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Kapitel 9 - Episode 4
von Alina am 22.12.2021 15:22Hotel Ellington, Berlin (West), Deutschland
Donnerstag Nacht, 19. Januar 1984
Soundtrack für diese Episode: Frankie Goes To Hollywood - Relax
Quelle des Bildes
Diese strammen Deutschen hatten es Cathy angetan. Es war so als hätte sie die Art Männer gefunden die ihr wirklich am meisten gefiel. Gross waren sie und stark aber sie stolzierten nicht herum wie Erpel auf Brautschau wie sie es aus Italien kannte. Sie waren nicht übermäßig patriotisch wie die Amerikaner oder Franzosen, auch wenn sie das sicher mal gewesen waren. Sie waren gebildet und sehr hübsch anzusehen. Das Blut war wohl doch stärker als alles andere. Die immer einflussreicher werdende Sozialwissenschaft wollte den Menschen etwas anderes weismachen: Mann und Frau waren gleich und auch alle Völker alle gleich. Nur wer schon andere Zeiten erlebt hatte, der konnte nachvollziehen dass dies nur ein neuer Glaubenssatz unter vielen anderen war. Cathy wusste es besser und es kam ihr jedenfalls vor als wäre sie biologisch endlich zu Hause angekommen.
Nie hatte sie soviel Sex gehabt, nicht mal in Frankreich. Daran war sicher auch der Zeitgeist Schuld, man trieb es wirklich mit jedem in diesen Zeiten. Waren die Zeiten Mitte des Jahrhunderts wirklich sehr bieder gewesen, so war es jetzt das genaue Gegenteil. In einer Diskothek musste man sich teilweise nur in die Augen sehen, ging dann ohne ein Wort zu wechseln auf eine Gästetoilette – wobei man sich auch sowieso nicht verstanden hätte. Cathy war es schleierhaft wie die Leute sich bei einem so ohrenbetäubenden Lärm überhaupt verbal verständigen konnten. Man sah sich an und trieb es dann kurz und schmutzig wie die Strassenköter in einer Toilettenkabine. Es war schon eine abstossende Prozedur doch auch perfekt für sie, denn nirgends hinterliess sie weniger Spuren als auf einer Toilette in irgendeiner Diskothek. Kein Einchecken in einem Hotel welches einem vielleicht mal zum Verhängnis werden konnte, so wie heute.
Ja, heute war es anders. Dieser Bankier – sie hatte richtig gelegen – hatte es ihr angetan. Sie hatten sich angesehen, er hatte sich zu ihr gesetzt nachdem er seinen Kaffee noch an seinem eigenen Tisch bestellt hatte. Sie hatten sich ein wenig unterhalten und dann hatten sie sich für später verabredet, im Hotel Ellington nämlich. Kurt war zwar verheiratet, aber seine junge Frau war es gewohnt dass er erst spät in der Nacht nach Hause kam; dafür verdiente er immerhin eine Menge Geld.
Als sie ihn kurz darauf küsste, da dachte sie daran dass seine Frau bald eine Witwe sein würde. Manchmal empfand sie Mitleid, manchmal auch nicht. Sie wusste nicht woran es lag. Die Frau von Kurt stellte sie sich jung und schön vor. Sie empfand Mitleid obwohl diese sicher einen schönen Batzen Geld erben würde.
Aber schon als sie seinen Schwanz lutscht denkt sie nicht mehr an sie. Er hatte einen schönen und dicken Schwanz den sie kaum in ihren Mund hineinbekam. Als er sie anschliessend wie ein wildes Tier leckt und sich so für die gekonnte Behandlung von Cathy revanchiert, da weiss sie dass sich seine junge Frau bestimmt nicht häufig lecken liess. Gierig spreizt er erst ihre Schenkel mit seinen grossen Händen, dann spreizt er ihre geschwollenen Lippen mit groben Fingern bevor er sein Gesicht in ihrem Schoss vergräbt und sie regelrecht ausschleckt. Sie krault seinen Nacken und verwuschelt sein noch üppiges und dickes Haar.
Dann endlich versenkt er sich in ihr, gibt es ihr mit tiefen Stössen, bringt sie zum Keuchen und sorgt dafür dass er seiner Frau die Striemen auf seinen Rücken für einige Tage verheimlichen muss. Er fickt sie so hart dass sie beginnt zu weinen und sie hat dabei einen der besten Orgasmen ihres Lebens – was natürlich etwas heisst wenn es sich dabei um Cathys Leben handelt. Erst dann kommt er in ihr, sein Schwanz scheint dabei so dick anzuschwellen dass Cathy fast die Luft wegbleibt und ihr Hören und Sehen vergeht.
Schwitzend liegen sie schweigend nebeneinander bis er aufsteht und am Fenster eine Zigarette raucht. Er raucht eigentlich nicht, genausowenig wie sie. Aber nach dem Sex ist es eine schöne Angewohnheit und er lässt sie an der Zigarette ziehen als sie ihm nach kurzer Zeit folgt.
Er legt seinen Arm um ihre Hüfte und sieht auf sie herunter.
„Was sagst du zu einer weiteren Runde?"
Sie schmunzelt und wiegt ihren Körper leicht hin und her. Sie wusste wie unwiderstehlich sie wirkte. Dann schaut sie auf und sagt:
„Ich hätte dich sowieso nicht so gehen lassen. Jetzt vögele ich Ihnen das Hirn raus, mein Herr."
Beide lachen als sie sich langsam wieder ins Bett zurückziehen. Sie mochte die deutsche Sprache einfach. Sie konnte so förmlich klingen – und gleichzeitig so einzigartig verdorben...
Kapitel 9 - Episode 3
von Alina am 21.12.2021 14:15Polizeipräfektur Paris, Police nationale,
Paris, Frankreich im Herbst 1969
Soundtrack für diese Episode: Manfred Mann - Fox On The Run
Quelle des Bildes (bearbeitet von Alina)
Nach Cathys Geständnis Gabin gegenüber im November 1968 hatte sich dieser mit Martin unterhalten und ihm alles erzählt. Aber er hatte ihn auch um Stillschweigen gebeten. Er wolle erst noch mehr herausfinden wie er sagte und er hatte Martin gebeten, Cathy nicht aufzusuchen um ihre Lüge auffliegen zu lassen. Daran hatte sich Martin auch gehalten und erst als Gabin starb, da hatte er die Ermittlungen wieder aufgenommen und befragte Monsieur Morel aus dem Marriott Champs- Élysées Hotel über das rothaarige Mädchen.
Ja, hier habe es eine Cathy gegeben, Cathy O'Brien, eine Irin. Sie hatte aber genau dieser Tage gekündigt und hatte sich von Monsieur Morel verabschiedet. Martin hatte sofort eine Fahndung ausgeschrieben und er hatte auch gleich eine Anfrage bei der Police nationale gestellt, ob es etwas über diese Cathy O'Brien gab. Die Antwort war sehr überraschend, denn dieser Name war bereits seit längerer Zeit zur Fahndung ausgeschrieben. Auch die Beschreibung der Person passte. Es war nur eine dieser Fahndungen die permanent ausgeschrieben waren und die leider keinen Erfolg gehabt hatten und die sowohl Polizei, als auch Bevölkerung sehr schnell wieder vergaßen. Gabin hatte sich wohl ebenfalls nicht die Mühe gemacht, den Namen in den Fahndungslisten nachschlagen zu lassen.
Diese Fahndung jedoch hatte es in sich. Martin erwirkte, dass mehr Streifenpolizisten eingesetzt wurden, mehr Kontrollen durchgeführt wurden, der Flugverkehr wurde stärker überwacht und seine Behörde kontrollierte sogar sporadisch die Zufahrtsstrassen nach Paris für etwa einen Monat. Das Hotel und der Park wurden Tag und Nacht beobachtet. Martin verfolgte in dieser Zeit mehrere Hinweise die jedoch allesamt erfolglos blieben. Entweder sie hatte die Stadt doch schon verlassen oder aber sie hatte sich so tief eingegraben dass die Fahndung im Sande verlief.
Martin hatte zwei längere Gespräch mit einem Monsieur Hill geführt welcher in Lyon bei Interpol sass. Dort hatte er erfahren mit wem man es eventuell zu tun hatte. Eine Serienmörderin die ihre Opfer durch 'Unfälle' zu Tode kommen liess. Er erfuhr auch von den gestiegenen Todes- und Unfallraten in der Gegend um den achten Arrondissement herum. Dies alles liess sich mit Zahlen belegen. Das alles klang sehr unheimlich und Martin hatte sich gewünscht, er hätte sich dieses Mädchen früher zur Brust genommen. Stattdessen hatte er sie Gabin überlassen und nun... war der sogar auch tot. Dies war im März 1969 gewesen.
Dann gelang Hill im Juli 1969 ein sensationeller Erfolg. Er hatte es geschafft ein Telefonat mit dieser Cathy zu führen. Die Fangschaltung hatte auf die Sekunde genau funktioniert – hätte Cathy eine Sekunde früher eingehängt, dann wäre der Erfolg sehr übersichtlich gewesen. Nun hatten sie eine Adresse und ein Gesprächsprotokoll an dem sich bereits einige Studenten der Psychologie versuchten.
Sie hatten die Wohnung von Cathy gefunden, eine ganz normale Wohnung in einem unscheinbaren Mehrfamilienhaus im Viertel Barbès-Rochechouart, nordöstlich des 9. Arrondissements und südlich des 18. Arrondissements. Dort hatte Martin seinen Kollegen von Interpol auch zum ersten Mal getroffen. Hill hatte es sich nicht nehmen lassen und war aus Lyon angereist um die Wohnung mit Martin zu besichtigen. Und sie hatten eine Leiche im Keller gefunden. Und dies war die eigentliche Sensation.
Diese Leiche war die allererste die man Cathy direkt zuschreiben konnte. Das sah nicht nach einem Unfall aus sondern nach einem Mord. Der Todeszeitpunkt konnte in etwa bestimmt werden, vor etwa 8-12 Wochen musste es geschehen sein. Ansonsten hatte der Kalk der Leiche schon stark zugesetzt. Der Gerichtsmediziner war aber in der Lage gewesen einen Schnitt am Hals nachzuweisen. Er war nicht tief gewesen aber immerhin tief genug – und dieser Schnitt wurde als die eigentliche Todesursache angesehen.
Und dann war der Pariser Polizei doch noch ein Fahndungserfolg gelungen. Nur ein wenig später hatte eine Streife eine rothaarige Frau in der Metro kontrolliert, doch diese hatte keinen Ausweis und war dann davongerannt als die Polizisten sie zur Feststellung ihrer Identität mit auf die Wache nehmen wollten. Der Beschreibung nach handelte es sich um Cathy O'Brien – dank der Angestellten des Hotels hatte man eine sehr gute Beschreibung; sogar ein Phantombild gab es nun von ihr.
Die beiden Polizisten hatten sie natürlich verfolgt, eine wilde Jagd durch die Station folgte bis Cathy in eine Bahn hineinspringen konnte deren Türen sich gerade schlossen. Atemlos starrte Cathy die beiden Polizisten an die noch gegen die zugeklappten Türen hämmerten und hilflos mitansehen mussten wie sie davonfuhr. Eine erneute Fahndung brachte keinen Erfolg mehr. Cathy war es wieder gelungen sich einer Verhaftung zu entziehen.
Kapitel 9 - Episode 2
von Alina am 20.12.2021 17:37Café Möhring, Berlin (West), Deutschland
Donnerstag, 19. Januar 1984
Soundtrack für diese Episode: Tom Jones - She's A Lady
Quelle des Bildes
Cathy bestellt sich einen schwarzen Kaffee und legt die Zeitung beiseite. Sie schaut sich um und streicht sich dann eine rote Locke aus dem Gesicht. Kein interessanter Mann ist zu sehen – dabei wurde es wieder Zeit. Die Stimmen wurden jeden Tag lauter, auch wenn sie nicht mehr drängend wurden. Man „kannte sich". Cathy würde liefern; man musste sie nicht mehr zum Ziel prügeln.
Arbeiten musste Cathy hier in Berlin nicht – sie hatte sich viele Jahrzehnte darauf gefreut einmal in Berlin zu leben und nun war es soweit. Diese schöne Zeit wollte sie nicht mit Arbeit verderben. Das Geld würde ihr ja auch nicht ausgehen. Manche Männer starben in ihren Armen oder während ihrer gemeinsamen Zeit was ihr genügend Zeit, gab Dinge an sich zu nehmen die ein Toter nicht mehr brauchte. Und sie genoss das Leben hier in vollen Zügen. Ihrem Alter nach hatte sie sich schon lange ihre Dasein als Pensionärin verdient. Nun konnte sie auch mal von ihrem Ersparten leben.
Sie war bereits Ende der 1960er Jahre nach Deutschland gegangen. Berlin war ihr Ziel gewesen, aber das war nicht so leicht. Sie wusste dass Interpol ihr auf der Spur war. Ihr Pass, der den Namen „Cathy O'Brien" trug, war für sie nicht mehr zu gebrauchen. Sogar der Grenzübertritt geschah auf illegale Weise – etwas was Cathy aber nicht weiter schwerfiel. Spannend war es trotzdem mit einem Rucksack voller Geld und Diamanten eine grüne Grenze zu überqueren. Sollte sie gefasst werden, war sie nicht nur in echten Schwierigkeiten sondern auch ihre Ersparnisse, die Ersparnisse eines sehr langen Lebens, wären einfach futsch.
Die 1970er Jahre hatte sie in Frankfurt verbracht. Dort konnte sie sich erst einmal zurechtfinden, ihr Deutsch nicht nur auffrischen sondern überhaupt einmal richtig Deutsch lernen. Erst hier wurde ihr klar wie weit das Deutsch ihrer Eltern vom hessischen Dialekt der Frankfurter entfernt war.
Sie hatte in verschiedenen Frankfurter Hotels gearbeitet ohne jemals irgendwo aufzufallen. Sie hatte sich einen neuen Pass besorgt der auf „Cathy Muller" ausgestellt war. Cathy wusste dass viele deutsche Einwanderer in den Vereinigten Staaten eine winzige Veränderung ihres Namens hingenommen hatten, beispielsweise weil man im Büro zur Registrierung der Einwanderer eine Schreibmaschine benutzte die keine Umlaute besass. So wurde aus „Müller" dann „Muller", oder aus „Krüger" wurde „Kruger". Sie schmunzelte als sie den Pass ausgehändigt bekam – eine schöne Hommage an ihre alte Heimat. Hatte sie sich immer als eine Amerikanerin mit deutschen Wurzeln gefühlt, so war es nun umgekehrt.
Auch ihre Hintergrundgeschichte gefiel ihr – sie war perfekt ausgearbeitet und stimmig. So wie zu dieser Zeit neuerdings viele tausend Jugendliche überall auf der Welt vor ihren Pen & Paper Rollenspiel-Charakterbögen sassen und imaginäre Helden für ein Abenteuer erschufen und deren Biographie liebevoll ausgestalteten, so tat Cathy dasselbe für sich ohne sich dieser Analogie bewusst zu sein. Sie war nun die Tochter einer deutschen Frau und eines US-amerikanischen Soldaten der auf der Rhein-Main Air Base stationiert war. Diese Geschichte konnte sie jedermann verkaufen und somit eine gewisse Fremdheit ihres Wesens und ihrer Sprache erklären. Sie hatte mal hier, mal dort gewohnt – mal hier in Frankfurt und mal bei Opa und Oma in Minnesota – und daher sprach sie auch kein absolut perfektes Deutsch. Alles war so einfach, wenn man nur ein wenig Kreativität besass.
Ein Glöckchen klingt, ein neuer Gast betritt das Café. Cathy schaut sich wieder um – und ist überrascht. Ein gutaussehender Mittvierziger, im Anzug, sicher nahm er einen Kaffee nach der Mittagspause, gehobenes Management, vielleicht Bank oder Versicherung, vielleicht sogar ein Mitarbeiter eines Abgeordneten. Und schon bald tot, wenn er sich geschickt anstellte und ihre interessierte Blicke zu deuten wusste.
Cathy hatte nichts an Attraktivität eingebüsst. Im Gegenteil – sie hatte mehr denn je das Gefühl, sich stilistisch voll ausleben zu können. Sie hatte sich niemals an den ungepflegten Look der Hippies gewöhnen können. Jetzt setzte man wieder mehr auf Klasse und Stil; man zeigte wieder gern dass man Geld hatte. Cathy beteiligte sich auch jetzt nicht an den neuen Modesünden der 1980er Jahre, wo amerikanische Idole den Deutschen zeigten wie man im modernen Westen auszusehen hatte. Die Sängerin Madonna sah aus als wäre ihre Frisur buchstäblich explodiert; das konnte für Cathy kein Vorbild sein. Nach wie vor frönte sie dem edlen und dekadenten Stil der 1920er Jahre, aber durch raffinierte Modeaccessoires der 1980er Jahre aufgewertet. Sie trug ihr Haar nach wie vor eher kurz oder höchstens schulterlang, raffiniert geschnitten und perfekt frisiert. Sie hatte so nie uniformiert gewirkt und immer Stil und Geschmack bewiesen. Und der Erfolg beim anderen Geschlecht hatte ihr immer Recht gegeben.
Kapitel 9 - Berlin
von Alina am 19.12.2021 11:44Berliner Mauer, Deutschland
Donnerstag, 19. Januar 1984
Soundtrack für diese Episode: Prince - Purple Rain
Das Jahr hatte nicht besser begonnen als das vorherige geendet hatte. Im November 1983 hatte der Deutsche Bundestag der Aufstellung von Atomraketen des Typs Pershing II zugestimmt. Diese Raketen hatten eine minimale Vorwarnzeit und waren deshalb für Moskau eine ungeheuer grosse Bedrohung. Nun hatte die TASS, eine der grössten russischen Nachrichtenagenturen, im Januar 1984 verkündet dass Moskau die Deutsche Demokratische Republik ebenfalls mit neuen Atomraketen ausrüsten würde. Dies war ein neuer Höhepunkt des Kalten Krieges der die Welt in Angst und Schrecken versetzte.
Cathy erinnerte sich nur zu gut an die bangen Tage im Oktober 1962 als die Welt am Abgrund stand. Die USA waren auch dort vorgeprescht und hatten die Sowjetunion damit überrascht, neue Jupiter-Raketen in Italien und der Türkei aufzustellen. Die Sowjetunion hatte dann ihrerseits damit begonnen Schiffe Richtung Kuba zu schicken die ebenfalls Atomraketen aufstellen sollten. Dies konnte mithilfe Diplomatie in letzter Sekunde verhindert werden. Diese Tage gingen als die „Kubakrise" in die Weltgeschichte ein.
Aber da war auch noch die „Invasion der Schweinebucht", der amerikanische Versuch den kommunistischen Führer Fidel Castro loszuwerden; ausserdem der jahrzehntelange Wahnsinn des Wettrüstens, die Stellvertreterkriege in anderen Teilen der Welt, wie dem Nahen Osten, Afrika, Latein- und Südamerika, Afghanistan und Südostasien, wo die Eskalation imVietnamkrieg einen vorzeitigen traurigen Höhepunkt erfuhr.
Was Cathy aber am meisten interessierte war die Spaltung Deutschlands, die auf eine einzigartige Weise die Spaltung der Welt dokumentierte und zwar direkt in Berlin, hier an der Berliner Mauer.
Die deutsche Teilung war eine Tatsache an die sich die Menschen gewöhnt hatten – jedenfalls die, die in Berlin lebten und nicht nur Politik machten. Ganz leichter Schneefall setzt ein. Cathy legt eine Hand an die Westseite der Berliner Mauer. Sie war an dieser Stelle mit Graffiti besprüht und sah gar nicht aus wie das „Kernelement der blockpolitischen Spaltung Europas", wie sie mal in einer deutschen Tageszeitung bezeichnet wurde. Bunt und fast lebensbejahend kommt ihr diese Ecke der Mauer vor.
Sie selbst hatte jede Sympathie für die USA und ihre Politik der Spaltung und Provokation verloren. Schon lange fühlte sie sich nicht mehr als Amerikanerin sondern als Europäerin. War sie nicht vielleicht sogar eine der wenigen Weltbürgerinnen? Sie hatte auf zwei Kontinenten gelebt und zwar lange Zeit. Das war mehr als die meisten Menschen von sich behaupten konnten.
Reagans Rhetorik vom „Reich des Bösen", die immerwährenden Provokationen der USA gegenüber der sehr viel ärmeren Sowjetunion, dies widerte Cathy an. Sie hatte eine Russin kennengelernt und diese war überhaupt nicht böse gewesen – im Gegenteil. Die Plisetskaya war vielleicht die beeindruckendste Persönlichkeit gewesen der sie je begegnet war. Sie stellte sich fast alle Russen als stark und schön vor – dagegen war der damalige Traum aller amerikanischen Teenager, James Dean, ein unsicheres Milchgesicht gewesen. So verschieden die Träume der Menschen waren, so verschieden waren wohl auch die Persönlichkeiten die sie verehrten.
Aber noch immer schlugen zwei Herzen in ihrer Brust. Die USA waren ihre Heimat und würden immer ihre Heimat bleiben. Sie würde immer zittern und bangen wenn sie von einer atomaren Bedrohung gegenüber ihrer Heimat las. Doch da war auch noch ihr deutsches Erbe, der Anteil an Schuld ihres Blutes gegenüber einem Volk, welches nicht nur überfallen worden war sondern welches ein unfassbares Opfer gebracht hatte. 27 Millionen Russen waren im Zweiten Weltkrieg zu Tode gekommen, von den Deutschen erschossen, verbrannt, zerbombt und ausgehungert. Erst dann war es der Sowjetunion gelungen die Deutschen in Berlin zu besiegen. Die Sagen vom glorreichen und sauberen Sieg der Alliierten über Hitler-Deutschland waren ein dummes Märchen welches zunehmend im Kalten Krieg an Attraktivität gewann, aber es hatte wenig mit der Realität zu tun. Cathy hatte damals bereits gelebt und es war ein langer, grausamer und dreckiger Krieg gewesen, den die Russen zumindest für Europa in der letzten Schlacht um Berlin für sich entschieden hatten. Ausserdem hatten die Russen die Deutschen schon in Stalingrad geschlagen – und erst dann hatten es die Alliierten in der Normandie sehr viel leichter gehabt.
Manchmal fragte sie sich wieso sie sich überhaupt für Politik interessierte. Sie wusste von sich selbst dass sie nicht als besonders moralischer Mensch durchging und sie war auch nicht von ausserordentlicher Intelligenz, wie Foucault ihr auf seine humorvolle Art und Weise gezeigt hatte. Aber sie war eine Weltbürgerin und vielleicht gerade wegen ihrer fehlenden Moral das Musterbeispiel einer potentiellen Politikerin. Sie war jedenfalls in der Lage, eine Situation anhand von Fakten zu beurteilen – und nicht anhand von Ideologien.
Hier in Berlin war jedenfalls greifbar, dass es sich beim Kalten Krieg um ein konkretes Problem handelte. So grau und ungemütlich die östliche Seite von Berlin aussah die durch eine Mauer abgetrennt war – gerade diese Tatsache führte Cathy permanent in Versuchung und sie bedauerte es so sehr dass diese ehemals so schöne Stadt durch eine Mauer getrennt war. Dieses Babylon der Roaring Twenties, diese Weltstadt war ausgebombt und dann zerschnitten worden. Was für eine Schande...
Re: Das Zimmermädchen [FSK18]
von Alina am 14.12.2021 13:25(...) Was Cathy aber am meisten interessierte war die Spaltung Deutschlands, die auf eine einzigartige Weise die Spaltung der Welt dokumentierte und zwar hier direkt in Berlin, an der Berliner Mauer. Die deutsche Teilung war eine Tatsache an die sich die Menschen gewöhnt hatten – jedenfalls die die in Berlin lebten und nicht nur Politik machten. Cathy legte eine Hand an die Westseite der Berliner Mauer. Sie war an dieser Stelle mit Graffiti besprüht und sah gar nicht aus wie das „Kernelement der blockpolitischen Spaltung Europas", wie sie mal in einer deutschen Tageszeitung bezeichnet wurde. Bunt und fast lebensbejahend kam ihr diese Ecke der Mauer vor. Sie hatte sich viele Jahrzehnte darauf gefreut, endlich einmal in Berlin zu leben und nun war es soweit.
(...)
Sie hatten die Wohnung von Cathy gefunden, eine ganz normale Wohnung in einem unscheinbaren Mehrfamilienhaus im Viertel Barbès-Rochechouart, nordöstlich des 9. Arrondissements und südlich des 18. Arrondissements. Dort hatte Martin seinen Kollegen von Interpol auch zum ersten Mal getroffen. Hill hatte es sich nicht nehmen lassen und war aus Lyon angereist um die Wohnung mit Martin zu besichtigen. Und sie hatten eine Leiche im Keller gefunden. Und dies war die eigentliche Sensation. Diese Leiche war die allererste, die man Cathy direkt zuschreiben konnte. Das sah nicht nach einem Unfall aus, sondern nach einem Mord. Der Todeszeitpunkt konnte in etwa bestimmt werden, vor etwa 8-12 Wochen musste es geschehen sein. Ansonsten hatte der Kalk der Leiche stark zugesetzt. Der Gerichtsmediziner war aber in der Lage gewesen einen Schnitt am Hals nachzuweisen. Er war nicht tief gewesen, aber immerhin tief genug – und dieser Schnitt wurde als die eigentliche Todesursache angesehen.
Kapitel 8, Episode 19
von Alina am 12.12.2021 14:19Lyon, Bureau de Interpol
On est en juillet 1969
Es hatte lange gedauert dies vorzubereiten und es hatte noch länger gedauert bis es endlich genehmigt wurde. Der Staatsanwalt bestand auf eine detaillierte Auswertung der Metadaten. Und diese Auswertung lieferte einige Indizien hinsichtlich der gestiegenen Rate von Todesfällen, besonders im achten Arrondissement von Paris und in den angrenzenden Arrondissements ebenfalls.
Es war ein Schuss ins Blaue. Hill ging noch immer davon aus dass Cathy in Paris war. Das war zu diesem Zeitpunkt nur eine Vermutung. Sie konnte richtig sein aber Cathy konnte auch schon längst wieder weg sein. Es war ein Versuch wert.
Hill hatte eine Anzeige geschaltet in allen Pariser Zeitungen, die Annoncen veröffentlichten.
Cathy, bitte melde dich bei uns.
Familie Hasselmann
(00 1) 410 37849
Er hatte das Budget seiner Institution für diese Aktion in diesem Jahr aufs Letzte ausgereizt um diese Annonce wenigstens eine Woche lang zu schalten. Für eine zweite Woche fehlte ihm das Geld. Es war zugegebenermaßen nicht die Nummer die Cathy angerufen hatte, aber immerhin eine Nummer aus Baltimore. Eine Schalte sorgte dafür dass ein Beamter den Anruf zu Hill zurück nach Frankreich umleitete falls zeitnah jemand diese Nummer anrief. Dafür hatte er seinen ganzen Einfluss geltend machen müssen. Aber es war die heisseste Spur in fünfzig Jahren und er wollte diese Gelegenheit nutzen.
Hill nahm einige Anrufe von Spassvögeln an, zwang sich aber nach jedem Anruf wieder zur Konzentration. An ihm durfte es nicht liegen falls diese Aktion ohne Erfolg im Sande verlaufen sollte.
Kurz vor Feierabend klingt das Telefon. Hill knackt mit den Fingern und nimmt ab. Dann fragt er: „Ja, bitte?"
Stille, aber er kann ein leises Atmen hören. Dann fragt eine weibliche Stimme:
„Wer ist da?"
Hill sammelt sich, hier war Konzentration nötig. Das klang nicht nach einem Spassvogel.
„Hasselmann. Hier spricht Dieter. Dieter Hasselmann. Wer ist da, bitte?"
Er meint ein Schlucken zu hören – fest presst er den Hörer an sein Ohr während er gleichzeitig versucht mit dem Mund etwas Abstand zur Sprechmuschel zu halten. Die Anruferin sollte nicht sein Schlucken oder Atmen hören.
„Hier ist... Cathy."
Schweigen an beiden Enden der Leitung. Hill bricht der Schweiss aus. Sie war nicht die Erste, die sich so meldete, aber sein Instinkt sagt ihm dass es dieses Mal wirklich die Frau sein könnte, die er sucht.
„Hallo? Sind Sie noch dran?", fragt die Stimme, etwas lauter.
„Ja. Ich bin noch dran. Ich... ich hätte nicht gedacht, dass...", er bricht ab und muss sich selbst räuspern. Er wusste, dass im Hintergrund die Fangschaltung arbeitete. Jede Sekunde war wichtig.
Wieder Schweigen.
„Wer sind Sie?", die Stimme klingt leise und sehr misstrauisch.
Hill atmet neben dem Hörer tief ein und aus und hält dabei die Sprechmuschel zu. Dann sagt er:
„Bitte legen Sie nicht auf. Ich warte seit sehr langer Zeit darauf... mit Ihnen zu sprechen."
Endloses Schweigen . Hill weiss, dass jede Sekunde ein riesiger Gewinn ist. Jedes Wort aus ihrem Mund war für ihn mit Gold nicht aufzuwiegen. Sie beginnt wieder zu sprechen, gerade als Hill ebenfalls ansetzt.
„Sie werden mich nie finden. Niemand kann mich je finden. Das wissen Sie ganz genau."
Er atmet tief aus und verwirft den Satz, den er gerade sagen wollte.
„Ich werde es aber versuchen. Das werden Sie verstehen." Er schluckt. „Wenn Sie nur wüssten, wieviel Fragen ich habe... es gibt so unendlich viele Fragen, Miss." Er vermied es, sie 'Madame' zu nennen. Vielleicht war ihr nicht klar, wieviel er über sie wusste.
Grabesstille.
„Selbst wenn Sie mich finden, werden Sie es nie verstehen. Niemand kann das." Sie klingt abweisend.
Er ertappt sich dabei, wie er nickt. Er wusste von seinen Kollegen dass die wahren Irren das immer sagten. Er war fast ein wenig enttäuscht, dass ihr nichts Originelleres einfiel. Sicher waren es 'Stimmen im Kopf', die ihr Befehle gaben. Solche Menschen landeten in einer Psychiatrie statt in einem Gefängnis.
„Natürlich, Miss. Niemand kann das. Wenn Sie reden möchten... ich weiss, was man über Sie denkt und wenn Sie möchten, dass ich versuche zu verstehen..."
Ein leises Lachen.
„Wie ist ihr Name, Mister?"
„Ich heisse Hill... Interpol, Washington. Dort können Sie mich er-..."
Es klickt. Sie hatte aufgelegt.
ASU
Kapitel 8, Episode 18
von Alina am 12.12.2021 14:04Paris lieu inconnu
On est en juillet 1969
Quelle des Bildes (bearbeitet von Alina)
Cathy sitzt in ihrer versteckten Wohnung, irgendwo in Paris, die sie eigens zum Zwecke angemietet hatte um den Mörder von Anuschka zur Strecke zu bringen – natürlich unter falschem Namen. Sie hatte sowieso alles per Brief und Telefonaten erledigen können, die Vermieterin hatte sie nicht einmal zu Gesicht bekommen. Alles war einfacher wenn Geld keine Rolle spielte.
Die Wohnung hatte sie zunächst behalten denn sie hatte kurz nach Gabins Tod gekündigt und das Marriott verlassen. Vielleicht hatte Gabin doch mehr gewusst oder nicht dicht gehalten und dann würde ein neuer Ermittler kommen – und der würde vielleicht kein Auge mehr zudrücken. Alles nur Vermutungen, aber sie konnte sich kein Risiko mehr erlauben.
Oben wohnten noch andere Familien, der Keller aber war klein und gehörte nur ihr. Die Leiche war somit kein Problem; sie hatte ausserdem mehrmals einen halben Sack Kalk über den Körper geschüttet.
Und nun würde sie die Wohnung doch verlassen. Die Zeit in Paris neigte sich ihrem Ende entgegen. Sie spürte so etwas jetzt früher als in der Vergangenheit. Es ist der letzte Tag, die Wohnung sieht noch genauso aus wie vorher. Sie würde alles hier zurücklassen. Sie hatte sogar die Miete noch zwei Monate im voraus bezahlt damit niemand bemerken würde wie lange sie schon weg war. Auch das Telefon funktioniert noch. Vor ihr liegt eine Ausgabe der 'Le Parisien' und sie kaut auf ihrer Unterlippe während sie die Annonce immer wieder liest.
Dann beisst sie die Zähne zusammen und wählt die Nummer. Es tutet und es knackt immer wieder in der Leitung. Die Spannung ist nahezu unerträglich, ihre Hände zittern. Dann ein weiteres Knacken, es klingt anders; dann hört sie eine sanfte männliche Stimme:
„Ja, bitte?"
Cathy schweigt und sie hört das leise Atmen des anderen. Cathy schluckt einen Klos hinunter.
„Wer ist da?"
„Hasselmann. Hier spricht Dieter. Dieter Hasselmann. Wer ist da, bitte?"
Die Art, wie der Mann seinen Vornamen aussprach, das war typisch für deutsche Einwanderer. Es wunderte sie nicht dass ihre Familie noch immer deutsche Vornamen wählte, vor allem für die Männer.
Cathy schluckt wieder.
„Hier ist... Cathy."
Schweigen an beiden Enden der Leitung.
„Hallo? Sind Sie noch dran?" Cathy verliert als erstes die Contenance.
„Ja. Ich bin noch dran. Ich... ich hätte nicht gedacht dass...", Cathy lauscht, aber der Mann spricht nicht weiter. Wieder Schweigen. Cathy denkt fieberhaft nach und legt ihre Stirn in Falten. Ihr Instinkt meldet sich. Hier stimmt etwas nicht. Ihr Stimme klingt leise:
„Wer sind Sie?"
Nach einem weiteren Moment des Schweigens sagt er:
„Bitte legen Sie nicht auf. Ich warte seit sehr langer Zeit darauf... mit Ihnen zu sprechen."
Cathy hält den Atem an. Ihre Vermutung ist richtig. Sie kneift ihre Augen zu engen Schlitzen zusammen. Dann sagt sie:
„Sie werden mich nie finden. Niemand kann mich je finden. Das wissen Sie ganz genau."
Sie hört wie am anderen Ende jemand tief ausatmet. Dann sagt die noch immer sanft klingende Stimme:
„Ich werde es aber versuchen. Das werden Sie verstehen. Wenn Sie nur wüssten, wieviele Fragen ich habe... es gibt so unendlich viele Fragen, Miss."
Wieder denkt Cathy nach. Bei einem Bullen musste sie sich jedes Wort ganz genau überlegen. Er würde jedes Wort auf die Goldwaage legen.
„Selbst wenn Sie mich finden, werden Sie es nie verstehen. Niemand kann das."
Wie konnte er auch? Sie würde nicht von ihren Stimmen im Kopf erzählen können, niemand würde ihr glauben. Im Gegenteil, man würde sie für verrückt halten. Die Stimme am anderen Ende sagt:
„Natürlich, Miss. Niemand kann das. Wenn Sie reden möchten... ich weiss, was man über Sie denkt und wenn Sie möchten dass ich versuche zu verstehen..."
Cathy lacht leise und schüttelt den Kopf. Was für ein erbärmlicher Versuch. Sie fragt stattdessen schelmisch:
„Wie ist ihr Name, Mister?"
„Ich heisse Hill... Interpol, Washington. Dort..."
Sie legt auf. Sie wusste nun genug. Als sie den Telefonhörer aufgelegt hat betrachtet sie ihre zitternden Finger.
Kapitel 8, Episode 17
von Alina am 11.12.2021 15:05Paris lieu inconnu
On est en mars 1969
Die Beerdigung von Gabin lag schon einige Tage zurück. Endlich war er doch gestorben und zwar an einer sehr plötzlichen Lungenentzündung. Er hatte sich wohl einen Infekt eingefangen, dann war es ihm schnell schlechter ergangen und schliesslich kam noch eine Lungenentzündung dazu. Er hatte noch zwei Tage im Krankenhaus um sein Leben gerungen und war dann verstorben.
Cathy wusste es so genau weil sie die Familie angerufen hatte und sich als eine Kollegin ausgegeben hatte. Es tat ihr nicht leid dass er tot war. Sie konnte jetzt wieder aufatmen. Aber es war schon ein wenig schade um ihn. Er war kein schlechter Mann gewesen. Er war grosszügig gewesen und hatte wohl sein Wort gehalten. Martin war nie auf sie zugekommen was sie sehr gewundert hatte.
***
Nun aber sitzt sie einem gefesselten Mann gegenüber, Sie löst seinen Knebel und sieht ihn an. Der Mann schimpft nicht mehr aber er schaut Cathy mit schmerzverzerrtem Gesicht an. Sie lächelt nur – kalt wie nur sehr wenige Menschen sie kennengelernt haben. Eine nackte Glühbirne taucht den Kellerraum in ein fahles Licht. Sie überhört sein Stöhnen. Er musste ein paar tüchtige Beulen haben denn sie hatte ihn vom Erdgeschoss des Hauses in den Keller gezerrt, vor allem an den Beinen.
„Ich werde dich das nur einmal fragen. Hast du am 1. November diese Studentin im Park umgebracht, oder nicht?"
Sie zückt ein Messer und zeigt es ihm. Der Mann spuckt nur neben sich auf den Boden.
„Falls ich dir nicht glaube, schneide ich dir gleich die Kehle durch. Und wenn ich dir glaube, dann liefere ich dich der Polizei aus und die soll es untersuchen. Aber du wirst mir die Wahrheit sagen. Ich werde sehen ob du lügst. Du hast nur eine Chance, wirklich nur eine."
Der Blick des Mannes beginnt zu flackern. Cathy konnte sehr überzeugend sein, fast dämonisch leise spricht sie zu ihm, beschwörend aber nicht bittend. Ihre Stimme klingt sehr bedrohlich in diesem Moment.
„Warum wollen Sie das wissen, Madame?" Er spielt auf Zeit – ein gutes Zeichen, denkt Cathy.
„Ich bin Polizistin und ich arbeite seit fast fünf Monaten an dem Fall. Er geht mir sehr nahe. Ich werde ihn heute aufklären. Und falls Sie es waren, kommen Sie hier nur mit einem Geständnis wieder heraus. Sie werden dafür verurteilt werden – oder hier sterben."
Der Mann lässt den Kopf sinken. Es vergehen einige Minuten. Cathy hat Zeit.
„Ja, ich war es. Sie hat um sich geschlagen wie eine Irre. Ich habe sie nicht vergewaltigt. Ich wollte sogar wegrennen als ich merkte dass sie so verrückt reagiert. Aber sie schrie, sie schrie so laut. Ich habe ihr die Hand vor den Mund gehalten, sie hat hineingebissen. Sehen Sie?"
Er zeigt ihr eine verheilte Narbe an der Hand.
„Ich habe wohl zu fest zugeschlagen. Sie fiel um wie ein Sack und blieb regungslos liegen. Sie ist mit dem Kopf auf eine Wurzel geschlagen, der Boden war sehr uneben dort im Gebüsch."
Cathy winkt ab, sie kann nicht mehr weiter zuhören.
„Anuschka hiess das Mädchen – falls du Schwein das nicht wusstest. Und ich habe sie geliebt. Und ich bin auch keine Ermittlerin. Ich bin dein Ende, du mieses Schwein."
Dann zieht sie das Messer über seine Kehle, von vorn, wie ein Schwerthieb. Er schaut sie mit grossen Augen an, wie ein Fisch der plötzlich an Land liegt und japst. Dann spritzt Blut aus seinem Hals; Cathy geht langsam in Deckung – zu langsam, aber das ist nicht schlimm. Sie will sein Blut auf ihrer Haut spüren bevor sie den Dreck wieder abwaschen und so mit der Sache abschliessen würde.
Sie schaut ihm zu wie er verblutet und tritt dann so heftig gegen seinen Körper dass er mit dem Stuhl umfällt an dem er festgebunden ist.
Es war nicht gerade leicht gewesen den Mann zu finden. Ein Privatdetektiv hatte mit einer Handvoll Leuten den Park Tag und Nacht beobachtet. Das hatte eine schöne Stange Geld gekostet. Dann im März endlich hatte es einen Erfolg gegeben. Da Cathys Anweisungen klar waren, musste eine Hilfskraft des Detektivs dabei zuschauen wie eine Frau vergewaltigt wurde und dann den Mann unauffällig verfolgen. Es gelang vor allem weil zu der Zeit drei weitere Hilfskräfte im Park anwesend waren. Die ersten paar hundert Meter rannte der Mann und konnte nur mithilfe der Kommunikation mittels Funkgeräten von einem Kollegen weiterverfolgt werden. Alles weitere war kein grosses Problem mehr gewesen. Die Hilfskräfte nahmen ihre Arbeit ernst denn Cathy hatte neben den Kosten und Spesen bei Erfolg auch eine hohe Belohnung ausgelobt.
Nachdem sie die Adresse und den Namen hatte, hatte sie den Mann dann auf eigene Faust weiterverfolgt, beschattet und dann versucht ihn kennenzulernen. Dann war er ihr ins Netz gegangen. Sie hatte mit ihm geschlafen und ihn dann anschliessend betäubt. Sicher hätte sie ihn auch verrecken lassen können oder eben warten bis ein Unfall ihre Arbeit tat, aber diese Sache war persönlicher Natur. Und sie konnte damit das schlimme Gefühl eines schlechten Gewissens überdecken, den Tod Anuschkas durch ihre eigene Lüge vorweggenommen zu haben. Bei jemandem wie Cathy die an Schicksal und Verdammnis glaubte, musste so ein wahr gewordener Alptraum zwangsläufig zu einem schlechten Gewissen führen. Aber nun hatte sie ihre Schuld getilgt – zumindest sieht sie es so. Trotzdem spürt sie eine tiefe Trauer. Sie verlässt den Kellerraum und schliesst ihn ab. Wenn es nach ihr ging, sollten die Ratten den Kerl auffressen bevor irgendjemand irgendwann nur noch seine Knochen finden würde.
Kapitel 8, Episode 16
von Alina am 10.12.2021 16:35Paris L'amphithéâtre Richelieu,
au cœur de la nouvelle Sorbonne de Nénot
On est en février 1969
Quelle des Bildes
Die 'Société française de philosophie' hatte zu einem ihrer vierteljährlichen Vorträge eingeladen. Gast war heute der Philosoph Michel Foucault, der einen Vortrag darüber halten wollte was genau ein Autor sei. So jedenfalls hiess der Titel und Cathy kam er bekannt vor.
Sie hatte Glück gehabt. Sie hatte ein wenig recherchiert und versucht etwas mehr über Foucault herauszufinden. Er lehrte in Paris und Cathy entdeckte im Universitätsgebäude ein Plakat wo dieser Vortrag angekündigt wurde. Gerade noch rechtzeitig denn der Vortrag fand nur zwei Tage später in der Sorbonne statt.
Der Vortrag war unfassbar langweilig gewesen. Cathy hatte kein einziges Wort verstanden. Nun wusste sie was im Kopf des Professors los war und für sie lag es jenseits aller Vorstellungskraft, wie man so ein Geschwurbel jemals verstehen sollte. Sie hatte das Gefühl, selbst zweihundert Jahre auf dieser Welt würden sie nicht dazu befähigen, auch nur einem Satz des Mannes zu folgen der sich über "ihr gemeinsames Thema" geäussert hatte. Sie erkannte ihre eigene Kritik an Barthes' These nicht wieder, aber sie freute sich dass der Vortrag einen so einfachen Titel trug – einen Titel, bei dem er an sie gedacht haben musste. Anders war es nicht zu erklären.
Sie wusste nicht ob der Mann am Pult sie gesehen hatte. Er schielte ja ganz aussergewöhnlich und Cathy sass wirklich weit hinten. Aber als er seinen Vortrag beendet hatte und die Zuhörer aufbrechen, da drängelt sie sich nach vorn.
Beinahe hätte er sie nicht gesehen, noch im Verlassen des Raumes sieht er sie aus den Augenwinkeln. Sie winkt, auch wenn einige Studenten sie verwundert ansehen. Er bleibt stehen und lächelt. Er winkt sie etwas heran, tritt einige Schritte zur Seite und winkt ab als andere Zuhörer ihn ansprechen wollen. Sie sind nicht allein aber sie stehen immerhin etwas abseits. Er gibt ihr die Hand.
"Nun, das ist ja eine Überraschung. Sie hier... das hätte ich nicht erwartet, Madame."
"Ich auch nicht." Cathy lacht. "Ich habe übrigens kein Wort von dem verstanden was Sie da gesagt haben. Wenn Sie es verstecken wollten zu sagen dass ich Recht hatte, dann ist Ihnen das gelungen."
Nun lachen beide. Foucault scheint es nicht im Geringsten zu stören, was sie da sagte.
"Nun, ich habe Ihre Gedanken weiter verfolgt, Ihre Kritik fortgeführt und bin zu diesem Ergebnis gekommen."
Cathy schmunzelt noch immer. "Schon gut, ich... habe mich einfach gefreut Sie wiederzusehen. Es ist nicht schlimm dass ich nicht viel verstanden habe. Der Besuch hat sich für mich gelohnt."
"Für mich auch, Madame. Bitte, nehmen Sie mein Skript. Vielleicht wollen Sie es nochmal lesen. Es gibt noch kein Buch darüber, ich bin auch nicht sicher ob ich es veröffentlichen werde."
Cathy bekommt einen Loseblattsammlung in die Hand gedrückt.
"Brauchen Sie das nicht noch, Monsieur?", fragt sie verdutzt.
"Nein, ich habe es abtippen lassen, nur für heute Abend. Mein Original bringe ich nie zu Vorträgen mit. Wie leicht verliert man es? Wie einen Notizblock – das wäre schade, oder?"
Beide lächeln und Cathy nickt. Sie denkt kurz an die wunderschöne Überfahrt zurück.
„Ich werde es hüten wie einen Schatz." Sie drückt die Blätter an ihre Brust und eine andere junge Frau die sie beobachtet wird fast gelb vor Neid.
„Ich muss nun weiter, ich bin noch eingeladen. Kommen Sie zurecht?"
„Oh, natürlich Monsieur." Sie gibt ihm die Hand und schenkt ihm ihr schönstes Lächeln, ihre Grübchen bezaubern ihn in diesem Moment, das sieht sie ihm an."
„Feiern Sie schön und... falls Sie es nicht veröffentlichen, tue ich es!" Sie wedelt mit den Blättern und winkt ihm, während sie sich in die andere Richtung aufmacht um den Saal zu verlassen.
Draussen sieht sich Cathy den Stapel Blätter an. Die meisten Menschen waren ihr herzlich egal, aber in diesem Moment fühlt sie, dass sie unwürdig ist dieses Werk zu besitzen. Sie fragt einen jungen und sehr gutaussehenden Mann ob er den Vortrag gut gefunden habe. Er nickt euphorisch und sagt, dass Foucault für ihn eine Koryphäe sei. Für Cathy klingt es als wäre es etwas Gutes und sie schenkt ihm das Skript.
Auf die verblüffte Frage, wie er Cathy danken kann, fragt sie ihn ob er sie gern auf einen Wein einladen möchte. Er hatte Lust – so wie Cathy Lust auf einen jungen Mann hatte. Er sollte nicht sterben, sonst wäre das Geschenk ja sinnlos gewesen. Aber er würde sie befriedigen müssen, mit der sexuellen Ungestümheit die sie von jungen Franzosen kannte und sehr schätzte.
Kapitel 8, Episode 15
von Alina am 09.12.2021 20:35Lyon, Bureau de Interpol
On est en février 1969
„Es ist ganz natürlich, dass sich die Situation verändert. Das ist der Lauf der Dinge. Wir müssen nur einen Weg finden uns auf diese neue Situation einzustellen. Das ist alles."
Donahan klingt fast gelangweilt – jedenfalls regte ihn das Gespräch in keinster Weise auf. Er hatte die Gelassenheit eines Mannes, der in die Jahre gekommen war und der seine Schäfchen ebenfalls im Trockenen hatte.
Natürlich hatte Donahan nicht nur am Fall „Cathy Hasselmann" gearbeitet sondern auch andere Artikel geschrieben. Er war Journalist und Redakteur seiner Abteilung und hatte ein gutes Auskommen. Die Nebeneinnahmen der Stiftung waren auch nicht zu verachten; auch wenn natürlich einen dicken Batzen des Geldes an Evans überwiesen hatte damit er am Ende des Jahres etwas vorweisen konnte. Seine eigenen Ermittlungen waren ebenfalls wichtig, aber recht übersichtlich, sogar dürftig im Gegensatz zu den Ergebnissen von Evans.
Die Stiftung hatte die Änderungen erst für das Jahr 1969 in Kraft treten lassen, sie forderten kein Geld zurück weil die Agentur von Evans nicht das ganze Jahr hindurch über an dem Fall gearbeitet hatte. Das waren wohl keine nennenswerten Beträge für die Leute die hinter dieser Stiftung standen.
Der Tod von Evans und die Aufgabe der Agentur waren aber nicht die einzigen Änderungen. Der Anwalt hatte zum ersten Mal Desinteresse signalisiert die Stiftung noch viele weitere Jahre weiter bestehen zu lassen. Es gab eine neue Generation von Angehörigen die den Vater, Grossvater und vielleicht schon Urgrossvater nicht mehr in dem Maße vermissten dass sie Vergeltung unter allen Umständen wollten. Seit 50 Jahren gab es keinen Erfolg. Donahan hatte es nicht gewundert. Wahrscheinlich war es sogar für eine extrem reiche Familie ärgerlich weiterhin Geld in einem bodenlosen Fass zu versenken.
Tatsächlich war das anfangs eingelegte Vermögen der Stiftung nahezu aufgebraucht. Donahan wunderte es dass es 50 Jahre lang gehalten hatte; es musste in etwa eine Viertelmillion Dollar gewesen sein – eine wahnsinnig hohe Summe in den Zwanziger Jahren. Und obwohl die Erben des restlichen Vermögens „für alle Zeiten", so ein Zitat des Anwalts, verpflichtet waren ihr Vermögen so einzusetzen dass die Stiftung bestehen bleiben würde bis der Mörder gefunden war, so wollten die neuen Erben nichts mehr von dieser Verpflichtung wissen. Es hatte wohl Streit gegeben und der Anwalt, der ja auch vom Fluss des Geldes profitierte, hatte sich wohl durchgesetzt aber es lag kein langfristiger Segen mehr auf dieser Quelle. Der Anwalt hatte Donahan keine grossen Hoffnungen gemacht. Die Familie würde einen Weg finden den Geldhahn zuzudrehen.
Es ging noch immer um 5.000 Dollar. Keine hohe Summe mehr wie im Jahre 1941, aber auch nicht zu verachten da Evans und Doyle ja nun wegfielen.
„Wir müssen nicht über das Geld sprechen, Clint", sagt Hill und räuspert sich. „Ich darf gar kein Geld von aussen annehmen – nicht für eine Arbeit für die ich bereits bezahlt werde und die mit Interessen am Fall verbunden sind... auch wenn das in diesem Falle unlogisch klingt."
„Das dachte ich mir schon. Ich habe einen kleinen zusätzlichen Pensionsfond für Sie eingerichtet. Ich werde tausend Dollar jährlich darauf einzahlen solange das Geld noch sprudelt. Es läuft auf Ihren Namen, wirft Zinsen ab und Sie wissen nichts davon. Was Sie nicht wissen können Sie auch nicht ablehnen."
Beide lachen leise und dann sagt Donahan:
„Zurück zum Fall. Ich habe Ihren Bericht bekommen und... diese Sache mit dem Telefonat, sie kommt natürlich gerade recht aber auch zu einem verdächtigen Zeitpunkt. Die Familie könnte denken wir wollten sie mit einem fingierten Anruf dazu bringen weiterzuzahlen. Aber gut, das ist nicht zu ändern. Geizhälse brauchen keinen Grund um Zahlungen einzustellen."
Er machte eine kleine Pause.
„Aber ich schweife bereits wieder ab. Die Sache ist sehr verstörend. Mister Hasselmann berichtete, die Stimme klang sehr jung, fast mädchenhaft. Das ist nicht ungewöhnlich, besonders am Telefon, aber es ist auch eine Bestätigung unserer These dass wir es noch immer mit einer jungen Frau zu tun haben. Was für eine gottverdammte Scheisse läuft da? Das frage ich mich..."
„...seit über 30 Jahren, ja", vollendet Hill Donahans Satz. „Ich frage mich das auch und ich habe schon einen Plan." Dann lächelt er stumm und auch Donahan sagt nichts.
„Ich würde mich gern wieder bei Ihnen melden, Clint. Sagen wir Mitte des Jahres. Dann weiss ich, ob mein Plan funktioniert hat oder nicht."
„Sehr gern, Rolf." Wenn ein Amerikaner seinen Namen aussprach, hörte sich das oft so an wie ein wölfisches Bellen.