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Alina

-, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Beiträge: 180

Kapitel 5, Episode 6

von Alina am 02.04.2017 21:52

James Dean's House, 14611 Sutton St., Sherman Oaks,
San Fernando Valley, Los Angeles, California

26th of July, 1955


Soundtrack für diese Episode: The Ames Brothers - The Naughty Lady Of Shady Lane




Quelle des Bildes


Das erste was Cathy sieht, ist der riesige Ventilator an der Decke des Raumes. Er läuft fast lautlos und nur seine mächtigen Schwingen sorgen dafür, dass sie ein sanftes Rauschen vernehmen kann wenn sie genau hinhört. Es war bereits nötig dass der Ventilator lief, denn die Hitze stand bereits im Raum. Ihre Lippen fühlen sich trocken an und ihr Hals ist rau. Und ihr Kopf schmerzt, ziemlich sogar! Sie schliesst die Augen gleich wieder.

Das hier war nicht die Pension, in die sie sich kurzfristig eingemietet hatte nachdem sie aus dem Hotel gefeuert worden war. Langsam kamen die Erinnerungen an die Nacht zurück und ihr schwant Böses. Ein kurzer Blick auf die andere Seite des grossen Bettes bestätigt ihre Befürchtung. Dort lag James, er hatte ihr den Rücken zugedreht und schnarchte leise. Sofort bewegt sie wieder den Kopf, starrt dann an die Decke. Sie musste hier raus und zwar schnell. Sie wollte nicht mehr hier sein, sie hätte gar nicht an diesen Ort kommen sollen. Aber es nützte nichts, nun war es für diese Art Reue zu spät.

Sie steht leise auf, ächzt leise als sie versucht den Schwindel zu unterdrücken und sich von den hämmernden Kopfschmerzen nicht beeindrucken zu lassen. Daran war definitiv der Whiskey schuld gewesen. Sie hatte eine Menge geraucht und getrunken am gestrigen Abend.
Sie zieht sich an, immerhin findet sie ihre Kleidungsstücke um das Bett herum verteilt. James schien so fest zu schlafen, dass sie vielleicht gar nicht so vorsichtig sein brauchte. Dann huscht sie aus dem Schlafzimmer, schaut im Badezimmer kurz in den Spiegel und verlässt dann das Haus.

Wie hatte sie das nur tun können? Sie hatte mit James geschlafen. Sie hatten sich nicht die ganze Nacht geliebt und in den Betten gewälzt. Das wäre es vielleicht wert gewesen, aber nein, es war eher ein kurzes und heftiges Gewitter gewesen, kein langanhaltender und die ganze Nacht andauernder Sturm. Sie waren beide sehr betrunken gewesen und Cathy hatte bis zuletzt immer wieder bekräftigt, dass es keine gute Idee sei, ihn noch nach Hause zu begleiten. Aber dieses Mal wollte sich James nicht abweisen lassen. Dieses Mal hatte er seine Hände weiter benutzt und irgendwann wurde Cathy schwach und sie waren übereinander hergefallen.

Cathy konnte sich auch nicht an das Ende ihres Aktes erinnern. Sie musste irgendwann eingeschlafen sein. Huch, wie peinlich! Vielleicht war auch er eingeschlafen, das war noch weitaus wahrscheinlicher. Sie erinnerte sich an viele Berührungen, dann an eine kurze Phase von harten Stössen, an Gestöhne und dann... nichts mehr. Wie schön wäre es gewesen, morgens ohne Kopfschmerzen aufzuwachen und ohne jede Reue mit ihm geschlafen haben zu können!

Sie hatte ihn wieder zufällig getroffen, in einem Restaurant auf dem Hollywood Boulevard. Cathy hatte etwas essen wollen, James trank schon am frühen Abend und so trafen sie sich auf die gleiche Weise wie schon zuvor im 'Hollywood Hotel'. Wieder bat James sie, ihm doch etwas Gesellschaft zu leisten und wieder sagte Cathy zu. Dieses Mal aber musste James zwei andere jungen Damen bitten, ihn nun zu verlassen, da er „eine alte Freundin wiedergetroffen hatte". Cathy wartete mit einem Schmunzeln darauf, dass sie beiden Mädchen sich mit vor Neid funkelnden Augen verabschiedet hatten und setzte sich dann zu ihm.



Quelle des Bildes


James hatte dann weiter getrunken, Cathy dazu eingeladen mit ihm zu trinken und ihr dann von seinem momentanen Grund erzählt zu trinken. Er stritt sich die ganze Zeit mit dem Regisseur George Stevens herum und Cathy erfuhr, dass er an einem neuen Film arbeitete. In diesem Film würde auch Elizabeth Taylor mitspielen! Und Rock Hudson auch! Cathy konnte es kaum glauben und hörte aufmerksam zu. Dean war schon ein Star, aber mit diesem Film würde er wohl endgültig in die erste Riege Hollywoods aufsteigen und das in diesem Alter! Cathy war ziemlich stolz darauf, dass James so erpicht darauf war, seinen Abend in ihrer Gesellschaft zu verbringen.

James zahlte alle Getränke und so trank sie mit ihm. Ein Whiskey folgte nach dem anderen und Cathy konnte sich schnell denken, dass dies morgen mit einem riesengrossen Kater enden würde. James hatte wohl frei, zumindest sagte er das. Und Cathy, ja sie selbst hatte auch Grund genug um zu trinken. Der Tag zuvor war einfach an ihr vorbeigezogen, sie war nachdenklich und auch wütend auf Mr. Bacon. Und sie hatte sich eine Pension suchen müssen. Am nächsten Tag, also dem Tag, an dem sie abends James im 'Musso & Frank Grill' traf, befand sich ihre Wut und Enttäuschung auf einem Höhepunkt und sie beschloss, auszugehen und es krachen zu lassen. Das Restaurant sollte nur der Anfang eines langen Abends werden. Ausserdem lamentierten die Stimmen bereits wieder in ihrem Kopf, es hätte sich also auf jeden Fall gelohnt, die Korken knallen zu lassen, sich treiben zu lassen und am Ende vielleicht in einem fremden Bett aufzuwachen.

Aber neben James aufzuwachen, das war nicht ihr Plan gewesen. Das war auch nicht ihr Plan gewesen, solange sie halbwegs nüchtern gewesen war. Natürlich genoss sie James' Gesellschaft und die teils bewundernden, teils neidischen Blicke, während sie sich mit James unterhielt und mit ihm trank, aber Sex hatte sie kategorisch für sich ausgeschlossen. James war nicht nur ein Prominenter, er war ein Star und Cathy mochte ihn auf der Leinwand sehr. Unter keinen Umständen wollte sie, dass er der Grund war weswegen die Stimmen am nächsten Morgen stumm sein würden.

Das war alles Mr. Bacons Schuld! Nur wegen ihm war sie wütend gewesen und hatte sich ablenken wollen. Nur dieser elende Hund war daran schuld, dass sie keine Arbeit mehr hatte und wohl bald in der Zeitung lesen würde, dass James... sie mochte gar nicht daran denken! Wieder steckte eine gewisse Ironie hinter dieser Sache, die Cathy diesmal sogleich auffiel. Ein Regisseur war sein Grund, im 'Musso & Frank Grill' zu trinken und ein Regisseur war auch ihr Grund gewesen, dorthin zu gehen. Sie seufzt und setzt langsam einen Fuss vor den anderen. Es war weit bis in die Pension, denn sie waren mit einem Taxi in James' Wohnung gefahren. James war gerade dabei, dort einzuziehen, es befand sich im San Fernando Valley. Cathy verliert bald die Lust und hält ein Taxi an. Sie wollte nur noch nach Hause - auch wenn es sie jetzt kleines Vermögen kosten würde.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 02.04.2017 22:02.

Alina

-, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Beiträge: 180

Kapitel 5, Episode 5

von Alina am 23.03.2017 22:05

Hotel Hollywood, 6801 Hollywood Blvd, Hollywood, Los Angeles, California
24th of July, 1955


Soundtrack für diese Episode: Louis Jordan - Don't let the sun catch you cryin'




Quelle des Bildes


Als Cathy aus ihrer Mittagspause zurückkehrt, wird sie von Mr. Hoffman, dem Manager des Hotels zu sich gerufen. Mr. Hoffman wäre jemand gewesen, mit dem ihr Vater sofort einen Streit angefangen hätte, denn er hatte offensichtlich deutsche Vorfahren, sprach aber kein einziges Wort mehr Deutsch und hatte auch seinen Namen offensichtlich an das angloamerikanische Sprachmuster angeglichen oder es war ihm zumindest egal gewesen, dass andere es angepasst hatten. Dies wäre für ihren Vater ein Schlag ins Gesicht gewesen. Sie musste aber zugeben, dass sie nicht mehr wusste, wie patriotisch die deutschen Gemeinden in den USA noch waren, oder ob sie sich mittlerweile ebenfalls angepasst hatten. Immerhin lagen zwei Weltkriege und ein ganzer Ozean zwischen ihnen und ihrer alten Heimat. Und zwei Weltkriege sorgten noch stärker als ein Ozean dafür, dass ein starker Anpassungsdruck auf den Deutschen lastete und sie waren damit nicht allein. Dasselbe galt für Japaner, sogar in besonderem Sinne und alle Asiaten, andere Europäer, Südamerikaner und nicht zu vergessen, die Neger aus Afrika.

Im März diesen Jahres hatte sich ein schwarzes Mädchen in Alabama geweigert, Platz im Bus für eine Weisse zu machen. Das musste man sich einmal vorstellen! Und am Ende diesen Jahres würde die Welt ein weiteres Mal nach Alabama schauen, wo eine gewisse Rosa Parks dafür sorgen würde, dass das Ende der offensichtlichen Diskriminierung von Schwarzen in der amerikanischen Öffentlichkeit eingeläutet wurde. Cathy begrüsste diese Entwicklung, denn sie hatte während ihrer Arbeit in den zahllosen Hotels genügend Negerinnen kennengelernt, die hart arbeiteten, fleissig und schlau waren, selbst wenn sie über keinerlei Schulbildung verfügten. Sicher, sie konnten weder lesen noch schreiben, aber sie waren gut darin, sich schnell anzupassen und alle erforderlichen Dinge schnell zu lernen, die sie für ihre tägliche Arbeit brauchten. Sie konnten waschen, kochen, nähen und servieren. Bei den Manieren haperte es manchmal, aber das war bei den weissen, jungen Dienstmädchen nicht anders, wenn sie anfingen.

Cathy hatte auch mit Negern geschlafen und auch hier sah sie keinen Grund, warum die Ungleichbehandlung von Schwarzen nicht gänzlich verschwinden sollte. Sie würde vielleicht irgendwann mal völlig offen mit einem Neger ausgehen können, ohne dass sich irgendjemand daran stossen würde. Jedenfalls würde sie jeden schwarzen Mann aus der Grossstadt einem Redneck aus Alabama vorziehen!

Als sie an Mr. Hoffman's Büro anklopft, konzentriert sie sich aber lieber auf das folgende Gespräch und tritt ein. Mr. Hoffman sitzt an seinem Platz, hinter dem grossen fast antiken Schreibtisch, der sicher noch aus Europa stammt. Seine Miene sieht heute nicht besonders freundlich aus und Cathy ist neugierig, was es heute zu besprechen gibt. Sie war überzeugt davon, dass ihre Arbeit tadellos war – über genügend Erfahrung verfügte sie ja definitiv.

„Cathy, ich..., wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass wir ihre Stellung ab sofort kündigen. Es tut mir leid, ich...", er zuckt mit den Schultern, als wüsste er selbst, dass es sich hier gerade um eine Schmierenkomödie handelt, „...wir entschuldigen uns bei Ihnen und...".
Er spricht nicht weiter und sieht Cathy an, als wäre er in dieser Sache auf ihre Zustimmung angewiesen. Das konnte sie nun gar nicht verstehen. Was sollte das? Eine Entlassung und dann noch auf diese Weise? Wieso entschuldigte er sich? Sie sieht ihn nur skeptisch und mit erhobener Augenbraue an. „Mr. Hoffman?"

Dieser windet sich etwas, als wäre ihm unwohl und dann fügt er hinzu: „Es gab Beschwerden eines Gastes, ein sehr wichtiger Gast für das Hotel. Ich weiss gar nicht, wie ich es Ihnen beibringen soll. Wir sind überzeugt davon, dass Sie nichts falsch gemacht haben, aber der Gast verlangt, dass wir Sie entlassen, sonst..." Wieder spricht er nicht weiter und Cathy sieht ihn fassungslos an. Doch dann nickt sie.

„Ich verstehe, Mr. Hoffman", antwortet Cathy knapp und mit kalter Stimme. Es gab nichts mehr zu sagen. Das 'Hollywood' befand sich auf einem absteigenden Ast und man wollte und konnte es sich nicht erlauben, weitere prominente Gäste zu verlieren. Hier gab es keinen Verhandlungsspielraum mehr, das war ihr sofort klar.

Sie steht auf, geht zur Tür, dreht sich noch einmal herum, sieht Hoffman in die Augen und fragt leise: „Wer? Bacon?" Hoffman überlegt einen Moment und dann nickt er nur und verdreht die Augen. Cathy nickt und verlässt das Büro.




Quelle des Bildes


Cathy holt ihre Sachen und es ist noch immer nicht mehr als eine Reisetasche voll. Darauf hatte die meiste Zeit ihres Lebens geachtet, von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen. Sie wohnte gern dort, wo es schon alles gab und wo ihre Entlohnung teils darin bestand, das Inventar mitbenutzen zu dürfen. Langfristig sparte ihr das eine Menge Arbeit und Geld. Oft war es auch eine Selbstverständlichkeit, dass Dinge vorhanden waren, die Cathy mitbenutzen konnte, beispielsweise in Hotels, in denen sie wohnte. Es gab dort eine grosse Küche, für die Gäste und die Bediensteten und dafür zahlte sie keinen Cent extra. Aber für Kost und Logis neben ihrem Lohn gehörte es eben auch dazu, kurzfristig für kranke oder fehlende Kolleginnen einzuspringen, manchmal auch mitten in der Nacht. Aber das machte Cathy nichts aus.

Sie hat Glück und niemand sieht sie beim Packen. Sie würde gern ohne grosses Aufsehen gehen, ohne Verabschiedung, ohne grosse Worte. Es würde ihr ja ebenso wie Mr. Hoffman schwerfallen, eine Erklärung für ihr plötzliches Ausscheiden aus der Belegschaft abzugeben. Da war es besser, erst gar nichts erklären zu müssen.

Sie gibt am Empfang ihren Schlüsselbund ab, aber nicht ohne vorher die Hand aufzuhalten und ein Briefkuvert zu empfangen, welches sie vorher öffnet, hineinschaut und einige Scheine abzählt. Ihr bisheriger Lohn plus, keine Ahnung, vielleicht zwanzig Dollar extra. Sie steckt den Umschlag ein, bedankt sich stumm mit einem Nicken und verlässt dann das Hotel zu Fuss. Sie trägt fast die gleiche Kleidung und den gleichen Koffer wie damals vor drei Jahren, als sie hierher gekommen war.

Sie betritt den Bürgersteig und läuft einige Meter, als sich eine Limousine von hinten nähert und neben ihr anhält. Die Scheibe wird heruntergekurbelt und ein Mann, der wie ein Chauffeur aussieht, ruft sie. „Miss Conrad?"
Sie hatte diesen Namen angenommen, als sie damals das Schiff verlassen hatte und sich vorstellen musste. Wie sie es geplant hatte, sollte es Joe ehren, die grösste und vielleicht einzige Liebe ihres Lebens. Es hatte noch einige Zeit gedauert, bis sie wieder über soviel Geld und auch Kontakte hier in Kalifornien verfügte, bis sie sich wieder einen Pass leisten konnte. Mit einem Pass musste sie weniger vorsichtig sein und sie war in ihrer Freiheit nicht so eingeschränkt.

Sie bückt sich leicht und späht in den Wagen, aber sie kann niemanden sonst erkennen. Trotzdem denkt sie darüber nach, wer vielleicht hinter den dunklen und undurchsichtigen Scheiben der Limousine sitzen könnte, hinten im Fahrgastraum. Der Chauffeur lächelt auch, als fände er es amüsant, dass ihm Cathy derartige Indiskretion zutraut und sagt: „Mr. Bacon lässt nachfragen, ob sie vielleicht doch Interesse daran hätten, die Nebenrolle in seinem Film zu besetzen." Er sieht Cathy fragend an.

Cathy schluckt und ist das erste Mal seit vielen, vielen Jahren wirklich beeindruckt von soviel Skrupellosigkeit und auch Kaltschnäuzigkeit. Dieser Mr. Bacon war... ja, was war er überhaupt? Sie wollte gleichzeitig anerkennend nicken und lächeln, ihn gleichzeitig aber auch ohrfeigen für seine Frechheiten. Es handelte sich nicht mal um Erpressung – er hatte einfach dafür gesorgt, dass sie seiner Meinung nach keine andere Wahl mehr hatte, als sein Angebot anzunehmen.

Es sind auch diese Gedanken, die letztendlich dafür sorgen, dass die Wut in Cathy überhand nimmt und sie nach einigen Augenblicken des Nachdenkens erwidert: „Mr. Bacon soll sich seine 'Nebenrolle' an den Hut stecken. Würden Sie ihm das bitte bestellen?" Cathy fragt es zuckersüss, während sie den Chauffeur gespielt-liebenswert anschaut und mit den Wimpern klimpert.
Der wundert sich gar nicht über eine derartige Antwort und sagt: „Mr. Bacon rechnete schon damit, dass Sie wütend sein werden. Deshalb soll ich Ihnen seine Visitenkarte überreichen und Ihnen mitteilen, dass Sie ihn jederzeit anrufen können." Cathy nimmt die Visitenkarte entgegen, die der Fahrer aus dem Fenster reicht und lässt sie dann lächelnd auf den Boden fallen.

Der Chauffeur lächelt ebenfalls und sagt: „Sie sollten besser auf die Karte aufpassen, Miss." Dann kurbelt er die Scheibe hoch und fährt los. Cathy schaut der Limousine nach. Nicht nur dieser Mr. Bacon war abgebrüht, sondern sein Fahrer ebenfalls, das musste sie neidlos anerkennen. Sie wartete, bis der Wagen ausser Reichweite war und hob die Karte wieder auf. Dieser Schurke hatte sogar auf die Rückseite der Karte geschrieben, dass er momentan im 'Hollywood' residierte und hatte die Telefonnummer des Hotels dazugeschrieben. Was für ein Scheusal er doch war!


Antworten Zuletzt bearbeitet am 06.06.2021 14:15.

Alina

-, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Beiträge: 180

Kapitel 5, Episode 4

von Alina am 16.03.2017 13:19

Hotel Hollywood, 6801 Hollywood Blvd, Hollywood, Los Angeles, California
23rd of July, 1955


Soundtrack für diese Episode: Bill Haley and his Comets - Shake, Rattle and Roll




Quelle des Bildes


Schnatternd kommt eine Schar Enten auf Cathy zu, welche erst nur damit angefangen hatte, eine einzige kleine Ente zu füttern. Aber es hatte nicht lange gedauert, bis die anderen die Lunte gerochen hatten und nun von allen Seiten herbeigeflogen und herbeigelaufen kamen auf ihren patschenden Flossen. Cathy bricht ein grösseres Stück von dem trockenen Brot ab, welches sie mitgebracht hatte und zermalmt es zwischen den Fingern zu kleinen Bröckchen und Krumen und wirft diese zwischen die Tiere.

Sie schmunzelt und hat gute Laune. Sie schlendert durch den Plummer Park im Westen Hollywoods, wo sie gern spazieren ging, wenn sie ein paar Stunden Pause hatte und man sie im Hotel entbehren konnte. Sie hatte einen schönen Abend verlebt und fühlte sich so begehrt wie lange nicht. Sie hatte schon mit Prominenten geschlafen. Es mangelte niemals an Angeboten, aber sie schlug diese meist bewusst aus, aus den bekannten Gründen. Auch gestern hatte sie das Angebot letztendlich ausgeschlagen, aber sie wusste sehr genau, dass James sie gewollt hatte.
 

Und wie er sie gewollt hatte! Seine Hände waren fast überall gewesen und sie hatte die Notbremse ziehen müssen, um ihn in seine Schranken zu verweisen. Aber sie hatten trotzdem Spass gehabt. Sie verstand Spass und James nahm es sportlich, wenn er auch am Ende etwas mürrisch war. Aber sie liebte seine Mimik, wenn er aussah wie ein trotziges und enttäuschtes Kind. So hatte sie ihn auch im Kino geliebt. Er war letztlich ein Junge geblieben, ein Kindskopf, aber im Körper eines stattlichen und begehrenswerten Mannes. Und genau das war die Mischung, die die Besucher wohl auch sehen wollten, wenn sie die Kinos stürmten.

Cathy hatte das jetzt alles aus der Nähe sehen können, sie hatte ihn riechen können, sie hatte mit ihm getrunken und geredet, sie hatten miteinander gescherzt und gelacht. Sie hatte ihm ihre Reize gezeigt und er hatte nicht widerstehen können. Und nun fühlte sie sich begehrenswert und wusste, dass sie etwas erlebt hatte, was ihr fast jedes Mädchen in der westlichen Hemisphäre neiden würde. Ein gutes Gefühl, auch wenn James definitiv betrunken gewesen war. Sie war sicher, dass James auch nüchtern nur allzu gern mit ihr geschlafen hätte.

Sie hatte ihn letztendlich weggestossen, als seine Hände zu tief rutschten und als seine Küsse zu aufdringlich wurden. Sie war froh, ihn geküsst zu haben und seine Hände auf ihren Brüsten gespürt zu haben, aber sie wollte nicht nächste Woche in der Zeitung lesen, dass das grösste Idol der heutigen Jugend zu einer Legende wurde, weil er von einem Zug überrollt, von einem Auto überfahren, von einer Leiter gefallen oder von einem entwischten Mörder erschossen worden war. Niemand würde sie dafür verantwortlich machen, aber sie, sie würde es besser wissen und sie verzichtete auf das Vergnügen, welches ihr da nun definitiv entging.


Plötzlich legt sich eine Hand auf ihre Schultern und sie erschreckt kurz, dann fährt sie herum. Vor ihr steht ein Mann und seine Miene sieht noch viel überraschter aus, als ihre eigene. Er wirkt verblüfft und versucht vergeblich, es nicht zu sehr zu zeigen, als Cathy ihn anstarrt. Sie braucht einen Augenblick, bis sie sich auf diese Situation konzentrieren kann, aber dann weiss sie, was kommen wird. Sie kennt diesen Blick, auch wenn sie ihn eher selten in ihrem Leben gesehen hat.

Starre und graue Augen mustern sie, suchen in ihrem Gesicht nach einem Muster, suchen nach Eigenschaften, um die Hypothese zu widerlegen, dass es sich hierbei um ein bekanntes Gesicht handelt. Dieses Suchen kennt Cathy und ihr wird etwas heiß unter der leichten Sommerjacke. Ihr Blick flackert und sie räuspert sich leise. Angriff ist die beste Verteidigung, sagt man und Cathy setzt an, öffnet den Mund und will zu dem Mann sprechen, doch der kommt ihr zuvor und fragt mit leicht vor Verwunderung heiserer Stimme: „Miss... entschuldigen Sie bitte, Miss, aber... kommen Sie zufällig aus Chicago?"



Quelle des Bildes

Chicago. Das war es also. Chicago, Chicago, was war nur in Chicago gewesen? Woher konnte der Mann sie kennen? Cathy war mittlerweile sehr routiniert darin, sich schnell eine passende Geschichte auszudenken. Manchmal war es besser, nicht aus Chicago, New York oder woher auch immer zu kommen; manchmal aber doch schon! Dieser Mann würde sich nicht so schnell abspeisen lassen, das sah sie ihm an. Zu verdutzt war er, zu sicher schien er sich zu sein – auch wenn er verzweifelt nach Indizien suchte, um seine Annahme zurücknehmen zu können. Aber es gelang ihm nicht, noch nicht.

Cathy blufft und hebt erst fragend eine Augenbraue, damit der Mann nachlegt. Und er tut es.
„Miss, kommen Sie vielleicht aus Chicago? Ich bin sicher, dass... dass Sie..." Ja, er kämpfte mit sich und das zu Recht. Sie rechnete nach und sie kannte sein Problem. Sie hatte Chicago 1933 verlassen und wahrscheinlich kannte der Mann sie noch aus der Zeit davor. Vielleicht war er ihr 1930 begegnet, aber das war 25 Jahre her! Er war nun alt, jedenfalls 25 Jahre älter, wohingegen Cathy aussah, als wäre sie gerade aus dem Ei geschlüpft. Sie hatte nichts von ihrer frischen Ausstrahlung verloren, war hübsch anzusehen und sah keinen Tag älter aus als Zwanzig. Genau das war sein Problem und sie sah es ihm an.

Dann nickt Cathy. Sie erlöst ihn, denn er scheint an diesem Widerspruch verzweifeln zu wollen. Sie nickt und lächelt. „Meine Mom kommt aus Chicago, aber sie ist noch vor meiner Geburt an die Westküste gezogen. Vielleicht verwechseln sie mich mit ihr. Man sagt, sie sieht mir sehr ähnlich, Mister."
Die beiden starren sich an und es ist ein Bluff in einem Spiel. Cathy lügt so überzeugend, dass sie sogar einen Mafiosi anlügen könnte; diese Metapher kommt ihr in den Sinn, als sie über Chicago nachdenkt. Und dann dämmert es ihr. Genau in dieser Spur ihrer Gedanken dämmert es ihr und sie schluckt, während sie den Mann immer noch leicht triumphierend anlächelt und sich sicher ist, ihn täuschen zu können.

Sie verliert ihre Contenance nicht völlig, dafür ist sie zu erfahren oder besser gesagt, zu abgebrüht. Aber sie sieht den Mann wieder vor sich, sie erkennt ihn wieder, obwohl er anders aussieht als damals. Er sieht natürlich älter aus, viele Falten haben sich in sein Gesicht gegraben, er trägt eine Narbe an der Wange, die er früher nicht trug, er trägt keinen Nadelstreifenanzug und keinen dunklen Mantel mehr und er trägt auch keinen Fedora-Hut mehr, sondern eine Kappe. Sie versucht sich an den Namen des Mannes zu erinnern und kommt zu dem Schluss, dass sie niemals direkt mit ihm gesprochen hatte. Sie war dabei, als Frankie Yale zu ihm sprach und er sprach zu Frankie Yale. Ja, er war es, das war Frankies Leibwächter!

Cathy schluckt und versucht wieder zu lächeln. Ob es echt ist oder nicht, erkennt der Mann glücklicherweise nicht. Er starrt sie immer noch mit verengten Augen an und scheint nachzudenken. Er kann nicht begreifen, dass es eine so grosse Ähnlichkeit gibt, das sieht sie ihm an. Aber die Erklärung ist gut, sie bezweifelt seine Aussage nicht, streitet es nicht ab, dass es sehr gut sein könnte, dass er ihre Mutter kennt. Es ist immerhin ihre Mutter – es ist nicht ungewöhnlich, dass grosse Ähnlichkeiten zwischen Mutter und Tochter vorkommen.

„Das gleiche Haar, etwas kürzer vielleicht. Die gleichen Augen, der gleiche Mund..." Er schüttelt nochmal fassungslos den Kopf und lacht dann etwas verlegen. Cathy lacht mit und schluckt wieder. Ihr wird klar, dass der Mann sicher heimlich für sie geschwärmt hatte, denn warum konnte er sich sonst so gut an diese Einzelheiten erinnern? Er hatte sie sicher tagsüber, wenn sie mit Frankie unterwegs war, beobachtet, sich Details eingeprägt und nachts von ihr geträumt. Dabei hatte er sie sicher nicht oft gesehen. Wenn sie sich recht erinnerte, war Frankie sehr kurz nach ihrer gemeinsamen Nacht erschossen worden. Sie erinnerte sich immer noch an den Zeitungsartikel, den sie lange aufgehoben hatte. Und naja, vielleicht hatte er sie vorher einige Male beobachtet, wenn Frankie im Guyon abgestiegen war. So musste es wohl gewesen sein. Sie hatte ihn nie grossartig beachtet, aber er hatte sie dafür umso genauer unter die Lupe genommen. Und nun hatte er sie hier gestellt, im Plummer Park, in Kalifornien. Welches Schicksal ihn wohl hierher verschlagen hatte?

„Lebt... lebt ihre Mutter denn noch?", fragt er Cathy nun und diese reagiert schnell, lässt sich von ihrer Intuition leiten und ihre Miene verdunkelt sich etwas, wird melancholisch und sie antwortet mit leiserer Stimme: „Sie ist leider bei der Geburt meiner Stiefschwester verstorben. Sie...", sie zieht leicht ihre Nase hoch als würde ihr das Thema schwerfallen, „...sie hatte einen neuen Mann und sie wollten noch ein Kind. Bei der Geburt ist sie dann..." Cathy spricht den Satz nicht mehr zuende, denn der Mann nickt nur eilig. Cathy ist eine exzellente Schauspielerin und es ist ihm peinlich, diese alte vermeintliche Wunde berührt zu haben. Cathy verdrückt eine Träne.
„Ich verstehe. Es tut mir sehr leid. Sie war eine... eine aussergewöhnliche Frau." Er atmet tief durch und ihre Blicke treffen sich wieder. „Sie war eine sehr hübsche Frau und glücklicherweise hat sie ihre Schönheit noch vererbt, bevor sie... sie... sie gehen musste." Er bringt den Satz holprig und nur mit mehreren Anläufen zu Ende. Cathy nickt und lächelt auf ihre melancholische Art.
„Danke sehr, Mister."

Als das Schweigen zu unangenehm wird, räuspert sich Cathy und fragt mit gespieltem Interesse:
„Woher kannten Sie denn meine Mom?" Der Mann denkt einen Moment nach, dann lächelt er etwas verlegen und sagt: „Ach, sie arbeitete wohl in einem Hotel, damals in Chicago und... mein Boss war dort mehrmals zu Gast. Es muss so...", er denkt nach „...so um 1928 herum gewesen sein. Ja, 1928." Cathy war sich sicher, dass sich der Mann an Yales Todesjahr erinnerte, wie sie auch. „Damals war ich... Mitte 30. 36 Jahre, um genau zu sein." Er lacht wieder etwas verlegen, als wenn er sich dafür schämen würde, dass er gealtert war und Cathy nicht. Noch immer scheint ein Teil von ihm sie für die Cathy aus Chicago zu halten, was sie ihm jedoch wirklich nicht verübelte. Wieder lächelt sie schüchtern.

Sie stehen sich etwas unsicher gegenüber. Beide wissen nicht, ob es noch etwas zu sagen gibt. Cathy erinnert sich an den Mann, er ist ihr begegnet und im Gegensatz zu allen anderen Menschen auf der Welt durfte sie niemals mit einem alten Bekannten reden, über alte Zeiten schwadronieren, in alten Erinnerungen schwelgen. Es ging aus mehreren Gründen nicht und Cathy hielt dies für einen Fluch. So sehr sie ihre Jugend schätzte und auch liebte – aber es kostete sie ihre Vergangenheit. Und die Vergangenheit eines Menschen war etwas, von dem sie bisher dachte, dass es jedem Menschen auf der Welt zusteht, egal ob es eine gute und glückliche Kindheit oder schlechte Erfahrungen seien. Ihr stand es jedenfalls nicht zu. Vergangenheit war für sie ein Luxus, denn sie sich nicht leisten konnte.

Irgendwann tippt der Mann dann an seine Kappe und verabschiedet sich. Er geht, aber nicht ohne Cathy nochmal ausführlich taxiert zu haben. Sie weiss nicht, ob er ihr glaubt. Es sieht so aus, als hätte er ihren Bluff gekauft, aber hunderprozentig sicher ist sie sich nicht. Sie sieht ihm nach und bestenfalls sieht sie ihn nie wieder.



Antworten Zuletzt bearbeitet am 06.06.2021 14:11.

Alina

-, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Beiträge: 180

Kapitel 5, Episode 3

von Alina am 11.03.2017 10:43

Hotel Hollywood, 6801 Hollywood Blvd, Hollywood, Los Angeles, California
22nd of July, 1955


Soundtrack für diese Episode: Louis Jordan - How about that


Mr. Bacon hatte Cathy rufen lassen, um ein spätes Mittagessen einzunehmen. Die Küche war schon kalt gewesen und Cathy bringt Bacon eine Auswahl an kalten Speisen auf einem Servierwagen nach oben. Sie betritt sein Zimmer und er schliesst die Tür hinter ihr. Cathy wundert sich etwas, beachtet es aber nicht weiter.

„Ist denn das Handtuch zu Ihnen zurückgekehrt?", fragt Cathy indes und schiebt den Speisewagen an den Tisch, an dem Mr. Bacon zu essen pflegt. Bacon geht an ihr vorbei und setzt sich. Er sieht sie an und zu ihrer Verwunderung ignoriert er die Frage. Stattdessen fragt er:

„Cathy... Cathy ist doch Ihr Name, richtig? Cathy... haben Sie mal darüber nachgedacht, für den Film zu arbeiten? Sie haben alles, was man dafür braucht: ein hübsches Gesicht, eine gute Figur, Ihre Mimik ist ausdrucksstark. Ich frage, weil mir eine Nebendarstellerin abhanden gekommen ist und ich dringend Ersatz brauche. Was sagen Sie dazu?"



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Cathy konnte nicht überraschter sein von diesem Angebot. Zuerst will sie freudig zustimmen und ein „Ja, sehr gern, Mr. Bacon!" liegt ihr schon auf der Zunge. Aber dann hält sie inne, denkt nach und schüttelt dann etwas wehmütig den Kopf.
„Wissen Sie, ich wäre viel zu aufgeregt. Ich denke nicht, dass das etwas für mich ist. Ich schaue mir einen Film lieber im Kino an, Mr. Bacon." Sie lächelt liebreizend und zuckt dann bedauernd mit den Schultern.
„Sehen Sie? Genau das meine ich! Ihre Mimik, Ihre Gestik! Das alles ist Schauspielerinnen-Material. Sie müssen es zumindest versuchen, liebe Cathy. Wenn es nicht klappt, bekommen Sie den Drehtag trotzdem bezahlt. Bitte, tun Sie mir den Gefallen und versuchen es doch wenigstens!" Bacon hatte sich in diese Idee verstiegen und er brachte Cathy damit in Bedrängnis. Sie schüttelt wortlos den Kopf und windet sich etwas, als wäre ihr das alles sehr unangenehm.

„Nein, wirklich nicht, Mr. Bacon. Ich danke Ihnen sehr für das Angebot, aber nein. Ich muss leider ablehnen. Das ist nichts für mich." Sie seufzt und befördert schnell die Speisen vom Speisewagen auf den Tisch und Bacon sieht nur wortlos zu. Er räuspert sich und Cathy schweigt ebenfalls. Es sind lange und unangenehme Augenblicke, bis Cathy fertig ist und dann den Speisewagen wieder zurückzieht.
„Ich wünsche Ihnen einen guten Appetit, Mr. Bacon." Dann verlässt sie das Zimmer wieder.



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Am späten Abend macht sich Cathy auf den Weg zur Hotelbar. Sie hatte Flaschen und Gläser dabei, die aus der Hotelbar stammten und wieder dorthin zurückgebracht werden mussten. Sie biegt direkt hinter die Theke ein und verschwindet im Lagerraum, während sie noch einen Pfiff hört, der wohl ihr gilt. Sie schmunzelt nur und sortiert die Flaschen in die Kästen ein. Danach sortiert sie die Gläser weg und mit dem leeren Tablett an ihrer Seite kommt sie wieder hinter der Theke hervor. Als sie dem einzigen Gast ins Gesicht blickt, da erstarrt sie für einen Moment. Er grinst sie an und ohne Zweifel ist er bereits angetrunken. Cathy hat einen guten Blick dafür, obwohl in diesem Falle wohl jeder zu diesem Schluss kommen würde. Das Lächeln ist besonders spitzbübisch in dem jungen und so markanten Gesicht, die Augen sind halb geschlossen und sie kann sich seine schon bereits leicht lallende Stimme schon vorstellen, bevor sie erklingt.

„Wen haben wir denn da?", fragt die Stimme auch und sie gehört dem gleichen Mann, der eben auch gepfiffen hat, als Cathy hinter der Theke verschwand. Cathy nimmt den Barmann gar nicht wahr, der die Szene interessiert beobachtet und schmunzelt. Alle Frauen reagieren so, wenn sie ihn sehen, den neuen Stern am Hollywood-Himmel.
Cathy schluckt und bringt noch gerade ein heiseres „Guten Abend, Mister" hervor. Sie sieht einem Mann in die Augen, dessen letzten Film sie erst vor ein paar Wochen im Kino gesehen hatte und von dem sie so begeistert gewesen war, dass sie den ganzen Weg zum Hotel zurück wie ein Teenager von ihm geschwärmt hatte. Aber es ging nicht nur ihr so, sondern auch den anderen Mädchen, mit denen sie ins Kino gegangen war. Alle liebten ihn, für die Jungen war er ein Idol und für die Mädchen ein Sex-Symbol, wenn man in den 1950er Jahren schon davon sprechen konnte. 'Jenseits von Eden' hatte der Film geheissen und ein gewisser James Dean hatte darin die Hauptrolle gespielt. Und genau jener James Dean sass nun dort an der leeren Hotelbar des 'Hollywood Hotels' und trank Whiskey.


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Cathy schluckt und ringt sich dann ein Lächeln ab. „Gu... guten Abend, Mister... Mister Dean". Sie schluckt wieder und gewinnt zunehmend ihre Fassung zurück.

„Guten Abend, Miss", erwidert er und tippt sich an die Schläfe zum Gruß. „Wollen Sie mit mir trinken? Leisten Sie mir etwas Gesellschaft?"
Sie schaut zur Wanduhr, die hinter der Theke hängt. Offiziell hatte sie schon Feierabend und nichts hielt sie davon ab, das wirklich zu tun. Sie denkt nach, zieht die Unterlippe rechts durch die Schneidezähne und lächelt dann. „Sehr gern, Mister... Dean."
Sie machte keinen Hehl daraus, dass sie ihn erkannt hatte – warum auch? „Nenn' mich James", erwidert er leicht lallend, aber so dass Cathy erkennen kann, dass er sich wirklich Mühe gibt. Sie schmunzelt und sagt: „Ich ziehe mich nur schnell um, damit..." Sie räuspert sich und lässt den Satz offen, weil die Begründung vielleicht etwas offensichtlich wäre. Sie würde ihm gern gefallen, sich etwas frisch machen, sich schick machen.

Dean greift nach ihrem Arm und sagt: „Ach, kommen Sie einfach so... mir gefällt das... so ein... Aufzug." Seine Worte klangen etwas deplatziert und respektlos, aber Cathy war sich sicher, dass es nicht so gemeint war und er und nur Probleme hatte, die richtigen Worte zu finden. Cathy nickt etwas resignierend, lächelt und zwinkert mit einem kurzen Seitenblick dem Barkeeper zu, um ihn auf ihrer Seite zu wissen. Der lächelt nur und sagt: „Dann kann ich ja Feierabend machen. Es ist ja jemand von der Belegschaft hier." Cathy nickt nur. „Geputzt ist schon alles. Schliesst du hinterher ab, Cathy?" Wieder nickt sie und Dean hebt eine Augenbraue. „Cathy also...", lallt er etwas nachlässig und grinst wieder. Cathy kommt um die Theke herum und setzt sich zu ihm. Der Barkeeper verschwindet schnell und Cathy hört von fern die Tür klappen. Dann sind sie allein.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 18.07.2021 18:07.

Alina

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Kapitel 5, Episode 2

von Alina am 07.03.2017 16:03

Hotel Hollywood, 6801 Hollywood Blvd, Hollywood, Los Angeles, California
21st of July, 1955


Soundtrack für diese Episode: Bing Crosby - Far away places




Quelle des Bildes


Die ganze Zeit bis zur Rückkehr nach Pearl Harbour war Cathy im Bunker festgehalten worden. Am 27. Mai 1943, also fast vier Monate nachdem sie unter Mordverdacht geraten war, legte die USS Enterprise wieder in Pearl Harbour an und Cathy durfte den Bunker endlich verlassen.

Man hatte an Bord keine entlastenden Argumente finden können, um Cathy wieder auf freien Fuss zu setzen. Das überraschte und entsetzte alle, vor allem auch Halsey, der grosse Stücke auf Cathy hielt. Niemand konnte die Geschichte in letzter Konsequenz beweisen, aber die Beweislast war immerhin gross genug, dass man Cathy trotzdem in Haft behielt. Der Zugang zu Dempsey mittels ihres Schlüssels, ihre Beziehung zu Shawn, das Tütchen; das alles waren Indizien und nicht zuletzt die Tatsache, dass beide nun tot waren, belastete Cathy schwer. Niemand an Bord wollte die Gefahr eingehen, sich hier zu irren und Cathy wieder auf freien Fuss zu setzen. Und so beschloss man, das Militärgericht auf dem Festland diese Sache regeln zu lassen.

Sie blieb also zumindest in Untersuchungshaft und wurde in Pearl Harbour in einem Militärgefängnis untergebracht, bis sie auf einem Linienschiff wieder zurück in die USA verbracht wurde und im Sommer 1943 dort ankommen sollte. Aber Cathy kam dort nie offiziell an. Kurz vor der Landung in San Francisco verliert sich die Spur der Cathy O'Donovan. Ihre Flucht war an Bord zwei Tage vor der Ankunft in den USA entdeckt worden, aber man hatte sie nicht mehr auffinden können. Sie konnte sich überall an Bord versteckt halten und die Tatsache ihres Verschwindens konnte natürlich auch nichts an der Tatsache ändern, dass man den Hafen anlaufen würde. Cathy war eine Gefangene der Navy, aber nicht so wichtig, dass man wegen ihr die Landung verschieben würde.

An Bord hatte Cathy genug Zeit gehabt, sich mit einem Mann namens Gary anzufreunden, der ihr unregelmäßig das Essen in die immer von aussen abgeschlossene Kajüte brachte. Insgesamt gab es drei verschiedene Personen, die sich abwechselten und Cathy war wohl auch nicht die einzige Gefangene der Navy an Bord. Mit diesen drei Personen durfte Cathy auch abwechselnd an Deck spazierengehen, wobei man darauf achtete, dass Cathy nicht als Gefangene zu identifizieren war. Die Fluchtgefahr auf dem Pazifik war auch gleich Null, sodass Cathy sich unter Aufsicht an Deck frei bewegen durfte, für eine halbe Stunde am Tag.

Besonders wenn Gary sie an Deck führte, ging sie mit ihm spazieren und unterhielt sich mit ihm, anstatt selbst herumzuwandern und sich die Füsse zu vertreten. Es dauerte nicht allzu lange, bis er sich in Cathy verliebt hatte. Normalerweise legte es Cathy nicht darauf an, dass so etwas passierte, aber in diesem Falle musste es so sein und Cathys Erfahrung auf diesem Gebiet zahlte sich aus. Sie wusste, wie sie ihn unaufdringlich betörte, ihm tiefe Einblicke in ihr Dekollete gewährte, ihm unverbindlich nackte Haut zeigte. Ihre Zeit war begrenzt und sollte sie auf dem Festland in ein Gefängnis gebracht werden, war das Spiel endgültig aus. Die Ermittlungen gegen sie würden ihr Ziel finden und zusammen mit den beiden Todesfällen an Bord würde ihr lebenslange Haft drohen, im Staate Kalifornien vielleicht sogar die Todesstrafe. Dazu durfte es keinesfalls kommen. Sie war bereit, alle Register zu ziehen, um ihren Willen zu bekommen.

Als Gary nachts ihre Tür öffnete und Cathy fliehen liess, da hatte sie bereits zweimal mit ihm geschlafen und ihn noch einige Male mehr in ihrer Kajüte befriedigt. Sie hatten sich über ihre Vergangenheit und ihre Wünsche unterhalten und hatten eine gemeinsame Zukunft geplant. Sie würden nach Oregon gehen, oder noch besser nach Montana. Gary hatte sowieso vorgehabt, sich in Oregon zu bewerben, weil er die Natur liebte und sich nicht vorstellen konnte, in den kalifornischen Grossstädten zu leben, die er immer wieder besuchte, wenn das Schiff die Westküste der USA endlich erreichte und er einige Tage oder Wochen Zeit hatte, seinen Urlaub zu geniessen. Und nach Cathy würde dort niemand fragen. Sie würde die Kinder aufziehen oder in einem kleinen Drugstore arbeiten oder in einer kleinen Änderungsschneiderei arbeiten. Es würde sich schon etwas finden. War Amerika denn nicht das Land der unbegrenzten Möglichkeiten? Hatte nicht ein Jeder das Recht darauf, sein Glück zu suchen? Ganz besonders er, nach diesen langen Jahren des Krieges, in denen eine ganze Generation ihre Zeit damit vergeudete, zwei Grossmächte auf die Knie zu zwingen anstatt ihr Glück zu machen. Und natürlich auch sie, eine wunderschöne und junge Frau, die durch Missgunst und falsche Beschuldigungen unter Tatverdacht geraten war. Er konnte sich gut vorstellen, welche Dilettanten an Bord eines Flugzeugträgers damit beauftragt gewesen waren, gegen eine verdächtige Person zu ermitteln.

Er war sicher, dass Cathy unschuldig war. Sie war ein herrliches Weib und eine gute Zuhörerin, verständnisvoll, nett und zuvorkommend. Und sie war ein Traum im Bett – sie wusste genau, wie sie ihn um den Verstand bringen konnte. Und vor allem das liebte er an ihr.


Markt nahe des Hafens von San Francisco


Quelle des Bildes


Gary konnte nicht ahnen, dass er Cathy nie wiedersehen würde, wenn das Schiff erstmal im Hafen vor Anker lag. Die letzten zwei Tage versorgte er Cathy noch mit Proviant und schaute nach ihr, ob alles in Ordnung war und ob sie ein weiches Quartier in dem Lagerraum hatte, in dem sie sich versteckt hielt. Er wusste auch, dass Cathy es allein schaffen musste, von Bord zu gehen oder besser zu springen und in dem schmutzig-brackigen Wasser des Hafens unbemerkt an Land zu klettern. Doch er glaubte an sie, nachdem sie ihm versichert hatte dass sie das konnte.

Sie schaffte es, an der vom Land abgwandten Seite ins Wasser zu springen und dann an den Schiffen entlang zu schwimmen, ohne entdeckt zu werden. Sie kletterte an einem Steg hoch, der für kleine Schiffchen zum Anlegen gebaut worden war und suchte schnell das Weite.

Gary hatte ihr glücklicherweise geholfen, etwas Geld in ihre Kleidung nähen zu können, sodass sie sich einige Tage verpflegen und auch neue Kleidung kaufen konnte. Mehr konnte sie nicht erwarten; das war mehr als sie brauchte, um die Chance auf einen Neustart zu bekommen.



Cheyenne Wyoming


Quelle des Bildes

Sie tauchte unter und verbrachte tatsächlich einige Jahre in Oregon, Idaho, Montana und zuletzt Wyoming. Die letzte Station ergab sich eher zufällig und sie merkte, dass sie schwermütig wurde, wenn sie an Shawn dachte, der sie doch hatte heiraten und hierher hatte bringen wollen. Sie wusste nicht mal, wie Shawn mit Nachnamen hiess; sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, oder hatte sie es je gewusst? Sie erinnerte sich nicht mehr. Wyoming – hier gab es tatsächlich sehr viele wilde Pferde. Sie arbeitete als Verkäuferin, putzte in Häusern etwas wohlhabenderer Bürger. Sie war sich sicher, noch nie so weit von der Zivilisation und dem kulturellen Teil der USA entfernt gewesen zu sein. Baltimore war weltoffen und reich an Kultur, gemessen an Städten wie Rock Springs, Laramie oder sogar Cheyenne. Cheyenne hatte als grösste Stadt Wyomings mit etwa 40.000 Einwohnern trotzdem nicht mal ein Zehntel der Einwohner, die Baltimore besass, als sie geboren wurde. Und jetzt ging Baltimore bereits auf die Million zu, besass gerade um die 900.000 Einwohner. Es war zum Verzweifeln. Sie wollte die grosse, weite Welt sehen, die Metropolen des Kontinents und jetzt musste sie sich in Orten verstecken, die kleiner waren als ihre Nachbarschaft in Baltimore.

Sie versteckte sich ganze sieben Jahre dort, hielt es aber selten länger als ein halbes Jahr an einem Ort aus. So kam es, dass sie durch die vier Staaten der Pazific-West und Intermountain Gebiete tingelte, bis sie Ende der 1940er Jahre den Entschluss fasste, endlich nach Hollywood zu gehen. Sie kam dort im Frühling 1950 an und trotz der langen Zeit ohne grosse Ersparnisse, aber auch ohne grossen Ärger verursacht zu haben. Es war nicht besonders leicht gewesen, in diesem provinziellen Umfeld nicht negativ aufzufallen. Meist durfte es nicht als ein Todesfall in ihrem Umfeld sein und sie zog weiter.



Quelle des Bildes

Wieder und wieder verfluchte sie es, sich hier verstecken zu müssen. In der Stadt war alles so viel einfacher, aber die Gefahr, von den falschen Leuten entdeckt zu werden war trotzdem höher. Nur in einer absolut gottverlassenen Gegend konnte sie sich sicher fühlen. Aber die Zeit spielte für sie und nach langen Jahren des Wartens war ihre Sehnsucht nach der grossen Stadt, ja besonders nach Hollywood so gross geworden, dass sie nicht mehr warten konnte oder wollte. Es musste endlich passieren. In Hollywood wären ihre Möglichkeiten unendlich gross und hier in Wyoming waren sie so klein! Hollywood – davon träumte sie jetzt schon seit Jahren, nein, seit Jahrzehnten! Nun war es soweit.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 11.06.2021 14:57.

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Kapitel 5 - Hollywood

von Alina am 03.03.2017 19:08

Hotel Hollywood, 6801 Hollywood Blvd, Hollywood, Los Angeles, California
21st of July, 1955


Soundtrack für diese Episode: Fats Domino - Ain't that a shame



Quelle des Bildes



5. Mr. Bacon

Als das Röhren des Staubsaugers verklingt, schaut sich Cathy um und nickt zufrieden. Wieder war ein Zimmer geschafft. Das andere Mädchen im Nebenraum würde nochmal feucht wischen, aber Cathy ist nun fertig. Sie atmet durch, sieht sich um und packt den Staubsauger zusammen. Als sie den Raum verlässt, sieht sie am Ende des Ganges einen Gast auf sie zueilen. Sie senkt kurz den Blick und räuspert sich. Dann sieht sie wieder auf und in der Zwischenzeit ist der Mann bei ihr angekommen. Sie kennt ihn bereits schon – es ist Mr. Bacon, Mister Lloyd Bacon, ein bekannter Regisseur in der Stadt.



 

Quelle des Bildes
 

Bacon war stets korrekt gewesen, auch wenn seine Blicke sich natürlich nicht von den anderen Blicken männlicher Gäste unterschieden. Er hatte immer wieder mal mit ihr geflirtet – falls er gute Laune hatte, aber er hatte niemals etwas Anzügliches gesagt oder sie unsittlich berührt. Cathy schätzte das, denn ihre Einstellung gegenüber Prominenten hatte sich nicht geändert: keine toten Prominenten – das bedeutete keine grosse Aufmerksamkeit und daher keine Scherereien.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 21.06.2021 13:41.

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Ausblick auf das fünfte Kapitel

von Alina am 03.03.2017 18:51

Ich möchte euch einen kleinen Ausblick auf das fünfte Kapitel geben. Ich fange heute damit an, es zu veröffentlichen. Nähere Informationen könnt ihr in meinem Blog lesen.

Am späten Abend macht sich Cathy auf den Weg zur Hotelbar. Sie hatte Flaschen und Gläser dabei, die aus der Hotelbar stammten und wieder dorthin zurückgebracht werden mussten. Sie biegt direkt hinter die Theke ein und verschwindet im Lagerraum, während sie noch einen Pfiff hört, der wohl ihr gilt. Sie schmunzelt nur und sortiert die Flaschen in die Kästen ein. Danach sortiert sie die Gläser weg und mit dem leeren Tablett an ihrer Seite kommt sie wieder hinter der Theke hervor. Als sie dem einzigen Gast ins Gesicht blickt, da erstarrt sie für einen Moment. Er grinst sie an und ohne Zweifel ist er bereits angetrunken. Cathy hat einen guten Blick dafür, obwohl in diesem Falle wohl jeder zu diesem Schluss käme. Das Lächeln ist besonders spitzbübisch in dem jungen und so markanten Gesicht, die Augen sind halb geschlossen und sie kann sich seine schon bereits leicht lallende Stimme schon vorstellen, bevor sie erklingt.
„Wen haben wir denn da?“, fragt die Stimme auch und sie gehört dem gleichen Mann, der eben auch gepfiffen hat, als Cathy hinter der Theke verschwand. Cathy nimmt den Barmann gar nicht wahr, der die Szene interessiert beobachtet und schmunzelt. Alle Frauen reagieren so, wenn sie ihn sehen, den neuen Stern am Hollywood-Himmel. Cathy schluckt und bringt noch gerade ein heiseres „Guten Abend, Mister“ hervor. Sie sieht einem Mann in die Augen, dessen letzten Film sie erst vor ein paar Wochen im Kino gesehen hatte und von dem sie so begeistert gewesen war, dass sie den ganzen Weg zum Hotel zurück wie ein Teenager von ihm geschwärmt hatte. Aber es ging nicht nur ihr so, sondern auch den anderen Mädchen, mit denen sie ins Kino gegangen war. Alle liebten ihn, für die Jungen war er ein Idol und für die Mädchen ein Sex-Symbol, wenn man in den 1950er Jahren schon davon sprechen konnte.

Ich wünsche euch viel Spass mit dem fünften Kapitel und ich wünsche euch auch ein schönes Wochenende!


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Kapitel 4, Episode 15

von Alina am 19.11.2016 20:03

„The Big E", Aircraft Carrier USS Enterprise, United States Navy
Rennell Islands, Solomon Islands, Pacific Ocean, 2000 miles northeast from Australia
7th of March, 1943, 1100 MT



Quelle des Bildes (bearbeitet von Alina)


Es war ein Fehler gewesen, Shawn nach dem Akt bei ihr schlafen zu lassen. Einerseits hatte sie gehofft, dass es schnell ging mit ihm – andererseits hatte sie nicht damit gerechnet, dass es so schnell gehen würde. Shawns Herz hatte noch in der gleichen Nacht aufgehört zu schlagen, Cathy war nicht mal wachgeworden. Sie wachte neben einem immer noch bettwarmen, aber doch seltsam kalten Leichnam von Shawn auf.

Es ging kein Weg daran vorbei, dass sie es melden musste. Shawn wurde abgeholt und Cathy wurde gebeten, den Masters-At-Arms, der auf dem Schiff stationierten Einheit der Militärpolizei, zu folgen. Sie würde eine Aussage abgeben müssen.

Leider war es dabei nicht geblieben. Die Ermittler waren schnell verdutzt über die Tatsache gewesen, dass es bereits zwei Todesfälle in Cathys unmittelbarem Bekanntenkreis gegeben hatte. Natürlich wussten einige, dass sie mit Shawn befreundet war, aber diese Sache wurde nun erst zu einem richtigen Problem, weil er tot bei ihr aufgefunden worden war. So wurde aus der Aussage schnell eine zeitlich begrenzte Untersuchungshaft.

Schon einen Tag später hatten die Ermittler herausgefunden, dass Shawn Abführmittel verschrieben bekommen hatte. Er hatte fälschlicherweise angegeben, dass er Verstopfung hatte. Schnell zählten sie Eins und Eins zusammen und suchten eine Erklärung dafür, wie das Abführmittel von Shawn zu Dempsey gekommen war. Dort hatte man nämlich ein Stück abgerissenes Papier des Beutelchens gefunden. Cathy war momentan die Einzige, die ausser Dempsey einen Schlüssel zu dessen Quartier besass. Nur sie konnte es gewesen sein, die das Mittel in Dempseys Zimmer gebracht hatte. Man rätselte natürlich noch über Cathys Motiv, aber auch dort wurde man fündig. Cathy hatte sich mit einer Bekannten aus der Putzkolonne darüber unterhalten, dass Dempsey mit ihr schlief und dass er unschöne Dinge von ihr verlangte. Darüber ärgerte sich Cathy am meisten. Sie wusste doch, dass man anderen Frauen nicht trauen konnte! Und diese Helen war nicht mal eine richtige Freundin! Sie hatte doch nur mal ein wenig plaudern wollen. So ein Miststück!

Shawns Tod war dann das letzte Puzzlestück gewesen. Entweder musste er sterben, weil er zuviel wusste, oder er hatte herausgefunden, was Cathy mit dem Abführmittel angestellt hatte. Vielleicht hatte er auspacken wollen und hatte ihr gedroht. Dann hatte Cathy rot gesehen und ihn, auf welche Weise auch immer, vielleicht mit einem Kissen erstickt, zu Tode gebracht. So musste es gewesen sein. Auf jeden Fall reichten die Indizien, um Cathy in den Bunker zu stecken, dieses Mal sogar zeitlich unbefristet. Sie hatte auf jeden Fall etwas zu verbergen. Nur über das Ausmaß, über das musste man sich erst noch einig werden.

Und nun sitzt sie in einem kleinen, fensterlosen Raum. Dies war also der Bunker, von dem Sergio geredet hatte. Cathy fragte sich, ob jemals eine Frau in einem solchen Schiffsgefängnis gesessen hatte. Sie zweifelte und auf dieser Fahrt war sie wohl garantiert die Erste. Nun war es endlich soweit. Man würde ihr auf die Schliche kommen und sie zur Verantwortung ziehen.

Cathy starrt auf ihre Hände und verfolgt den Weg der blass-blauen Venen, die sich deutlich abzeichnen. In ihrem Kopf war es still – absolut still. War dies das Ende? Waren die Stimmen weitergezogen, weil sie nun am Ende ihres eigenen Weges war? Sie zweifelte nicht daran, dass die Stimmen so opportunistisch und grausam sein konnten. Sie war nur ein Werkzeug, das wusste sie. Bisher hatte sie nicht eine Träne vergossen, obwohl sie seit achtundvierzig Stunden in diesem Loch sass. Doch nun vergräbt sie das Gesicht in ihren Händen und weint. Sie weint so bitterlich, dass sie am ganzen Körper zu zittern beginnt.



ASU


Sountrack für diese Episode: Harry James - I Heard You Cried Last Night


Antworten Zuletzt bearbeitet am 11.06.2021 14:54.

Alina

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Kapitel 4, Episode 14

von Alina am 19.11.2016 04:12

„The Big E", Aircraft Carrier USS Enterprise, United States Navy
Rennell Islands, Solomon Islands, Pacific Ocean, 2000 miles northeast from Australia
4th of March, 1943, 2300 MT



Quelle des Bildes


In langsamen, schlängelnden, sanft-wellenförmigen Bewegungen reitet Cathy auf Shawns Schoss. Sie stöhnt ganz leise und beugt sich immer wieder ganz zu ihm herunter, küsst seinen Mund oder schliesst ihre Lippen um seine Brustwarze und saugt sanft daran. Er sollte erst gar nicht auf die Idee kommen, zu protestieren. Sie hatte ihn völlig überrascht.

Nach dem ernsten Gespräch im Gemeinschaftsraum hatte Shawn zu Bett gehen wollen, aber Cathy hatte ihn überredet, noch einen warmen Tee bei ihr zu trinken. Sie hatte nun eine eigene Kajüte, ein echter Luxus. Dort hatte sie dann angefangen, ihn unsittlich zu berühren. Sie hatte nicht gelächelt dabei und so den herrschenden Ernst der Lage heruntergespielt, sondern sie hatte es als Trost verpackt. Und als Shawn endlich darauf ansprang und die Berührungen erwiderte, da liess sie ihn nochmal zappeln und bitten. Sie flüsterte, dass es vielleicht doch keine gute Idee war. Wie sehr sie das hasste. Shawn war leider zu sehr Gentleman, um sich nicht abweisen zu lassen. Und so musste Cathy wieder umschwenken und ihn locken. Was für ein furchtbares Spiel sie spielen musste, furchtbar für beide.

Nach dem dritten Mal, als Shawn schon fast die Nerven verloren hatte und sich schon anschickte zu gehen, da konnte sie endlich tun, was sie tun musste und was auch nötig war. Sie drückte ihn sanft auf ihre Koje und kletterte auf ihn. Und in dieser Position würden sie auch bleiben, denn dann konnte er nicht einfach weglaufen.

Sie sieht in seine Augen und sieht einen Shawn, der es wohl schafft, für den Moment seine Sorgen und seine Bedenken zu vergessen. Ausserdem musste er wohl sein Zögern beim letzten Mal doch sehr bereut haben. Er starrt Cathy an und schwebt offensichtlich im siebten Himmel. Zu weich und warm ist sie, ein enger und feuchter Traum, der ihn fest umschliesst. Besser als alle Phantasien, die er bisher hatte. Ja, Cathy war sein erstes Mädchen, aber ausser ihr würde es niemand erfahren.

Für Cathy ist es ebenfalls keine Routine. Sie mochte Shawn und sie würde ihm das Verlassen dieser Welt so angenehm wie möglich gestalten. Es war sowieso nur nötig, weil Shawn so stur und so verdammt anständig war! Cathy war mittlerweile ein neuer Zusammenhang klar geworden. Je intensiver es war und je emotionaler sie war, umso schneller geschah es. Umso schneller gerieten die Dinge in Gang und das Unvermeidliche geschah. Es war keine feste Regel, aber vieles deutete darauf hin. Es hatte sie in Houston etwas Geld und viel Mühe gekostet, das Todesdatum von Joe in Erfahrung zu bringen, aber er hatte nicht lange leiden müssen. Er war noch am gleichen Tag gestorben, etwas schnell für die sogar düstere Prognose von Joes Arzt.

Bei Shawn musste es ebenfalls schnell gehen. Sie betete währenddessen die ganze Zeit dafür und liess auch nicht aus, dass es hier darum ging, dass sie ungeschoren von diesem Schiff kam. Sonst würde sie wohl niemanden mehr auf die Reise schicken können. Noch dazu kam, dass sie Shawn mochte, sehr sogar. Es war eine Schande, eine ganz grosse Schande.

„Komm... komm endlich, Shawn", keucht Cathy leise in sein Ohr. Sie beisst sanft hinein und spielt mit ihrer Zunge daran, küsst ihn dann dort. Immer wieder schiebt sie ihr Becken vor und zurück, spannt ihre Muskeln an und packt seine Männlichkeit so nur umso fester. Shawn stöhnt schon fast verzweifelt, aber er kommt nicht. Anscheinend war sein Kopf doch nicht so frei, wie sich beide gewünscht hatten.

Sie gönnt ihm eine kleine Pause und dann kommt er über sie. Sie waren bereits zu weit gegangen, um noch umkehren zu können. Shawn presst die Lippen aufeinander. Er würde sich nicht nochmal vorwerfen, Cathy weggeschickt zu haben. Und vielleicht überzeugte er sie und sie wartete auf ihn. Cathys Schoss empfängt ihn wieder, feucht und warm. Sie schlingt ihre Arme um ihn und sie küssen sich, während er nun beginnt und immer schneller wird. Er spürt, dass er keine übergrosse Vorsicht walten lassen muss. Cathy war erfahren, zumindest erfahrener als er und ihr Blick, ihr Schoss forderten ihn ein. Er findet schnell einen Rhythmus und kommt recht schnell in ihr. Cathy schliesst erleichtert die Augen. 'Schlaf gut, Shawn', denkt sie.


Soundtrack für diese Episode: Dick Haymes - In My Arms


Antworten Zuletzt bearbeitet am 11.06.2021 14:53.

Alina

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Kapitel 4, Episode 13

von Alina am 18.11.2016 04:13

„The Big E", Aircraft Carrier USS Enterprise, United States Navy
Rennell Islands, Solomon Islands, Pacific Ocean, 2000 miles northeast from Australia
4th of March, 1943, 2030 MT



Quelle des Bildes


Dempsey war heute früh in der Nacht gestorben. Cathy hatte es am späten Morgen erfahren. Jemand dachte wohl, dass es sie interessieren würde. Natürlich interessierte es sie auf eine gewisse Weise, denn nun machte sie sich bedeutend weniger Sorgen um ihre Zukunft. Ohne Dempsey würden sie sie wohl auch nach Hollywood schicken, aber nun war es bedeutend leichter, sich zwischendurch abzusetzen. Dempsey war so vernarrt in sie gewesen, dass er ihr das Leben schwer gemacht hätte.

Er hatte furchtbar ausgesehen, er hatte noch vor drei Tagen nach Cathy verlangt. Sie musste ihn besuchen in seiner Kajüte. Es stank leicht nach Fäkalien, der warme und stechende Geruch einer erst akuten, aber dann doch immer chronischer werdenden Diarrhoe lag schwer in dem kleinen, fensterlosen Raum und hatte sich dort festgesetzt. Dempsey nahm das sicher gar nicht mehr wahr oder war bereits schon verwirrt, sonst hätte er wohl den Stolz besessen, nicht nach einem Mädchen zu rufen, dessen Sehnsucht er so gern wecken wollte.

Er hatte fast nur wirres Zeug gestammelt. Es war ihr und einem anwesenden Sanitäter peinlich gewesen. Er hatte von Hollywood gefaselt und dass er Cathy glücklich machen würde. Er lag wohl schon im Sterben, aber so richtig konnte es ausser Cathy niemand glauben, dass er bald tot sein würde. Er hatte Durchfall und er erbrach sich immer wieder, aber es gab sonst keine ähnlichen Krankheiten an Bord. Es gab ja auch keine anderen Menschen, die man hier traf und bei denen man sich irgendetwas einfangen konnte. Es war wie verhext.

Nun war Dempsey an Entkräftung und wohl auch an Dehydratation gestorben. Er hatte nichts bei sich behalten, nicht mal Wasser. Er war anscheinend bei lebendigem Leibe verhungert und verdurstet. Ja, das passierte, wenn man zu gierig war, dachte Cathy und erinnerte sich an die wenigen, doch immerhin noch sehr präsenten Nächte mit Dempsey. Ihr gefiel die Vorstellung, dass er sich im übertragenen Sinne bei ihr geholt haben konnte, was ihn nun umgebracht hatte. Er war ein schlechter Mensch gewesen und er würde der Welt nicht fehlen.

Sie hatte sich heute Abend entschieden, nicht allein sein zu wollen. Sie sass mit Shawn in einem Gemeinschaftsraum und hatte ihm erlaubt, einen Arm um sie zu legen. Seit sie 'das Zimmermädchen' für die Admiralität war und Dempsey so viel erlauben musste, fühlte sie sich unangreifbar. Niemand würde ihr sagen dürfen, in wessen Armen sie nun entspannte. Oder galten für Dempsey dahingehend andere Gesetze wie für jeden anderen Matrosen? Sie wusste, dass sie niemand darauf ansprechen würde. Sie hatte die besseren Argumente.

Shawn scheint nicht bester Laune zu sein. Er wirkte schon die ganze Zeit abwesend und in Gedanken versunken. Cathy seufzt und legt den Kopf an seine Schulter.
„Was ist mir dir, Shawn? Du siehst so... traurig aus. Es hat doch nichts mit diesem Dempsey zu tun, oder?" Ihr wäre es schleierhaft, wenn dem so wäre. War Shawn etwa so sentimental?
Shawn antwortet nicht und das macht Cathy erst recht stutzig. Sie flüstert nochmal seinen Namen.
Shawn nickt nur. Cathy zieht die Stirn in Falten und dreht den Kopf zu ihm und schaut ihn mit grossen Augen an.

„Menschen sterben, Shawn. Es ist Krieg. Hast du das vergessen? Die Chicago... sie ist..." Weiter kommt sie nicht, denn Shawn unterbricht sie. „Es ist meine Schuld, weisst du? Ich habe ihn getötet!"
Cathy starrt ihn an, als wäre er verrückt geworden.
„Ich bin in seine Kajüte geschlichen und habe ihm Abführmittel ins Wasser getan. Daran ist er jetzt gestorben. Ich bin ein Mörder, Cathy!"
Cathy blickt ihn völlig entgeistert an. „Das ist nicht dein Ernst, oder?"
Shawn senkt den Blick und hält sich eine Hand vor das Gesicht und beginnt zu weinen. Der einzige Besucher ausser Cathy und Shawn am anderen Ende des Raumes schaut kurz zu ihnen herüber und verschwindet dann schnell.

„Ich werde mich stellen. Ich werde es melden. Es tut mir so leid, Cathy. Ich weiss, dass es unentschuldbar ist." Cathy streichelt seinen Kopf.
„Aber Shawn... das ist doch totaler Quatsch! Du hast Dempsey nicht getötet. Auf keinen Fall warst du das!" Sie hätte Shawn nicht erzählen sollen, woran Dempsey gestorben war. Jetzt hatte sie das nächste Problem. „Er hatte eine Lebensmittelvergiftung oder eine bösartige Entzündung. Ich habe gehört, wie der Doc so etwas sagte. Shawn! Das ist nicht dein Ernst, oder? Du hast nichts damit zu tun, glaub' mir das!"

Shawn war verwirrt. Cathy schien gar kein Problem damit zu haben, dass er die Sache mit dem Abführmittel erzählt hatte. Dabei war das doch das schlimmste Problem. Er hatte Cathys Vertrauen missbraucht, sie sogar damit in einen Mordfall hineingezogen. Besonders dies würde er sich selbst niemals verzeihen, selbst nach zwanzig Jahren Zuchthaus nicht. Aber er spürte Cathys Nähe, ihren Mund an seinem Ohr und sie sprach leise Worte zu ihm, die er so gern glauben wollte. Aber sein Vergehen war zu weitreichend, sein Verrat zu schwer, als dass er ihren Worten glauben konnte.

Cathy muss ihn trösten, denn er weint hemmungslos. So wie er redete und wirkte, ging er davon aus, dass sein Leben vorbei war. Er war untröstlich und dachte wohl wirklich, dass er nun lebenslang im Zuchthaus sitzen müsste – oder gar Schlimmeres. Cathy schaut sich immer wieder unsicher um. Ein weiterer Matrose hatte den Raum kurz betreten, seinen jungen Kameraden schluchzen gehört und die besorgte Cathy bei ihm sitzen sehen und er wusste, dass er er hier sicher nicht erwünscht war. Auch er verlässt den Raum wieder schnell. Cathy bleibt bei Shawn sitzen, solange er es braucht.

Nach einigen Minuten ist Shawn wieder bei sich. Cathy lächelt ihn an und flüstert: „Ich gehe mit dir nach Wyoming. Ich werde mir deine Farm ansehen und dann..." Sie lächelt und ihr Lächeln verspricht einem jungen Matrosen eine ganze Menge. Sie musste nicht weiterreden.
Einen kleinen Moment lächelt Shawn gequält und in seinen Gedanken sieht er sich auf die Ranch zureiten. Cathy würde das schönste Mädchen auf tausend Meilen sein. Doch dann ziehen dunkle Wolken auf. Er selbst hatte sich diese Möglichkeit zerstört, er allein.

„Ich werde es melden. Die Navy soll über mich richten. Und Gott soll über mich richten. Ich bin...", er sieht Cathy skeptisch an, „...wahrscheinlich für den Tod eines Menschen verantwortlich. Ich muss mich dem Gericht stellen und wenn sie mich freisprechen, dann... nehme ich dich mit, Cathy." Er schaut sie an und seine Lippen beben. Er war mit den Nerven am Ende. Cathy wusste, dass sie ihn nicht von ihrer Lüge überzeugen konnte. Warum war Shawn nur so verdammt vernünftig?


Soundtrack für diese Episode: Dinah Shore - Murder, He Says


Antworten Zuletzt bearbeitet am 11.06.2021 14:51.
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