalls schon gemeint hatte: Nach der Nacht – und der vorherigen Trainingsstunde – war ein Bad dringend nötig. Und es war einfacher, dabei erstmal jegliche ungewollten Gefühle zu unterdrücken. Sie nach und nach vom Wasser davontragen zu lassen. Es funktionierte mit der Zeit. Das unterschwellig nistende Unverständnis über...alles was eben vorgefallen war schwand allmählich. Die nachklingende Wärme, die von seiner Mitte aus in seinen gesamten Körper strahlte, würde dies bestimmt auch bald tun.

Nach und nach nahm seine Miene einen friedlicheren Ausdruck an. Die Ansätze eines zufriedenen Lächelns schlichen sich auf sein Gesicht. Er hatte fast vergessen, wie sehr er es vermisst hatte. Sich einfach treiben zu lassen. Gedankenlos. Nur das sanfte Wiegen des Wassers zu spüren, das sich an seinen Körper schmiegte. Er hätte sich gewünscht, es länger genießen zu können.

Ein schweres Seufzen entkam ihm, kaum dass Nirahs Stimme diesen zarten, zerbrechlichen Moment der Ruhe zerstörte. Der Ton einen kleinen Tick zu hoch und schrill, als dass er sie einfach ignorieren könnte. Die Heilerin musste auf ihrem letzten Geduldsfaden balancieren. Wenn sie sogar schon so weit ging und seinen Gefährten in ihrer Aufgebrachtheit lediglich als Vogel bezeichnete...

Jasper, der sein Gemüt eigentlich mittlerweile fast wieder in den Griff bekommen hatte, quittierte diese neue Bezeichnung für ihn mürrisch knurrend mit einem erbosten Aufplustern seiner Feder. Es fehlte nicht viel und ihm wäre dazu noch ein drohendes Fauchen entkommen. Dieses ließ er allerdings stattdessen dann seinem Partner zukommen, als dieser aus dem Wasser stieg und auf ihn zukam. Immer noch triefend nass. Und ihm bedrohlich nahe. Als Notos nicht auf seine Warnungen reagierte, war es nun der gefiederte Drache, der Schritt für Schritt zurückwich, dabei weiterhin ein möglichst einschüchterndes Brummen zum Besten gab. Beinahe wäre ihm seine Drachenpräsenz rausgerutscht, bevor er sich eines Besseren besann und lieber zur Flucht überging. Eine Entscheidung, die zu spät kam. Jasper schaffte es kaum sich umzudrehen und die Flügel zu spreizen, da wurde er bereits sanft, aber bestimmt gepackt und den nassen Oberkörper seines Partners gedrückt. Anfangs zappelte er noch, wand sich in den Armen, die ihn gefangen hielten. Doch es gab kein Entkommen vor Notos' Klammergriff.

Mit einer Hand seinen Gefährten gefangen haltend, zog Notos sich mit der anderen schnell wieder seine Stiefel an. Ignorierte dabei die kleinen Zähnchen, die sich in seine Haut gruben. Nicht mit genug Druck, um Blut fließen zu lassen. Aber genug, um immer wieder ein warnendes Kribbeln in seinen Muskeln spüren zu können. „Geduld, mein Lieber. Ich lass dich bei den Hütten wieder los". Leise, beschwichtigende Worte. Nicht laut genug, um wirklich die Aufmerksamkeit seiner Begleiterin zu erlangen. Wobei fraglich war, ob sie ihn überhaupt in irgendeiner Form beachten würde.

Aus dem Augenwinkel beobachtete er die Heilerin dabei, wie sie den Korb wieder zusammenpackte. Dabei das Messer mit einem schwer zu missdeutenden Anflug von rabiatem Frust verstaute. Automatisch zog Notos bei diesem Anblick den Kopf ein. Seufzte abermals. Und ging dann ohne Rücksicht auf jegliche Gefahr direkt auf Nirah zu. Wenige Schritte trennten sie voneinander, als Notos stehen blieb, den Blickkontakt zu ihr dabei strengstens vermied. Zu ihr und der Kleidung, die klitschnass wie sie war, sich weiterhin an ihren Körper presste. Wortlos ergriff er seine Hellebarde, die weiterhin im sandigen Untergrund steckte – der einzige Grund, warum er auf so eine törichte Idee kam, seine Begleiterin mit seiner Nähe noch weiter zu reizen. Was er nicht noch länger tun sollte.

Notos war im Inbegriff, sich wieder umzudrehen. Haderte dann jedoch. Und suchte dann entgegen jeder Vernunft den Blickkontakt auf. Erwiderte den flammenden Zorn mit einer schwer zu durchbrechenden Ruhe. „Ich bin zu weit gegangen. Verzeih mir." Entschuldigend senkte er den Kopf. ...Sollte er noch etwas hinzufügen oder lieber gleich gehen?

Es wird nicht wieder vorkommen. Ja, das wäre wohl das, was er noch sagen sollte. Notos hob abermals den Blick – und konnte sich nicht dazu bringen, diesen Satz über seine Lippen zu bringen. Nicht wenn... seine Augen streiften die zarten, hellblauen Farbtupfen in ihren Haaren. Das warme Lächeln zierte auf einmal wie von selbst seine Miene. „Selbst wenn ich es wieder tun würde."

Dieses Mal ließ Notos keinen weiteren Moment verstreichen, bevor er die Distanz zwischen ihnen aufsuchte. Er schnappte sich im Vorbeigehen nur noch den inzwischen leeren Eimer, blieb kurz kopfschüttelnd stehen, als ihn sein Körper für diese schnelle Bewegung mit einem Anflug von Benommenheit strafte – er hoffte wirklich, dass sich diese Empfindlichkeit bis morgen wieder legen würde – und entfernte sich letztendlich als erster vom See.

Jasper ließ er wie versprochen frei, sobald die Hütten in sein Sichtfeld traten. Sein Partner hatte an irgendeinem Punkt sein Schicksal akzeptiert und den Widerstand aufgegeben. Kaum dass sich ihm diese Chance bot, war der Drache aber bereits auch wieder mit einem Sprung in dichten Grün verschwunden. Nicht ohne seinen Arm mit ein paar weiteren Kratzern zu verzieren. Jedoch blieb sein Federbündel weiterhin in der unmittelbaren Nähe, wie seine Präsenz verriet. Notos tat das Verhalten seines Partners mit einem Schmunzeln ab, bevor er seine Hütte anpeilte. Haderte dann gewohnheitsbedingt, als er feststellte, dass die Tür zu seinem Zimmer sperrangelweit offenstand. Betrat es dann aber trotzdem, selbst wenn er es nicht unterlassen konnte, den Griff um seine Waffe zu verstärken. Wenig später bewahrheitete sich seine Vermutung, dass Nirah in der Zwischenzeit einfach wieder hier gewesen war. Die zusammengeknüllte, frische Bekleidung im Schrank sprach zumindest dafür. Er schenkte dieser keine weitere Beachtung, schnappte sich stattdessen zielsicher seine eigene Montur, bevor er den Raum wieder verließ. Seine Hellebarde nahm er dieses Mal jedoch nicht wieder mit.

Als Notos nur wenige Augenblicke später wieder am Feuerplatz saß, war er zur Hälfte wieder in den Farben seines Ordens gekleidet. Sein Hemd und der Rest seiner Montur lag fein säuberlich neben ihm auf der Bank. Und in seinem Schoss – der noch nicht fertige Windtänzer. Mittlerweile kannte er Nirah gut genug, um zu ahnen, dass sie sich nach dem vorherigen...Vorfall nicht sofort zu ihm begeben würde. Allerdings wusste er auch, dass sie stur genug war, um ihre kleine Abmachung deswegen nicht in den Wind zu schlagen. Also würde er ihr einfach die Möglichkeit geben, selbst den Zeitpunkt zu wählen, an dem sie wieder bereit war, mit ihm zu sprechen. Hoffentlich würde sie sich bis dahin wieder etwas beruhigt haben.

Bis dahin...schenkte er der Heilerin nicht mehr Beachtung als nötig. Zwar nahm er ihre Präsenz wahr, verriet dies aber nicht mit der winzigsten Regung. Lediglich als sie sich schlussendlich doch dazu aufraffen konnte, sich dem Feuer zu nähern, entkam ihm ein kleines Schmunzeln. Seinen Blick hob er aber nicht sofort an, arbeitete einfach still weiter. Bevor sie aber auch nur einen Satz verlauten lassen konnte, kam er ihr zuvor. „Ich dachte, du wolltest dir vielleicht noch meine Verletzung mal selbst ansehen.", gab er ihr eine Antwort auf die unausgesprochene Frage, warum sich nicht vollständig angezogen hatte. Waren die Verbände nicht schon seit der Trainingsstunde vollkommen verrutscht, so hatte sein Badegang ihnen den Rest gegeben. Dennoch...er hatte es nicht gewagt, sie zu entfernen oder anderweitig anzufassen. Erfahrungen haben ihn gelehrt, dass es besser war, nicht unnötig den Zorn von Heilern auf sich zu ziehen. Selbst wenn er wirklich gut darin war, diese Erfahrungen zu missachten.



Antworten Zuletzt bearbeitet am 16.08.2023 22:51.

Saphyr

26, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Eventmanager

Neuling

Beiträge: 1006

Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 07.08.2023 21:41

Nur halb beobachtete Nirah wie Notos zurückkam und kurz darauf seinen Begleiter einfing. Nein, sie vermied so gut wie möglich jeden Blick in seine Richtung. Sobald die Gefahr eines verärgerten Klauenangriffs gebannt war, watete sie aus dem Wasser, beinahe an dem Korb und seinem Inhalt vorbei. Abrupt hielt sie an, wandte sich ruckartig um und bückte sich, um das mitgebrachte Geschirr einzusammeln. Oder eher, um es rücksichtslos in den Behälter zu werfen. Schließlich umfasste sie den Griff des kleinen Messers fest und schleuderte es mit der Klinge voran zu dem restlichen Kram. Etwas knackte.
Sie bemerkte, wie Notos auf sie zu ging, krallte ihre Finger automatisch um den Korbgriff und hielt ihn schützend vor sich. Mit warnendem Blick bedachte sie sein Näherkommen. Blieb dabei wie erstarrt stehen. Aber er griff nur nach seiner Waffe, die unweit von ihr entfernt im Boden steckte. Er sagte nichts, sah sie gar nicht an. Nirah entspannte sich ein wenig, bis er sich unvermittelt doch an sie wandte. 

Eine Entschuldigung war nicht das, womit sie gerechnet hatte. Verärgert nach Luft schnappend suchte sie nach Worten, war sich jedoch nicht sicher, was sie sagen wollte. Sie hang irgendwo zwischen wütend untermalter Anklage, Drohungen und der Frage, ob sie die Entschuldigung überhaupt annehmen wollte. 
Selbst wenn ich es wieder tun würde. Nirah quittierte die Aussage mit einem lauten Zähneknirschen und einem unheilvollen Ausdruck im Gesicht, der jeden Moment zu entgleisen drohte. Noch viel schlimmer als das war Notos' selbstgefällige Lächeln. Und ob er zu weit gegangen war. Eine Entschuldigung? Ha. Wohl kaum. Nirah setzte dazu an, den Krieger anzufahren, der war allerdings schon auf der Flucht. Schnaubend verharrte sie einige Momente auf der Stelle. Oh, er wusste ganz genau, was ihn erwartet hätte. 

Mit großem Abstand stapfte Nirah zu den Hütten. Ihre Kleidung hing schwer an ihr und sie tropfte bei jedem Schritt. Bei ihrer Unterkunft angekommen, suchte sie sofort ihr Zimmer auf und schälte sich aus dem nassen Stoff. Gut, dass sie vorhin einen Stapel frischer Kleidung mitgenommen hatte. Trocken und leicht zitternd marschierte sie aus der Hütte, entdeckte Notos seelenruhig am Feuerplatz sitzend, machte auf der Stelle kehrt und schlug die entgegengesetzte Richtung ein. Wieso musste er ausgerechnet jetzt entscheiden, seine Zeit hier zu verbringen? 
Ehe sie sich versah, hatten ihre Füße sie zwischen die Bäume geführt. Weg von den Hütten, weg von Notos und Sir Jasper. Am liebsten hätte sie einen großen Spaziergang gemacht. Einen sehr großen. Weit, weit weg. Sie saß bereits in ihrer eigenen Behausung, als sie die Erkenntnis überrollte, dass sie ihren Patienten trotz allem nicht völlig allein lassen sollte. Frustriert warf sie die Lederstiefel wieder in eine Ecke, die sie sich gerade hatte anziehen wollen. Seufzte in die Stille hinein. Schnappte sich einen kleinen Teil ihrer Ausrüstung und eilte hinaus. 

Wenig später tauchte sie wortlos beim Heilerquartier auf, wo Notos weiterhin herumsaß. Nirah ignorierte ihn, als sie an ihm vorbeilief. Sie war immernoch gekleidet wie zuvor, bis auf einen halboffenen Handschuh aus dünnem Leder und einer Manschette am Arm. An ihrem Gürtel baumelte ein Köcher mit fünf Pfeilen und in der Hand trug sie den Bogen. Soweit abseits wie möglich fand sie eine freie Fläche, die den Blick auf einen alleinstehenden Baum und - gerade noch so - auch auf Notos bot. 
Nirah spannte die Sehne, nahm Position ein und begann mit ihrem Training. Das sollte sie ohnehin nicht vernachlässigen und war der perfekte Vorwand, um auf Abstand bleiben zu können. Zuerst übte sie ohne Pfeile. Sie zog die Sehne auf Anschlag. Hielt den Zug bis es wehtat. Gab langsam nach, zurück zur Ausgangsposition. Kurze Pause. Dann wieder von vorne. Zwischendurch wechselte sie die Seite. Ihr linker Arm brannte schneller von der Anstrengung. Aber wie sagte man so schön? Ein Bogenschütze sollte mit beiden Armen schießen können. Selbst wenn sie es unterwegs nicht tat. Der Ausgleich war wichtig. Nach der ersten Einheit pausierte sie ein wenig länger, dehnte sich. Dann ging es weiter mit einer anderen Übung. Halber Zug, voller Zug, kurz halten und von vorne. Wechsel auf den anderen Arm. Solange, bis ihre Muskeln protestierten. Beide Arme fühlten sich bereits schwer an, als Nirah den ersten Pfeil anlegte. Sie suchte sich drei markante Stellen an dem Baum auf ihrer Sichtlinie aus und schoss auf diese. Anfangs landeten nur wenige Pfeile zwei Finger breit entfernt von den auserkorenen Zielen. Nach einiger Zeit - Nirah hatte aufgehört zu zählen, wie oft sie nach vorne gelaufen war, um die Pfeile einzusammeln - flog einer knapp am Stamm vorbei. Das war der Moment als sie den Bogen sinken ließ. Alles brannte. Erschöpft trottete sie ins Dickicht, um das verloren gegangene Geschoss zu finden und den Rest aus dem Holz zu ziehen. Der Baumstamm sah ein wenig mitgenommen aus.

Sie sah sich zum ersten Mal seit Beginn des Trainings nach Notos um. Der saß leider immernoch an Ort und Stelle. Also entspannte sie mit langsamen Bewegungen den Bogen und setzte sich an den Fuß des Baumes. Sie widmete die Meditation ihm. Alles war besser, als zurückzugehen. Aber bald schon machte sich eine hartnäckige Erschöpfung in ihr breit. Ihre ohnehin schwindende Konzentration bröckelte. Als sich zusätzlich der Hunger meldete, fand Nirah keine Ausreden mehr, um sich fernzuhalten. Immerhin war Notos' nach wie vor ihr Patient und es galt eine Abmachung zum Ende zu führen. Inzwischen war sie ruhig geworden. Die Anstrengung hatte die gewünschte Entspannung mit sich gebracht, wenngleich ein Teil der Verwirrung, über das vorhin einfach nicht weichen wollte.
Nachdem sie zur Hütte zurückgekehrt war und ihre Ausrüstung verstaut hatte, schleifte Nirah sich regelrecht zum Feuerplatz. Sagte nichts. Statt Notos sah sie den Boden an, nein starrte ihn an. Ein einzelner Pfotenabdruck befand sich auf der Erde vor ihm. Eine Wolfspfote. Wie...?

Da erhob er das Wort. Sofort beäugte sie die Notos' Verbände und zog augenblicklich kritisch die Brauen nach oben. Viel gebracht hatten sie wohl nicht mehr nach dem Bad, dachte sie. Warum auch immer er sie nicht abgenommen hatte. Mit ein paar Änderungen wäre er vielleicht ein vorbildlicher Patient. "Schön." murrte sie. "Lass mich sehen." Nirah ließ ihn auf der Bank sitzen, bat ihn lediglich darum, den Windtänzer zur Seite zu legen. Kommentiere seinen Fortschritt daran nicht. Vorsichtig löste sie die Verbände dort, wo sie an Notos' Haut klebten, zum größten Teil fielen sie von allein ab. Kurz darauf hatte sie die gesamte Bahn aufgerollt und wieder einmal freien Blick auf Notos' Oberkörper. Dieses Mal ignorierte sie die Tätowierungen so gut es ging, presste lediglich die Lippen aufeinander und inspizierte den relevanten Teil.
Die Verletzung an seiner Seite war geschlossen und sah aus, als würde sie gut verheilen. Wichtiger war jedoch, dass die verästelten dunklen Adern sich zurückgezogen hatten. Ihre Farbe war verblasst und sie nahmen eine geringere Fläche ein. Die seltsame Vergiftung löste sich offensichtlich auf. "Es sieht gut aus", murmelte sie, während sie ihn untersuchte. "Sehr gut. Kein Vergleich." 
Schließlich trat sie einen Schritt zurück, erwischte sich dabei, wie sie erleichtert ausatmete und sah Notos an. "Ein wenig solltest du dich noch schonen. Aber ich denke ein leichtes Training, kombiniert mit ausreichend Wasser und Schlaf ist in Ordnung. Die Bewegung kann helfen. Nur nicht zu viel." stellte sie fest. "Ich werde jedenfalls nichts mehr daran machen. Wobei Salbe sicher nicht schadet. Ich gebe dir welche später." 

Dann zögerte sie. "Ich will Antworten, Donnerschwinge. Die schuldest du mir ... bevor du gehst." sagte sie. "Ich will wissen, wie deine Magie funktioniert. Ich meine, du bist fast an dieser seltsamen Magie gestorben. Was mit deinen Augen los ist. Und den leuchtenden Tätowierungen." Sie warf nun doch einen verstohlenen Blick zu dem Vogel auf seiner Brust, der in der anbrechenden Dämmerung unscheinbar wirkte.
"Beim Abendessen, ja?" Ihre Stimme war leise, fast vorsichtig. Als wüsste sie nicht, wie sie sich verhalten sollte. Sie deutete auf den Topf auf dem Gestell. "Wir brauchen Feuer."


Möge das Chaos mit uns sein!
persönliches Chaosarchiv - klick
(=Schreibproben / öffentliche Rollenspiele / Ideensammlung)

Musik des Ordens - klick


Antworten Zuletzt bearbeitet am 29.08.2023 19:49.

Zladune

26, Weiblich

  11. Ghostwriter

Neuling

Beiträge: 1004

Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 18.08.2023 00:00

Die Auszeit hatte ihr gutgetan. Als Nirah wieder zu ihm stieß, wirkte sie deutlich ruhiger. Oder ausgelaugt, das traf es eher. Notos hatte ihre Trainingsstunde mitbekommen. Hatte immer wieder das charakteristische Rauschen der Pfeile gehört, dicht gefolgt von einem dumpfen Ton, als diese ihr Ziel trafen. Ein Teil von ihm hätte sie dabei gerne näher beobachtet oder sogar mitgemacht, wenn sie dies erlaubt hätte. Doch seine Vernunft sprach dagegen. Was sie davor und danach gemacht hatte, das wusste er jedoch nicht. Es war auch unwichtig. Hauptsache, seine Heilerin war weniger aufgebracht, sondern einfach nur genauso mürrisch wie gewohnt. So wie er sie kannte und mochte.

Notos forderte ihre noch vergleichsweise milde Laune diesmal nicht heraus. Gehorsam befolgte er jeden Befehl, legte den Windtänzer zur Seite, den er mittlerweile fast fertiggestellt hatte, und ließ Nirah arbeiten. Als sie ihm ihr letztes Urteil über seine Verletzung mitteilte, kommentierte er dies mit einem zufriedenen Schmunzeln. Die offensichtliche Erleichterung in ihrer Stimme war ihm nicht entgangen. Anscheinend hatte sie sich wirklich aufrichtig Sorgen um ihn gemacht. So besorgniserregend wie lieb zugleich. Doch er teilte ihre Gefühle in dieser Hinsicht. Dieses spezifische Gift war tückisch und gefährlich. Es fast aus seinem Körper verbannt zu haben, schenkte ihm ein ruhigeres Gewissen – insbesondere vor seiner Reise.

Als Nirah erneut das Wort anhob, hatte Notos seine Hand bereits nach seinem Hemd ausgestreckt. Nun jedoch hielt er inne und musterte die Heilerin lange. Dann zog er seine Hand zurück, nickte dabei bedächtig: „Natürlich. So war es abgemacht." Sein Blick schweifte zur ausgebrannten Feuerstelle. Mit einem schwachen Lächeln richtete er sich auf, wandte sich bereits in Richtung des Holzstapels neben den Hütten. „Wenn du Zunder holst, bringe ich Brennholz und mache Feuer. Ist ein guter Zeitpunkt, um die einfachste deiner Fragen zu klären."

Es dauerte nicht lange, bis alles vorbereitet war. Statt jedoch zu einem Feuerstein zu greifen, hielt Notos direkt eine Hand über ein paar Äste und kleinere Baumrindestücke, die aus dem aufgerichteten Holzgestell ragten. „Also, die Tätowierungen..." Er zögerte. Mit einer fahrigen Bewegung strich er sich beiläufig über die Brust. Er hatte vorhin Nirahs Blick zu dem Bildnis des Vogels, das die Gegend nahe seines Herzen zierte, sehr wohl bemerkt. Und immer noch schickte die bloße Erinnerung an den gestrigen Vorfall einen frostigen Schauer durch seinen ganzen Körper.

„Am besten wirst du es wohl an der größeren Tätowierung am Rücken sehen können", gab er bemüht gutmütig von sich. Gleichzeitig beugte er sich etwas vor, um eine Sicht auf seine andere Tätowierung vor Nirah mehr verbergen zu können. Es würde ihm in die Karten spielen, wenn sie ihn nicht von vorne beobachten würde. Sie musste nicht alles sehen.

Das schwache Pulsieren an seinem Rücken machte sich beinahe zeitgleich mit dem hellen Flackern der Flammen um seine Fingerspitzen bemerkbar. Notos ließ die Energie äußerst kontrolliert und in winzigen Mengen durch seinen Körper strömen. Es reichte jedoch aus, um die normalerweise kaum sichtbaren, goldgelben Flügelkonturen des Vogels auf seinem Rücken in einem warmen Schimmer aufglimmen zu lassen – ein starker Kontrast zu den restlichen tiefblauen Umrissen und den farbig angehauchten Schweiffedern, die von den flammenden Energieströmen kaum beeinflusst wurden. Allerdings reichte die Energiemenge trotzdem aus, um ein unheilvolles Kribbeln an seiner Seite einsetzen zu lassen.

Notos sog scharf die Luft ein und kappte den Fluss, sobald sich die ersten Funken im Zunder und den trockenen Ästen verfingen. Er wagte es kaum, Nirah anzuschauen, rieb sich stattdessen verhalten den Nacken. „Es ist etwas...extravagant, ich weiß". Das beinahe beschämt wirkende Augenrollen war deutlich in seiner Stimme zu hören. „Aber es war die Idee meines Freundes gewesen. Er hat mich regelrecht dazu gedrängt." Dabei hatte er anfangs sogar noch gewagt zu protestieren. Ein vergebliches Unterfangen. Vernon hatte wie immer nicht mehr als ein hämisches Feixen und stichelnde Worte für ihn übrig gehabt. Ich weiß nicht, wo dein Problem ist. Das bekommen doch sowieso nur die Leute zu sehen, die du nah genug an dich dran lässt. Dürfte also nicht zu oft passieren. Nicht wahr, Donnerschwinge?

Mit einem gutmütigen Seufzen fuhr Notos fort. „Mein Freund war auch derjenige, der diese Tätowierungen erschaffen hat. Er nutzt dafür eine Technik, die in meiner Heimat weiter verbreitet ist. In der Farbe befindet sich feiner Edelsteinstaub." Noch bevor er weitersprach, griff Notos zu seinem Oberteil. „Es ist eine spezielle Art von Gestein, das sensibel auf Energieströme reagiert. Es kann dabei helfen, diese zu lenken oder sogar zu verstärken." Abermals hielt Notos inne, während er sein Hemd zuknöpfte. Nachdenklich zog er eine Braue in die Höhe. „Nun, zumindest tun sie das bei meinen Energieströmen. Ich vermute, dass die Tätowierungen gestern irgendwie auf deine Heilung reagiert hatten. Selbst wenn ich nicht genau weiß, wie." Und damit stand er auf und setzte sich nahe des Korbes wieder hin, aus welchem ein paar Wurzeln, Knollen und anderes Gemüse ragte. Notos griff nach einem Messer und reichte ein weiteres mit einem Lächeln zu Nirah: „Aber den Rest besprechen wir nach dem Abendessen, in Ordnung?"

Im Verlaufe der Vorbereitungen machte sich eine für ihn angenehme Ruhe um das kleine Lagerfeuer breit. Notos hüllte sich in Schweigen, wartete lediglich immer mal wieder, ob Anweisungen von Nirahs Seite kamen. Seine Kochkünste gingen über die Basiskenntnisse nicht hinaus. Es würde ihn nicht wundern, wenn die Heilerin daran etwas auszusetzen hätte. Weshalb er sich vorsichtshalber erstmal einzig an das Schälen und Schneiden der Zutaten wagte. Selbst wenn es ihn reizte auszuprobieren, wie gut Feuerbeeren zu dieser Mahlzeit passen würden.

Immer wieder warf er Nirah dabei jedoch verstohlene Seitenblicke zu. Insbesondere dann, wenn ihm die blassblauen Blüten ins Auge stachen, die weiterhin gut im roten Haar versteckt blieben. Hatte Nirah etwa noch nichts bemerkt? Das musste es sein. Niemals hätte sie diese Blumen freiwillig weitergetragen. Nicht nach dem Vorfall am See. Nicht nachdem sie wegen ihm so wutentbrannt gewesen war.

Er sagte nichts. Nirah entschloss sich, kein Wort über die vorherigen Stunden zu verlieren, also würde er dies auch nicht tun. Das glückselige Strahlen konnte er dennoch nicht ganz aus seiner Miene bannen, während er nahe an ihrer Seite weilte und weiterarbeitete. Es dauerte seine Zeit, bevor er sich dazu bringen konnte, weitere Fragen zu beantworten. Erst als er sich sicher war, dass niemand außer ihnen – und einem gut versteckten und eingeschnappten Jasper im Gebüsch – sich in der Nähe der Hütten aufhielt, startete er einen Erklärungsversuch. „Du hast von Energien gesprochen", fing er langsam an. „Energien, die um uns fließen. Dabei Dinge in Bewegung setzen können. Die man nicht sehen, aber spüren kann...oder wohl eher, sollte." Er schenkte ihr ein schiefes Grinsen, bevor er verhaltener als zuvor fortfuhr. „Nun...bei mir und meinen Fähigkeiten ist es nicht unähnlich."

Notos lehnte sich zurück, versuchte dabei die für ihn verständlichste Sache der Welt in die richtigen Worte zu packen. „Jedes Wesen besitzt eine innere Energie, die in steten Bahnen in unserem Körper fließt. Ich kann diese Energie in mir spüren und lenken. Ihr eine Form geben. Und diese dann auch an meine Umwelt weitergeben." Unsicher presste er die Lippen aufeinander. „Es ist nicht ganz einfach zu erklären. Aber ich würde behaupten, es ist deinen Fähigkeiten nicht unähnlich. Nur lenke ich Energien in meinem Körper und du die Energiebahnen der... Natur?"

Dann wandte er auf einmal den Blick ab, starrte stattdessen mit einem matten Lächeln den brodelnden Inhalt des Topfes nieder. „Was meine Augen angeht, kann ich nur wiederholen, was ich dir schonmal gesagt habe. Ich weiß nicht genau, was mit ihnen nicht stimmt. Ich weiß aber, dass ich schon seit vielen Jahren diese Blindheit besitze. Und dass schon viele Heiler vor dir versucht hatten, mir zu helfen und daran gescheitert sind. Und, mit Verlaub, ich würde es gerne bei dieser Antwort belassen. Ich...erinnere mich nicht sonderlich gerne an diese Zeit zurück." Ein dunkler Schatten legte sich um Notos' Miene, als die Erinnerungen sich hervorzukämpfen versuchten. Erinnerungen an eine lang vergangene Zeit, in der er ein Krankenzimmer sein Zuhause genannt hatte. Und eine Zeit, in der sein Zorn ständig kurz davor war, überzulaufen.

Mit einem tiefen Ausatmen verwischte Notos seine Gedanken, löste dabei die Anspannung in seinem Körper. Erst jetzt bemerkte er, dass er seine Hände unbewusst zu Fäusten geballt hatte. Er lockerte diese sofort, wandte sich stattdessen mit einem zurückgewonnen, kleinen Lächeln Nirah zu: „Ich habe es akzeptiert und meine Wege gefunden, wie ich damit umgehen kann. Mehr kann und will ich nicht erhoffen. Nicht mehr."



Antworten Zuletzt bearbeitet am 12.09.2023 19:51.

Saphyr

26, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Eventmanager

Neuling

Beiträge: 1006

Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 29.08.2023 23:54

Kommentarlos wandte Nirah sich ab und stapfte davon. Sie hörte, wie sich Notos ebenfalls in Bewegung setzte. Mit den Händen voll getrocknetem Pflanzenmaterial kehrte sie kurz darauf zum Feuerplatz zurück. Notos kam mit einem Stapel Holz in den Armen an. Nachdem alles platziert war, hielt Nirah ihm unsicher einen Feuerstein entgegen. Der wurde aber gar nicht beachtet. Sie ließ den Stein sinken und beäugte kritisch Notos ausgestreckte Hand. Dann fiel ihr Blick automatisch auf die Vogel-Tätowierung, über die er strich. Darum ging es also als Erstes. Sie lief an Notos vorbei und stellte sich schräg hinter ihn.


Der andere Vogel mit ausgebreiteten Schwingen auf seinen Rücken war dunkel in der anbrechenden Dämmerung. Und er bedeckte bestimmt die Hälfte der Fläche. Erst geschah nichts. Plötzlich flackerten Flämmchen um die Finger des Kriegers und der Vogel leuchtete auf. Nein, es waren Schwingen, die leuchteten. Sie umrahmten die Konturen des Vogels in einem goldenen Licht und tauchten das restliche Bild in einen sanften Schimmer. Die bunten Schwanzfedern wirkten darunter beinahe mystisch. Nirah wusste nicht, wohin sie zuerst sehen sollte. Mehrmals zuckten ihre Augen zwischen den Funken, die aus dem Nichts aufzutauchen schienen und dem leuchtenden Schauspiel hin und her. Schließlich erhielt jedoch die Tätowierung den Großteil ihrer Aufmerksamkeit. Donnerschwingen, erkannte sie völlig fasziniert. Sie machten seinem Namen alle Ehre.

Viel zu schnell verblassten sie und zurück blieben blieben lediglich die vergleichsweise unscheinbaren Linien eines recht großen Vogels. Notos' schmerzerfülltes Aufatmen ließ sie umgehend die Augenbrauen zusammenziehen, doch es konnte nicht den Ausdruck von Begeisterung aus ihrem Gesicht bannen. Nirah kam ein paar Schritte nach vorne, während Notos zu erklären versuchte, wie er zu seinem Bild gekommen war. Sie überhörte seine Erklärung regelrecht und sah ihm mit unverhohlenem Entzücken ins Gesicht. Ignorierte auch die Tatsache, dass er sie wiederum kaum anblickte. "Es ist.... Ich habe so etwas noch nie ... Wie?" verhedderte sie sich in ihren Worten. "Es ist ... wunderschön." brachte sie schließlich heraus. "Donnerschwinge." Sie lächelte selig und zur Abwechslung klang sein Name aus ihrem Mund einmal nicht wie ein Fluch. Beinahe andächtig sprach sie ihn aus.

Begierig sog sie Notos' Erläuterung auf, wie das Ganze funktionierte. Auch wenn sie diese mehr Fragen aufwarf als sie klärte. Nach und nach wurde ihre Miene nachdenklicher. Edelsteinstaub in der Haut? Der auf Energieströme reagierte? Und wieso sprach er eindeutig und völlig natürlich von anderen Energieströmen als denen, die sie kannte? "Energie ist Energie, oder nicht?" überlegte sie laut. Wenn diese Edelsteine auf Energie reagierten - und Notos nutze eindeutig irgendeine seltsame Art von Energie - wieso dann nicht auch auf die des Heilrituals? Nun, sie war sicherlich keine Expertin für glühende Steine und wenn nicht einmal er eine Antwort wusste ... Enttäuscht murrend quittierte sie die Zwangspause, akzeptierte sie aber. Sie hatte Notos' Reaktion nicht vergessen. Außerdem knurrte ihr Magen.

Zielstrebig nahm der Krieger ein Messer an sich und machte sich an das Gemüse. Es war erstaunlich, dass wie gut sie hier hinten versorgt wurden. Solch ein Übermaß an Essen hatte sie gewöhnlich nicht. Während sie nebeneinander arbeiteten - Nirah kümmerte sich darum, den Topf auszuwaschen, Wasser zu erhitzen, Zutaten hineinzugeben, zu rühren und zu würzen - warf sie immer wieder verstohlene Blicke zu Notos. Das Kochen machte sie mehr nebenbei. Ihre Gedanken drehten sich hauptsächlich um Magie, Tätowierungen und Edelsteine. Bis sie einmal direkt in Notos' Augen schaute, sie beide verharrten und sie ertappt in die andere Richtung blickte. Danach sagte sie ihm zwar mehrmals kurz und knapp, was er ihr zu reichen und wie er zu schneiden hatte, behielt ihre Augen aber woanders. 

Einige Zeit später köchelte das Abendessen köstlich duftend vor sich hin und Nirah hatte zwei Schalen aufgetrieben. Eine davon reichte sie Notos. Sie sah sich auch einmal um, konnte aber Sir Jasper nicht entdecken. Wahrscheinlich war er nach wie vor unzufrieden gestimmt, weil er nass geworden war. Beinahe hastig verschlang sie ihre Portion und brannte immer mehr darauf, dass sie mehr zu hören bekam. Sie runzelte die Stirn als ein Zweig mitgenommen aussehender blauer Blumen in ihre fast leere Schüssel fiel, während sie sich darüber gebeugt hatte. Wann war der denn in ihren Haaren gelandet? Sie hielt den Zweig vors Gesicht und musterte ihn. Das Bild von Notos mit blauen Blumen im Haar blitzte vor ihrem inneren Auge auf. Die Pflanzen sahen sich verdächtig ähnlich, beinahe als stammten sie beide von der Gegend um den See ... 
Schließlich legte sie die Blumen einigermaßen verwirrt neben sich auf die Bank und kam nicht mehr dazu, sich viele Gedanken darüber zu machen, denn Notos hatte sich entschlossen, sein quälendes Schweigen zu brechen.

Langsam nickte sie. "Genau. Sie fließen ständig um uns herum, ganz natürlich. Solange ihr Verlauf nicht absichtlich geändert wird, um etwas Bestimmtes damit zu bewirken" bestätigte sie seine Zusammenfassung. Dass er die Umgebungsmagie nicht wahrnehmen konnte, war nach wie vor eigenartig ungewohnt. War es ihm ihre Erklärung ebenso fremd vorgekommen, wie seine nun ihr? Energiebahnen im Körper, die kontrolliert werden konnten. Irgendwie ergab es Sinn. Warum sollten nicht auch Lebewesen einen Energiefluss besitzen?
"Es klingt tatsächlich sehr ähnlich, ich denke, ich verstehe, was du meinst, aber ..." Ratlosigkeit war klar in ihren Zügen zu erkennen. "Wieso kann ich das nicht spüren? Wenn es so ist, wie du sagst, sollte ich diese Ströme nicht auch besitzen? Jeder von uns." Sie machte eine vage Handbewegung, die das ganze Dorf einschließen sollte. Ob er es ihr wohl beibringen konnte? "Andererseits hattest du auch keine Ahnung von all den anderen Energieströmen." In ihrer Stimme schwang Frustration mit, durch die Erkenntnis, dass dieses Rätsel sich wohl nicht lösen ließ. 

Unvermittelt wechselte Notos das Thema. Sein düsterer Ton brachte sie zum Zögern. "Was vergangen ist, ist vergangen. Du musst mir nichts darüber erzählen. Aber jetzt siehst du." begann sie sanft. "Als ich dich gefunden habe, nicht. Wechselt es ständig vom einen zum anderen? Außerdem ..." Sie lächelte ihn verhalten an. "Anscheinend siehst du auch etwas, wenn du blind bist. Das war es, was mich eigentlich interessiert hat." Schnell strich sie eine Haarsträhne hinters Ohr und fixierte einen Punkt hinter der Feuerstelle. "Entschuldige, es ist nur so ... eigenartig. Ich verstehe es nicht." murmelte sie hastig. 

Sie verstummte, schwieg, räusperte sich. "Danke", brachte sie hervor und verschluckte sie beinahe daran. "Was kannst du noch tun, außer Blitze erzeugen, ein Lagerfeuer machen ... und leuchten?", fragte sie deutlich lauter und versuchte voll überbetontem Enthusiasmus und einem Hauch von echtem Schmunzeln den unangenehmen Moment zu überspielen. "Kannst du es ... mir beibringen?" versuchte sie es sogar hoffnungsvoll. 


Möge das Chaos mit uns sein!
persönliches Chaosarchiv - klick
(=Schreibproben / öffentliche Rollenspiele / Ideensammlung)

Musik des Ordens - klick


Antworten Zuletzt bearbeitet am 02.09.2023 17:31.

Zladune

26, Weiblich

  11. Ghostwriter

Neuling

Beiträge: 1004

Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 06.09.2023 00:48

Nirah verhielt sich...anders als sonst. Schon als sie über ihre eigenen Worte stolperte, wurde Notos stutzig. Kurz hob er seinen Kopf, seinen Blick verwundert auf die sonst so schlagfertige Heilerin gerichtet. Und genauso schnell senkte er ihn auch wieder zu Boden. Der kleine Moment hatte auch so ausgereicht, um das pure Entzücken in ihrem Gesicht erkennen zu können. Die beinahe bewundernde Art, wie sie seinen Namen aussprach, gab ihm den Rest. Er zog den Kopf weiter ein, vermied es strengstens, sie erneut anzusehen. Ihre Reaktion fand dennoch einen Weg in seine Gedanken. Es ist ... wunderschön. Notos kämpfte erfolglos die aufkeimende Wärme nieder, die seinen ganzen Körper einzuvernehmen gedachte. Die Tätowierungen, Notos, ermahnte er sich entschieden. Ihre Worten galten lediglich den Tätowierungen.

Es war dennoch nicht einfach, Nirahs kindliche Neugier zu ignorieren. Erst recht nicht, wenn er diese vom ganzen Herzen teilte. Lächelnd lauschte er den lauten Überlegungen der Heilerin. Energie ist Energie. Ein verlockend simpler Gedankengang. Vielleicht mochte dies für diese spezifische Art von Gestein gelten. Und soweit er beurteilen konnte, hörte sich das Prinzip erstaunlich ähnlich an. Ein natürlicher Energiefluss, der umgeleitet werden kann, um etwas Bestimmtes zu bewirken. Nur die Quelle der Energie und wie sie genutzt werden konnte, die waren grundverschieden.

Nirahs enttäuschtes Murren riss ihn aus seinen eigenen Überlegungen und seinen vorherigen Vorsatz vergessen, huschte sein Blick zu ihr – und sofort blitzte ein Bild von einer frustrierten Aryll vor seinem inneren Auge auf. Das warme Schmunzeln überfiel ihn, bevor er es bemerken konnte. Oh, wie gut, dass Aryll nie von dieser fremden Art der Magie erfahren hatte. Sobald sie sich einmal auf eine Sache fixiert hatte, war sie kaum mehr davon abzubringen. Sie hatte immer ähnlich frustriert reagiert, wenn er sie dazu gezwungen hatte, zumindest eine Pause einzulegen. Von diesem Rätsel hier hätte er sie niemals zerren können.
Eine unmittelbare Bewegung von Nirah in Richtung des Kochtopfes ließ das Bild verblassen. Und mit ihm erlosch das warme Leuchten in seinen Augen. Wenngleich nicht gänzlich. Ein weiterer Grund, warum Notos so entschlossen nach einem Messer griff. Ja, sich nun der Zubereitung ihres Abendessens zu widmen würde ihm guttun. Nicht nur seinem Körper.

Nur dass die Stille anfangs nicht half. Eher im Gegenteil. Sie gab Raum für ungewollte Gedanken und weitere Bruchstücken vergangener Gespräche. Notos konnte sich dem Drang nicht erwehren, einen weiteren verstohlenen Blick zu Nirah zu werfen – und sofort erhellte sich seine Miene wieder, als er die blassblauen Blüten bemerkte. Und mit den Blüten kamen die Erinnerungen. Allerdings andere als zuvor. Bilder von einer silbern glitzernden Wasseroberfläche schoben sich in seinen Kopf. Die chaotische Rasselbande und ihre gemeinsame Trainingsstunde. Und natürlich... Notos Blick kreuzte den von Nirah, als er an den so vertraut wirkenden Moment am See zurückdachte. Er verharrte stocksteif in seiner Bewegungen. Hielt ertappt den Atem an, wartete...doch Nirah brach zu seiner Überraschung den Blickkontakt als erste ab. Notos blinzelte verwirrt, bevor auch er verhalten den Kopf abwandte. Nicht jedoch ohne die unruhig flackernde Glut in seinem Inneren gänzlich unterbinden zu können.

Jasper tauchte selbst dann nicht auf, als der verführerische Geruch von Essen schwer in der Luft lag. Die Sturheit des Drachen überwog wohl deutlich seinen Hunger. Nachdem sein Gefährte selbst dann nicht aufgetaucht war, als Nirah ihre Portion bereits halb verschlungen hatte, entschloss sich Notos nach langem Hadern nicht mehr länger zu warten. Er legte dennoch auffordernd eine halb leere Schüssel neben sich, bevor er dazu ansetzte, eine weitere Frage zu beantworten. Seine Mundwinkel zuckten zufrieden nach oben, als nach einer Weile wie zu erwarten der Hauch einer Berührung seine Hand streifte. Notos nickte währenddessen bedächtig auf Nirahs Worte hin: „Genau. Jeder von uns besitzt seinen eigenen, für ihn speziellen inneren Energiestrom. Jedes Wesen tut das. Nicht nur Menschen. Auch Jasper." Wie selbstverständlich streckte er seine Finger aus und begann den federbesetzten Nacken seines Partners zu kraulen – eine Geste, die mit einem leisen Murren quittiert wurde. Ein Geräusch, dass zum Teil davon erstickt wurde, weil der kleine Drache dabei weiterhin seinen Kopf in die Schüssel gesteckt hatte.

„Und ich weiß, dass du diese Energieströme auch besitzt. Du und die Bewohner dieses Dorfes", fuhr Notos fort. Die unerschütterliche Bestimmtheit in seiner Stimme begann zu wanken, als er sich an seine Erkenntnisse erinnerte, die er nicht nur während der Berührung der Heilerin, sondern auch während seiner Trainingsstunde mit seinen drei jungen Schützlingen gewonnen hatte. „Aber ihr scheint keinen Zugriff darauf zu haben. Und ich weiß noch nicht warum."

Im Gegensatz zu Nirah klang Notos nachdenklicher. Er teilte ihre Frustration über dieses scheinbar unlösbare Mysterium nicht. Deutlich eher überwog bei ihm eine überschwängliche Neugier zu dieser unbekannten Art der Magie. Er wollte mehr lernen. Verstehen. Sie vielleicht irgendwann sogar anwenden können. Ein törichter Gedanke. Seine Erfahrungen hätten ihn eigentlich besseres lehren müssen...

Umgehend verdüsterte sich seine Laune, als seine Gedanken zu seiner Blindheit schweiften. Nur einmal hob er nach seinen knappen Erläuterungen den Kopf an. Was vergangen ist, ist vergangen. Mit einem mal wirkte er unendlich müde, obwohl er ihr dabei ein mattes Lächeln schenkte. Wenn es doch nur so einfach wäre.

Eigentlich hatte er gehofft, dass es die Heilerin damit belassen würde. Vermutlich hätte er sie mit einem eisigeren Schweigen gestraft, wenn nicht dieser gewisse Ton in ihrer Stimme gewesen wäre... Sofort lenkte Notos seine Aufmerksamkeit verkrampft auf irgendeinen Punkt am Boden. Die Brauen dicht zusammengezogen, rang er sich ein kurzes Nicken ab, als Nirah nachhakte, ob sein Sehvermögen wechselte. Schlussendlich ließ er mit einem stummen Aufseufzen die Schulter sinken, als er aus dem Blickwinkel ihr Lächeln auffing. Er schluckte befangen. Mehrmals setzte er dazu an, das Wort zu erheben. Jedes Mal unfähig, irgendetwas zu erwidern.

Der letzte Rest seines inneren Widerstandes zerschmolz mit einem einfachen Wort. Schlagartig huschte sein Blick erneut zur Heilerin, als sie sich verhalten bedankte. Blinzelte verwundert. Er kam jedoch nicht mehr dazu, etwas zu sagen. Ob er noch was anderes als Leuchten konnte? Der Anflug eines Grinsens verfing sich in seinem Gesicht, als ihn eine bestimmte Erinnerung überfiel. Oder war eher Nirahs Niedlichkeit daran schuld? Wie dem aus sei, es blieb auf jeden Fall an ihm haften und er gab sich der lockereren Laune hin. „Ich kann noch ein paar andere Kleinigkeiten. Paar Taschenspielertricks." Automatisch fuhr er schmunzelnd über einen unscheinbaren Beutel, den er wieder am Gürtel seiner Montur angebracht hatte. „Aber meine Spezialität ist alles, was mit Leuchten zu tun hat."

Notos haderte lange, bevor er bedachter fortfuhr: „Und ich bin recht gut im Manipulieren der Energieströme. Es... fällt mir leicht, diese zu erspüren und umzulenken. Allein damit kann man vieles tun. Seine Kräfte fokussieren und gezielter einsetzen. Schmerzen zerstreuen. Verhindern, dass sich Gifte zu schnell ausbreiten..." Vielsagend sah er der Heilerin in die Augen. „Meine Blindheit hat mich stärker auf Energieströme sensibilisiert. Auf meine... und auf die von anderen."

Ein wenig hatte ihn Nirahs brennende Neugier für seine Fähigkeiten überrascht. Es wäre wohl normalerweise nichts Verwunderliches, aber bei ihrer bisherigen desinteressierten, abweisenden Art hätte er diesen Wandel nicht vermutet. Noch weniger war er jedoch auf die letzte Frage vorbereitet, welche sie ihm stellte. Verständnislos starrte er sie an. Ob er ihr alles beibringen könnte? Er und ein Mentor? Augenblicklich hörte er wieder Kikis gutmütig spottenden Kommentar. Du bist zu weich, Donnerschwinge.

Noch für einen weiteren Moment betrachtete Notos stumm die Heilerin. Dieselbe Heilerin, die andere Energien spürte, als er es tat. Möglicherweise könnte dies ein vergebliches Unterfangen sein. Erst recht, da er nicht zum Mentor taugte. Aber wenn ihm seine Ausbildung eines beigebracht hatte, dann, dass man niemals aufgeben durfte. Einen Weg fand man immer – selbst wenn dies vielleicht ein kleinerer Umweg wäre, denn andere so nicht nutzten.

Ein nachdenkliches Lächeln schlich sich auf seine Lippen. „Vielleicht. Selbst wenn es deutlich schwerer sein dürfte, wenn du deine Energie nie spüren konntest." Das einzige Problem hier wäre nur... Notos legte entschuldigend den Kopf schief. „Allerdings denke ich nicht, dass ein Abend dafür ausreicht. Oder Tage. Das wäre eindeutig ein längeres Unterfangen. Und die Zeit haben wir wohl nicht zusammen."



Antworten Zuletzt bearbeitet am 06.09.2023 13:20.

Saphyr

26, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Eventmanager

Neuling

Beiträge: 1006

Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 15.10.2023 22:36

Nirah nickte langsam während Notos erklärte. Eine Weile hielt sie ihre Hand vor sich und musterte sie. Als würde das helfen, die verborgenen Magie in sich zu erkennen. Es war und blieb nur eine Hand. Keine Energie, keine Ströme, nichts. Dafür nahm Nirah umso klarer wahr, dass um sie herum alles in Bewegung war. Die Ankunft Sir Jaspers quittierte sie lediglich mit einem schnellen Blick, obwohl es innerlich das Gefühl von vager Erleichterung auslöste. Sicher, die Annäherung galt nicht ihr. Trotzdem war es schön zu sehen, dass der Hunger den Frust überwog.
"Er hat Zugriff darauf, oder?" erkannte sie und deutete mit der Bewegung ihres Kopfes auf Sir Jasper. Das würde den Stromschlag erklären. Die Monster dieser Wälder hatten bisweilen ein Talent, die Umgebungsmagie auf ganz ungewöhnliche Art zu nutzen. Warum sollte Notos' Begleiter nicht auch seine Art der Magie kennen. Auch wenn Sir Jasper ganz gewiss kein Monster war, das war inzwischen mehr als klar. 

"Ich weiß ebenso nicht, warum du nicht die Energieströme um uns herum spüren kannst. Denn eigentlich solltest du es." meinte Nirah müde. Genauso müde, wie Notos wirkte bei dem Thema seiner Blindheit. Er starrte nach unten, verfiel in ein eisernes Schweigen. Sein knappes Nicken war unscheinbar, doch Nirah verstand: Seine Blindheit kam und ging. Es wäre interessant gewesen, zu wissen, ob es Regeln dafür gab. Sie wagte nicht nachzuhaken. Solange es ihn morgen nicht plötzlich überfiel und er keinen Schritt mehr vor den anderen setzen konnte, ohne zu stolpern ...
Notos' scheinbare Verunsicherung war seltsam, ungewohnt. Nirah stieß beinahe ein Seufzen der Erleichterung aus, als er zurück zu seinem üblichen idiotischen Selbst fand. Sie war sich nicht sicher, ob sie tatsächlich dazu beigetragen hatte oder ob er einfach sehr schnell zwischen Stimmungen wechselte. Ein betrübter, sprachloser Notos war jedenfalls fast noch schlimmer als ein wütender."Taschenspielertricks?" Sie zog kritisch die Augenbrauen zusammen. "Lässt du Dinge hinter den Ohren andere Leute verschwinden?" Kurz hielt sie inne, schmunzelte leicht. "Leuchtende Dinge?"

Seine folgenden Worte erklärten einiges. Deshalb hatte er im Wald, seltsame Andeutungen gemacht, dass er Schmerzen hätte, sie aber nicht spürte. Deshalb hatte er so lange so tun können, als wäre alles in Ordnung, obwohl das dunkle Geflecht an seiner Seite eindeutig etwas anderes verkündet hatte. Deshalb sah er, selbst wenn seine Augen es nicht konnten. Genau vorstellen, wie das funktionierte, konnte sie sich nicht. Dennoch hing es ohne Zweifel zusammen. "Ich verstehe", antwortete sie und konnte ein dumpfes Grollen ihrer Stimme nicht verhindern. "Ich spüre die Umgebungsmagie sehr stark. Mehr als alle in diesem Dorf, nach meinem Mentor vielleicht." murmelte sie plötzlich. "Bei mir gibt es keinen besonderen Grund dafür, das war schon immer so. Ich denke, ich kann zumindest ein bisschen verstehen, wie es sich anfühlt. Auch wenn ich deine Magie nicht kenne."

Dass Notos ihr nicht sofort mitteilte, dass er ihr kein Lehrer sein konnte, ließ sie sich interessiert aufrichten. Vielleicht. Vielleicht könnte sie eine neue Art von Magie lernen, die sonst niemand kannte. Hier zumindest. Direkt darauf fielen ihre Schultern wieder kraftlos herab. "Richtig. Das ist der letzte Abend." Sie hatte alles getan, was sie und diesen drei Tagen hätte tun können, oder nicht? Waren es wirklich drei Tage gewesen? Weder eine Vision noch ihr flüchtiger Verfolger hatten ihr einen Hinweis gegeben, dass ihre Mission erfüllt war. Aber Notos war gesund, fast. Gesund genug, um seine Reise fortzusetzen. Das war ihre Aufgabe gewesen. Wieso kam es ihr vor, als hätte sich rein gar nichts geändert? Fühlte man es nicht deutlich, wenn die heilige Mutter ihre Anerkennung äußerte? 
"Ich kann nichts mehr dagegen einwenden, dass du aufbrichst", sagte sie kühl. "Aber ... hast du überhaupt eine Ahnung, in welche Richtung du gehen musst?" Ihre Stimme klang harscher als zuvor und eine Spur zu hoch. "Du hast doch gar keine Ahnung von diesen Wäldern, Donnerschwinge. Hast keine Ahnung, wie du hier gelandet bist. Was übrigens immernoch keinen Sinn ergibt. Aber ist ja nicht mein Problem, was?" Sie stand abrupt auf. "Nicht mehr." 

Nirah machte ein paar Schritte und hielt dann inne, um sich noch einmal zu Notos umzudrehen. "Pass auf ..." begann sie undeutlich, räusperte sich und seufzte genervt. "Versuch dich nicht zerfleischen zu lassen oder blind in einen Abgrund zu stürzen oder ... so etwas. Ich ... Ich besorge dir etwas Proviant morgen." Damit wandte sie sich endgültig ab und eilte zu ihrer Hütte. Ihr "Gute Nacht." war so hastig und leise, dass er es wahrscheinlich nicht hörte. 
In dem kleinen Schlafzimmer war es sehr still. Ein großer Kontrast zu dem Knistern des Feuers, dem Grillenzirpen und ihren Stimmen. Sie vergrub grob ihr Gesicht im Kissen. Sie sollte nicht so ... Was war sie überhaupt? Eigentlich hätte sie vollauf zufrieden sein müssen. Froh, dass Notos endlich ging. Sie sich nicht mehr um in kümmern musste. Er ihr nicht länger auf die Nerven gehen konnte. Warum gerade jetzt die Erinnerung an den eigenartigen Moment im Wasser wieder klar vor Augen stand, war ihr ein Rätsel. Sogleich folgten viele kleinere Bilder, Bruchstücke aus den vergangenen Tagen. Und es gab keinen Grund dazu, überhaupt keinen. Sie mochte ihn nicht einmal! Zugegeben, er hatte sich als weniger unangenehm herausgestellt, wie befürchtet. Das war alles. Er war trotzdem ein Idiot, in allen Hinsichten. Sie sollte nicht betrübt sein, dass er ging. War sie das, betrübt? 

Ja.
Sie zog die Decke über den Kopf, bei der Erkenntnis. Neben allem, was sie durcheinander gebracht hatte an seinem Verhalten, war sein Auftauchen auch aufregend gewesen. Seine Magie, Sir Jasper. Sein offenkundiges Interesse an ... ihr. Oder eher an allem, was er durch sie erfahren konnte. Ihre Bräuche, ihre Überzeugungen, ihre Fähigkeiten. Seine Leichtigkeit ihr gegenüber. Das war so ungewohnt gewesen und ... es hatte gut getan. Nirah verkrampfte sich und ein einziger gequälter Laut entkam ihr. Sie wickelte die Decke enger um sich, zu schwer atmend und versuchte in den Schlaf zu finden. Ihre Aufgabe war erfüllt und morgen würde sie eine vollwertige Wächterin werden. Darauf konnte sie sich freuen. Bestimmt. Das war wichtiger als alles andere. 



Möge das Chaos mit uns sein!
persönliches Chaosarchiv - klick
(=Schreibproben / öffentliche Rollenspiele / Ideensammlung)

Musik des Ordens - klick


Antworten Zuletzt bearbeitet am 16.10.2023 01:14.

Zladune

26, Weiblich

  11. Ghostwriter

Neuling

Beiträge: 1004

Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 19.10.2023 21:34

Notos ließ das zarte Flämmchen seiner wiedergefundenen, lockeren Laune nicht erneut erlöschen. Diese Macht wollte er seiner Blindheit nicht geben. Möglichst nie wieder. Nirahs überaus skeptischer Blick, den sie ihm bei der Erwähnungen seiner Taschenspielertricks zuwarf, machte ihm diesen Vorsatz nur zu einfach. Es war ihm unmöglich, das leise, heitere Lachen niederzukämpfen. Ob er Dinge hinter den Ohren anderer Leute verschwinden lassen konnte? Noch während sie das aussprach, huschten seine Augen zu der unscheinbaren blauen Blume, die inzwischen neben ihr lag. Nur um keinen Moment später seine Aufmerksamkeit wieder schmunzelnd auf Nirah zu richten: „Ich könnte. Aber ich lasse lieber Dinge auftauchen." Seine Lippen verzogen sich zu einem neckenden Grinsen. „Und manchmal leuchten sie auch." Kurz streckte er seine Finger aus, überlegte es sich dann aber anders. Nirah war kein Kind. Und was hätte er ihr schon zeigen können? Einen Wolf? Er konnte doch noch nicht mal mit Gewissheit sagen, wie einer wirklich aussah.

Stattdessen entschied er sich, ihr noch eine weitere Erklärung zu schenken. Seine Energieströme, die Wirkung, die diese haben konnten... Er sah, wie nach einer Weile etwas in Nirahs Augen aufblitzte. Es war jedoch schwer zu sagen, was es war. Überraschung, dass er ihr doch so viel über sich erzählte? Verständnis? Ihr knappes "Ich verstehe" half ihm dabei nicht weiter – das unterschwellige Grollen in ihrer Stimme hingegen schon. Vorsichtig lächelnd zog er den Kopf ein. Warum hatte er plötzlich das Gefühl, dass er irgendetwas verbrochen hatte? Musste wohl daran liegen, dass Neela ihn immer in einem ähnlichen Tonfall angefunkelt hatte, wenn er was angestellt hatte.

Die Spannung wich jedoch erstaunlich schnell aus Nirahs Haltung, ließ stattdessen Platz für... einen unscheinbaren Hauch von Unsicherheit? Seine Brauen zogen sich fragend zusammen, während er den Kopf leicht schief legte. Irgendwie kam er nicht umhin zu denken, dass Nirah ihm eigentlich etwas für sie sehr vertrautes mitteilte...
Notos versuchte ihren Blick aufzufangen, während sie von ihrem feinen Gespür für ihre Energien sprach. Die scheinbar fast an die ihres Mentors heranreichen konnte. Nein, nicht nur scheinbar. Er war sich sicher, dass ihre Worte nicht ihrer Überheblichkeit entsprangen. Je mehr ihm die Heilerin erzählte, umso mehr mischte sich in seinen zunehmend weicheren Ausdruck eine gewisse ernste Nachdenklichkeit. „Du hast also eine sehr starke Bindung zu deiner Gött.. ich meine zur Natur", gab er leise von sich, fast mehr zu sich selbst gesprochen. Die Energien der Natur, die Nirah mit ihrer heiligen Mutter verband, derartig stark spüren zu können ... es musste etwas Einzigartiges sein. Und doch... Ist wohl nicht immer einfach. Es lag ihm bereits auf der Zunge. Doch er schwieg. Selbst wenn sein Blick vermutlich Bände sprach. Er konnte auch so erahnen, was ihre Antwort darauf gewesen wäre. Du hast doch gar keine Ahnung, Donnerschwinge. Nein, selbst wenn ihr Sensibilität für die Energien irgendwelche Schattenseiten besitzen sollte – sein Mitgefühl und Verständnis würde sie sicherlich nicht haben wollen.

Für etwas anderes wäre sie hingegen anscheinend eher zu begeistern. Notos begann unwillkürlich zu schmunzeln, als sich der warme Schimmer des Feuers in Nirahs Augen verfing und sie kurz zum Strahlen brachte. Würde es ihr so sehr gefallen, mehr über seine Energien zu erfahren? Von ihm? Er würde sich beinahe geschmeichelt fühlen, wenn er den Wunsch nicht verstehen würde. Ihre Art der Energien interessierte ihn schließlich auch brennend. So schnell der Funke an aufrichtigem Interesse jedoch aufgetaucht war, so schnell erlosch er wieder.

Der plötzliche Umschwung in ihrer Laune traf ihn wie ein eisiger Windstoß. Instinktiv lehnte er sich etwas zurück und erstarrte. Blinzelte lediglich verdattert, als sie nach ihren scharfen Bemerkungen ruckartig aufstand. Nirahs Ausbruch fühlte sich seltsam persönlich an. Beinahe getroffen. Aber weshalb? Er hatte nur verkündet, was ihnen beiden klar war: er würde gehen. Wie abgemacht. Hätte sie an dieser Stelle nicht Luftsprünge machen sollen? Sie hatte ihm mehrmals deutlich zu verstehen gegeben, dass sie nicht viel von seiner Anwesenheit hielt. Warum also...?

Jaspers Kopf tauchte aus den Tiefen der Schüssel empor, als er den harschen Ton der Heilerin vernahm. Wie auf Stichwort sprang er die Schulter seines Partners, als die Rothaarige verkündete, ob dieser überhaupt die Richtung seines Ziels kannte. Der kleine Drache starrte der Frau intensiv in die Augen. Protestierend breitete er seine Schwingen aus, als sogar angezweifelt wurde, ob Notos auf sich aufpassen konnte. Eine beschützerische Geste. Natürlich würde seinem Gefährten nichts passieren – schließlich passte er auf ihn auf.

Notos indes achtete auf etwas völlig anderes. Nirahs Hadern, ihre schnippischen Worte, die ungewohnt unbeholfen und ... Oh. Sie machte sich Sorgen. Sein Ausdruck wurde zunehmend weicher, als ihn diese Erkenntnis überkam. „Danke.", erwiderte er aufrichtig. „Für alles." Sie erwiderte irgendetwas darauf, doch es war zu leise, um ihre Worte zu verstehen. Den Weg, den sie einschlug, verriet ihm dennoch klar, dass das Gespräch wohl beendet war. „Schlaf gut...Nirah", verkündete er mit sanfter Stimme und wartete, bis sie hinter der Tür ihrer Hütte verschwand. Lange schaute er mit dem Anflug eines warmen Lächelns in die Dunkelheit, in welcher die Heilerin verschwunden war. Dann seufzte er auf, kraulte Jaspers Nackengefieder und griff zu dem Windtänzer, der neben ihm lag.

Dieses Mal war es nicht die Sonne, die ihn weckte. Noch war es die kühle Morgenluft, die sich zunehmend unter seine Kleidung fraß oder das warme Bündel, welches sachte brummend in seinem Schoß lag. Als Notos erwachte, war das erste, was in sein Sichtfeld kam, die letzten Brocken roter Glut, die unter der Asche des inzwischen erloschenen Lagerfeuer aufglommen. Er spürte die Bank, an die er sich angelehnt hatte, in seinem Rücken. Den Stoff einer Decke, die er wie einen Umhang über sich geworfen hatte. Sein Atem formte dennoch weiße Dampfwolken in die frische, klare Luft, die er nun bewusst in seine Lungen strömen ließ. Je länger er so zusammengekauert dasaß, umso mehr wurde ihm klar, dass es weder die ersehnte Wärme noch die Kälte waren, die ihn aus dem Schlaf gerissen hatten.

Ein rhythmisches Klackern durchbrach die Stille der Lichtung. Vermischte sich mit gedämpften, klappernden Lauten. Die Melodie war sanft. Unaufdringlich, aber so eingängig, dass sie sich wie ein vertrauter, alter Freund anfühlte. Die Schwermut, die unter seine Haut kroch, verstärkte sich, als Notos die Klänge seiner Heimat wiedererkannte. Sein Blick schweifte halb schlaftrunken zu den Windtänzern, die er gestern aufgehängt hatte. Bis spät in die Nacht hatte er drangesessen. Nur damit er wie versprochen Nirahs Windspiel fertigstellen konnte, bevor er ging. Doch selbst danach hatte er noch lange am Feuer gesessen, hatte wortlos die Flammen angestarrt. Als würden diese ihm eine Antwort liefern können. Weder Kälte noch Jasper hatten ihn in seine Hütte vertreiben können. Wofür gab es wärmende Lagerfeuer und Decken? Er hätte dort sowieso nicht schneller in den Schlaf finden können. Dafür wogen die Gedanken der letzten Tage zu schwer in seinem Kopf. Etwas schwerer vielleicht, als sie sollten. Sein Gefährte hatte irgendwann aufgegeben und war in seinen Schoss geklettert. Irgendwann danach musste wohl auch ihn die Müdigkeit eingeholt haben.

Notos beobachtete noch für eine geraume Zeit die Windtänzern, die ihre vertraute Rhythmen und Melodien sponnen, die er schon seit seiner Kindheit kannte. Er konnte sich erst von ihnen losreißen, als der Wind nachließ und die Klänge verstummten. Seufzend stand er auf, schob dabei einen müden Jasper von sich, der sich protestierend in seine Beine krallte, bevor er nachgab. Der Boden knirschte leise unter seinen Stiefeln, als Notos sich zu seiner Hütte begab. Drinnen begrüßte ihn schummriges Zwielicht – aber er war ohnehin nur gekommen, um die Decke wieder zurückzubringen und seine Waffe zu holen. Machte dabei zeitgleich sicher, dass keine weiteren Kleidungsstücke Opfer von Jaspers Nestbau geworden waren. Tatsächlich wurde er noch fündig. Ein Oberteil hing halb vom Schrank runter. Stellenweise geschmückt mit weichen Federn, aber wenigstens war der Stoff noch intakt.

Keinen Moment später war alles wieder federlos und fein säuberlich gefaltet verstaut. Notos warf der leichten Kleidung einen letzten Blick zu. Sie war zugeben in diesem Gebiet äußerst praktisch. Fast mehr als die Montur seines Ordens, zumindest wenn es um Auffälligkeit ging. Schade, dass er sie nicht mitnehmen konnte. Aber das konnte er schlecht wagen. Nicht nach allem, was hier in diesem Dorf für ihn getan wurde. Sachte den Kopf schüttelnd schloss Notos die Schranktür, ergriff seine Hellebarde und trat ins Freie.

Draußen erwartete ihn ein gähnender Jasper. Notos schmunzelte mitfühlend, als sein Begleiter versuchte, den Schlaf aus seinem Körper zu schütteln. „Es ist früh, ich weiß.", gab er leise von sich. Früher als gestern zumindest. Dennoch eigentlich keine völlig ungewohnte Zeit für sie beide. Sein Partner warf ihm dennoch einen verurteilenden Blick zu. Notos' Mundwinkel zuckten so entschuldigend wie belustigt nach oben, bevor er seinen Weg fortsetzten wollte – nur um vor der Tür einer gewissen anderen Hütte stehen zu bleiben. Die Brauen dich zusammengezogen starrte er diese an. Haderte kurz. Dann zunehmend länger. Unsicher presste er die Lippen aufeinander, hob die Hand zur Türklinke... und ließ den Arm wieder fallen. Sie hatte gestern müde ausgesehen. Ganz zu schweigen davon, dass sie wegen ihm fast eine ganze Nacht voller Schlaf opfern musste. Zumindest jetzt wollte er ihr diesen gönnen. Seine Hand verschwand wieder in seiner Tasche, ertastete dabei den kleinen Gegenstand, der in dieser seit dem gestrigen Abend verborgen war. Ja, das konnte warten.

Die ersten schwachen Sonnenstrahlen, die ihren Weg durch die dichten Blätterkronen und Gebüsche fanden, malten schemenhafte Schatten auf dem Boden, als Notos den Pfad zurück zum Dorf beschritt. Jasper hatte er zu verstehen gegeben, dass er verdeckt bleiben sollte. Am besten, er folgte ihm gar nicht erst. Auch wenn im Dorf noch Stille herrschte. Nur wenige Menschen begegneten ihm auf seinem Weg – selbst wenn dies nur eine Frage der Zeit war. Spätestens nach Sonnenaufgang würden die meisten wohl mit ihrer Arbeit anfangen. Er konnte nur hoffen, dass er bisschen früher als der Rest der Bewohner auf den Beinen war.

Notos steuerte das großen Haus in der Nähe des Dorfplatzes an. Machte halt. Klopfte bestimmt, so wie Nirah es damals getan hatte. Wartete eine geraume Weile, bis er drinnen ein Geräusch zu hören gedachte. Erst dann trat er verhalten ein, den Kopf respektvoll gesenkt. Anduin Weißhaar saß abermals wie am ersten Tag über seinem Tisch gebeugt. Nur, dass dieses Mal keine Kräuter-Sammlung auf diesem ausgebreitet war. Fast machte es denn Anschein, als hätte der Mann jemanden erwartet. Nun, nicht ihn, hoffte er.

Geduldig wartete er ab, bis Nirahs Mentor ihm seine Aufmerksamkeit schenkte. Kein Wort wurde bisher gewechselt, aber Notos erkannte die stumme Aufforderung in dem wachen Blick des Mannes. „Ich werde gehen", verkündete er ohne Umschweife. Er musste keinen Grund für seinen spontanen Aufbruch nennen. Er war wieder genesen. Und sie beide wussten, dass er die Gastfreundschaft des Dorfes nicht weiter überstrapazieren sollte. Somit blieb nur noch eins übrig. Er legte eine Hand auf seine Brust, deutete eine Verbeugung an. „Ich wollte mich nochmal für die Hilfe und Unterkunft bedanken. Ich stehe in eurer Schuld. Wenn ich mich irgendwie erkenntlich zeigen kann, werde ich dies gerne tun. Wenn nicht..." Notos richtete sich auf, betrachtete den alten Mann mit einem ruhigen Lächeln. „Dann wird das hier wohl unser letztes Treffen sein."



Antworten Zuletzt bearbeitet am 26.10.2023 19:00.

Saphyr

26, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Eventmanager

Neuling

Beiträge: 1006

Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 26.10.2023 02:09

Anduin murrte zustimmend, als es an der Tür klopfte. Den Fremden, der von Nirah angeschleift worden war, hatte er nicht erwartet. Überraschend war sein Auftauchen und vorallem der förmliche Abschied trotzdem nicht. Der Wächter musterte den Krieger still, nickte einmal. Er sah gesund aus, seine Wangen glänzten leicht rosa und seine Haltung war sicher und gerade. "Natürlich wirst du gehen. Die Jugend ist so rastlos wie der Flügeschlag eines Vogels." Er lächelte. "Gib einem alten Mann einen Moment." ächzte Anduin und erhob sich von seinem Platz. Er streckte die tauben Glieder, dann näherte er sich Notos bis er direkt vor ihm stand. Sie waren etwa gleich groß. In einer freundschaftlichen Geste klopfte er ihm auf die Schulter. Etliche Fältchen legten sich um seine blassen Augen, als er wohlwollend lächelte.

"Sorge dich nicht, junger Donnerschwinge. Wir haben dich gerne aufgenommen. Du bist uns nichts schuldig. Ich glaube sogar, dass eine gewisse Schar Kinder dich vermissen wird." verkündete er und zwinkerte dabei schelmisch. Er seufzte. "Dies könnte tatsächlich unser letztes Treffen sein. Aber wer weiß. Ich kann vieles, doch das vermag ich nicht zu sehen." sagte er, ließ die Hand fallen und blickte Notos undeutbar an. "Du hast einen langen Weg vor dir. Ich weiß nicht genau, wohin er dich führen wird. Möge die heilige Mutter dich stets auf deinem Pfad leiten." Anduin legte die Hand genauso wie der Krieger zuvor auf seine Brust und deutete eine Verbeugung an. Ein Zeichen des Respekts und der guten Wünsche für den Jüngeren. "Ich rate dir in der Gegend etwas aufzupassen. Nicht jeder mag dir wohlgesonnen sein. Du ziehst etwas Aufmerksamkeit auf dich. In mehr als nur einer Hinsicht." fügte Anduin schließlich in einem ernsten Tonfall hinzu. Er trat einen Schritt zurück und nickte. "Auf Wiedersehen, Notos Donnerschwinge. Gute Reise. Und viel Glück." 
Der alte Wächter trottete zu dem Tisch zurück und setze sich schwerfällig nieder. 

---

Sanftes Licht fiel durch die Blenden und weckte Nirah. Nicht viel, nur genug um den Morgen anzukündigen. Eigentlich hätte sie weiterschlafen sollen. Aus irgendeinem Grund schmerzten ihre Glieder und ihr Verstand war umwölkt von einer ruhelosen Nacht. Traumlos. Sie wusste, dass mehr Schlaf ihr gut getan hätte. Trotzdem trieb sie etwas aus dem Bett. Heute war der große Tag. Wieso fühlte er sich so unspektakulär an?
Erst dachte sie, es käme aus dem Wald. Klack. Klack. Klack. Sobald sie aus der Hütte kam, umfing das ungewohnte Geräusch sie. Es war nicht sehr laut und folgte keinem eindeutigen Rhythmus. Und es erklang aus zwei verschiedenen Richtungen. Nirah sah nach hinten und entdeckte ein träge schwingendes Holzgebilde. Jeder Windhauch schlug die herabhängenden Äste gegeneinander. Ein Windtänzer. Notos musste ihn platziert haben. Um sicherzugehen lief Nirah zu der anderen Hütte. Tatsächlich, hier war noch einer. Wann in aller Welt hatte er beide fertiggestellt?  Notos. Er war nirgends zu sehen. Sie klopfte an die Außentür, dann nochmal an die zu seinem Zimmer. Schließlich trat sie ein. Er war nicht hier. Dieses Mal fand sie den Schrank leer vor.

Nirah kickte draußen ein paar Steine aus dem Weg, die dumpf im Gebüsch landeten. Er hatte sich nichteinmal verabschiedet! Hatte nur alle seine Sachen geschnappt und war gegangen. Natürlich, gestern war der letzte Abend gewesen. Dennoch setzte sich ein drückender Ärger in ihrem Bauch fest und schmorte dort vor sich hin. Sollte er doch gehen! Ohne ihn konnte sie endlich zu ihrer eigenen Behausung zurückkehren. Sie brauchte ihn nicht mehr. Nicht, dass sie ihn jemals gebraucht hätte.
Nicht sie war die mit der beinahe tödlichen Vergiftung gewesen. Nicht sie hatte sich verirrt. Sie hatte ihm geholfen, wie es die Vision hatte sagen wollen. Blaue Augen hatten sie geführt. Nun konnte sie endlich beweisen, dass sie ihrer Berufung würdig war. Sofort flatterte es in ihrer Brust. Wie sollte sie ihrem Mentor gegenübertreten? Trotz all ihrer Mühen gab es kein Zeichen. Hatte sie es verpasst? Sie sah zu Boden und untersuchte kritisch die Blätter, Äste und Steine vor sich. Vielleicht verspätete es sich. Gab es das? Zwischen den Bäumen funkelten auch keine Wolfsaugen. Der verfluchte Wolf hatte sich seit gestern nicht mehr gezeigt. Dabei war sie so nahe an ihm dran gewesen. Und dann war er einfach verschwunden, ohne irgendeine Form von Botschaft. 

Sie versuchte es mit Meditation, erwischte sich aber dabei, wie sie ständig die Augen aufriss und ins Dickicht starrte. Wenig später gab Nirah es auf. Den Geist voll wirrer Gedanken, sich ständig die Handgelenke reibend, schlug sie den Weg ins Dorf ein. Vor der Tür ihres Mentors atmete sie einmal ein und langsam aus. Der alte Weißhaar würde wissen, wie sie die Situation deuten sollte. Sie hob die Faust und klopfte dreimal. 



Möge das Chaos mit uns sein!
persönliches Chaosarchiv - klick
(=Schreibproben / öffentliche Rollenspiele / Ideensammlung)

Musik des Ordens - klick


Antworten

Zladune

26, Weiblich

  11. Ghostwriter

Neuling

Beiträge: 1004

Re: The Headwinds - Handlung

von Zladune am 26.10.2023 23:00

Auch nach Notos' Ankündigung blieb der alte Lehrmeister ruhig. Er wirkte keinen Deut überrascht über seine Pläne. Wie zu erwarten.
Wie der Flügelschlag eines Drachen, korrigierte Notos im Stillen die verständnisvollen Worte des Wächters. Dieser Inselbereich und seine ungewohnten Redewendungen. Was sollte das überhaupt bedeuten? Die meisten Vögel waren weder sonderlich rastlos noch schnell? Er war sich nicht sicher, ob das eine der Weisheiten der Älteren war oder ob sich Nirahs Mentor ein Wortspiel auf Kosten seines Erkennungsnamens gönnte. Wie dem auch sei, er versuchte sich den sachten Hauch von Verwirrung nicht anmerken zu lassen.

Er scheiterte kurz darauf. Als der ältere Mann nähertrat, wartete Notos wie befohlen geduldig, ohne sich zu regen. Womit er nicht gerechnet hatte, war die Hand, die mit sanften Druck auf seiner Schulter landete. Nur allmählich löste sich die vorsichtige Anspannung, die ihn beim Anblick des erhobenen Arms befallen hatte. Stattdessen schmunzelte er verhalten. Tatsächlich erinnerte ihn dieses Verhalten ein wenig an Lux – selbst wenn dem Schlag eine gewisse überschwängliche Stärke und Herzlichkeit fehlte. Dennoch...eine befremdlich freundschaftliche Geste für einen Mentor und Wächter seines Ranges. Oder?

Falls der Lehrmeister sein inneres Hadern bemerkte, so sagte er nichts dazu. Stattdessen sprach er einfach weiter. Wärme blitzte in Notos' Augen auf, als der alte Lehrmeister die Kinder erwähnte. Unwillkürlich begann er zu lächeln. Ein Lächeln, welches keinen Moment später von einer schwer deutbaren Nachdenklichkeit umhüllt wurde. Unter anderen Umständen hätte er angefragt, länger bleiben zu können. In einem anderen Leben wäre er hier vielleicht sogar geboren worden. Hätte als Krieger an der Seite dieser Leute gestanden. Vielleicht wäre er sogar selbst Mentor geworden und hätte mehr Zeit mit den Kindern verbringen können. Hätte ihnen beim Lernen helfen können. Sie beim Aufwachsen begleiten können.

Es war unmöglich.
Notos unterdrückte ein Seufzen. Lächelte lediglich. Ein wenig matt. Aber neben der Schwermut fand sich auch eine beinahe zufrieden wirkende Akzeptanz in seiner Stimme: „Ich habe vermutlich keinen bleibenden Eindruck hinterlassen, um wirklich länger vermisst zu werden." Im selben Moment, als er diese Worte aussprach, hätte er sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Sofort senkte er den Kopf, vermied einen direkten Blickkontakt mit dem Wächter. Was war los mit ihm? Er hätte den Unwissenden spielen sollen. Jetzt hatte er mehr oder weniger verraten, dass es stimmte, dass er Zeit mit seinen jungen Schützlingen verbracht hatte. Er konnte nur hoffen, dass dies keine Nachfolgen für sie haben würde. Sein Mentor hätte diesen Fehltritt niemals geduldet. Einfach so Informationen preiszugeben. Der Abend mit Nirah hatte ihn wohl gesprächig gemacht.

Nirah. Notos ließ die Schultern sinken. Nein, sie würde ihn am allerwenigsten vermissen. Und dennoch... Seine Gedanken wanderten zu dem kleinen Objekt in seiner Tasche. Er schluckte befangen. Dann versuchte er mit einem aufmunternden Lächeln die Konversation mit dem alten Wächter zu Ende zu bringen. Der sich weiterhin in eine befremdliche Freundschaftlichkeit hüllte. Und sich sogar vor einem Fremden wie ihn verbeugte? Notos erwiderte hastig die Geste, schaffte es aber nicht, die stumme Verwunderung gänzlich zu verbergen.

 

Er verstand es nicht ganz. Weder das ungewohnte Verhalten des Dorfwächters, noch dessen Sorge für einen Außenseiter wie ihn. Nicht jeder war ihm wohlgesonnen und er zog Aufmerksamkeit auf sich? Seine Mundwinkel verzogen sich etwas. „Ich bin es gewohnt.", gab er mit dem Anflug eines schiefen Grinsens von sich. Verriet dabei nicht, auf welche Aussage des Lehrmeisters er sich bezog. „Aber ich danke für die Warnung", meinte er aufrichtig. "Ich werde sie so gut wie mir möglich beherzigen."

Das war es dann wohl. Inzwischen entspannter als zuvor blickte Notos dem Mann dankbar lächelnd hinterher. Er hatte erledigt, weshalb er gekommen war. Langsam drehte er sich um. Trat einen Schritt auf die Tür zu. Und stockte. Vielleicht könnte ja er... Mit einer Hand fasste er in seine Tasche. „Ich hätte vielleicht noch ein Anliegen, wenn ich dürfte." Eine halbe Umdrehung. Ein Schritt auf den Wächter zu. Dann haderte er wieder. Eine geraume Zeit sah der den Weißhaarigen schweigend an. Und zog seine Hand schließlich aus seiner Tasche, ohne etwas hervorgeholt zu haben. Zeig dich ihr selbst, bevor du gehst, du Feigling! Ein ergebenes Seufzen erklang, bevor Notos dem Lehrmeister wieder in die Augen sah. Ein sanfter Ausdruck umspielte sein Lächeln. „Nirah ist... eine bemerkenswerte Person. Ihr könnt stolz darauf sein, ihr Mentor sein zu dürfen. Passt gut auf sie auf."

Notos nickte respektvoll, bevor er sich endgültig umwandte und zur Tür schritt. Er war gerade im Inbegriff den Türgriff zu nehmen, als ein Klopfen erklang. Dann ein zweites. Und noch während das dritte leise im Raum erklang, öffnete er mit leisem Knarzen die Tür.

Oh. Die Person kannte er. Notos blinzelte verdattert. Dann begann er freudig zu strahlen: „Nirah?" Noch im selben Augenblick war das eben geführte Gespräch vollkommen in den hintersten Winkel seines Kopfes geschoben. „Ich dachte, du schläfst noch." Ja, was tat sie eigentlich so früh hier? Obwohl... Sein Blick huschte zu dem alten Wächter, dann wieder zu der Rothaarigen. Hatte deswegen ihr Lehrmeister so ausgesehen, als ob er jemanden erwarten würde?

Sofort schlich sich eine gewisse Eile in Haltung. „Verzeih. Ich werde dich nicht lange aufhalten. Es ist nur..." Verhalten rieb er sich den Nacken. Großartig angefangen, Notos. Unsicher presste er die Lippen aufeinander, bevor er einmal tief Luft holte. Ein schwacher Versuch, um sich zur Ruhe zu zwingen. Es gelang ihm zumindest teilweise. „Ich würde gerne gleich aufbrechen wollen. Das bedeutet..." Er lächelte betreten: „Das hier ist wohl Abschied?"



Antworten Zuletzt bearbeitet am 27.10.2023 19:01.

Saphyr

26, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Eventmanager

Neuling

Beiträge: 1006

Re: The Headwinds - Handlung

von Saphyr am 28.10.2023 00:48

Durch die Tür kam nicht der gewohnte Laut von Zustimmung. Stattdessen bewegte sie sich wie von alleine. Ein Gesicht mit einem hellen Haarschopf erschien. Ihm fehlten die Falten, auch wenn das Haar nahe an den richtigen Farbton heran kam. Nirah blinzelte. Sie öffnete den Mund und starrte einfach nur. Ihre Miene verfinsterte sich umgehend. 
Notos. Wieso war er noch hier? Und warum war er von allen möglichen Orten, genau dort wo sie hin wollte? Im Weg. Als stünde er zwischen ihr und ihrem Schicksal. Sie tippte mit einem Finger auf ihren Oberarm. Auf und ab. Notos erklärte, ohne Luft zu holen, dass er gleich gehen würde. Sein ganzer Körper schrie nach Aufbruch. Er konnte ja kaum seine Füße still halten.
"Ach, Abschied." sagte sie schnippisch. "Hast du denn Zeit dafür? Ich dachte du hast es eilig. Aber welch ein Glück, dass wir uns noch einmal zufällig über den Weg laufen. Der Weg zu den Quartieren ist ja so schrecklich weit."

Er wäre gegangen. Ganz sicher wäre er gegangen ohne sich zu verabschieden. Er sollte eigentlich längst weg sein, auf und davon. Sie knirschte mit den Zähnen und einen Moment lang sahen sie sich stumm an. Es wäre besser gewesen, wäre er einfach gegangen. Nirah zog die Arme enger um sich. Im Hintergrund sah der alte Weißhaar einmal auf, sah sie an und widmete sich dann wieder seinem Tisch. Sie stieß die Luft aus. "Das ist der Abschied. Jetzt geh endlich." bestätigte sie deutlich gedämpfter. Sie machte einen Schritt zurück und winkte ihn hinaus. Ein weiterer Blick. "Gute Reise. Und möge die Mutter, dich leiten." würgte sie hervor und ihre Stimme quietschte passend zur Tür. "Nirah." ertönte es hinter Notos sanft. "Ist ja gut!" fauchte sie. Ihre Kehle wurde enger.

Unvermittelt drehte sie sich um und zeigte Notos den Rücken. Sie schluckte mehrmals. Dann machte sie ein paar schnelle Schritte, erstarrte, ballte die Fäuste, ging zurück und schnappte sich Notos' Handgelenk. Zu Boden sehend, zog sie ihn aus dem Türrahmen nach draußen. Die Tür schwang knarrend hinter ihm zu. So stand sie vor ihm. Und schwieg. Den Kopf zur Seite gedreht, die Augenbrauen tief über ihren Augen, sah sie nur die Holzwand. "Ich..." Sie räusperte sich einmal, zweimal. "Ich wünsche dir eine gute Reise." murmelte sie. Es war ernst gemeint. Sie hoffte wirklich, dass sie zu seiner sicheren Heimkehr beigetragen hatte. Sie hoffte das restliche Gift würde ihm keine Probleme machen. Und sie hoffte, dass... Sie schluckte wieder. "Viel Glück." Das war alles. Sie konnte nicht mehr sagen. Ihre Füßen waren derweil am Boden festgewachsen. Ihr Hals war wie zugeschnürt und kein weiteres Wort fand hindurch. Nicht, dass es überhaupt Wörter gab die nach draußen wollten. 
Nirah stand einfach da, den Blick eisern abgewandt und regungslos. In der Hoffnung entweder sie oder Notos mochten plötzlich spontan verschwinden. Die Erde könnte sie verschlucken. Doch diesen Wunsch konnte wohl nicht einmal die heilige Mutter höchstpersönlich erfüllen. Also würde sie hier stehen. Und warten. Bis Notos wortlos ging. Wie er es längst hätte tun sollen. 


Möge das Chaos mit uns sein!
persönliches Chaosarchiv - klick
(=Schreibproben / öffentliche Rollenspiele / Ideensammlung)

Musik des Ordens - klick


Antworten
Erste Seite  |  «  |  1  ...  8  |  9  |  10  |  11  |  12  ...  16  |  »  |  Letzte

« zurück zu allen Themen