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Re: Blutmond [Buch; FSK18]
von Siliasi am 07.06.2020 12:53Wütend stampfte ich zu meinem Wagen. Dieser Idiot! Ich hatte es die ganze Zeit gewusst, ich wusste es! Mit diesem Mann konnte man nicht reden. Er hörte weder zu, noch interessierte ihn irgendjemand sonst außer ihm. Doch mein Rudel war in Gefahr und ich war es ihnen schuldig, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um sie zu schützen. Und selbst dieser Leander Hawk konnte nicht so kaltherzig sein und das Leben aller aus seinem eigenen Rudel aufs Spiel setzen. Abrupt blieb ich stehen und sah nach oben zu einem der Fenster. Da stand er wieder. Scheinbar völlig desinteressiert sah er auf mich hinab. Aber ich hatte es gespürt, hatte die Nervosität und die Erregung gerochen. Ich ließ diesen Mann nicht so kalt, wie er mir und sich selbst vermutlich weismachen wollte. Vielleicht war das das Einzige, mit dem ich arbeiten konnte. Irgendeine Schwachstelle hatte jeder und ich musste seine finden. Es war mir dabei vollkommen egal, ob das gegen meine moralischen Grundsätze ging. Das Wichtigste war momentan, dass ich mein Rudel schützte. Koste es, was es wolle. Einer spontanen Eingebung folgend, lächelte ich zu ihm hinauf und wank zum Abschied. Dann stieg ich in mein Auto und brauste vom Gelände. Wieder auf meinem Clangut angekommen, stürmte Jones auf mich zu, sobald ich aus dem Wagen stieg. „Und?", fragte er neugierig und ich schüttelte den Kopf, biss die Zähne wütend zusammen. „Nichts. Der Typ lässt nicht mit sich reden. Kaum hatte ich meinen Namen genannt...", ich zuckte hilflos mit den Schultern. Fluchend fuhr er sich durch sein Haar. Die schwarzen Locken fielen wieder nach vorne, sobald seine Finger sie nicht mehr berührten. „Und wenn ich-", setzte er an, verstummte aufgrund meiner erhobenen Hand jedoch seufzend. „Nein. Mir fällt schon etwas ein.", erklärte ich entschlossen und schlug den Weg zu meinem Haus ein. Ich musste allein sein und über meine nächsten Schritte nachdenken. Denn eines stand fest, ich würde Leander nicht einfach so davonkommen lassen. Es war früh am Morgen, als ich aufwachte. Doch weder klingelte mein Wecker, noch drang ein Sonnenstrahl durch das Fenster auf mein Bett. Es waren innere Alarmglocken, die schrillten. Ein sicheres Zeichen dafür, dass jemand auf dem Gelände war, der hier nicht hergehörte und dem ich nicht erlaubt hatte, mein Grundstück zu betreten. Alarmiert sprang ich aus dem Bett und zwängte mich in eine Jogginghose und Stiefel. Aufmerksam schlich ich durch mein Haus, wohl darauf bedacht, keinerlei Geräusche zu verursachen. Auf den ersten Blick schien es ruhig zu sein, nichts bewegte sich. Ich schlich die Treppe hinab ins Erdgeschoss. Kopfschmerz setzte ein und ich unterdrückte ein gequältes Stöhnen. „Sieh an, sieh an! Wer beehrt uns denn hier?", hörte ich eine höhnische Stimme. Unfähig mich zu konzentrieren, blickte ich beinahe panisch um mich. Ich war nicht mehr allein. Ein Hexenmeister stand in meinem Wohnzimmer, die Hand ausgestreckt und irgendwelche Formeln murmelnd. Neben ihm ein dunkelhaariger Mann, der mich höhnisch grinsend ansah.
Schreiend sackte ich auf die Knie. Panische Hilferufe hallten durch meinen Kopf, so laut, dass ich glaubte mein Kopf würde zerbersten. Doch nicht ich war es, die starb. „B-Bastarde!", fluchte ich kraftlos. Seine Männer waren im Dorf zugange. Sie schlachteten jeden meiner Familie ab, selbst Frauen und Kinder blieben nicht verschont. Und dank seines Hexers musste ich all das am eigenen Leib miterleben, ohne selbst körperlichen Schaden davon zu nehmen. All das Klagen und Flehen brachte nichts, stattdessen gingen sie nur noch brutaler vor. Jones Gesicht flackerte vor mir auf, schmerzverzerrt und kraftlos. Dann erlosch das Leuchten seiner Augen und ich fiel in die erlösende Schwärze. Es war so ruhig. Dieser Ort war ruhig und wunderbar, warm und geborgen. Nichts drang von außen ein, denn es gab nichts außer der Dunkelheit. Nichts existierte nebenher, nichts und niemand. Doch etwas wollte mich hier wegzerren, weg von der Ruhe. Ich wehrte mich heftig. Nein, ich wollte hier nicht weg, hier war ich sicher. Doch all meine Gegenwehr nützte nichts, ich wurde strudelnd hinausgezogen. Als ich die Augen aufschlug, sah ich in grelles Licht. Es war kein Tageslicht, so viel spürte ich. Nein, das hier war kälter. Eine Leuchtstoffröhre. Stöhnend richtete ich meinen Oberkörper auf, mir dabei den Kopf haltend. Mein Kopf fühlte sich an, als wäre etwas darin explodiert. „Nicht! Bleib liegen!", zischte eine Stimme. Ich versuchte den Körper dazu, zu erkennen, ohne Erfolg. „Das Licht...", krächzte ich gequält und blinzelte ununterbrochen. Das Leuchten wurde dunkler, bis der Raum in einem Dämmerzustand lag. Aufseufzend schloss ich meine Augen. „D-Danke.", hauchte ich und fuhr mir mit der Zunge über meine staubtrockenen Lippen. Jemand führte mir etwas an den Mund und ich begann gierig das Wasser in großen Schlucken hinunter zu stürzen. Was für eine Wohltat... „Na, na! Schön langsam!", tadelte die Stimme mich sanft, „Kleine Schlucke, sonst erstickst du uns noch." Ich zwang mich, mich zu zügeln und regulierte die Menge. Nachdem ich fertig war, sank ich zurück auf die weiche Unterlage. Jemand strich mir behutsam durchs Haar. „Keine Sorge, ich beschütze dich.", hauchte er, bevor ich wieder in einen tiefen Schlaf glitt.
***
Re: Blood Obsession [Buch] [FSK18]
von Siliasi am 07.06.2020 12:39K A P I T E L III
Nervös schob ich meine Tasche wieder auf meine Schulter, da sie immerzu hinunter rutschte. Seit geschlagenen zehn Minuten stand ich nun schon vor dieser Tür und wusste nicht, was ich tun sollte. Die „Blood Obsession" war in einem der umgebauten Fabrikgebäude Chicagos Zuhause. Und ab heute würde ich zu ihnen gehören. Dennoch brachte ich es nicht über mich, zu klopfen. Neben mir tauchte ein Pizzabote auf der einen nicht ganz unbeachtlichen Stapel Kartons trug. „Haben Sie schon geklingelt?", der Junge grinste mich fragend an. Er war vermutlich erst auf dem College und wirkte unheimlich jung. „Ich... Nein, habe ich noch nicht.", erwiderte ich und sah zu, wie er auf den kleinen schwarzen Knopf drückte, der neben der Tür angebracht war. Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis ein blonder Mann die Tür öffnete. Seine grünen Augen begannen begeistert zu leuchten, als er den Lieferboten entdeckte. „Hey, die Pizza ist da.", brüllte er in das Loft hinter ihm, „Tatum, ich brauche das Geld!" Dann erst schien er mich zu bemerken. Grinsend stützte er sich mit einer Hand am Türrahmen ab. „Na hallo.", er spannte beim Sprechen seine Muskeln an und entblößte dabei seine leicht spitzen Eckzähne. Bevor ich jedoch etwas erwidern konnte, wurde die Tür noch ein Stück weiter geöffnet und Tatum Callen höchstpersönlich stand vor uns. Er hielt ein Bündel Geldscheine in der Hand und stockte kurz, als er mich sah. Allerdings fing er sich recht schnell wieder und drückte dem Jungen das Geld in die Hand, ehe er ihm die Pizzakartons abnahm und sie nach drinnen brachte. „Den Rest kannst du behalten.", der Blonde deutete auf das Geldbündel und der Junge bedankte sich überrascht, ehe er ging. „Carly Lockwood, nehme ich an?!", er grinste mich noch immer an, „Wir warten schon seit zehn Minuten darauf, dass du klopfst. Komm rein." Er ließ die Tür offen und ging ins Loft. Zögerlich folgte ich ihm.
Beeindruckt sah ich mich in dem weitläufigen Raum um und endete schließlich bei der Gruppe, welche vor einem riesigen Fernseher saß und sich ein Footballspiel anschaute. „Hey, die mit Peperoni ist meine!", rief ein Bär von einem Mann und schnappte sich einen der Kartons auf dem Tisch. „Quinn, das ist meine Pizza, man!", beschwerte sich ein anderer Hüne und nahm ihm den Karton ab. Zwischen den beiden Männern entstand eine hitzige Diskussion, welche jedoch von den anderen Männern der Runde ignoriert wurde. Stattdessen nahm sich jeder eine Schachtel und machte es sich auf einer der drei Couchen bequem. Mir schenkte niemand Beachtung. Die Männer waren zu sehr in das Spiel und ihre Pizza vertieft, als dass sie mich überhaupt wahrnahmen.
„Ehm, Jungs, wer hat die Stripperin bestellt?", wollte der schwarzhaarige Quinn dann plötzlich wissen und musterte mich neugierig. „Hä, wovon zum Teufel redest du da, Quinn?", wollte jemand von der Couch wissen und wandte sich um. Scheinbar hatte er noch etwas sagen wollen, allerdings behielt er es für sich, als er mich erblickte. Tatum tauchte irgendwoher auf und versetzte dem Mann einen Schlag auf den Hinterkopf. Augenblicklich wurde es ruhig im Raum und ich wurde von acht Männern angestarrt. Obwohl mir dabei unwohl war, vermied ich es, allzu nervös zu wirken. Die einzigen, die nicht überrascht über meinen Anblick waren, waren Tatum und der blonde Mann, der eben die Tür geöffnet hatte. „Ach ja.", murmelte dieser schließlich und erhob sich, „Tatum, das ist dein Job." Er grinste seinen Vorgesetzten an und verschränkte die Arme vor der Brust, wobei er auffordernd eine dunkelblonde Augenbraue hob. Tatum Callen sah aus, als hätte er in eine Zitrone gebissen und legte sich zwei Finger an die Nase. „Mist, das hatte ich ganz vergessen.", murmelte er. Ungläubig riss ich meine Augen leicht auf. Ich war seit Tagen dermaßen aufgeregt, dass ich mich hätte übergeben können und er vergaß mal eben, dass ich ab heute zu seiner Einheit gehörte?! Ich wusste nicht, ob er mich auf den Arm nehmen wollte, oder es tatsächlich ernst meinte.
***
Innerlich stöhnend ließ ich meine Hand wieder sinken. Selbstverständlich hatte ich nicht vergessen, dass Carly Lockwood heute bei uns aufschlagen sollte. Doch ehrlicherweise hatte ich gehofft, dass sie nicht auftauchen würde. Ich richtete meinen Blick auf die zierliche junge Frau. Seit der Rat mir mitgeteilt hatte, dass sie beabsichtigten, sie in meine Einheit zu stecken, hatte ich miese Laune. Die Jungs hatten nicht gewusst, was dahintersteckte, von Jared einmal abgesehen. Doch wenn ich sie betrachtete, konnte ich es Quinn kaum verdenken, dass er sie für eine Stripperin hielt. Ihre schlanken Beine steckten in einer kurzen Hotpants, und das lässig in die Hose gesteckte Oberteil konnte ihre Oberweite ebenfalls nicht verbergen. Mal abgesehen von dem fast schon puppenhaften Gesicht und den langen rotblonden Haaren, ließ ihr gesamter Körperbau kaum eine andere Vermutung zu. Die anderen Männer im Raum waren bei der Abschlussprüfung immerhin nicht dabei gewesen und verbrachten auch sonst eigentlich keine Zeit auf dem Gelände der Vereinigung. Wir operierten außerhalb dieser Mauern und hatten auch unser Büro, beziehungsweise unsere Wohnräume in Chicago.
Jared sah mich noch immer an, da ich unseren Gast noch nicht vorgestellt hatte. „Männer, das ist Carly Lockwood. Miss Lockwood wird ab heute unser Team verstärken.", gab ich schließlich widerwillig bekannt und konnte die überrumpelten Blicke meiner Kumpels auf mir spüren. Verdammt, mir ging es ja nicht anders. Eine Frau machte einfach alles komplizierter bei uns. Meine Einheit bestand ausschließlich aus Männern und Lockwood würde hoffentlich in den nächsten Tagen von selbst darum bitten, in eine andere Einheit versetzt zu werden. Zögerlich lächelte die junge Frau und hob eine Hand. „Hi, freut mich, euch alle kennenzulernen.", sagte sie schließlich und endlich schien Bewegung in meine Truppe zu kommen. Höflich grüßten sie zurück, jedoch war ich mir der vorsichtigen Blicke in meine Richtung bewusst. „Tja, ehrlich gesagt haben wir kein Zimmer vorbereitet. Du müsstest also mit dem Gästezimmer Vorlieb nehmen.", eröffnete ich ihr und sie sah wieder zu mir. Ihre roten Augen sahen in meine und sie lächelte zaghaft. „Oh, das ist kein Problem für mich.", erwiderte sie und ich sah auffordernd zu Jared. „Na dann, folge mir mal.", verkündete dieser fröhlich. Ihm schien die angespannte Stimmung kaum aufzufallen. Kaum waren die beiden in dem Flur verschwunden, der zu den Zimmern führte, prasselten die Fragen meiner Kameraden auf mich ein. Knurrend beantwortete ich, was ich beantworten konnte und wollte. Nein, ich hatte nicht bestimmt, dass ich sie bei uns haben wollte. Ja, ihre Abschlusspunktzahl war beeindruckend. Ich verriet ihnen jedoch nicht, wie hoch sie ausgefallen war. Jeder hier hatte die Prüfung überdurchschnittlich gut absolviert. Immerhin führte ich nicht umsonst die Elite-Einheit der Hunter. „So, jetzt reicht es aber. Ich würde gerne das Spiel sehen.", gab ich knurrend von mir und stellte den Ton auf dem Fernseher wieder lauter. Murrend wandten sich alle wieder ihren Pizzen zu und konzentrierten sich auf das Spiel.
Re: Blood Obsession [Buch] [FSK18]
von Siliasi am 30.05.2020 20:532023, Chicago
Ich konzentrierte mich wieder auf den Kampf unter mir. Das Messer verfehlte nur knapp ihren Arm, doch sie schien sich darum keine Sorgen zu machen. Stattdessen ließ sie ihre Deckung fallen und griff den Soldaten frontal an. Riskant, aber das Ergebnis sprach für sich. Die Anzahl ihrer Punkte auf der Tafel stieg schnell und bald schon hatte sie sämtliche ihrer Kommilitonen überholt. „Sie scheint dir langsam Konkurrenz zu machen.", flüsterte mir jemand von hinten ins Ohr und ich schnaubte verächtlich. „Wohl kaum.", ich warf Jared einen kurzen Seitenblick zu. Dieser grinste lediglich wissend und nickte kurz. Lockwood holte unterdessen aus und traf ihren Gegner hart genug, sodass dieser zu Boden ging. Mein Mundwinkel zuckte kurz bewundernd. Mir war bewusst, dass die meisten der Kadetten dort unten in die „Blood Obsession" kommen wollten. Doch ich hatte zu hart dafür gearbeitet, uns als Elite-Einheit aufzubauen, als dass ich jeden beliebigen Hunter aufnehmen wollte. Doch ich musste zugeben, dass Lockwood verdammt viel Potenzial besaß. Mir fiel auf, wie Blake mich von der Seite musterte und ich wandte meinen Blick ihm zu. Er nickte mir allerdings nur kurz zu und sah dann wieder zu seiner Tochter, die die letzte ihrer Prüfungen nun meistern musste.
2300 Punkte. Die Zuschauer begannen zu jubeln und zu schreien, als sie das Ergebnis sahen. Ich war der erste und bisher einzige Hunter gewesen, der jemals mit solch einer Punktzahl seine Ausbildung abgeschlossen hatte. Die Mitglieder des Rates gratulierten Lockwood für ihre herausragende Leistung und ich sah, wie ihr Name neben meinem an der Tafel erschien. Ihr Blick fand meinen und einer ihrer Mundwinkel zuckte leicht, während ich grimmig zurücksah. Überheblichkeit konnte ich noch weniger leiden als Ungehorsam.
Einige ihrer Kameraden rissen sie in Umarmungen und gratulierten ihr, weshalb der Blickkontakt zwischen uns abbrach. Ich wandte mich ab und verließ die Arena. Keine Frage, Carly Lockwood war keinesfalls für mein Team geeignet.
***
Ich konnte es kaum glauben. Meine Punktzahl war die höchste, die es bisher gegeben hatte; natürlich neben der von Tatum Callen. Dieser hatte keineswegs erfreut darüber gewirkt. Für mich hingegen war das die Erfüllung sämtlicher Träume. Nicht nur, dass ich Blake und Camille stolz gemacht hatte und sie für all die harte Arbeit mit mir und meiner Erziehung entlohnt hatte; sondern ich hatte auch mir selbst bewiesen, dass ich es damals wert gewesen war, gerettet worden zu sein, während so viele andere ihr Leben gelassen hatten. Endlich kamen meine Eltern bei mir an und schlossen mich in ihre Arme. Camille weinte sogar vor Stolz und auch Blake hatte verdächtig feuchte Augen. Schließlich sah ich wieder auf, doch Tatum war verschwunden. Auch auf der anschließenden Feier entdeckte ich ihn nirgendwo, ebenso wenig wie die nächsten Tage.
Wir warteten alle gespannt auf unsere Ergebnisse und Einteilungen. Mir war bewusst, dass viele meiner Freunde und Kameraden in die Elite-Einheit wollten. Mehr Prestige und Anerkennung konnte man nicht bekommen, mal abgesehen von der Ehre für einen selbst und die Familie. Wir alle hatten vor den Prüfungen unsere Präferenzen benennen dürfen und ich war mir sicher, dass die „Blood Obsession" mehr als nur ein paar Mal aufgetaucht war. Ich hingegen war nicht scharf auf diese Einheit, tatsächlich tauchte sie in keiner meiner bevorzugten Einteilungen auf. Umso überraschter war ich, als ich die Entscheidung des Rates mitgeteilt bekam. Ich wäre die einzige Absolventin, die sie in dieser Einheit sehen würden. Die Einzige, die würdig genug wäre, diese Ehre erteilt zu bekommen. Meine Eltern freuten sich unglaublich für mich und als Camille schließlich verkündete, dass sie ebenfalls fantastische Neuigkeiten zu berichten hatten, gratulierte ich ihnen. Endlich bekamen sie das Kind, auf das sie so lange gehofft hatten. Mir war bewusst, dass sie mich dadurch nicht weniger liebten. Dennoch ging mir alles zu schnell.
Bereits einige Tage später packte ich meine letzten Kartons und sah mich in meinem nun recht leeren Zimmer um. „So, das sollten die letzten sein.", sagte ich und Blake sah auf die wenigen Kartons auf dem Boden. Plötzlich zog er mich in seine Arme und ich kuschelte mich an ihn. „Mein kleines Mädchen ist dann jetzt wohl endgültig erwachsen.", murmelte er mit belegter Stimme und auch mir stiegen die Tränen in die Augen, „Ich liebe dich, Carly. Komm regelmäßig zum Abendessen zu uns und lass uns weiterhin an deinem Leben teilhaben." Ich nickte, nicht fähig zu sprechen. „Gut. Sehr gut.", Blake drückte mir einen Kuss auf den Kopf. Camille stieß zu uns und spätestens jetzt weinte ich wie ein Schlosshund.
Re: Blutmond [Buch; FSK18]
von Siliasi am 30.05.2020 16:47Murrend schlug ich auf meinen Wecker ein. Ganz gleich, was das widerliche Ding anzeigte, es war definitiv zu früh. Ich spürte den Mond noch in meinen Knochen, es konnte nur kurz nach Sonnenaufgang sein. Erschrocken fuhr ich hoch. Moment, kurz nach Sonnenaufgang?! Mein Wecker konnte unmöglich so früh klingeln. Verschlafen wandte ich meinen Blick auf das nervige Weckwerkzeug und gähnte. Tatsächlich, es war gerade mal kurz nach fünf. Offenbar hatte jemand meinen Wecker verstellt. „Jones!", knurrte ich wütend. Mühsam hievte ich mich aus dem Bett und bewegte mich schwankend auf die Badezimmertür zu.
Frisch geduscht und angezogen ging ich die Treppe hinab in meine gemütliche Wohnküche. Prinzipiell war mein Haus ein Blockhaus. Doch im Laufe der Jahrhunderte hatte sich vieles getan. Ich hatte das Haus ausbauen lassen, so dass es nun drei Stockwerke besaß, doch seinen Blockhauscharme dadurch nicht eingebüßt hatte, da die Holzbalken nach wie vor die Hausfassade bildeten. Die Kaffeemaschine arbeitete und bescherte mir den besten Muntermacher am Morgen. Wohlig seufzend roch ich an dem Gebräu. Oh ja, so konnte der Tag beginnen. Allein im Haus mitten im Wald, etwas abseits von dem Rudel. Das war definitiv eines der Vorteile als Rudelführerin.
Bevor ich das Haus verließ, kontrollierte ich nochmal, ob alles richtig saß und ob meine Frisur den Tag überstehen würde. Dann schlüpfte ich in meine Stiefel und machte mich auf den Weg zum Rest des Clans. Kinder tobten ausgelassen auf dem Gelände herum und Jugendliche spielten auf dem großen Platz zwischen den Bäumen Wandler-Football. Das funktionierte im Prinzip genauso wie menschliches American Football, mit dem winzigen Unterschied, dass wir uns mitten im Spiel auch wandelten und somit leicht abgeänderte Regeln herrschten. Jones, mein bester Freund und Stellvertreter, kam mir freudestrahlend entgegen. „Ems, du hast es geschafft!", griente er freudestrahlend und ich warf ihm einen finsteren Blick zu. „Du hast meinen Wecker manipuliert!", knurrte ich und Jones lachte freudig. Ihn ignorierend, stolzierte ich an ihm vorbei. Sein Grinsen konnte er sich sonst wohin stecken, dafür war ich dann doch noch nicht wach genug. Ich betrat das Versammlungshaus, was eigentlich lediglich ein großer Saal war, ähnlich den Hörsälen einer Universität. Die Ältesten und wichtigsten Rudelmitglieder saßen bereits auf den Stühlen und warteten geduldig auf uns. „Guten Morgen!", rief ich vergnügt in die Runde und bekam es ebenso zurück. Seitdem ich das Rudel führte, war wieder Ruhe eingekehrt, auch wenn die Umstände, die dazu geführt hatten, nicht so wundervoll waren.
Aufmerksam hörte ich mir die wichtigsten Anliegen an und entschied hier und da ein paar Dinge, die dringend erledigt werden mussten. Wir waren gerade mitten in der Planung der Blutmondnacht, als draußen Tumult ausbrach. Alarmiert hob ich den Kopf und atmete tief ein. Ein rudelfremdes Wesen befand sich auf dem Gelände. Wachsam trat ich hinaus und sah einen kleinen, untersetzten Mann auf uns zukommen, welcher heftig keuchte. Jones runzelte neben mir die Stirn und strahlte eine innere Unruhe aus. „Miss Bennette?", fragte er mit einer merkwürdig hohen Stimme, als er vor uns stehen blieb. „Ja, das bin ich.", erklärte ich, „Was ist hier los? Wer sind Sie und wer hat Sie in unser Territorium gelassen?" Man sah dem Mann an, dass ihm unbehaglich wurde. Ich atmete ein, sog seinen Geruch auf und grinste spöttisch. Ein Gnom. Doch gleichzeitig machte sich Misstrauen in mir breit, Gnome arbeiteten für den höchsten Rat. „Der Rat schickt uns zu allen Rudeln aus. Ich soll Ihnen das überreichen und Sie sollen es mir quittieren.", er hielt mir eine kleine Schriftrolle entgegen und ich ließ meine Hand darüber gleiten. Sie war verzaubert und prüfte die Echtheit der Person, man konnte diese Rollen nicht überlisten. Der Gnom nickte zufrieden und tippte sich an seinen Hut. „Einen schönen Tag noch, Miss Bennette.", murmelte er, ehe ich wieder in sein Auto stieg und davonbrauste. Ich sah in all die fragenden Gesichter meines Rudels. „Geht zurück an eure Arbeit.", bellte ich und kehrte in den Ratssaal zurück. Dort entfaltete ich das Schriftstück und las es mir durch.
Völlig überrumpelt und verwirrt, ließ ich den Brief wieder sinken. Das konnte nicht sein. Unmöglich. Die Bruderschaft konnte noch nicht so weit sein! Doch hier stand es, schwarz auf weiß. Die Lage hatte sich unermesslich zugespitzt und war gefährlicher denn je. Alleine hielten wir das unter gar keinen Umständen durch. „Wir müssen Hilfe holen, Ems.", murmelte Jones neben mir leise und ich nickte abwesend. Das hieß nichts Gutes...
Missmutig betrachtete ich das große, schmiedeeiserne Tor vor mir. Direkt dahinter lag die Hölle, regiert vom Teufel höchstpersönlich. Leander Hawk war definitiv jemand, auf den diese Beschreibung passt, wie die Faust aufs Auge. Bisher hatte ich noch nicht das Vergnügen gehabt ihn persönlich zu treffen, dennoch wusste ich von seiner Neigung Frauenherzen schneller zu brechen, als man zählen konnte. Vermutlich gab es in ganz Portland und Umgebung nur wenige Frauen, die nichts mit ihm angefangen hatten, mich eingeschlossen.
Entschlossen straffte ich meine Schultern und ging auf die Wache vor dem Tor zu. „Guten Tag.", grüßte ich ihn höflich und er musterte mich argwöhnisch. „Guten Morgen, Madam.", nickte er schließlich und ich lächelte. „Sagen Sie, finde ich hier Mr. Hawk? Leander Hawk?", erkundigte ich mich, wohlwissend, dass er hinter diesem Tor lebte. „Sind Sie bekannt mit ihm?", fragte die Wache und ich seufzte tief. „Der Rat schickt mich. Ich muss wichtige Dinge mit Mr. Hawk besprechen.", erklärte ich und der Mann vor mir bekam große Augen. „Einen Augenblick, bitte. Ich rufe ihn an.", damit verschwand er in einem kleinen Führerhäuschen, gut verborgen neben dem Tor, hinter einer dichten Hecke, die das Grundstück umgab. Geduldig wartete ich. Auf zusätzliche Leibwächter hatte ich verzichtet, da ich nicht davon ausging, dass ich welche benötigte. Daher hatten mich lediglich zwei Mitglieder meines Rudels begleitet. Sie waren ausgebildete Wächter, die jedes Rudel besaß und in etwa so etwas wie das menschliche Sicherheitspersonal war.
Die Wache kam wieder und nickte. „Sie dürfen passieren, aber ihre Wächter sollen draußen bleiben.", sagte er und ich nickte verständnisvoll. „Natürlich, das ist gar kein Problem." Lächelnd fuhr ich durch das Tor, nachdem ich wieder in meinen Wagen gestiegen war. Die lange Auffahrt wurde rechts und links von prächtigen Eichen gesäumt, welche gerade in ihrer vollen Blüte standen. Doch auf das herrschaftliche Herrenhaus am Ende der langen Zufahrt, war ich nicht vorbereitet gewesen. Einige Krieger standen vor diesem, manche in tierischer und andere in menschlicher Form. „Was für ein Empfangskomitee...", murmelte ich leise und verdrehte meine Augen. Ich parkte direkt vor dem Gebäude und nahm meine Tasche vom Beifahrersitz. Dann atmete ich tief durch und konzentrierte mich auf das Bevorstehende.
***
Die Fahrertür öffnete sich und ich spannte mich automatisch an. Allerdings blieb mir beinahe der Mund offenstehen, als ich sah, was dort ausstieg. Zumindest von hier oben, sah es vielversprechend aus. Andächtig ging ich hinunter, als sie das Haus betrat, eskortiert durch meine Wachen. Machtvoll und stolz stand ich am Fuße der imposanten Treppe. „Ah, sieh an! Ein Bote des Rates, also!", sagte ich ruhig und verzog meine Lippen zu einem charmanten Lächeln, während ich die Treppe hinunterging. Mein Charme hatte bei noch keiner Frau versagt. Dicht vor ihr blieb ich stehen. Sie hatte eine schöne Figur, ähnlich einer Sanduhr, genau an den richtigen Stellen wohl proportioniert. Ihre langen, hellbraunen Haare hatte sie zu einem hohen Pferdeschwanz gebunden und das Kostüm schmiegte sich makellos an ihren Körper. Wache, grüne Augen sahen zu mir auf. Sie war ungefähr eins siebzig groß, vielleicht auch eins fünfundsiebzig. Trotzdem überragte ich sie mit meinen eins neunzig bei Weitem. „Ich hätte nicht gedacht, dass der Rat so schöne Mitarbeiterinnen hat.", lächelte ich charmant und bedeutete ihr, mir ins Arbeitszimmer zu folgen. Hinter dem wuchtigen Präsidentenschreibtisch nahm ich Platz und wies ihr mit meiner Hand einen der Sessel davor zu. Meine Ellenbogen stützte ich auf den Tisch und verschränkte meine Finger miteinander. Die Kleine sah aus, als würde sie lieber Reißaus nehmen. Allerdings war ich in Gedanken schon dabei, wie ich sie am liebsten nehmen würde. Willig, nackt und definitiv unter mir. Ja, sie hatte eine Figur, die einen Mann zuerst an Bettsport denken ließ, ehe man im Gesicht ankam. Ihr Mund wirkte sinnlich und hatte sich zu einem äußerst sexy Schmollmund verzogen. Hm, ihr Mund...
Es erforderte meine gesamte Aufmerksamkeit, als ich bemerkte, dass er sich bewegte. „.. und deshalb brauche ich Ihre Hilfe.", endete sie gerade und ich richtete meinen Blick wieder hinauf zu ihren Augen. Meine Lippen verzog ich zu einem spöttischen Lächeln. „Tut mir leid, aber ich helfe dem Rat nicht.", sagte ich und lehnte mich entspannt im Stuhl zurück. Entgeistert sah sie mich an. „A-aber... Es geht hier um die Sicherheit aller!", sagte sie und schien ihren Kampfgeist zu finden. Sehr interessant. „Hören Sie, Mrs.., wie lautete noch gleich Ihr Name?", erkundigte ich mich. „Bennette. Emily Bennette.", sagte sie und meine Miene versteinerte sich. Wie konnte ich so dumm sein und mich blenden lassen. Ihr gutes Aussehen war mir zum Verhängnis geworden. „Runter von meinem Anwesen! Verschwinden Sie!", knurrte ich bedrohlich, erhob mich dabei ruckartig und sie schien sich in ihrem Sessel etwas kleiner zu machen. „Aber-", setzte sie an und ich hob wütend eine Hand, was sie dazu brachte, den Mund zu halten. „Ich weiß nicht, warum der Rat ausgerechnet Sie herschickt, aber Sie verlassen unverzüglich mein Anwesen, ansonsten lasse ich Sie höchstpersönlich vor die Straße eskortieren!", drohte ich mit düsterer Stimme und sah sie boshaft an. „Hören Sie, ich würde nicht herkommen, wenn es nicht äußerst wichtig wäre!", fauchte sie und sprang auf die Beine. Geschmeidig wie eine Gazelle. „Die Bruderschaft darf nicht gewinnen! Sie haben gar keine andere Wahl, als mir zu helfen!" Sie baute sich vor dem Schreibtisch auf, die Hände in die Hüften gestemmt. Es wirkte eher niedlich, wie sie versuchte sich Gehör zu verschaffen, als dass es mich tatsächlich beeindruckte. „Jungs, bringt Mrs.-" - „Miss!", fauchte sie ungehalten, „Es heißt Miss!" Ich lächelte höhnisch. „Begleitet Miss Bennette hinaus und zeigt ihr den Ausgang. Für heute möchte ich keine weiteren Störungen!", befahl ich im harschen Tonfall und die beiden Männer nickten, während sie die Arme der kleinen Bennette umfassten. Sie riss sich los und funkelte meine Männer zornig an. „Ich kann sehr gut selbst laufen!", fauchte sie sie kratzbürstig an und ich lachte leise, während sie hinausgingen.
Blutmond [Buch; FSK18]
von Siliasi am 30.05.2020 16:43P R O L O G
Bisher hatte es immer mehr oder weniger gut harmoniert. Die wichtigsten Würdenträger der Menschheit wussten von der Schattenwelt und hatten Stillschweigen geschworen und besiegelt. Doch es hatte sich eine radikale Gruppe innerhalb der Wesen gebildet, die Bruderschaft des „Blutmond", die sich selbst über die Menschen stellten. Sie waren der Ansicht, dass sie die wahren Herrscher der Welt waren und die freiwillige Unterwerfung abgeschafft werden musste. Menschen sollten wie Sklaven gehalten und behandelt werden. Sie sollten sich den Wesen unterwerfen. Der Rat der Übernatürlichen, der für die Gesetze der Wesen und deren Durchführung verantwortlich war, machte sich zunehmend Sorgen über die stetig wachsende Anhängerschaft der Bruderschaft. Niemand wusste bisher, wie viele bereits zu ihnen gehörten und wie oder wo sie rekrutiert wurden. Es gab zwar schon immer laute Stimmen in der Gemeinschaft, die gegen die vollkommene Verborgenheit waren, doch es waren immer nur leere Drohungen gewesen. Doch diese Bedrohung war real und sehr gefährlich.
Ein Mann, gehüllt in Mantel und völlig verhüllender Kapuze, schritt durch den dunklen Wald. Er war auf der Suche. Hier irgendwo war es, er konnte es spüren. Zwar mochte seine äußere Hülle gebrechlich und alt erscheinen, ging er doch am Stock, doch man sollte ihn nicht unterschätzen. Er war mächtig. Mächtiger als der Rat oder sonst irgendein Wesen erahnen konnte. Der Rat... Eine Gruppe seniler, alter Säcke, die kleinkariert waren und nicht über den Tellerrand hinaussehen konnten. Dabei gab es so viele ungeahnte und ungenutzte Möglichkeiten. Und die Bruderschaft würde ihre Ziele durchsetzen. Doch die wirklichen Pläne dahinter konnte keiner erahnen. Es ging nicht darum, die Menschheit zu unterwerfen. Oh nein, er hatte Größeres geplant. „Blutmond" war lediglich das Mittel zum Zweck. Er würde für Ordnung in dieser Welt sorgen, er war der Einzige, der das konnte.
Mit gesenktem Haupt trat er in die kleine unscheinbare Hütte im Wald ein. Es war nicht viel größer als ein kleines Badezimmer, doch es erfüllte seinen Zweck. Außer einem Tischchen mit einem Kerzenhalter darauf und einem schmalen Bett befand sich nichts im Raum. Er hob den Kerzenhalter an und betätigt somit den Knopf auf der Unterseite von diesem. Eine der Wände bewegte sich zur Seite und gab einen Blick auf eine lange Treppe unter die Erde frei. Andächtig schritt er hinab. Unbemerkt folgte ihm eine Gestalt in die Tiefen.
! Achtung !
Anmerkungen und konstruktive Kritik gerne per PN an mich.
Re: Blood Obsession [Buch] [FSK18]
von Siliasi am 26.05.2020 22:212023, Chicago
Mein Blick huschte von Blake, zu Camille, und schließlich zu Esther. Ein angriffslustiges Grinsen glitt über Esthers Lippen. Ich hingegen zeigte ihr instinktiv meine Zähne. Ein Lachen ihrerseits war die Erwiderung. Blake war der Erste, der sich bewegte. Sein Fehler. Blitzschnell ergriff ich seine Faust, drehte mich und presste seinen Arm auf seinen Rücken, ehe ich ihm diesen geräuschvoll brach. Ächzend sackte er zu Boden. Camille warf ihr weißblondes Haar zurück und seufzte, wobei ihr bedauernder Blick Blake galt. "Er lernt es einfach nicht.", bemerkte sie und sah zu mir. Grinsend zuckte ich mit meinen Schultern. "Nein, sieht nicht so aus.", erwiderte ich grinsend. Dann konzentrierte ich mich wieder auf meine Aufgabe. Camille neigte ihren Kopf leicht nach unten und warf mir ein wölfisches Grinsen zu. Blitzschnell lief sie im Zickzack auf mich zu, legte ihre Hände auf meine Schultern und hob sich so über meinen Kopf hinweg, so dass sie vor mir auf ihren Füßen landete, während ich auf dem Boden aufprallte. Zischend atmete ich aus. Allerdings rappelte ich mich schnell wieder auf und stand somit wieder. "Komm schon, Camille, zeige ihr ihren Platz!", Esther machte sich bemerkbar. Ein Knurren entwich meiner Kehle, welches Camille erwiderte. Dann griff ich sie an. Schneller als ich selbst es erwartet hätte, landete Camille auf dem Boden, wobei die Steinplatten unter ihr barsten. Stöhnend krümmte sie sich leicht zusammen. "Verdammt...", murmelte sie und fasste sich an eine Rippe, welche offenbar gebrochen war. Esther schnaubte. Ich richtete meinen Blick auf sie. "Möchtest du auch noch gegen mich verlieren?", erkundigte ich mich und wank sie grinsend mit zwei Fingern zu mir. Doch die Dunkelhaarige wank ab. "Gegen ein Kind kämpfe ich nicht.", erwiderte sie hochnäsig. Das sagte sie immer. Dabei war ich längst nicht mehr das verwaiste kleine Mädchen aus dem Wald. Camille und Esther verdankte ich mein Leben. Hätten sie mich damals nicht mitgenommen, wäre ich vermutlich gestorben.
"Hilf mir mal hoch.", Camille streckte mir ihre Hand entgegen und ich half ihr auf die Beine. Sie streckte sich und gab einen Schmerzenslaut von sich, als sie ihre Rippe an die richtige Stelle drückte, damit sie wieder heilen konnte. "Tut mir leid.", murmelte ich zerknirscht. Camille lachte, ehe sie nach Luft schnappte. "Dafür bist du ausgebildet worden, Kleines. Du bist die beste Jägerin, die ich seit Jahrhunderten gesehen habe. Also entschuldige dich niemals dafür, die Bessere zu sein.", ermahnte sie mich mütterlich. Ich nickte. "Wir werden dem Rat unseren Bericht geben. Das Training reicht für heute.", mischte sich Esther wieder ein und nickte ihrer Schwester zu, ehe sie sich abwandte und den Trainingsraum verließ. Camille sah ihr nach, ehe sie zu Blake blickte. "Du hättest auf mich hören sollen.", seufzte sie und schenkte ihrem Mann ein liebevolles Lächeln, "Ich mache deine harte Trainingseinheit heute Abend wieder wett." Blake grinste. "Mh, du weißt, was ich hören will.", knurrte er und ich gab Würgegeräusche von mir. "Ekelhaft. Esther, warte auf mich!", ich tat, als wollte ich es Esther nachtun und den Raum verlassen. "Na, na. Nix da, junges Fräulein.", Blake griff lachend nach meinem Arm, "Wenn du ein Geschwisterchen haben willst, musst du Camille und mir auch die Gelegenheit dazu lassen." Seufzend verdrehte ich die Augen. "Ja ja, ist ja gut.", grinste ich, ehe ich beiden eilig einen Kuss auf die Wange drückte und dann zusah, dass ich dort weg kam. Die Pheromone der beiden waren beinahe greifbar.
Im Garten ließ ich mich im Schatten ins Gras sinken, ehe ich mich hinlegte, um in den Himmel sehen zu können. Bald wäre meine Ausbildung abgeschlossen und ich würde einer Einheit zugeteilt werden. Der Rat bestimmte dabei, in welcher der drei Abteilungen ich meinen Dienst verrichten würde. Die Berichte von Menschen, welche selbst am helllichten Tag entführt würden, häuften sich. Das gleiche war bereits früher einmal geschehen. Meine Erinnerungen an diese Zeit waren verschwommen. Oft konnte ich nicht zwischen Realität und Fantasie unterscheiden, wenn ich daran dachte. Das Einzige, an das ich mich deutlich erinnerte, war die Nacht, in welcher Camille und Esther mich gefunden hatten. Ich hatte einen Hirsch getötet, weil mein Durst mich beinahe umgebracht hatte. Das Vampirblut in mir hätte mich beinahe aufgefressen; allein dem Rat verdankte ich mein Leben. Er hatte mich damals gerettet, mir so viel menschliches Blut gegeben, wie ich brauchte, um die Wandlung vollziehen zu können. Sie konnten mir bis heute nicht erklären, wieso ich überlebt hatte. Kinder starben an der Prozedur der Verwandlung, keines überlebte. Bis auf mich. An meine Eltern erinnerte ich mich kaum. Sie waren beide an den Experimenten der Gruppe, welche uns entführt und gefangen gehalten hatte, gestorben. Hätten die Hunter ein paar Stunden eher das geheime Labor der Sekte entdeckt, wäre zumindest meine Mutter noch am Leben gewesen. Doch ich machte den Huntern gewiss keinen Vorwurf. Sie hatten es nicht wissen können. Niemand von ihnen hatte gesehen, was ich durchlebt hatte. Ich spürte etwas Warmes an meiner Hand hinabrinnen. Irritiert blickte ich hinab. Meine Fingernägel hatte ich so tief in meine Handinnenfläche gegraben, dass ich blutete. Seufzend stand ich auf und machte mich auf den Weg in mein Zimmer.
Eine Woche später stand ich in der Arena. Heute war die Abschlussprüfung. Heute würde sich entscheiden, in welche Einheit ich kommen werde. Mein Blick glitt durch die Menge. Über uns standen die Ratsmitglieder, ebenso wie die Leiter der Einheiten und Abteilungen. Camille und Blake lächelten mir aufmunternd entgegen. Sie vertrauten mir und meinen Fähigkeiten, bessere Ersatzeltern hätte ich mir wohl nicht wünschen können. Nun musste ich mir nur noch vertrauen. Unwillkürlich sah ich ein wenig weiter nach rechts. Halb im Schatten verborgen stand er da und starrte mich an. Übelkeit machte sich in mir breit. Tatum Callen. Der einzige Jäger, der jemals die Höchstpunktzahl dieser Prüfung erreicht hatte. Er führte die Elite-Einheit der Hunter an, die sogenannte "Blood Obsession". Sie jagten die schlimmsten Abtrünnigen unserer Rasse, wenn es sein musste, um die ganze Welt. Eine gewisse Arroganz umgab ihn, er war sich seiner Wirkung auf sein Umfeld durchaus bewusst. Sein Blick wirkte geradezu kalt und dennoch wurde mir heiß. Die Muskelstränge seiner Oberarme traten deutlich zutage, als er die Arme vor der Brust verschränkte. Sein dunkles Haar war etwas länger, als die meisten Hunter sie trugen. Selbst von hier unten konnte ich jedes Detail seiner stechend blauen Augen sehen. Die kleine Narbe an seiner Oberlippe hob sich hell von seiner restlichen Haut ab. Schließlich löste er dieses unheimliche Band zwischen uns, als der erste Kadett in die Arena trat, um sein Können unter Beweis zu stellen.
Die Ranglisten würden entscheiden.
Re: Blood Obsession [Buch] [FSK18]
von Siliasi am 25.05.2020 23:402001, in der Nähe von New York City
Leise summend ging ich an den Gitterstäben entlang und zählte sie. "Eins, vierig, drei, achtig.", ich konnte noch nicht zählen. Mama wollte es mir beibringen, bevor ich in den Kindergarten kommen würde. Ich hielt inne. "Mama?", ich sah mich um, doch entdecken konnte ich sie nicht. Einen Schmollmund ziehend, ließ ich mich auf den Boden plumpsen. Sie war schon lange weg. Sonst war sie immer recht bald wieder bei mir gewesen, aber heute nicht. Ich spürte, wie Tränen an meinen Wangen hinab kullerten. Papa war vor Mama gegangen, aber dann nicht wiedergekommen. Mich nahmen sie nie mit.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, wurde die schwere Gittertür geöffnet und ich sah Mama. Sie war blass und wirkte verändert. "Mama?", fragte ich ängstlich. Sie erwiderte nichts. Also rief ich sie noch einmal. Ein Ruck ging durch ihren Körper und ihre Augen begannen rot zu glühen. Sie rannte auf mich zu, vergrub ihr Gesicht an meinem Hals. "Mehr!", krächzte sie und ich spürte einen scharfen Schmerz. Weinend versuchte ich sie von mir wegzudrücken, versuchte ihr bewusst zu machen, dass sie mir wehtat. Doch ihre Fingernägel gruben sich nur noch fester in meine schmalen Oberarme. Ich konnte spüren, wie ich immer schwächer wurde. "Sie bringt die Kleine um.", gackerte eine hohe Stimme. Sie klang belustigt. "Nein! Holt sie sofort von ihr weg!", herrschte eine tiefe Stimme und ich spürte, wie der Schmerz plötzlich nachließ. Mamas Augen glühten nicht mehr. Sie sah mich nicht einmal mehr an. Erst jetzt fiel mir auf, dass irgendetwas anders an ihr war. Ihr Körper lag merkwürdig verrenkt auf dem Boden, Blut bildete sich um ihn herum. "Fehlgeschlagen.", die männliche Stimme schnalzte mit der Zunge. "Wie ärgerlich." Der Mann vor mir warf Mamas Kopf in eine Ecke. "Holt jemanden, der das hier beseitigt, ich will keine unnötigen Spuren hinterlassen!", wieder die tiefe Stimme. "Ja, mein Herr.", erwiderte eine weitere Stimme, ebenfalls aus der Dunkelheit heraus. "Mama?", ich krabbelte zu dem Körper vor mir und schmiegte mich an ihn. "Menschen...", die hohe Stimme klang angewidert, "Seht euch das an. Ihre Mutter wollte sie töten und sie schmiegt sich an ihre Leiche, als wäre sie eben nicht beinahe gestorben." Ein verächtliches Schnauben ertönte. "Beseitigt gleich beide. Das Mädchen hat keinen Wert mehr für uns.", befahl die Männerstimme.
Der Geruch von Feuer lag in der Luft, als ich mich panisch zwischen die engen Ritzen der Felsentrümmer nach oben zwängte. Überall ertönten schmerzerfüllte Schreie, die Luft tat beim Einatmen weh. "Findet und tötet sie. Tyr will ich lebend! Er muss dafür büßen, was er getan hat.", ein braunhaariger Mann sprach mit anderen Männern, während ich mich an den Felsen über mir presste und durch eine winzige Lücke schaute. Sie verteilten sich und ich krabbelte weiter. Irgendwann kam ich an einem Busch an und ich begann zu rennen. Weg von dem Feuer, den Schreien und den merkwürdigen Menschen.
Der Wind peitschte um mein Gesicht, kleine Äste und Blätter schnitten in mein Fleisch. Ich nahm den metallischen Geruch von Blut wahr. Irgendwann hörte ich auf zu rennen. Barfuß lief ich durch den Wald. Hilflos, allein. "Mama? Papa?", rief ich in die Dunkelheit. Tränen rannen meine Wangen hinab. "MAMA, PAPA!", dieses Mal schrie ich verzweifelt nach meinen Eltern. Weinend stolperte ich durch den Wald, immer weiter, ohne zu wissen, wohin ich genau lief. Es wurde allmählich heller, die Sonne bahnte sich ihren Weg am Horizont.
Ich wusste nicht, wie lange ich bereits durch den Wald irrte. Doch ich bemerkte den Hunger. Er fühlte sich anders an als sonst, merkwürdiger. Alarmiert hob ich den Kopf, als ich Äste knacken hörte. Ein Hirsch stand kaum fünf Meter von mir entfernt und sah mich ebenfalls an. Keiner von uns rührte sich. Durst. Ich hatte keinen Hunger, es war Durst. Ehe ich wusste, was ich überhaupt tat, grub ich meine Zähne in das Fleisch des Tieres. Gierig trank ich in großen Schlücken, nicht sicher, ob ich satt werden würde.
"Heilige Nyx, sie ist noch ein Kind!", wisperte eine Stimme und ich öffnete blinzelnd meine Augen. Offenbar war ich in der warmen Blutlache eingeschlafen, welche ich verursacht hatte, als ich den Hirsch tötete. An meinen Händen und meinem Körper klebte das getrocknete Blut und gierig begann ich, dieses abzulecken. "Sieh sie dir an. Sie ist keine von uns. Sie ist schon tot, wir erlösen sie besser gleich.", erwiderte eine andere Stimme. Ich hielt inne. "Mama, Papa?", fragte ich in die Dunkelheit der Nacht. "Esther, wir können unmöglich ein Kind... Nein, das lasse ich nicht zu. Wir sollten sie zum Rat bringen, sollen sie entscheiden, was mit ihr passieren soll." Zwei Arme griffen nach mir und hoben mich aus dem Schlachtfeld um mich herum. Ich blickte auf, direkt in zwei hellblaue Augen. Ihr Haar war fast schon silbrig im Mondlicht. "Keine Angst, Kleine, wir bringen dich in Sicherheit.", flüsterte sie mir zu, ehe ich spürte, wie mir schwarz vor Augen wurde.
Blood Obsession [Buch] [FSK18]
von Siliasi am 25.05.2020 22:51Carly Lockwoods Vergangenheit ist genauso rätselhaft wie sie selbst. Gerettet vom Rat der Vampire, wurde sie zu einer Hunterin ausgebildet. Die Hunter jagen abtrünnige Vampire, welche die strengen Regeln der Vampirgesellschaft verletzen und eine Gefahr für ihresgleichen und die Menschen darstellen.
Ein gefährlicher Vampirkult, der sich selbst als die „Bruderschaft von Ahriman" bezeichnet, bedroht indessen das empfindliche Gleichgewicht der Welt.
Tatum Callen ist es, als Anführer der Elite-Hunter-Einheit „Blood Obsession", gewohnt, Verantwortung zu tragen. Als er jedoch die unberechenbare und durchaus talentierte Carly Lockwood zugeteilt bekommt, zweifelt er ernsthaft am Rat. Doch schon bald soll sich zeigen, was das Schicksal für beide geplant hat...
(Okay, der Text ist definitiv noch in Bearbeitung. ^^")
! Achtung !
Dieses Buch wird sexuelle, blutige und eventuell für manche anstößige Inhalte enthalten. FSK18 wird empfohlen.
Anmerkungen und konstruktive Kritik gerne per PN an mich. Motivation is everything. <3