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– Kopf oder Zahl –

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Nywuh
Gelöschter Benutzer

Re: – Kopf oder Zahl –

von Nywuh am 18.08.2017 01:37

Kapitel 2
Voll süß, aber...


›Ardy‹
Eine gefühlte Ewigkeit saß ich auf dieser einen Bank inmitten des Parks. Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren, sodass ich die Stunden nicht hatte zählen können. Sodass ich nicht wusste, wie spät es gerade war. Erst, als die Sonne sich langsam über der Kölner Skyline erhob und sich minder hinter vereinzelten Wolkenpartikeln versteckte, konnte ich ahnen, dass der Morgen angebrochen war und ich die Stunde Sechs erreicht hatte. Tief atmete ich durch, sammelte ein letztes Mal meine Gedanken, meine Kraft, meinen Mut. Ich riss mich zusammen und setzte den Rückweg an. Es dauerte noch ein wenig, bis die zuvor krampfhaft ignorierte Kälte in meinen Körper kroch und ich bitterlich zu frieren begann. Ein Blick in das nächste Fenster eines Gebäudes am Straßenrand verriet meinem plötzlich erschrockenen Ich, dass meine Lippen bereits blau waren und mein Leib unaufhörlich bebte. Mir wurde klar, dass ich schleunigst nach Hause musste. Doch der Weg in's wärmende Heim schien unendlich. Dann aber ragte mir das ersehnte Wohnhaus entgegen. Schnelleren Schrittes ging ich darauf zu, blieb schließlich vor der Haustür stehen. Ich hatte große Schwierigkeiten dabei, den rettenden Schlüssel aus meiner Hosentasche zu kramen. Meine Finger waren so eisig, dass es sich beinahe so anfühlte, als würde ich mich am Eisen verbrennen. Scharf sog ich die Luft ein, schluckte. Dann aber beeilte ich mich, flüchtete hinauf, in unsere Wohnung, wo mir die Hitze förmlich in's Gesicht sprang. Bedacht, leise zu sein, schleppte ich mich in mein Zimmer, wo ich mich achtlos auf mein Bett warf, mich in die kuschelige Decke einrollte. Ob Taddl wohl schon schlief? Oder ob er auf mich gewartet hatte? Die ganze Nacht lang? Eilig vergrub ich mein Gesicht im fluffigen Kissen. Als könne ich damit all diese Gedanken verbannen. Ersticken. •Hör' auf damit, Ardian! Bleib verdammt nochmal stark! Du darfst jetzt nicht aufgeben. Kämpf' einfach weiter..• Kurz bevor sich mein Körper endgültig darauf eingestellt hatte, mich in den Schlaf zu wanken, zuckte ich kraftvoll zusammen, als ich spürte, wie die Matratze lautlos hinter meinem Rücken nachgab. Mein Herz raste wie verrückt, doch meine Augen blieben geschlossen. Ich wusste, was das war. WER das war. Taddl. Nur zwang ich mich dazu, einfach abzuschalten. Oder.. vielmehr dazu, es zu versuchen. Nun gut.. Sagen wir: ich stellte mich einfach schlafend. »Ardy..«, erklang eine bassige, aber verwunderlich weinerliche Stimme ganz leise. »Es tut mir so leid!«, dann ein klägliches Schluchzen. Er weinte. Wegen mir? Wegen ihm? Wegen uns? Ich hatte keine Ahnung. Keine Ahnung, was ich davon halten sollte. Nach längerem Zögern, und dem Lauschen der traurigen Geräusche meines besten Freundes, drehte ich mich auf den Rücken, setzte mich darauf folgend auf und sah dem Blonden direkt in die eisblauen Augen. Still schweigend überstand ich den langanhaltenden Moment, in welchem wir uns lediglich anstarrten. Ich sah zu, wie die Nässe unaufhörlich die Wangen und das Kinn des Jüngeren befeuchteten und seine Hände sich immerzu in meine Bettdecke krallten. Es rührte mich nicht, ihn so zu sehen. In keinster Weise. Wahrscheinlich weil ich mich im nächsten Moment in seinen Augen verlor, auf nichts anderes mehr achtete, als diesen wunderschönen Glanz im kraftvollen Hellblau dieses Merks. »Ich.. Ich..«, Taddl scheiterte jämmerlich daran, Worte zum Anfang eines Gesprächs oder einer Erklärung zu finden. »Glaub' mir.. Ich hasse dich nicht. Ich find' dich jetz' auch nicht eklig oder so. Ich.. weiß auch nicht, warum ich nichts gesagt oder gemacht habe. Ich konnte einfach nicht. Ich wollte, aber ich konnte nicht! Es tut mir so verdammt leid, Ardian.«, ich biss mir auf die spröde, noch immer kalte und blaue, Unterlippe. Ich glaubte ihm. Jedes einzelne Wort. Doch nun war ich derjenige, der keine Stimme fand. Ich wandte den Blick ab, sah auf meine Hände, die wirr miteinander rangen. »Es ist okay, Taddl.«, würgte ich mühselig in meiner kleinen Verzweiflung heraus. Daraufhin senkte sich mein Kopf nur noch mehr. »Nein, eben nicht!«, wehrte er sich gegen meine Beschwichtigung. »Ich weiß, dass ich dich mit meiner Reaktion verletzt habe..«, begann er. Ohne aufzusehen hörte ich ihm zu. »Und.. Ich will dich nicht verletzen. Du bist doch mein Brudi! Was, wenn ich jetzt irgend so eine Kettenreaktion ausgelöst habe und dich in Zukunft immer und immer wieder verletze? So lang' bis ich..«, nach diesem kurzen, unsinnigen Geschafel stockte er plötzlich, blieb für eine Minute still. Genau dann sah ich auf, runzelte besorgt die Stirn und wollte etwas sagen, doch ich wurde unterbrochen. Innerlich seufzte ich erleichtert auf. »Ich.. Ich hatte so 'ne Angst dich verloren zu haben!«, wimmerte er und brach erneut in einem Wall von Tränen aus, wo er doch gerade erst Beruhigung gefunden hatte. Von nun an sprach ich nicht mehr. Ich rückte näher an ihn heran, nahm ihn in den Arm und vergrub das Gesicht in seiner Halsbeuge. Er tat es mir gleich, umklammerte mich. »Scheiße man.. Ich will meinen besten Freund nicht verlieren!«, nuschelte er dumpf gegen meine Schulter. Ich festigte meinen Griff um ihn. Nun hatte er es geschafft. Definitiv. Denn auch mir stand mittlerweile die Nässe in den Augen. »Ey, Taddl.. Das wird nicht passieren, okay? Egal, was auch passiert. Ich hab's dir schon damals gesagt. Kapier's endlich.. Du wirst mich nicht mehr los!«

 

Mein Visier ist beschlagen.
Kopf und Kragen fragen jeden Tag,
wie es mir wohl gehen mag.

Ich sage nichts.

Schließ die Augen.

Atme ein.

Zähl' bis zehn.

Atme aus.

Augen auf.

Wie soll es mir schon geh'n?

Ich hab' lahme Arme,
das Gewehr ist so schwer.

Überall wird scharf geschossen,
doch mein Magazin ist leer.

Selbst für den, der den
Gegner in Schach hält.

Doch wenn es hart auf hart kommt,
werden die Beine nicht mehr weich.

Weil ich endlich wieder klar komm',
weil kein Zweifel mich beschleicht.

Du nimmst mir die Angst.

Mein Blaulicht.

Mein Alarm.

Meine Ambulanz.

Du nimmst mir die Angst.
Nicht komplett, doch so viel,
wie du tragen kannst.

Du hast zum Äußersten gegriffen,
und mein Innerstes erreicht.

›Taddl‹
Ich spürte seine Arme um mich. Spürte seine Wärme. Seinen Atem. Spürte, wie mein Körper sich ein weiteres Mal in so kurzer Zeit allein' durch seine pure Nähe vollkommen beruhigte. Ich hatte ihn bei mir. Meinen Brudi. Mein Ardymon. Es ging ihm gut. Er verzieh mir. Deutete mir, dass alles gut sei, ich ihn niemals verlieren würde. Er machte all meine Ängste und Sorgen der vergangen Stunden zunichte. Und in genau diesem Moment war ich die glücklichste Nudel der Welt. »He, wollen wir schlafen gehen? Ich bin hundemüde und mir is' arschkalt.«, raunte die Stimme des Kleineren an mein Ohr. Ich bejahte diese Frage nur nickend. Wir lösten uns voneinander. Während Ardy nun doch endlich einmal begann, sich von den Alltags-Klamotten zu befreien, räkelte ich mich genüsslich gähnend, grub mich unter seine Decke und schloss die Augen. »Äh.. Taddl? Du weißt schon, dass das hier MEIN Bett ist, ja?«, ich konnte mir seinen Gesichtsausdruck haargenau ausmalen. Wie er halb lag, halb saß und irritiert auf den großen Haufen von Bettdecke hinab starrte, eine Augenbraue fragend in die Höhe gezogen und die Stirn stark gerunzelt. Ich grinste breit. »Jo.«, gab ich eine knappe Antwort. Hätte ich mehr gesagt, hätte er wohl herausgehört, dass ich mich köstlich über das Bild vor meinem inneren Auge amüsierte. »Willst.. du dann nicht in dein Zimmer gehen?«, scheinbar versuchte Klein Ardymon mich loszuwerden. Aber.. nein. Den Triumph würde ich ihm nicht gönnen. »Zu faul.«, gähnte ich. »Außerdem ist dir doch eh kalt.«, daraufhin hörte ich bloß noch ein verächtliches Schnauben und das Geraschel des Bettzeugs, ehe ich feststellen musste, dass er sich nicht hinlegte, sondern aufstand und das Zimmer verließ. Ich lugte unter der Decke hervor. Vollkommen verwirrt. Ich starrte durch die Dunkelheit hindurch, direkt auf die geschlossene Tür des Raumes. Was zum.. ? Ich schüttelte den Kopf. Typisch. Bloß nicht mit mir in einem Bett schlafen. Pah! Ein letzter Seufzer, ehe ich mich unbekümmert einlümmelte und mich in den Schlaf träumte, anstatt mir weiter Gedanken über das Geschehene zu machen. Sicherlich wollte er nur nicht mit mir in einem Bett schlafen, weil ich mich während meiner Ruhezeit so breit machte, wie er sich andauernd darüber beschwert hatte, wenn wir uns einmal eine Matratze teilen mussten. Ja – mit Sicherheit.

Ich trag' meine Vergangenheit mit mir
rum, wie Dreck unter den Nägeln
und mein Tagebuch widert mich an.

Ich zerreiß' alle Seiten,
und versuch zu vergessen,
dass ich dich nicht vergessen kann.

Meine Gedanken häng'
wie Trauerweiden in der Luft.
Und die Schwalben fliegen wieder tief.

Dann seh' ich deine Silhouette am Horizont.

Da war das Monster,
das so lange schlief..

Du tauchst in mein Leben,
und ich spür', wie es sticht.

Wie all' meine Hoffnung
an den Worten zerbricht.

Du tauchst in mein Leben,
schürst auf's Neue die Glut.

Und meine älteste Narbe
spuckt wieder Blut.

Es tut wieder weh!

Ich will raus hier,
doch ich weiß nicht wie.

Es tut wieder weh!

Und mein Stolz geht
vor mir auf die Knie.

Es tut wieder weh!

Noch mit den Füßen im Feuer würd' ich schwörn',
es ging mir nie besser, doch die Lüge ist kein Triumph.

Ich verteidige mein Wort schon
seit Jahren bis au'fs Messer,
doch das Messer wird mir langsam stumpf.

›Ardy‹
Ich konnte es nicht. So stark mein Wille, all diese scheiß Gefühle, Bilder und Gedanken zu unterdrücken, auch war.. Ich konnte es einfach nicht. Die brüderliche Umarmung und der starre Blickkontakt zuvor waren noch erträglich gewesen. Doch mit ihm in einem Bett schlafen, ihn ruhig daliegen zu sehen, atmen zu hören und seinen wohligen Duft ertragen zu müssen, würde mich wahrscheinlich um den Verstand bringen. Ich wollte nichts riskieren. Weiterkämpfen. So flüchtete ich ein weiteres Mal vor ihm. Diesmal führte mich der Weg in sein Zimmer. Vor seinem Bett blieb ich stehen. Auch hier schwirrte sein Geruch herum, doch es wäre allemal erträglicher, als direkt neben ihm zu liegen und vor Sehnsucht und Verlangen schon Suizidgedanken auszutüfteln... Lautstark atmete ich ein – aus. Dann zog ich mich bis auf die Unterwäsche aus und kroch unter den wärmenden Stoff. Kraftvoll musste ich gähnen. Ich war hundemüde. Und ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es bereits sieben Uhr war. Also schloss ich einfach nur die Augen, im zügigen Fortschritt in einen sanften Schlaf.

[Derselbe Tag - 12:00 Uhr]

»Aaaaaaaaardyyyyyyyy~ «, umspielte ein melodischer Klang langgezogen mein Ohr. Ich schmunzelte wohlig in meinen Halbschlaf hinein. »Aaaaardiaaaaaaaan~ «, wäre ich eine Katze, hätte ich mit Sicherheit lautstark das Schnurren begonnen. »ARDY! GOTTVERDAMMTER.. ! JETZT WACH ENDLICH AUF DU DUMMES STÜCK SCHEISSE!«, und BAMM – guten Morgen, Fußboden! Ich fühlte mich, wie ein alter, drei Mal überfahrener Maulwurf, der am hellichten Tage auf einem wild gewordenen Warzenschwein ritt. Mein Kopf dröhnte, mein rechter Arm schmerzte und meine Augen versuchten sich krampfhaft an das unglaublich grelle Licht der Welt zu gewöhnen. Dies geschafft, sah ich direkt in das wunderschöne Gesicht eines... Spasten. Rewi strahlte mir mit einem breiten, triumphierenden Grinsen entgegen. Aha. Soso. Da hatte wohl jemand sein Ziel erreicht. »Wxxr...«, knurrte ich wütend, rieb mir abermals über die Lider. »Was willst du von mir?«, er konnte nun wirklich nicht allen Ernstes erwarten, nach einer solchen Aktion mit guter Laune begrüßt zu werden. Erst recht nicht, weil er eigentlich bereits wissen müsste, dass ich es verabscheute, geweckt zu werden. Und dann auch noch schmerzhaft? Hmpf. Ich hatte mich mittlerweile aufgesetzt und lehnte nun mit dem Rücken am Bett, während ich entgeistert zu ihm aufsah. »Wird einfach nur mal Zeit, dass du langsam aufstehst, du Huansohn!«, whoa. Super. »Verpiss' dich, Junge! Meine Fresse..«, ja, ich hatte die beste Laune! Langsam rappelte ich mich in die Höhe, stieß Sebastian unsanft in Richtung Tür, die ich hinter ihm mit Schwung in's Schloss fallen ließ. »Naja.. Wenn ich schon wach bin, kann ich ja auch gleich..«, ich unterbrach mich selbst mit einem herzhaften Gähnen. Ich beließ es dann auch dabei, dass ich still blieb. So sammelte ich mir stumm Anziehsachen aus dem Schrank zusammen, bevor ich mich in's Bad begab. Der Anwesenheit Rewi's und den Bruchstücken des Gespräches zwischen ihm und Taddl nach zu urteilen, war dieser nur in unserer Wohnung, um uns zum Longboarden und darauf folgendem „Frühstück" abzuholen. Wie aufregend. Durch den Anblick dieser Visage am „frühen Morgen", dem „sanften Weckruf" und die „liebevoll gesprochenen Worte" war ihm doch glatt der Appetit vergangen.


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Songs: 
• Jennifer Rostock - Du nimmst mir die Angst
• Jennifer Rostock - Es tut wieder weh

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Nywuh
Gelöschter Benutzer

Re: – Kopf oder Zahl –

von Nywuh am 18.08.2017 01:32

Kapitel 1
Das war ein schwacher Start!


›Taddl‹
»Ich bin schwul!«, knallten mir seine Worte abertausende Male ohne Erbarmen in's Gesicht. »Warte.. Du.. WAS?!«, mein Gehirn wollten sie jedoch scheinbar nicht so gern' erreichen. Erst, nachdem er sich wiederholte, ratterte es allmählich in meinem Schädel. »Du hast schon richtig gehört. ICH–BIN–SCHWUL!«, die kleinen Zahnräder bewegten sich schwerfällig aus ihrer Starre. Schufteten im dichten Qualm und versuchten, sich aus all dem Staub zu befreien. Heilige Nudel.. Mein bester Freund war fi-fa-fucking schwul! Nicht, dass ich etwas dagegen hätte, oh nein.. aber.. WTF? Ich hätte wirklich niemals in meinem gesamten Leben auch nur im Ansatz – nicht einmal für den Bruchteil einer Sekunde – darüber nachdenken können, dass es jemals so sein könnte, wie es.. nun mal war. Anders, als er es stets behauptet hatte. Plötzlich riss mich ein sich immer wieder wiederholendes Schnippen aus der Gedankenwelt. Ardy fuchtelte mit einer Hand vor mir herum. Hinter dieser erkannte ich ein mehr als besorgtes und ängstliches Gesicht. »Sag' doch bitte was dazu! Sonst werd' ich den Gedanken nicht los, du hättest was dagegen.«, seine Stimme zitterte. Er kaute sich nervös auf der Unterlippe herum. Zu gern' hätte ich ihn beruhigt, aber mein Körper war einfach nicht imstande, die Muskeln meines Mundes zu bewegen, Worte zu formen und auszusprechen. Also verblieb ich in dieser Schockstarre, sah ihm weiterhin einfach nur in die Augen. Um ehrlich zu sein wusste ich auch gar nicht, was für einen Gesichtsausdruck ich derzeit hatte. Wollte ich das überhaupt wissen? Vermutlich nicht.. Denn so, wie Ardian dreinblickte, hatte ich definitiv kein beschwichtigendes Lächeln auf den Zügen. »Taddl.. Bitte..«, gebrochene, heisere Stimme, gefolgt von einem schweren Schlucken. Oh fuck.. Junge, nun sag' doch endlich was! »A..«, okay. Erster Buchstabe des Alphabets. Nichts ausdrucksstarkes, aber immerhin etwas. Ein Anfang. Und nun? War's vorbei. Weiter wollte meine Stimme nicht. Sicherlich denkt man sich jetzt, ich hätte, statt zu sagen, auch einfach etwas tun können. Aber.. Nein. Fehlanzeige. Ich war gänzlich gelähmt. Zu meinem Missfallen. Es zerriss mir beinahe das Herz, Ardy so zu sehen. Er war verletzt. Sehr verletzt. Darüber, dass ich nichts sagte, machte. In seinem Kopf malte er sich in diesem Moment vermutlich ungeheure Dinge aus, die ich in meinem eigenen herum schwirren hatte. Höchstwahrscheinlich war er der Meinung, ich würde ihn nun hassen, abartig finden. Doch wie könnte ich jemals derartig empfinden? Besonders ihm gegenüber. Nichts in aller Welt würde solche Gefühle ihm gegenüber in mir aufbringen. Ja nicht einmal, wenn er vor meinen Augen ein verfaultes Tier essen würde! Gut.. Das war jetzt kein sonderlich guter Vergleich, aber.. Herrje. Ich schweife vom Thema ab.. »Oke..«, es war nur der Hauch von einem Laut, der Ardy's Mund entwich. Ein einziger Laut, der erneut ein Schwert in meine Brust rammte und mein Herz zerfetzte. Ich atmete schwer. Der Schwarzhaarige vor mir drehte sich um. •Nicht doch!• brüllte mein Innerstes. •Geh' nicht! Fck..• letzten Endes hörte ich nur noch eine Tür, die in's Schloss fiel. Meine Augen bewässerten sich. Hals und Mund waren die Wüste selbst. Minutenlang verharrte ich im Flur unserer Wohnung. Gefühlt waren es Stunden. Wochen, nein.. Jahre! Was hatte ich getan?

 

Hast du den Schuss nicht gehört?

Das war ein schwacher Start!

Doch Niederlagen, Unbehagen
machen Schwache stark.

Alles im Griff, der rote Faden
ist aus Stacheldraht.

Wundbrand & die Wut
um dein Spiegelbild.

Ohne Verband wird die
Blutung wohl nie gestillt.

Die Hände in den Taschen
stets zur Faust geballt.

Für jeden Makel einen Nagel
in die Haut gekrallt.

Gehst du aus dir heraus,
dann legst du Brotkrumen aus.

So findest du jeden Abend
deinen Weg nach Haus.

Doch der Heimweg ist dunkel
& mit Schuld behaftet.

Wenn du in dich gehst,
dann geh' nicht unbewaffnet!

›Ardy‹
Er sagte nichts. Er regte sich nicht. Wirkte, als starre er nicht mich an, sondern die Wand, die sich direkt hinter mir befand. Es tat weh. Es tat so verdammt weh! Alles in meinem Körper verdrehte sich. Mir war speiübel, meine Augen brannten höllisch und mein Herz lief Amok in meiner Brust. Doch ich zwang mich, die Tränen zurück zu halten. So lang war ich stark geblieben. So stark, dass ich nicht gleich mit der gesamten Wahrheit heraus platzte und all meine Gefühle preisgab – stattdessen klein anfing. Also würde ich auch das schaffen. »Oke..«, wisperte ich zittrig und so leise, dass mein eigener Herzschlag die Worte, die ich sprach, übertönte. Wieder einmal schluckte ich schwer, dann flüchtete ich aus der Wohnung. Ich musste weg. Einfach weg. Weg von ihm. Seine Reaktion verarbeiten. Gedanken sortieren und mich beruhigen. Ich lief die Straßen entlang. Ohne irgendein bestimmtes Ziel zu haben. Langsam fuhren meine Finger durch die Haare auf meinem Kopf, die sich am heutigen Tage ausnahmsweise einmal nicht unter einer Cap versteckten. Gerade jetzt hätte ich sie mir ausrupfen können. Allesamt. Mit einem tiefen Atemzug ließ ich die Arme sinken, vergrub die Hände in den Taschen meiner dunklen Jeans. Dann sah ich auf, bemerkte, dass ich in den nahe gelegenen Stadtpark gelaufen war. Mein Tempo verringerte sich, mein Blick huschte prüfend umher. Schließlich ließ ich mich auf einer einsamen Bank nieder, stützte die Ellenbogen auf den Knien ab und vergrub mein Gesicht in den Innenflächen meiner Hände, bevor ich mich im Labyrinth meiner Gedanken verirrte. •Er hasst dich nicht! Das könnte er nicht. Nie und nimmer. Du bist sein bester Freund. Sein Brudi. Sein Ardymon! Es gibt eine einfach Erklärung für seine Reaktion. Ja.. Das.. Die muss es geben! Er hat nichts gegen Schwule. Hat er doch immer gesagt. Oder? Ja. Hat er. Klar. Und Deutlich. Aber was, wenn das nur war, damit die Community.. ? Unsinn! Er beteuert immer, ihm wäre jegliche Art von Hater egal! Also.. Auch diese Art, richtig? Richtig! Komm klar, Ardy, man. Er findet dich deswegen doch jetzt nicht widerlich oder so..• erschöpft lehnte ich mich zurück, legte den Kopf in den Nacken und schob die Lider meiner Augen wieder auseinander. Zu viele Gedanken. Viel zu viele davon.. Ich wusste bereits seit einigen Jahren, dass ich vom anderen Ufer war. Warum ich immer das Gegenteil behauptet hatte? Ich wusste es selbst nicht so genau.. Vielleicht aus Sorge, ich könnte von meinen besten Freunden abgestoßen werden. Vielleicht auch aus Angst.. vor mir selbst. Wirklich; ich wusste es nie. Ebenso wenig war ich mir bewusst, wie ich auf den Gedanken gekommen war, gewisse Gefühle für jemanden zu hegen. Gefühle, die nicht sein sollten. Gefühle, die ich nicht haben wollte und verbergen musste. Wollte. Sie waren noch zu frisch, um es genauer zu erklären.. Bevor ich irgendetwas darüber sagen, geschweige denn es jemanden merken oder wissen lassen konnte, musste ich mir selbst darüber im Klaren sein, wie ich all das überhaupt zuordnen, damit umgehen sollte. Ich brauchte einfach noch mehr Zeit.

›Taddl‹
Endlich hatte ich es geschafft, mich vom Fleck zu bewegen. Mehr oder minder. Ich saß auf dem Boden. Im Flur, an der Wand, neben der Tür, durch welche mein bester Freund vor etwa zwanzig Minuten geflüchtet war. Ich hatte die Arme um meine Beine geschlungen und das Kinn auf den Knien gebettet. In dieser Haltung starrte ich in's Nichts. In meinem Kopf herrschte Leere. Plötzlich hörte ich Schritte im Hausflur. Danach das Kratzen eines Schlüssels am Schlüsselloch unserer Wohnungstür. Ich sah augenblicklich auf, hastete erschrocken zur Seite, als der besagte Durchgang schwungvoll aufgerissen wurde. So saß ich, mit der Vorderseite direkt den Gestalten gegenüber, auf dem Boden, stützte mich notgedrungen mit den Händen auf diesem ab, um nicht nach hinten zu kippen. Auch die zwei Menschen, die gerade eingetreten waren, schienen relativ erschrocken. So, als hätten sie nicht damit gerechnet, dass jemand zu Hause sei. „Oh.. Äh.. Hey. Wir wollten dir und Ardy eigentlich nur ein paar Spiele und 'ne Tüte Chips klauen. Wussten nicht, dass hier noch.. Uhm.. T.. Taddl? Was zum Teufel machst du hier auf dem Boden?", diese Stimme gehörte definitiv zum Ungeheuer! ›Was? Taddl? Auf dem Boden?‹, und Dner. ›Ich.. Ich geh schon vor, Simon. Klärt ihr das mal.‹, damit stahl sich Felix davon. Kurz darauf trat der Veganer ein, schloss die Tür hinter sich und reichte mir die Hand. „Komm.. Lass in's Wohnzimmer gehen. Ist gemütlicher als der Boden.", ich nickte nur stumm und rappelte mich langsam auf, ohne jedoch seine Hilfe anzunehmen. Wie benommen torkelte ich aus dem Flur, ließ mich auf der Couch nieder und senkte den Blick direkt zu Boden. Simon ließ sich neben mir nieder. „Also? Was is' los? Du weißt, dass du mit mir reden kannst.", erneut nur ein Nicken meinerseits. Ich sammelte mir angebrachte Worte im Kopf zusammen, um daraus passende und verständliche Sätze zu formen. Die Zeit verging, doch mein Nachbar wartete stumm. Mit einer Geduld aus Stahl. Wie dankbar ich ihm dafür doch war, dass er mich nicht hetzte und mir alle Zeit der Welt ließ. »Ich hab' Scheiße gebaut, Simon. Ich hab' 'nen riesen Fehler gemacht und jetzt is'er weg..«, ich stützte die Ellenbogen auf den Knien und vergrub mein Gesicht in den Handflächen. „Wer? Ardy?", fragte der junge Mann mit den Dreadlocks ruhig. Ich nickte bejahend. Vorsichtig glitten meine Hände an die Seiten meines Kopfes, hielten ihn so weiter in seiner Position. Keine Sekunde lang' sah ich auf, starrte lediglich auf den Boden vor mir. »Ardy hat mir da was anvertraut und.. Also was richtig wichtiges und ich.. Ich Idiot hab' nichts dazu gesagt. Ich stand einfach da wie so 'ne Statue und hab' rein gar nichts gesagt!«, nun war mein Gesicht wieder versteckt. Ich spürte, wie Unge mir vorsichtig seine Hand auf die Schulter legte. Er holte Luft, zögerte aber nicht und begann direkt zu sprechen. „Es wird echt schwer für ihn gewesen sein, es dir anzuvertrauen. Erst recht, dass du so reagiert hast. Aber er wird es dir bestimmt nicht übel nehmen. Lass' ihm einfach Zeit, alles zu verarbeiten. Wenn er es für richtig hält und sich gesammelt hat, wird er schon wiederkommen. Versuch' dann einfach, auf ihn zu zu gehen und ihm zu erklären, warum du nichts getan oder gesagt hast." »Aber das is'es ja! Ich weiß nicht, warum!«, protestierte ich gedämpft. Von dort an herrschte Stille. Ich unterbrach sie jedoch irgendwann. »Was soll ich ihm sagen? Soll ich ihm etwas vorlügen, oder einfach damit ankommen, dass ich keinen blassen Schimmer hatte? Er wird mir nie im Leben glauben!«, ich hörte, wie Simon schwer seufzte. „Es ist aber besser, wenn du ihm die Wahrheit sagst.", wo er Recht hatte.. „Hör' zu, Taddl.. Versuch' einfach, dich an das, was ich gesagt habe, zu richten. Wird schon alles wieder gut bei euch. Ich gehe jetzt erstmal wieder. Dner wartet bestimmt schon.", ich nickte still, hob den Kopf und sah ihm nach. Er blieb in der Tür noch ein Mal stehen, drehte sich zu mir und sah mir direkt in die Augen. „Ich bin immer da, wenn was ist. Egal wann, wie oder wo.. Ich habe jederzeit ein offenes Ohr für dich.", er schenkte mir ein liebevolles, aufrichtiges Lächeln. Auch mir entlocke es ein schwaches Schmunzeln. »Und dafür bin ich dir unendlich dankbar, Simon.«, der Veganer hob kurz die Hand, dann verschwand er. Auch ich stand langsam auf, schlurfte lustlos in mein Zimmer, zog mich um zu Tank-Top und Boxershorts, ließ mich in mein Bett fallen und kuschelte mich in die Decke. Schlafen konnte ich jedoch nicht, obwohl es halb zwölf war und meine Lider sich anfühlten, als wären sie tonnenschweres Beton. Stunden vergingen. Ich lag wach. Ein nächster Blick auf die Uhr. Halb fünf. Ardian schien noch immer nicht zurück. Ardymon.. Wo bleibst du? Komm' zurück zu mir.. !

Der Filmstreifen hängt in
immer gleichen Schleifen fest.

Die Bilder springen wie ein Insekt,
das sich nicht greifen lässt.

Das Geschwirre macht mich irre
und es hält mich wach.

Wie unter Fieber werden
Glieder heiß, Atem kalt.

Was sich mit Widerhaken
dann in meine Laken krallt,
ist die Angst vor der Nacht
und was sie mit mir macht.

Du bist so laut in meinem Kopf
und alles dreht sich.

Ich versuch' dich zu vergessen,
doch es geht nicht!

Ich lieg' wach und bleibe ratlos.

Was soll ich tun?

Du machst mich schlaflos!

Die Stille liegt mir in den Ohren.

Es zerreißt mich.


______________________________________________________________¸.¤ª"˜¨¨
Songs:
• Jennifer Rostock - Ein Schmerz und eine Kehle
• Jennifer Rostock - Schlaflos

Antworten Zuletzt bearbeitet am 18.08.2017 01:39.

Nywuh
Gelöschter Benutzer

– Kopf oder Zahl –

von Nywuh am 18.08.2017 01:26

Ich weiß nicht, ob es hier so gut ankommt, aber ich stelle einfach mal eine FF über zwei YouTuber rein. Sie ist schon ein wenig älter und längst abgeschlossen, aber ich möchte sie trotzdem einfach mal zeigen. ^_^

Alles dreht sich um Taddl und Ardy. 
Eine wirkliche Story ist leider nicht vorhanden. Tut mir leid. °^°

Gefundene Tipp- und Rechtschreibfehler dürfen behalten werden. :3

Antworten Zuletzt bearbeitet am 29.10.2018 04:17.
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