von Luthulhu am 08.06.2021 22:07
Ich habe den vorrangegangenen Thread nicht gelesen, weil mir grade ein wenig die Zeit für fehlt, aber kann dir gerne ein paar Tipps geben.
Das Ding ist, je nachdem in welchem Genre du schreibst, arbeitst du auch mit anderen Leuten. Ich zum Beispiel in meiner entspannten Nische, habe bis jetzt immer nur verdammt angenehme Menschen erwischt.
Da dann auch gleich zum Thema Textarbeit und Lektoren:
Ich könnte mich an der Stelle jetzt lange über die meist fehlende Textarbeit beim Self-Publishing auslassen und darüber, wie wichtig Textarbeit ist. Kurz gesagt aber: Es ist anstrengend! Ja! Und ich habe als ich das erste Mal mit einem Lektor gearbeitet habe ne Menge Wein gebraucht, um locker zu werden. Da kommt plötzlich jemand und meint "Lass die Info weg!" und du denkst dir "Aber das ist für mich voll emotional! Was mach ich jetzt?". Es ist ein ständiges Abwägen, einfach weil du deine Texte immer anders lesen wirst, als Leser, die den Hintergrund nicht kennen. Deshalb musst du zusehen, dass du drin behältst was dir wichtig ist und rausstreichst, was random kommt und den Flow stört. Ein Lektor ist aber auch nicht die pure Allwissenheit. Manchmal kommt er mit Sachen um die Ecke, die du mega feierst, manchmal will er dir eben was für dich persönlich wichtiges rausstreichen oder ändern. Am Ende steht aber halt dein Name drauf und du musst mit dem Manuskript im reinen sein. Das braucht Kritikfähigkeit und kann am Anfang anstrengend sein, nach einer Weile hat man es aber drin. Davor muss man sich - soweit der Lektor ne coole Socke ist - nicht fürchten. Ich denke da immer so: Den Lektor interessiert es wenigstens wirklich! Würde ich es einer Person aus meinem Umfeld geben, wird es aus Höflichkeit gelesen und als Feedback bekomme ich "Wow. Das schon irgendwie cool!" Das bringt mich in meinem Schaffensprozess nicht vorran!
Deswegen ist es auch ratsam sich mit Leuten auszutauschen, die selber schreiben. Kann hart sein, weil Autoren seltsam sind (schließ ich mich ein), kann dich aber auch vorran bringen, wenn du nicht zu sehr in Konkurrenzdenken verfällst und dir Druck machst (ein Problem, das ich manchmal hatte und das ist okay). Ich gehe seit August immer mal wieder zu Schreibworkshops. In größeren Städten gibt es auch Roman Werkstätte etc. Bei sowas habe ich vor ein paar Monaten meinen Plottentwurf vorgelegt und das war halt schön.
Ich sitze auch am Abend immer mit anderen Schreibenden zusammen und wir arbeiten da halt an unseren Texten. Das bringt Routine und Austausch rein und tut gut. Für mich ist das an langen Projekten immer das Schwierigste. Das ist, als ob du eine Serie oder ein Buch voll feierst, aber keiner außer dir hat es gelesen, keiner kennt Handlung und Charaktere.
Auch vor Verlägen muss man übrigens keine Angst haben. Ja, Literaturbussines ist hartes Pflaster. Ich habe bis jetzt auch nur mit Kleinverlägen gearbeitet. Aber mein letzter Vertrag kam zum Beispiel mit einem Haufen Sticker und einer coolen Autogrammkarte vom Verlagsbesitzer. Die darf jetzt sogar an meinem Schreibtisch hängen. In große Verläge kommt man meist über Literaturagenten rein, deswegen ist es am Anfang ratsam sich so einen zu suchen und das dem zu senden. Networking ist auch eine Alternative. Vitamin B ist halt immernoch sehr wichtig. Das ist halt einfach so ABER die Frage ist halt wo du mit deinem Manuskript hinwillst. Muss es Randemhouse, Piper oder Cornelsen sein? Oder reicht dir halt was kleines. Ich würde es auf alle Fälle mal versuchen. In der heutigen Zeit, kann man dannach immernoch Selfpublishen (was arbeit ist und teuer, deswegen auch nicht meine erste Wahl, aber man hat dann halt ein Buch). Networking - also sich mit anderen zu vernetzen und Kontakte zu bekommen - ist auch nicht so mein Ding. Wenn man aber einmal so ein wenig reinfindet, kommt das irgendwann denke ich auch. Wie gesagt, die Frage ist halt immer, welche Ansprüche du an dein Manuskript stellst. Ich muss mich da selber immer zurückbremsen, wenn ich es behandel als wäre ich eine Mutter auf einer Kinder-Misswahl in Texas.
Wie schon erwähnt ist das Ganze ein hartes Pflaster und jeder hat momentan eben die Möglichkeit seinen Kram rauszurülpsen. Das kann sehr geil sein, weil wir nicht mehr an Verlage gebunden sind, der Buchmarkt ist halt dadurch aber auch riesig. Deshalb kann es sein, dass deinen Kram keiner kauft. Bin da auch immer sehr froh in meiner Nische zu sein. Hier ist es warm und kuschelig. Es ist halt ähnlich mit der Musikbranche. Ich denk dann aber immer an die ganzen, wirklich kleinen Künstler die ich höre und genieße und die für mich richtige Helden sind. Die jucken sonst halt auch keinen, aber es kann halt immer eine Person geben, die grad Spaß an deinem Kram hat. Ich denk da mitlerweile aber gar nicht mehr so drüber nach. Ich schreib eher für mich, weil ich das Schreiben genieße und das Denken. Das ist wie wenn ich gern kochen würde, aber mein Zeug selber nicht Esse. Dann lasse ich es halt den anderen übrig. Ob es ihnen dann taugt ... jaah keine Ahnung, hab schon nicht zu viel Salz genommen.
Hoffe das konnte dir ein bisschen helfen. Wie gesagt, es ist nicht so schlimm. Klar, einem geht die Pumpe wenn man Mails an den Verlag schickt und es macht ein bisschen traurig, wenn man nicht genommen wird. Aber das ist halt so und ich mag diese "Ja, bei einem Verlag kommt man eh nicht rein"-Einstellung gar nicht. Es ist unwahrscheinlich. Aber es geht. Ohne jetzt Flexen zu wollen, aber einfach mal um auch positive Erfahrungen zu zeigen, ich hab von 4 Einreichungen seit 2017 (waren Kurzgeschichten für Anthologien), nur eine Absage bekommen. Es ist also durchaus möglich!