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Alina

-, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Beiträge: 180

Kapitel 6, Episode 9

von Alina am 01.07.2021 02:36

The Royal Opera House, Covent Garden, Bow St, London
Sunday, 11th August, 1963


Soundtrack für diese Episode: Chopin, Waltz in A minor, B 150, Op. Posth



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 Cathy starrt auf die Bühne und klatscht freudig in die Hände. So schön hatte sie es sich nicht vorgestellt! Alles was sie in den USA gesehen hatte war neureicher Prunk im Gegensatz zu dieser prachtvollen und noblen Ästhetik die man auch durchaus als protzig hätte beschreiben können, aber dafür kam sie seltsam gemächlich daher. Selbstverständliche Pracht, überlegen und auf seltsame Weise einschüchternd, alles andere leicht geringschätzend. Es war jedenfalls ganz anders als diese übertrieben-angestrengte Angeberei der US-Neureichen die vor Geld stanken.

Der Raum ist nur als prachtvoll zu bezeichnen, hier amüsierten sich zu Recht Könige und Herrenmenschen. Der riesige Vorhang allein sieht so teuer aus, dass Cathy ihn mit einem Jahresgehalt nicht hätte bezahlen können, er war sicher von feinster Qualität gefertigt. Keith sitzt neben ihr und er hatte sie dazu angehalten dass sie sich mit dem Vornamen ansprächen, das wäre nicht unüblich unter Verwandten, auch von einer von beiden ein hoher Herr wäre. Genauso hatte er sich ausgedrückt und hatte damit ein weiteres Mal die Verschiedenheit der reichen Europäer unterstrichen. In den USA würde sich niemand so selbstverständlich und offen über andere stellen, man hatte dort teilweise sogar mehr Geld und Macht, aber man war ganz selbstverständlich immer ein Teil der Mittelschicht. Sogar der Präsident gab sich so als wäre er nur zufällig ins Amt geraten und wäre doch ein ganz normaler Amerikaner. Das kam gut an und half dabei, eine Nation auf eine oberflächliche Art zu einen die widersprüchlicher, rassistischer und ungleicher nicht sein konnte. Zusammen mit ihrem Bruder, dem Patriotismus, hielt diese Bescheidenheit eine brodelnde Nation in Zaum.

Cathy schüttelt sich unmerklich, wieder war sie mit ihren Gedanken abgeschweift; dabei war es doch hier so herrlich und beeindruckend. Sie sitzt links von Keith, lächelt ihn lieblich an, sogar ihre Grübchen kann er das erste Mal bewundern und er sieht ehrliche Freude in ihrem Blick. Was für ein Weib! Jung, frisch, üppig und dann dieser leicht verdorbenen Blick, zumindest konnte man das so interpretieren wenn man kaum noch wusste, wo man sein steifes Glied in der engen Hose verstauen sollte. Er sieht sie an, nimmt ihre Hand und sagt:
"Geniess die Vorstellung, Cathy. Was wir heute sehen werden ist etwas Besonderes, eine Sammlung der berühmtesten und beliebtesten Choreographien aus sicher einem Dutzend Stücken. Das ist absolut perfekt für jemanden, der noch nie beim Ballett war."
Da war sie wieder, diese mühelose Geringschätzung, die auch nichts Bösartiges zu haben schien. Cathy lächelt und nickt begeistert.
"Es sind Russen, ja? Bol-shoi... das klingt russisch. Und hier, sieh mal... die ganzen Namen. Ich kann sie kaum aussprechen. Alexander Plis... Pliset..." Sie hält ihm das Programmheft hin.
"Plisetsky. Alexander Plisetsky." Keith lächelt warm und amüsiert sich ein wenig über seine so junge Nichte die noch so wenig von der Welt wusste. Und Cathy spielt diese Rolle perfekt, dabei kannte sie Männer deren russische Namen doppelt so lang waren und doppelt so viele Konsonanten beinhalteten.



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 Keith will gerade ansetzen, vielleicht einen Schwank aus dem Ministerium erzählen oder etwas darüber wie sich die Russen in der Nachkriegszeit verändert hatten. Aber dann wird es langsam dunkler, so langsam dass Cathy der Atem stockt aber schnell genug, dass die Augen folgen können. Es ist atemberaubend, Spannung baut sich auf, sie bekommt eine Gänsehaut. Sicher auch nur sie, aber das ist egal. Keith dreht sich zur Bühne und behält ihre Hand in seiner. Cathy greift leicht zu, starrt weiterhin auf die Bühne und kaut auf ihrer Unterlippe, die Grübchen graben sich so besonders tief in ihr schönes Gesicht und lassen ihre freudige Erregung echt und authentisch aussehen.

Dann endlich bewegt sich der Vorhang, dieser unheimliche schwere Vorhang, den entweder eine Windenmechanik aufrollen muss oder, wie Cathy es sich heimlich vorstellt, von schwitzenden Sklaven eingeholt werden muss wie auf einer Sklavengaleere, mit Peitschen angetrieben. Sie muss schmunzeln und dann ertönt schon die Musik.
Es beginnt: ein Walzer von Chopin wird gespielt und dazu tanzen Nina Chistova und besagter Alexander Plisetsky. Cathy ist vom ersten Augenblick an gefesselt und verpasst nicht eine der anmutigenden Bewegungen. Dies scheint eine Vorstellung von Engelswesen zu sein die direkt aus dem Paradies gekommen zu sein schienen. Immer wieder türmen sich Fragen in ihrem Kopf auf und dann hört sie dankbar auf Keiths flüsternde Stimme. Er verabreicht ihr häppchenweise Informationen zu den Stücken, damit sie diese mehr geniessen kann ohne sie zu überfordern. Sie bedankt sich ohne Worte, mit einem strahlenden Lächeln und als sie ihn gar einmal schnell küssen will, da ist er es der sie gestenreich und mit einem verlegenen Schmunzeln abwehrt. Die Freude beider kann es jedenfalls nicht trüben.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 01.07.2021 02:38.

Alina

-, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Beiträge: 180

Kapitel 6, Episode 8

von Alina am 30.06.2021 08:30

Hotel 'Grand Central', 222 Marylebone Rd, Marylebone, London
Sunday, 11th August, 1963


Soundtrack für diese Episode: Little Peggy March - I will follow him



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  Endlich ist es soweit – der Sonntag ist da! Cathy hatte zwar lange geschlafen aber nun springt sie umher; sie hatte ausgiebig gebadet und sorgt nun für den Feinschliff indem sie ihre Nägel schneidet, die Haare in Form bringt, sich sogar die Augenbrauen zupft – eine schmerzvolle Prozedur, die sie in Hollywood kennengelernt hatte – und sie würde sich schminken bevor es losging. Sie ist guter Laune und das liegt wirklich nicht unbedingt an Mr. Joseph sondern an der bevorstehenden Aufführung. Was für eine kreative Idee Mr. Joseph da gehabt hatte: eine Nichte aus Irland! Wieso kamen andere Männer nicht auf diese Idee?

So sehr viele wohlhabende oder bekannte Männer Cathy auch begehrten – kaum jemand hatte sie mal wirklich ausgeführt, von dunklen Bars oder Restaurants abgesehen. Sie kann an einer Hand ablesen wie oft sie ins Theater oder in die Oper eingeladen worden war. Und zum Ballett sogar noch nie, dabei verehrte sie diese Frauen und wenigen Männer die nicht nur Tänzer waren sondern in ihren Augen gar Artisten. Sie war zwei-, dreimal selbst in einem Ballett gewesen, allein. Und nun heute mit Mr. Joseph, sie ist ihm dankbar. Er sollte auch nicht sterben – immerhin war er Minister unter "Supermac", wie man den aktuellen Premierminister beinahe liebevoll betitelte. Das würde wieder Untersuchungen und eine Menge Aufmerksamkeit für das Hotel nach sich ziehen.

Obwohl noch hin und wieder Hotelgäste in ihr Netz gingen, so hatte Cathy für alles einen wunderbaren Weg gefunden. Sie versuchte trotz ihrer Arbeit den weisen Spruch zu berücksichtigen, dass "man nicht dort scheisst, wo man auch isst". In ihrem Fall hiess es, dass man nicht tötet wo man lebt und arbeitet. Das war gar nicht so schwer und logisch war es ja ausserdem. Und wenn dies geschah, tat sie es mit weniger Leidenschaft und weniger Emotion – eine weitere Regel die sie gelernt hatte, denn dann dauerte es oft eine gewisse Zeit bis der Todgeweihte dahinsiechte. Niemand kam dann noch auf die Idee dass dies mit einem vergangenen Hotelbesuch zu tun hätte haben können.
Absolute Leidenschaft zeigte sie nur bei Männern die sehr schnell sterben sollten – oder Gästen wie Mr. Joseph, den sie anhaltend beeindrucken wollte aber der auch weiter leben sollte.

Sie verzieht das Gesicht als sie ein weiteres kurzes dunkelrotes Haar ihrer Augenbrauen entfernt, fast genau zwischen ihren beiden Augen und fast unsichtbar, aber die Perfektion und die Symmetrie ihres Gesichts störend. Sie suchte noch immer nach einem Gönner, wie damals als sie sich Franky Yale ausgesucht hatte. Wie gern wäre sie die heimliche Geliebte eines reichen Mannes gewesen, die meiste Zeit für sich allein aber dennoch verfügbar wenn der alte Knacker mal eine Auszeit brauchte. Eigentlich hatte sie genügend Geld um eine ruhige Kugel zu schieben, aber sie hasste es ihr Vermögen anzutasten, zuviel hatte sie schon verloren und zur wundersamen und zinsreichen Vermehrung auf der Bank konnte sie es ja aus bekannten Gründen nicht bringen. Und das Problem mit den Stimmen löste sich auch dann nicht von allein. Nein, sie musste ausgehalten werden – nur dann konnte sie in Ruhe schlafen und sich ihren Aufgaben widmen.

Vielleicht war Mr. Keith Joseph dieser Gönner. Er war total vernarrt in Cathy und wer so progressive Ideen hatte wenn es darum ging, ein "junges Mädchen" zu verführen, dem fiel bestimmt auch noch mehr ein. Sie fand es belustigend dass gerade konservative Politiker sehr progressiv waren wenn es um das Ficken ging. Und es war ebenfalls amüsant wie leicht ihr dieses Wort mittlerweile über die Lippen geht. Hoffentlich hatte Hollywood sie nicht vollständig verdorben und vielleicht war Cathys junge und frische Art, gepaart mit der Abgebrühtheit und Verdorbenheit einer reifen Frau der Grund, warum Männer von Format sie auf eine Bettgeschichte reduzierten. Sie war weder Material für eine reife Ehefrau, noch war sie die schüchterne Geliebte die schmachtend auf ihn wartete. Männer schienen sie besitzen zu wollen doch dann spürten sie instinktiv dass Cathy klüger war als sie und auch gefährlicher. Ficken wollten sie sie trotzdem und deshalb waren die Dinge wohl so wie sie sind.

Gleich wird sie sich schminken und dann würde Mr. Joseph auch schon bald vorbeikommen. Sie kann sich sein süffisantes Grinsen schon jetzt gut vorstellen. Und sie würde ihn danach nicht abweisen, sie würde ihn nicht betteln lassen und die Stimmen hatte sie auch schon ruhiggestellt. Er hatte die Chance, ein alter Mann zu werden.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 30.06.2021 08:30.

Alina

-, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Beiträge: 180

Kapitel 6, Episode 7

von Alina am 29.06.2021 10:56

The Regent's Park, nahe des Stadtteils Marylebon, London
Saturday, 10th August, 1963

Soundtrack für diese Episode: Ray Charles - Hit The Road Jack



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  Sie sitzt auf einer Bank und starrt in die Ferne. Die leere Tüte hatte sie bereits weggeworfen und die Enten widmeten sich entweder ihrem Geschäft oder hatten sich anderen Gönnern zugewandt. Enten waren da sehr opportunistisch. Gab es kein Brot mehr, verloren sie das Interesse und schwammen wieder davon – selbstsüchtig aber auch frei, wie es die Vögel waren.

Nun, alles weitere war Geschichte. Wie schon damals in San Francisco musste sie raus aus Hollywood, sie hatte dann einige wenige Wochen in einer kleinen Pension weit draussen vor der Stadt gewohnt. Die Wohnung hatte sie nicht mehr durchsuchen können; es war eh ein Wunder gewesen dass niemand die Polizei verständigt hatte nach all dem Gebrüll in der Nacht. Die drei kleinen Diamanten blieben verschwunden, jedoch holte sie wieder einmal des nachts das Vogelhäuschen aus dem nahen Garten und sicherte sich so wenigstens wieder den Grossteil ihres Vermögens. Und dann war es Zeit sich von Kalifornien zu verabschieden. Der faszinierenste Ort war auch gleich der dekadenteste und verdorbenste Ort gewesen, an dem sie sich je aufgehalten hatte.



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  Letztes Jahr um diese Zeit, also im Sommer 1962, befand sie sich auf dem Weg nach Europa. Sie hatte sich ein Ticket für die "United States" gekauft, dem schnellsten Linienschiff der Welt. Innerhalb von weniger als vier Tagen konnte man von New York nach Southampton in Englad fahren. Da hatte die Reise von Los Angeles bis New York nur unbedeutend kürzer gedauert. Sie hatte für diese Reise den Zug genommen. Es war sowieso faszinierend, wie sich die Reisegeschwindigkeiten und -möglichkeiten seit Anfang des Jahrhunderts verändert hatten. Man konnte jetzt sogar fliegen, in weniger als einem Tag war man in Europa! Das war aber nichts für Cathy, sie traute diesen fliegenden Höllenmaschinen nicht. Nie würde sie vergessen was sie vor zwanzig Jahren erlebt hatte, als Kamikazeflieger das Schiff versenken wollten auf dem sie Dienst getan hatte.



Quelle des Bildes (bearbeitet von Alina)


  In London angekommen hatte sie sich gleich Arbeit gesucht. Das "Grand Central" war ihre erste Station und sie wollte es hier so lange wie möglich aushalten. Europa war neu und aufregend, zugleich alt und voller Geschichten die die brüchigen Mauern erzählten. Die alte Heimat der meisten weissen Amerikaner war hier, auf dieser Seite des Atlantik. Sie spürte gleich dass die Uhren hier anders tickten, dass man nach anderen Regeln und Moralvorstellungen lebte. Europa hatte weniger mit den Staaten gemein, als die Europäer und die Amerikaner sich wünschten.

Natürlich hatte sie einen neuen Pass gebraucht aber in der Nähe von Hollywood war es weniger ein Problem als sonstwo. Hier bekam man für Geld alles, wirklich alles. Um die sieben Jahre lang war sie in diesem Sodom Amerikas geblieben, hatte sich treiben lassen, war keiner geregelten Arbeit nachgegangen und hatte dafür so ziemlich alles gesehen was man sich vorstellen kann. Sie hatte sich nicht an allem beteiligt aber sie hatte viel gesehen. Dies reichte ihr und nun sehnte sie sich nach Ruhe und nach Erkenntnis. Nachdem sie London kennengelernt hatte, wusste sie dass dies eher in Europa zu finden war als in den Vereinigten Staaten. Auf der einen Seite des Atlantik herrschte Schnelllebigkeit und angelsächsischer Pragmatismus, auf der anderen Seite Bedächtigkeit und teils schwermütige Nachdenklichkeit bevor man handelte. Sie sehnte sich nach letzterem.

Nun arbeitete und wohnte sie seit einem Jahr im "Grand Central", sie wurde als fleissige Kraft geschätzt, versuchte nicht aufzufallen, verrichtete ihre Arbeit gewissenhaft und es ergaben sich genügend Gelegenheiten, auf die Stimmen zu achten und dafür zu sorgen dass sie immer wieder leiser wurden. Dafür hatte Cathy mittlerweile einen perfekten Rhythmus gefunden, eine perfekte Routine entwickelt und die Regeln so weit verstanden dass ihr eine praktische Umsetzung leicht fiel. Und nie wieder wollte sie sich auf einen festen Partner einlassen – Liebe hin, Bequemlichkeit her.

Sie steht auf und blickt in den wolkenverhangenen Himmel. Die Sonne war fast untergegangen. Sie kann die Scheibe längst nicht mehr sehen, aber ihre Strahlen schiessen noch an den Silhouetten von Bäumen und Gebäuden – nah und fern – vorbei. Sie atmet tief durch und räuspert sich, dann steht sie auf. Es gab keinen Grund viel zu bereuen oder selbst schwermütig zu werden. Sie verstand mehr vom Leben als die meisten anderen Menschen denen sie begegnete und sie lebte. Sie sass nicht hinter Gittern, man hatte sie in Kalifornien nicht auf dem elektrischen Stuhl gebraten, noch in Indiana vergast oder irgendwo bei den Rednecks gehenkt. Das FBI hatte sie nicht gefunden und jetzt war sie ausserhalb ihrer Reichweite und sie kann noch einmal ganz von vorn anfangen.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 29.06.2021 10:59.

Alina

-, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Beiträge: 180

Kapitel 6, Episode 6

von Alina am 28.06.2021 10:55

The Regent's Park, nahe des Stadtteils Marylebon, London
Saturday, 10th August, 1963


Soundtrack für diese Episode: Connie Francis - Who's Sorry Now?


 Sie wirft einige Brotkrumen ins Wasser und sie lächelt verträumt als sich die Enten schnatternd um das Futter balgen, immer mehr Enten kommen herangeflogen, von immer weiter entfernt. Wie ein Stein den man ins Wasser wirft und der eine kreisrunde Welle aussendet und dessen Umfang sich immer weiter ausbreitet, dessen Linie aber auch schwächer wird. Sicher hatte sie alle Enten im Umfeld von 200 Yards angelockt. Nur die wirklich weit entfernten Enten hatten noch nichts mitbekommen.

Sie hatte einer Mutter und ihrem Kind den Beutel mit alten Brotresten abgekauft. Das Kind war natürlich nicht begeistert gewesen und so hatte die Mutter den Beutel wieder zurückgezogen. Als Cathy dann noch ein paar Pennies nachgeschoben hatte, rückte sie den Beutel dann doch heraus. Der heulende Quälgeist wurde mit dem Versprechen beruhigt, dass Mama ihm nun eine Zuckerstange kaufen würde und dann hörte Cathy nur noch trotziges Schnaufen und Schniefen. Sie war froh als die beiden ausser Hörweite waren.

Menschen taten für Geld alles. Alles! Cathy hatte das getan, Fred hatte das ebenfalls getan. Sie war bei Fred hängengeblieben weil es so bequem gewesen war. Er konnte vieles besorgen, vor allem LSD und er war nicht eifersüchtig, warum auch immer. Erstens wusste er dass Cathy für Geld mit anderen Männern schlief und zweitens schürfte er immer noch aus seinem eigenen kärglichen Ruhm. Wenn er ein Mädchen mit nach Hause brachte – meist wenn Cathy nicht da war – und ihr die Filmplakate zeigte, auf denen auch – zwar klein aber immerhin – sein Name prangte, dann war es fast sicher dass beide im Bett landeten und sich vergnügten. Cathy war das lange recht. Manchmal kam sie nach Hause – obwohl sie das nie so genannt hätte – und hörte Geräusche aus dem Schlafzimmer. Dann ging sie nochmal aus oder legte sich schlafen. Ein einziges Mal trat sie ein und machte mit. Dort wo sie arbeitete war das sowieso an der Tagesordnung gewesen dass ein Mann mit viel Geld sich gleich zwei Mädchen aufs Zimmer einlud.

Sie schliesst die Augen. Sie sieht Blut, sie spürt Ärger, sie spürt Enttäuschung und noch immer Verwunderung über einen Mann der offensichtlich ihren Reizen genauso verfallen war wie alle anderen Männer. Aber Fred hatte sie ausgenutzt, er hatte sie ausgenommen, er hatte sie bestohlen, er hatte sie in Sicherheit gewiegt – alles Dinge von denen Cathy bis dato dachte dass sie das Patent darauf beanspruchen konnte.

Sie hatte ihm nie verraten woher das Geld kam welches sie einsetzte um sie beide über die Runden zu bringen wenn er wieder mal einen Gelegenheitsjob verloren hatte oder wenn er bei einem Drogengeschäft übers Ohr gehauen worden war, von Leuten die noch cleverer gewesen waren als er. Natürlich verdiente sie auch viel Geld aber er wusste nie was sie damit tat, dass sie auch hier wieder Scheine tauschte bis sie soviel $100 Noten hatte um sich wieder einen Diamanten zu kaufen. Er hatte nicht das Vogelhäuschen im nahen Garten gefunden aber leider Cathys letztes Wäschestück in dem drei kleine Diamanten eingenäht waren. Cathy fiel es irgendwann auf und als sie nachfragte, da sah sie die Lüge in seinen Augen als er es abstritt. Sie erwähnte es auch nicht wieder, auch nicht die Tatsache dass sie Diamanten vermisste. Sie hatte ihn nach einem Wäschestück gefragt und er hatte gewusst was sie meinte.

Sie hatte geplant die Wohnung zu durchsuchen und Fred dann zu verlassen, irgendwann in naher Zukunft wenn es sich anbot. Stattdessen hatte sie noch am gleichen Tag Fusel und eine Stange Zigaretten gekauft, er hatte noch etwas Acid auf Lager und so endete ihre gemeinsame Zeit ganz anders als Cathy es geplant hatte. Sie hatten sich fürchtlich betrunken, alle beide. Und im Rausch der Halluzinogene hatten sie Sex gehabt, oder besser gesagt: sie hatte ihn gefickt wie noch nie und sie hatte ihn betteln lassen bevor sie es tat. Damit hatte sie auch sein Todesurteil unterschrieben denn sie kannte die Regeln nun viel besser. Sie wünscht sich, sie wäre damals bei Joe bereits so schlau gewesen. Sie hätte lange mit ihm leben können, länger jedenfalls. Mit Fred funktionierte es, sie fütterte die Stimmen und Fred blieb verschont, sie liess ihn nicht betteln und verführte ihn nicht. So unproblematisch er beim Sex war, so unproblematisch war Cathy auch. Sie schlief einfach mit ihm und das ging sehr lange gut.

Quelle des Bildes (bearbeitet von Alina)


  Es ging gut bis zu jener Nacht in der Cathy so von Sinnen war. Es war ihr nicht genug dass er eh sterben musste. Sie hätte ihren Rausch ausschlafen können, sie hätte an einem ruhigen Tag die Wohnung durchsuchen können und ihn verlassen können. Aber sie hatte seinen Schwanz geleckt wie eine Besessene, sie hatte hineingebissen in das kleine Würstchen, sie war aufgesprungen, als Fred anfing zu brüllen, sie war in die Küche getorkelt und hatte sich den Zeh angestossen und die Schulter auch, sie war noch wütender geworden, sie hatte eine Schere geholt und dann hatte sie ihm die Hände weggeschlagen, ihm die Schere ins Gesicht gehauen und dann hatte sie ihm den Pimmel abgeschnitten. Es war eine scharfe Schneiderschere die sie schon bei kleinen Flickereien verwendet hatte. Sie hatte sie ihm dabei auch eine Klinge ein oder zwei Inch weit in die Scham gerammt woraufhin er bereits wieder angefangen hatte zu schreien, aber bevor er sich von dem Schlag wirklich erholen konnte den Cathy ihm versetzt hatte, war die Sache schon vorbei. Danach ging das Geschrei aber erst richtig los und Cathy hatte sich ein Tablett vom nahen Nachttischchen geschnappt und ihn damit zum Schweigen gebracht. Mit der Schere auf sein Gesicht einzuhacken kam ihr sogar im Rausch zu grausam vor; sie hatte die Schere sowieso fallen lassen, nachdem... sie es getan hatte.

Sie hatte aber den Fleischfetzen mit spitzen Fingern aufgehoben und dann im Klo heruntergespült. Sie hatte das Gesicht dabei verzogen als hätte sie in eine Zitrone gebissen und trotzdem hatte sie grimmig auf das plätschernde Wasser gestiert welches den Fleischfetzen in unerreichbare Gefilde beförderte. Dann hatte sie sich aus unerfindlichen Gründen neben den ohnmächtigen Fred ins Bett gelegt und geschlafen. Das war wohl trotz allem klüger gewesen als Hals über Kopf und im Vollrausch aus der Wohnung zu flüchten. Weiss Gott wo sie dann gelandet wäre – sicher auf Alcatraz oder direkt auf dem elektrischen Stuhl.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 06.08.2021 10:51.

Alina

-, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Beiträge: 180

Kapitel 6, Episode 5

von Alina am 27.06.2021 01:03

Hotel 'Grand Central', 222 Marylebone Rd, Marylebone, London
Saturday, 10th August, 1963



 Fred war ein gescheiterter Schauspieler der in so glorreichen B-Movies mitgespielt hatte wie "Street of Sinners" aus dem Jahre 1957 oder "Terror from the Year 5000" aus dem Jahre 1958. Und sogar in diesen Low-Budget-Filmen hatte er nur Nebenrollen besetzt. Schon in dieser Zeit hatte er Nebenjobs gebraucht um sich über Wasser zu halten. Und mit der Zeit war er immer weiter abgerutscht, hatte sein Interesse auf kleine Gaunereien verlagert und handelte auch im kleinen Stil mit Drogen. Cathy hatte auch eine Durststrecke hinter sich, seit einigen Jahren hatte sie schon in keinem Hotel mehr gearbeitet, das 'Beverly Hills' war ihre letzte Station gewesen. Sie traute sich nicht mehr in einem Hotel zu arbeiten, war aber auch trotzig gewesen und verschwendete keinen Gedanken daran, Hollywood so schnell wieder zu verlassen. Und so tingelte sie durch die Clubs, schlief mit Männern, trank und rauchte zuviel, probierte diese neuen Wundermittel die man auch Psychedelika nannte. Und da sie nicht gefunden werden wollte und dieses neue Leben wirklich mit grossen Risiken einherging, was ihr nur in manchen klaren Momenten auch offensichtlich erschien, suchte sie immer öfter die Gesellschaft von Leuten die es gewohnt waren im Zwielicht zu leben. Das war zumindest so effektiv dass man sie nicht fand, aber es machte ihr Leben nicht besser oder sorgloser.

Es schien als hätte sie endlich den Ort gefunden, an dem sie ihre verlorene Adoleszenz nachholen konnte. Es war durchaus ein neuartiges Phänomen dass junge Leute begannen, ihr Erwachsenwerden selbst in die Hand zu nehmen und zu ihrer eigenen Jugendzeit war das absolut undenkbar – aber nun eben doch zum Greifen nah und Cathy hatte zugegriffen, mit beiden Händen. Sie war als Teenager in einen fremden Haushalt gesteckt worden. Sie hatte dort auch gewohnt und sie hatte zu arbeiten, zu lernen, höflich zu sein. Und das hatte sich nicht geändert, im Gegenteil. Immer hatte sie vorsichtig sein müssen, es war nicht leicht zu arbeiten und immer wieder unter Mordverdacht zu geraten und fliehen zu müssen, nur um dann wieder völlig neu starten zu müssen. Dazu gehörte eine Menge Geduld, Intelligenz und vor allem Disziplin. Nein, sie hatte ihre Jugend nicht so geniessen können – nicht so!


Elvis Presley hatte einen tüchtigen Wirbel veranstaltet und zwar nicht nur in den USA, sondern überall in der Welt. Es gab Rock 'n' Roll, es gab Drogen, und um den Spruch zu komplettieren, so stimmte es dass sich die Sexualmoral der Gesellschaft auch änderte. Zumindest stimmte das für manche jungen Leute, solche gesellschaftlichen Änderungen gingen immer langsam vonstatten. Cathy war keine Historikerin aber sie hatte das am eigenen Leib erlebt. Früher wurde man rot und hielt sich die Hände vor den Mund, wenn jemand das Thema "Sex" nur andeutete – heute wurde offen über "das Ficken" gesprochen, wenn auch eher unter den jungen Leuten.

Ihre Gedanken kreisen und wollen sich doch nicht einem wesentlichen Gedanken stellen der immer wieder aufblitzt. Sie war eine Prostituierte gewesen, keine billige Dirne von der Strasse, ganz sicher nicht. Aber sie hatte ihren Körper für Geld verkauft. Damals nannte man solche Dienstleistungen noch nicht Escort-Service – was ja auch schon eine Beschönigung darstellte – sondern hinter vorgehaltener Hand sprach man von einem "Sex-Ring"; so nannten es wenigstens die Zeitungen, wenn wieder "einer dieser Sex Ringe aufflog". Es gab kein Etablissement in dem Cathy arbeitete – dies wäre viel zu gefährlich gewesen. Tanzen oder ihren Körper immer am selben Ort anbieten, das musste früher oder später ins Verderben führen. Stattdessen rief man eine bestimmte Nummer an und bestellte ein Mädchen auf ein bestimmtes Hotelzimmer oder in eine Wohnung. Wieder ging es um Hotels aber es waren doch eher diese bestimmten Hotels, die man nur stundenweise mietete und nicht tageweise. Hier interessierte man sich nur für Geld und nicht für Gesichter. Und erst recht hatte niemand Interesse "den Cops" irgendetwas zu verraten.

Cathy seufzt und steht auf. Sie kleidet sich an und verlässt ihr kleines Zimmer welches sie glücklicherweise ihr Eigen nennen kann. Sie hat kein Brot, aber die Enten im naheliegenden Regents-Park würden sie trotzdem schnatternd begrüssen und herbeiwatscheln wenn sie vorbeikam.

Sie schlendert an den Dorset Square Gardens vorbei und wechselt dann auf die Melcombe Street. Es war mit ihr bergab gegangen. Auf der einen Seite konnte sie das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Sie schlief dauernd mit Männern, sie hörte die Stimmen in diesen Jahren so gut wie nie, sie waren immer satt und mussten nicht drängen und lamentieren. Sie verdiente gutes Geld und führte ein Leben im Schatten. Eigentlich sollte es ein Versuch sein ob man so nicht das ganze weitere Leben gestalten konnte, es würde ihr vielleicht viel Ärger ersparen – so dachte sie zumindest damals. Stattdessen kam es ganz anders und sie hatte mehr Ärger und Sorgen als jemals zuvor.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 27.06.2021 01:20.

Alina

-, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Beiträge: 180

Kapitel 6, Episode 4

von Alina am 26.06.2021 03:33

Hotel 'Grand Central', 222 Marylebone Rd, Marylebone, London
Saturday, 10th August, 1963


Soundtrack für diese Episode: Johnny Cash - I Walk the Line

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 Cathy hat es geschafft, endlich Feierabend. Es war dabei geblieben, sie hatte morgen frei. Und es war nahezu garantiert denn noch ein anderes Mädchen hatte frei. Und dieses Mädchen hatte nach ihr angefangen und es gab ein ungeschriebenes Gesetz, dass Mr. Clarke dieses Mädchen fragen würde und nicht sie. So war es eigentlich auch in allen anderen Hotels gewesen. Die Neuen wurden zuerst zurückgeholt wenn sie frei hatten.
Sie kann nicht noch sicherer gehen denn sie kann es nicht an die grosse Glocke hängen, dass sie mit einem Gast ausgeht und dann noch mit Mr. Joseph, einem Minister! Nein, sie muss es darauf ankommen lassen und hoffen, dass alles gutgeht. Morgen um diese Zeit würde es soweit sein!

Sie hatte herausgefunden dass es sich bei der Reisegruppe am Nachmittag um das Bolshoi-Ballett handelte, eine russische Ballett-Kompanie. Sie wusste nicht wie die Frau hiess mit der sie kurz gesprochen hatte, aber sie war sich sicher dass es eine der Tänzerinnen war oder gar eine Choreographin. Sie denkt immer wieder an sie, sie kennt so wenig wirklich charismatische Persönlichkeiten.



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 Sie denkt zurück an Hollywood wo sie viel weniger Charisma angetroffen hatte als sie erwartet hatte. James war noch ein halbes Kind gewesen, trotz seines enormen Erfolges. Ein Star war er gewesen aber vor allem wegen seines Aussehens, seiner Mimik, seiner Schauspielerei. Und dabei handelte es doch vor allem um oberflächliche Attribute. Das traf auf so viele anderen Stars und Sternchen zu. Nur bei den Wenigsten handelte es sich um starke Persönlichkeiten. Drogen, Alkohol und andere Süchte taten ihr Übriges um diesen Eindruck zu verstärken. Viele waren vom frühen Reichtum verdorben oder zumindest konnten sie nicht damit umgehen. James war das beste Beispiel! Wieso war er nur so schnelle Autos gefahren?

Cathy kratzt sich am Kopf. Sie ist zwar etwas erschöpft, aber für eine 62-jährige hält sie sich tapfer. Nicht nur alterte ihr Körper nicht – sie verlor auch nicht an Kraft oder Ausdauer. Alles blieb so wie sie es kannte und wie man es von einer Zwanzigjährigen erwarten würde. Oft fühlte sie sich auch so, sie war begeisterungsfähig wie eine Zwanzigjährige oder wenigstens wie eine Dreissigjährige. Sie war nicht träge und sie würde sich nie über die dumme Arbeit beschweren, die ein neu angestelltes Zimmermädchen verrichten musste. Sie wusste dass sie nie in der Hierachie aufsteigen würde. Sie wusste, dass sie niemals Karriere machen würde. Und das, obwohl sie alle Zeit der Welt zu haben schien. Nein, gerade weil sie alle Zeit der Welt hatte wurde daraus nichts.

Sie streicht gedankenverloren eine Strähne aus ihrem Gesicht. Noch immer hängt sie ihren Gedanken nach. Hollywood... was für ein moralisches Drecksloch war es doch gewesen. Es gab dort jede Menge Haie, aber kaum 'normale Fische' – Glücksritter, aber keine Samariter.

Cathy hatte die dunklen Seiten von Hollywood kennengelernt. Irgendwann Ende des Jahres 1955 hatte sich ein Officer nach ihr erkundigt und sie war wieder geflohen, obwohl sie erst seit einem halben Jahr im 'Beverly Hills' gearbeitet hatte. Wieso, das wusste sie nicht. Sie war sehr vorsichtig gewesen und während ihrer Zeit im 'Beverly Hills' waren zwar fünf Männer gestorben – nachweislich, sie hatte die Todesanzeigen alle gefunden – aber sie war wirklich vorsichtig gewesen. Niemand hatte sie gesehen, die Toten waren keine Stars, es waren sogar alles natürliche Todesursachen gewesen und keine Unfälle, was sogar eher in dieser Häufung nur selten geschah.

Sie wollte damals Hollywood nicht schon wieder verlassen. Zu gross waren die Chancen, hier noch einen grossen Wurf zu landen. Und wo hätte sie auch hingesollt? In Nevada und im Staate Washington war sie noch nicht gewesen aber das wollte sie auch vermeiden wenn irgend möglich, aus wohl verständlichen Gründen. Wüste oder schon fast Kanada. Dafür war sie – noch nicht – bereit. Sie war untergetaucht und erstmals versank sie in einem Sumpf aus Sex, Drogen, zerbrochenen Träumen und vergebenen Chancen. Sie traf damals mehr Glücksritter als echte Stars, Lügner, Betrüger, kleine und grosse Gauner, Taugenichtse und andere Gestalten. Es grenzte an Glück dass sie nicht ihr ganzes Vermögen verlor, aber sie hatte es wieder gut versteckt und es wurmte sie jedesmal wenn sie an ihr eigenes Geld gehen musste, um gewisse Wünsche und Bedürfnisse zu befriedigen. War sie denn nicht in Hollywood und sollten nicht andere für sie zahlen? Stattdessen fand sie sich immer wieder in der Rolle wieder, anderen aus der Patsche zu helfen – oft genug Menschen die es nicht wert gewesen waren und die es sogar schafften, die mit allen Wassern gewaschene Cathy auszunutzen. Das rang ihr zumindest Respekt ab, wenn auch ihre Rache manchmal fürchterlich gewesen war.

Sie hatte aber niemanden umgebracht – nur dafür gesorgt dass Menschen starben, aber das hätte sie ja sowieso getan. Es traf nur selten soviele, die es nach Cathys Meinung auch verdient hatten. Einem Mann hatte sie den Penis mit einer Schere abgeschnitten und danach im Klo heruntergespült. Cathy war nicht bei Sinnen gewesen, aber sie war sehr sicher dass er es verdient hatte. Sie hatte eine Menge Fusel und harte Drogen intus und diese hatten ihr Hirn soweit vernebelt, dass sie dieses hohe Risiko einging. Und nach dieser Sache war dann auch endgültig Schluss, denn sie wusste dass man das Glück nicht allzusehr strapazieren sollte.

Sie war am nächsten Morgen in dieser Wohnung aufgewacht, von einem schreienden Mann geweckt der schon vor Cathys Behandlung kaum bei Verstand war, dann geschrien hatte, dann ohnmächtig geworden war und geschlafen hatte und dann morgens wieder angefangen hatte zu schreien. Ein Wunder dass er nicht verblutet war, aber das lag wohl an seinem kleinen Schwanz der hier ausnahmsweise mal von Vorteil gewesen zu sein schien.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 26.06.2021 03:38.

Alina

-, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Beiträge: 180

Kapitel 6, Episode 3

von Alina am 24.06.2021 03:57

Hotel 'Grand Central', 222 Marylebone Rd, Marylebone, London
Saturday, 10th August, 1963


Soundtrack für diese Episode: Cliff Richard - Summer Holiday


Quelle des Bildes (bearbeitet von Alina)

 Cathy steht am frühen Morgen leise auf. Der Mann, der eben noch neben ihr gelegen hatte, schläft noch tief und fest, sie lauscht seinem regelmäßigen Atem und ist sich sicher dass er sobald nicht aufwachen wird, sollte es nicht wider Erwarten einen lauten Knall geben. Sie sucht ihre Kleider und ihre Accessoires zusammen die überall im Schlafzimmer und im Flur verstreut liegen und schleicht sich dann in das Badezimmer. Es war ein grosse und stattliche Wohnung in Mayfair. Rick handelte mit Wertpapieren und war so zu Geld bekommen wie er sagte. Cathy war das egal, er hätte auch ein richtiger Dieb und Betrüger sein können. Hauptsache ist jetzt dass er ein Badezimmer in der Wohnung besass und sogar ein recht grosses Bad obendrein. Sie zieht sich an, schminkt sich ab, schminkt sich notdürftig neu und macht sich dann auf den Weg. Heute muss sie nochmal arbeiten, wenigstens stundenweise, bevor sie morgen mit Mr. Joseph ins Ballett gehen würde.
Sie läuft mehr als das sie geht und kehrt eilig zum Hotel zurück, Dort nimmt sie ein schnelles Bad, zieht sich um, schminkt sich wieder dem Rahmen angemessen und dann beginnt auch schon bald ihr Dienst.

Als gegen späten Nachmittag eine grössere Gruppe von Reisenden eintrifft, da weiss Cathy dass sie jetzt eine Menge zu tun bekommt. Ein kleines Heer von Angestellten fällt über die Gruppe her, es werden Formulare ausgefüllt, Auskünfte gegeben, Richtungen gezeigt, Koffer geschleppt. Die Gruppe wird langsam aufgelöst und die Gäste bekommen die Zimmer zugewiesen. Cathy wuselt zwischen den Gästen und Angestellten herum, begrüsst Gäste, beantwortet geduldig Fragen und begleitet Gäste bis zum Aufzug.

Sie kehrt gerade vom Aufzug zurück und nähert sich einer stattlichen Frau die recht viel Gepäck im Schlepptau hat. Einige Koffer stehen wie eine Wagenburg um die Frau herum und sie wartet geduldig darauf dass man sich um sie kümmert. Ihr leicht amüsierter Blick streift Cathy und bleibt auf ihr liegen als diese zu ihr kommt und sich nach ihren Wünschen erkundigt. Sie hat schwarze, lange Haare und sie wirkt nicht beliebig wie die anderen Gäste. Sie ist hübsch aber sie hat etwas Unnahbares. Obwohl ihre Gesichtszüge nicht streng wirken, so wirken sie doch respekteinflössend.

Cathy spürt eine Art Charisma die sie sonst sehr selten wahrnimmt. Bevor die Dame antworten kann, spricht sie ein anderer Mann von der Seite an mit einem harten Akzent, den Cathy gerade nicht einordnen kann. "Könnten Sie noch mehr Pagen herbeirufen? Wir haben eine Menge Gepäck." Cathy schaut nochmal auf die Koffer und als sie wieder aufsieht, da trifft ihr Blick nochmal die hochgewachsene Frau. Sie schmunzelt noch immer und nickt jetzt zustimmend. Cathy setzt ihr schönstes Lächeln auf und antwortet ihr statt ihm: "Sehr wohl, Madame!"

Es vergehen sicher noch mehr als zehn Minuten bis die Pagen die Lobby geräumt haben und sich das Gewusel der Neuankömmlinge einigermaßen aufgelöst hat. Cathy bedauert dass es keinen Grund mehr gab weiterhin in der Lobby zu bleiben. Sie ertappt sich bei dem Gedanken, diese in ihren Augen besondere Frau ein weiteres Mal treffen zu können, vielleicht sogar mit ihr reden zu dürfen. Es gab hier wohl kaum jemanden der über mehr Lebenserfahrung verfügte als Cathy, doch sie hat trotzdem das Gefühl dass die Frau über sehr viel Ausstrahlung verfügt – und zwar soviel dass sogar jemand wie Cathy beeindruckt ist.

Lange kann sie sich nicht mit diesen Gedanken beschäftigen, denn der Strom an Neuankömmlingen reisst nicht ab. Ein Paar aus Deutschland, ein weiteres Paar aus Australien, eine grössere Reisegruppe aus den USA. Die Leute aus den Vereinigten Staaten musterte sie immer besonders prüfend. Sie fühlte sich sehr sicher in London und wie hoch war die Chance, dass bei einer Einwohnerzahl von 190 Millionen in den Vereinigten Staaten jemand dabei war, der sie wiedererkannte? Ja, sie war sehr gering aber leider nicht Null. Ihre Wachsamkeit verlor sie nie – auch wenn ein ganzer Ozean zwischen ihr und ihren alten Sünden lag.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 24.06.2021 03:59.

Alina

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Kapitel 6, Episode 2

von Alina am 22.06.2021 21:51

Annabel's Night Club, 44 Berkeley Square, Mayfair, London
Friday, 9th August, 1963


Soundtrack für diese Episode: The Ronettes - Be My Baby

 Cathy sitzt in einem Nachtclub und gönnt sich einen der teuren Cocktails. Sie war herüber nach Mayfair gegangen denn sie wollte niemanden treffen aus dem Hotel, weder Bedienstete noch Gäste. Ob ihr das gelingen würde war trotzdem fraglich denn der Club war sehr exklusiv. Vielleicht würde es den ein oder anderen Geldsack aus dem Hotel trotzdem hierher verschlagen.

Der Club war neu, das konnte sie sehen. Trotzdem hängt der Raum voll mit Rauchschwaden, überall wird geredet und gescherzt, die Atmosphäre ist grandios. Der Club sah bunt und vollgestopft aus mit Dekorationsgegenständen und Flaschen aber die Stoffe an der Wand waren neu, es gab insgesamt wenig Schäden. Auch teure Bars, Casinos und auch Hotelzimmer hatten immer kleine Schäden, die sich nicht immer so leicht reparieren liessen und eine Schätzung auf das Alter des Baus oder wenigstens der letzten Renovierung zuliessen.
Sie hatte vorher 50 Pfund im Casino verloren welches im gleichen Gebäude lag. Trotzdem ist ihre Laune ebenfalls grossartig. Geld war kein Problem mehr, schon seit vielen Jahren nicht mehr.

Auch wenn sie flüchten musste, sie hatte immer genügend Zeit gehabt sich um das Geld zu kümmern. Hier und da hatte sie ein paar kleinere Summen verloren wenn sie Hals über Kopf fliehen musste, aber generell hatte sie immer gute Verstecke für die grösseren Summen. Auch wenn sie flüchten musste, so konnte man auch gern ein paar Wochen später mit dem Greyhound Bus zurückfahren, eine Tasche aus einem Versteck holen und dann wieder schnell zurückfahren. Das war einmal nötig gewesen, damals in San Francisco als sie Jules verlor. Sie musste schnell weg, wirklich schnell. Sie waren gerade erst in San Francisco angekommen und hatten ein kleines Haus gemietet, als die Sache mit dem Arsen schiefging. Leichen zu beseitigen war nie ihr Ding gewesen, sie zog es immer vor zu flüchten. Was sollte man machen? Die Männer waren viel zu schwer! Sollte man die Beine und Arme und den Kopf absägen und alles einzeln wegbringen und vergraben? Und was für eine Schweinerei sollte das geben? Nein, damit will und wollte Cathy nie etwas zu tun haben. Sie trinkt ihren Pimm's Cup leer, bestellt ein neues Glas und zündet sich eine lange Zigarette an.

Sie wohnte ja dann noch drei Wochen südlich von San Francisco und eines Nachts kam sie zurück und holte das Vogelhäuschen, welches sie aufgehängt hatte und welches noch immer dort hing. Das war immer ihr Geldversteck gewesen, wenigstens seitdem sie mit Joe zusammengelebt hatte. Joe und Jules hatten das als Sentimentalität belächelt, aber sie wussten ja auch nicht was unter dem doppelten Boden des Vogelshäuschens schlummerte.
Cathy hatte sich um das Vogelhäuschen gekümmert, Futter ausgelegt und es ab und zu gesäubert, sie reparierte es sogar machmal nur zum Schein. Die Männer sollten nie auf die Idee kommen, eine Hand an das Vogelhäuschen legen zu müssen.

Erst waren es immer grössere Scheine gewesen, die Cathy sorgsam und mit sehr viel Geduld umtauschte wann immer es sich anbot. Sie arbeitete sich hoch von den $10 Noten bis hoch zu den $100 Noten, aber niemals darüber hinaus. Mit $500 oder $1000 Noten wollte sie nichts zu tun haben, das war viel zu riskant. Als das nötig wurde, als die $100 Noten eine Last wurden, da konzentrierte sie sich auf Diamanten. Sie waren klein, konnten sehr gut in Kleidung eingenäht werden und man musste sich nicht fürchten ins Wasser zu springen wie bei ihrer Rückkehr nach San Francisco. Geldscheine mochten Wasser nicht so gern.
Langsam atmet sie den Rauch aus. Was für Zeiten waren das gewesen!

Damals hatte sie noch die Scheine vergraben, in einer Holzkiste. Erst dann war sie mit der "President Grant" nach Hawaii gefahren. Damals war sie recht unzufrieden gewesen. Sie hatte die Scheine in Unmengen von Zeitungspapier und alter Kleidung eingeschlagen und trotzdem waren einige Scheine unbrauchbar. Wären es kleine Scheine gewesen wäre sie diese wohl schon losgeworden, aber wo sollte man vergammelte und stinkende $100 Scheine loswerden? Sie rettete das meiste Geld, aber verlor auch einige Scheine und das sollte ihr eine Lehre sein.

Sie drückt die Zigarette im Aschenbecher aus und schaut sich um. Einige ansehnliche Herren waren hier unterwegs aber bisher hatte sich niemand zu Cathy gesetzt. Sie sind entweder in Begleitung hier oder sie trauen sich noch nicht. Cathy trägt ein extravagantes und sehr teures Kleid, schwarz und eine passende Federboa, ebenfalls in Schwarz. Das schwarze Haarband und der lange Zigarettenhalter vervollständigen das Bild einer Diva aus den Goldenen Zwanzigern, einer Epoche der sie nie ganz entsagen konnte und wollte. Kombiniert mit ihrem roten Haar und dem blassen Teint ihre Haut sieht sie vielleicht zu unnahbar aus, vielleicht zu ambivalent. Denn so kleidete sich kein höchstens zwanzigjähriges Mädchen, es sei denn sie wäre vielleicht steinreich. Cathy lächelt, als sie daran denkt. Steinreich war sie nicht, aber sehr wohlhabend und das ganz ohne Autos, Häuser und Schiffe. Arbeiten müsste sie jedenfalls ihr ganzes Leben lang nicht mehr, das wusste sie. Es war nur ärgerlich dass sie nichts anlegen konnte, einer Bank konnte sie nie trauen. Identitäten konnten ihr Ende bedeuten und wenn sie sich einen neuen Pass zulegen musste, dann war die alte Identität wirklich 'verbrannt'. Schon wegen der Polizei konnte man diesen Namen nie mehr benutzen, das Konto nie wieder leeren.

Cathy schaut ins Leere und seufzt. Alles hatte seine Vor- und Nachteile, sie konnte daran eh nichts ändern. Wie gern wäre sie sesshaft und wie gern würde sie ihren Reichtum geniessen. Wie gern würde sie auf den Fluch verzichten, aber dann wäre es auch schon bald vorbei mit ihr – höchstens noch zwanzig gute Jahre dann wäre sie bereits alt und faltig. Sie wusste, dass sie so bald nicht sterben würde, vielleicht sogar nie. Was das bedeutete, das flösste sogar ihr Respekt ein und sie dachte eigentlich nie darüber nach. Sie bestellt ein Wasser um es nicht zu übertreiben und lächelt dann einem Mann mit Schnauzbart an, der sie schon seit einigen Augenblicken beobachtet und erwidert sein Zwinkern. Endlich jemand der sich traut, denkt Cathy.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 22.06.2021 22:18.

Alina

-, Weiblich

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Kapitel 6 - London

von Alina am 21.06.2021 13:04

Hotel 'Grand Central', 222 Marylebone Rd, Marylebone, London
Thursday, 8th August, 1963

Soundtrack für diese Episode: Elvis Presley - Kiss Me Quick
  

 An diesem Donnerstag kann Cathy das Wochenende kaum noch erwarten. Es war eine harte Woche gewesen, aber sie würde zwischendurch frei haben. Zumindest den Sonntag Abend hatte man ihr zugesagt, der erste seit sicher vier Wochen. Sie stöhnt unter der Last des vollen Putzeimers. Warum musste gerade ihr Wagen kaputt sein?

Sie befindet sich in der sechsten Etage, dort wo die Luxuszimmer waren. Von hier aus hat man einen wunderschönen Blick auf das Winter Garden Restaurant unten. Cathy arbeitete hier am liebsten denn hier traf sie das interessanteste Klientel. In London waren die Gäste durchaus vergleichbar mit den USA. Vielleicht nicht mit Hollywood, denn dort hatte sie dauernd prominente Personen getroffen, aber durchaus vergleichbar mit New York. Wie lange das her war! New York... die Goldenen Zwanziger Jahre. Sie streicht sich ihre Kluft glatt und seufzt. Dann putzt sie weiter.

Als sie Schritte hört und sich eine Hand auf ihren Po legt, da hält sie nur inne und zieht die Unterlippe durch ihre Schneidezähne. Die Finger krümmen sich leicht, greifen genüsslich zu. Ihre straffe Haut am Po spannt sich, dann richtet sie sich auf und dreht sich langsam herum. Sie lächelt und legt den Kopf leicht schief.
"Mr. Joseph...", haucht sie und lächelt den Mann an. Mr. Joseph mochte Mitte Vierzig sein und Cathy wusste dass er Politiker war. Er besitzt eine stattliche Figur und harte Züge, die Cathy aber nur sieht wenn er mit anderen spricht. Man merkte ihm an dass er autoritär sein konnte. Er hatte es wohl bis zum Minister gebracht; auch wenn Cathy sich nicht dafür interessierte wofür er zuständig war. Aber sie interessierte dass er ein Faible für sie hatte. Er kam gerne ins 'Grand Central' seitdem Cathy hier arbeitete. Und er liess sie bei jedem einzelnen Besuch spüren dass er sie begehrte. Und dass sich Cathy bisher verweigert hatte, schien ihn nur mehr zu reizen.

Auch wenn sie sich in letzter Konsequenz verweigert hatte, so konnte man nicht sagen dass sie sich züchtig verhalten hatte. Sie mochte seine Mischung aus guten Manieren und mühsam verborgener Gier, die er an den Tag legte wenn sie ihm begegnete. Und sie hatte seinem Drängen dann und wann stattgegeben, allerdings nur eingeschränkt. Er hatte sie bereits küssen dürfen, er hatte sich von hinten an sie gedrückt und ihre Brüste kneten dürfen, sie hatte ihn durch den Stoff der Hose hindurch gestreichelt. Es waren heisse aber an sich bisher harmlose Spielereien gewesen, die aber immer zur Folge hatten dass Joseph fürstliche Trinkgelder springen liess.

Er reagiert indem er auf sie zukommt und wieder die Hände nach ihr ausstreckt. Sie fängt die Hände ab, kann aber nicht verhindern, dass er sie an sich zieht und ihr in die Augen sieht.
"Miss O'Brien, heute weisen Sie mich nicht ab!" Er grinst und zieht sie noch näher an sich, sodass sich ihre Gesichter fast berühren. Er spürt ihre Wärme, atmet ihren Duft ein. Als sie nichts antwortet, geht er rückwärts und schiebt mit dem Fuss die Tür zu, die etwas zu laut zuschlägt.

Seine Finger gleiten hoch bis er ihr volles, rotes Haar spürt. Er leckt sich unwillkürlich über die Lippen. Cathy flüstert: "Sie wissen doch dass es nicht geht, Mr. Joseph..." Sie haucht seinen Namen und grinst ihn an. Sie liebte es zu sehen wie sie ihn verrückt machte.
"Warum sollte es nicht gehen? Ich sehe keinen triftigen Grund", antwortet Joseph und er raubt ihr einen Kuss bevor sie sich wieder lösen kann, leise nach Luft japst und ihn wieder ansieht. Sie muss sich etwas nach hinten drücken damit sie ihn überhaupt ansehen kann.

"Ich rieche nach Schweiss. Ich habe den ganzen Morgen geputzt." Cathy starrt ihn an und er grinst nur. "Gut so! Du wirst gleich noch mehr schwitzen." Sie verdreht lächelnd die Augen und den nächsten Kuss unterbricht sie nicht. Nach dem Kuss macht sie sich aber doch los und er lässt sie auch gehen. Er räuspert sich und sagt: "Ich habe eine Überraschung für dich, Cathy." Während sie nachdenkt und ihn neugierig ansieht, unterbricht er sich selbst und stellt die rhetorische Frage: "Warum haben die Iren nur solche Teufelsweiber auf ihrer Insel?" Für ihn war klar dass sie irischer Abstammung sein musste mit ihrem roten Haar und der blassen Haut. Dass ihre Familie eine oder mehrere Generationen in den USA lebte, was natürlich an ihrem Akzent erkennbar war, zählte für ihn nicht. Cathy schmunzelt nur und sagt nichts dazu. Dann fährt Joseph fort: "Am Sonntag kommst du mit. Wir gehen zusammen in den Covent Garden. Ein buntes Programm wird dort gezeigt."
Er holt plötzlich zwei Karten aus der Tasche und zeigt sie Cathy. "Es ist ein Ballet", fügt er noch hinzu, als wäre das zumindest für ihn eine überflüssige Information. Cathy hebt sofort den Kopf und strahlt ihn an. "Ballet? Im königlichen Opernhaus? Ist das Ihr Ernst?" Er nickt. "Mein voller Ernst. Meine Frau ist verhindert und das macht mir nicht unbedingt viel aus." Er lacht. "Daher bringe ich meine entfernte Nichte aus Irland mit und zeige ihr das grossartige London." Danach trinken wir noch etwas und dann..." Er spricht nicht weiter, aber Cathy weiss was er sagen will. Sie lächelt ihn so an, dass es ihm einfach fällt sich die Freuden vorzustellen die der vorgeschrittene Abend mit sich bringen wird.

Sie legt einen Finger auf seine Lippen und macht leise: "Ssshhh..." Sie beisst auf ihre Unterlippe, starrt auf seine Lippen und greift nach seiner Hand. Sie legt sie sich selbst auf ihre linke Brust und dann küsst sie ihn.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 22.06.2021 21:53.

Alina

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  10. Wannabe Poet

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Intermezzo 2, Episode 6

von Alina am 15.06.2021 18:46

St. Louis, Missouri 
11. Dezember 1941, Donnerstag


Soundtrack for this Episode: Artie Shaw - Stardust

Sie hatten bereits bestellt. Nussbaum bekommt einen Lammbraten und er selbst hatte sich ein Steak ausgesucht. Rind – denn es sollte nichts an diesem Tisch serviert werden was nicht koscher war. Nussbaum hätte wohl nichts gesagt aber man muss es ja nicht herausfordern, denkt Donahan.
Sie essen schweigend denn das Hauptthema war noch gar nicht angesprochen worden. Man hatte Floskeln ausgetauscht, Small Talk betrieben, das konnte Nussbaum gut und Clint hatte einen guten Grund sich einmal im Jahr darauf einzulassen.

Sie aßen auf, tranken dabei einen guten Wein, Geld spielte an so einem Abend keine Rolle, obwohl sie nicht ins teuerste Restaurant der Stadt gegangen waren. Nussbaum gefiel es hier, er bezahlte auch immer die Rechnung.

Nussbaum holt ein kleines Scheckbuch heraus und schreibt etwas, dann reisst er das Blatt ab und schiebt es herüber. Clint nickt, es sind die üblichen fünftausend Dollar. Eine riesige Stange Geld im Jahre 1941, aber es hatte ja einen Verwendungszweck. Sein Lohn und seine Aufwendungen mussten davon bestritten werden, ebenso wie der Lohn und die Aufwendungen der Agency. Evans und sein Kollege waren ihr Geld wert. Zusammen arbeiteten sie seit fünf Jahren an dem Fall und niemand machte Druck. Trotzdem war die Motivation hoch, denn bei einer Ergreifung von Cathy winkte ein Batzen Geld, der zumindest ihn dazu befähigen sollte sich zur Ruhe zu setzen – natürlich erst nachdem er den Pulitzer-Preis mit seinem Buch gewonnen hatte! Waikiki, Sonne, exotische Schönheiten und Cocktails aus einer halben Kokosnuss trinken... – oh verdammt! Das würde wohl längere Zeit nicht gehen, er ist gerade sehr froh, jetzt nicht in Hawaii sein zu müssen. Diese verfluchten Japaner!

"Wie steht es denn?", fragt Nussbaum und Clint nimmt sich Zeit, alle Neuigkeiten in einem interessanten Gespräch zu vermitteln. Er hat schon eine kleine Mappe auf den Tisch gelegt, sie beinhaltet geschriebene Blätter mit genau diesen Neuigkeiten. Er flechtet die Neuigkeiten geschickt in den Gesamtkontext ein; Nussbaum will bei der Stange gehalten werden, genau wie die Stiftung, die ihn bezahlt. Er erzählt eine spannende Geschichte, obwohl ihm nur recht alte und trockene Hinweise zur Verfügung stehen.
In diesem Jahr hatte Cathy New Orleans verlassen und war in Houston gewesen, wenigstens bis vor kurzem. Das war mehr als es in den vergangenen Jahren zu berichten gab, fast geradezu ein spannendes Jahr. Die Neuigkeiten schienen recht aktuell zu sein. Auch in den vergangenen Jahren hatte es stetig Neuigkeiten gegeben, aber diese schienen sich immer nur auf die ferne Vergangenheit zu beziehen. Donahan und Evans zogen Verbindungen zwischen Morden wie sie sie nannten, die schon lange zurücklagen, teils zehn bis fünfzehn Jahre. Das war interessant aber spannend war es nicht gerade.

Clint fühlt sich wie Kopfgeldjäger im Wilden Westen der die Banditen verfolgt, weit draussen in der Prärie. Er ist allein und alle Feuer sind schon heruntergebrannt und kalt. Er kann ihnen folgen, doch niemals erblickt er auch nur die Spur einer Staubwolke von flüchtenden Pferden. Diese Cathy musste ein gewieftes Weibsstück sein.
Trotz allem erlahmte Nussbaums Interesse nie, obwohl man ihn auch nicht einwickeln konnte. Er machte sich keine Illusionen dass diese Sache noch lange dauern konnte. Vielleicht würde es noch Jahre dauern. Vielleicht würde es gar noch Jahrzehnte dauern – warum auch nicht? Es dauerte bereits schon zwei Jahrzehnte.

Beide, sowohl Nussbaum als auch Donahan, sprachen niemals darüber dass es ja gar nicht sein konnte was hier geschah. Immer war es ein junges Mädchen, kaum zwanzig Lenze alt. Rote Haare, nun gut. Oft geschahen diese mysteriösen Dinge im Umfeld von Hotels, warum nicht? Aber genauso hartnäckig traten die Tatsachen auf, dass es ein sehr junges Ding war – jung und sehr hübsch. Diese Cathy war mittlerweile wohl über vierzig Jahre alt – sicher noch eine Schönheit aber auch ganz sicher nicht mehr mit einem Backfisch zu verwechseln.

Aber das erwähnen sie nicht. Sie erwähnten es nie. Die Stiftung hatte entschieden dass diese Spuren verfolgt würden bis man eine Erklärung dafür finden würde. Nussbaum nahm das hin und auch Donahan sollte es recht sein denn das Geld floss ja, trotz dieser Widersprüche. Die Stiftung würde auch dafür verantwortlich sein dass die Verfolgung des Falles und die Aufnahme von Beweisen unabhängig davon blieb was die Polizei tat und ob sie den Fall einstellen würde oder nicht. Es war auch egal ob Nussbaum, Donahan oder Evans den Fall verfolgen würden. Die Stiftung hatte nur diesen einen Zweck Hinweise zu sammeln und sie konnte jederzeit jemand anderes damit beauftragen. Einmal im Jahr sorgte sie mit Hilfe von Nussbaum dafür, dass sie alle Hinweise und Spuren bekam. Und selbst Nussbaum war wohl austauschbar.

Ob der Stiftung mal der Gedanke gekommen wäre die Mafia zu fragen, die finden doch immer alle Leute die sie suchen – das hatte Donahan Nussbaum im ersten Jahr gefragt und dieser hatte nur milde gelächelt. Er hatte keine Antwort gegeben aber immerhin hatte Donahan erfahren, wer diese Stiftung ins Leben gerufen hatte. Die Familie des toten Mr. Burns aus Louisville war sehr vermögend und sie hatte die Stiftung gegründet und mit einem Grundkapital versehen. Später war es auch die Familie Richards aus Baltimore und die Familie Buchanan aus Tennessee, die in den Fond der Stiftung einzahlten. Alle hatten ein Interesse daran, dass die Todesfälle aufgeklärt würden und alle hatten verstanden, dass man das weder der Polizei, noch der Zeit überlassen konnte. Selbst wenn die Witwen der verstorbenen Männer ebenfalls gestorben wären, so sollte trotzdem dafür Sorge getragen werden dass eine Aufklärung stattfand. Dies wurde mit der gleichen Ernsthaftigkeit verfolgt und geplant, wie man auch eine Vererbung verfügte.

Für die Mafia war Yale so umgekommen wie es sich in deren Umfeld offenbar gehörte. Und niemand wollte wohl soweit gehen, sich wegen der Aufklärung solcher diffusen Todesfälle, in denen die Schuld dieser Cathy keinesfalls sicher war, mit der Mafia zusammenzutun. So wenigstens erklärte es sich Clint, wenn er darüber nachdachte.

Es ist fast Mitternacht als Donahan nach Hause geht. Ein Glas zuviel Wein würde dafür sorgen, dass er morgen nicht so gut aufstehen würde können, aber der Abend war hervorragend gewesen. Morgen würde er eine Flasche Champagner kaufen und sich ein Mädchen einladen. Das tat er immer, wenn er die jährliche Zahlung bekommen hatte.




ASU


Antworten Zuletzt bearbeitet am 15.06.2021 18:49.
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