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Kapitel 10 - Episode 5
von Alina am 13.03.2022 10:33Гостиница "Украина", Небоскреб, сталинский небоскреб в Москве, Содружество Независимых Государств
Вторник, 24 декабря 1991 г.
('Hotel Ukraine', eines der sieben Stalin-Hochhäuser in Moskau, Gemeinschaft Unabhängiger Staaten von Russland am Dienstag, den 24. Dezember 1991)
Soundtrack für diese Episode: Scorpions - Wind Of Change
Quelle des Bildes
Die Zeitung liegt aufgeschlagen auf dem Tisch. Die Sowjetunion, die 1922 gegründet worden war, war nun Geschichte und aus Russland wurde die 'GUS', die 'Gemeinschaft Unabhängiger Staaten'. Das war gewöhnungsbedürftig. Schon Anfang Dezember hatte Präsident Jelzin einen dementsprechenden Vertrag unterzeichnet – und nun vor drei Tagen durch die 'Erklärung von Alma-Ata' öffentlich bekanntgegeben.
Heute ist Weihnachten – jedenfalls für Cathy, während die Russen noch bis zum 7. Januar warten mussten, also bis auch die Russisch-Orthodoxe Kirche das Weihnachtsfest feierte. Für Cathy war jedenfalls heute Weihnachten. Aber sie würde es allein feiern müssen, denn ihres Wissens nach arbeitete keine andere Westeuropäerin derzeit im Hotel.
Sie brüht sich einen Kaffee auf und nimmt dann am Tisch der kleinen Teeküche Platz. Dann zündet sie sich eine Zigarette an und starrt aus dem kleinen Fenster, welches kaum noch durchsichtig ist und nun eher Milchglas ähnelt. Sie liebte Moskau, es war vielleicht zurzeit die aufregendste Stadt der Welt. Die USA waren ganz sicher nicht mehr das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, ihrer Meinung nach hatten sie aufgehört das zu sein, als sie selbst auf die Welt kam, um die Jahrhundertwende als der Kontinent endgültig komplett erschlossen und selbst die Besiedlung von nordwestlichen Staaten wie Oregon und Washington abgeschlossen war. Aber Moskau, oder besser die gerade zerfallende Sowjetunion war nun so ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten – und Moskau war das Zentrum.
Cathy arbeitete im 'Hotel Ukraine', welches sich in einem der 'Sieben Schwestern' befand, den grossen Hochhäusern in Moskau die noch aus der stalinistischen Ära stammten. Ein Hochhaus war schöner als das andere und im Stil des Sozialistischen Klassizismus erbaut; beim 'Hotel Ukraine' handelte es sich um das neueste der sieben Gebäude und war in den 1950er Jahren errichtet worden.
Cathy hatte noch nie in einem solch seltsamen Hotel gearbeitet. Der Ruf des Hotels war aussergewöhnlich gut, jedenfalls war das Hotel zu Sowjetzeiten sehr beliebt gewesen. Der Standard war damals so hoch dass gerade Touristen und Gäste aus anderen Ländern hier eingecheckten. Das war auch immer noch so, aber von einem hohen Standard konnte man nicht mehr sprechen. Cathy kam es eher so vor, als würde sie in einem skurrilen Film mitspielen. Es schien so, als wäre die Stimmung der untergehenden Sowjetunion und die Stimmung einer Stadt im revolutionären Wandel hier auf einige tausend Quadratmeter komprimiert. Man hatte täglich mit Mangel zu tun, mit maroder Infrastruktur, mit einem Gemisch aus absoluter Gleichgültigkeit, einer „Dienst-nach-Vorschrift"-Mentalität und einer neu erwachenden Dienstleistungsmentalität, die zwar aus Gier erwuchs aber so naiv und unbeholfen daherkam dass Cathy darüber nur schmunzeln konnte.
Sie war dort aufgewachsen wo die Gier unverhohlener daherkam als irgendwo sonst auf der Welt und von protestantischen Ethik sogar zur Tugend verklärt worden war – in den Vereinigten Staaten von Amerika. Aus diesem Grund hatte sie fast Mitleid mit diesen beinahe tollpatschigen Versuchen, diese neue Gier auszuleben und sich zu bereichern. Auch ein kapitalistisches Russland würde Jahrzehnte brauchen um sich dem restlichen Westen anzupassen und seine Gier so zu verschleiern dass sie gesellschaftsfähig werden konnte. Denn das war vielleicht der grösste Unterschied zwischen dem New York und dem Moskau Anfang der 1990er Jahre. Hier traf kapitalistische Raffgier auf ein absolut ahnungsloses Volk – mit den dementsprechenden Zahlen von Opfern.
Das Hotel glich heute also eher einem Gruselkabinett – ein anderer Vergleich fiel ihr nicht ein. Viele Mitarbeiter erschienen nicht regelmäßig, ganze Trakte des Hotels waren komplett unbewohnt, manchmal gab es keinen Strom, manchmal kein Wasser, oft fehlte es an Waren, die zum Kochen gebraucht wurden wie sie aus der Küche wusste.
Das Hotel war nie ausgebucht, was auch fatal gewesen wäre denn man hätte nie alle Gäste beherbergen können, die das Hotel theoretisch fassen konnte. Ganze Flure von Zimmern standen komplett leer und lagen verlassen und dunkel da; viele Zimmer waren nur noch spartanisch eingerichtet, so als hätten sich Mitarbeiter schamlos bedient weil die Gelegenheit günstig war. Cathy konnte nicht glauben dass das Hotel überhaupt noch lief. Sie hatte den Besitzer noch nie gesehen, auch den Manager nur ein einziges Mal als sie eingestellt wurde. Die Prozedur hatte nicht mal zehn Minuten gedauert. Ihr Geld bekam sie freitags, bar auf die Hand. Sie hatte keine Ahnung für wen sich das Betreiben des Hotels lohnte – oder besser: sie konnte es sich vorstellen aber das hatte nichts mit legalen Geschäften zu tun.
Kapitel 10 - Episode 4
von Alina am 11.03.2022 14:40Hauptquartier von Interpol, Lyon, Frankreich
Sonntag, der 30. September 1990
Soundtrack für diese Episode: David Hasselhoff - Looking For Freedom
Quelle des Bildes
Seit dem Sommer im Jahre 1987 hatte Hill nicht mehr so oft an Cathy Hasselmann gedacht wie zuvor. Er hatte sich grösstenteils von seinem Steckenpferd verabschieden müssen – Cathy Hasselmann zu jagen. Er hatte sich den anderen, noch öderen Arbeiten gewidmet und hatte nur hin und wieder versucht Akten zu komplettieren. Unter anderem hatte er ja Cathys Nachnamen herausgefunden, in Berlin hatte sie unter dem Namen "Cathy Muller" gelebt. Er hatte Glück gehabt dass die Behörden in der Deutschen Demokratischen Republik bereit waren ihm diesen Namen zu geben. Ein Photo besass er immer noch nicht – soviel Liebe und Kooperation gab es dann zwischen den Institutionen doch nicht. Aber er hatte alles getan, er hatte dem Ministerium für Staatssicherheit alle Akten kopiert, sie kannten Cathys richtigen Namen, ihre Herkunft und auch ihre sonderbare Geschichte. Sollten diese grauen Männer ihn doch für verrückt halten und die Russen auch. Hauptsache sie würden dafür sorgen dass Cathy nie wieder an die Luft kriechen würde. Sie mussten nicht alles glauben – aber sie sollten wenigstens Angst vor Cathy Hasselmann haben.
Und nun... nun hatte sich alles verändert. Er hoffte dass es nicht zu spät war. Noch hatten die deutschen Behörden keinen Zugriff auf die Infrastruktur der DDR und somit auf die Haftanstalten. Man konnte oder wollte ihm auch keine Auskunft über Inhaftierte geben. Die westdeutschen Kollegen sprachen von Auflösungserscheinen im Osten Deutschlands. Alles dort ging unter und bereitete sich auf den 3. Oktober vor: der Tag, an dem die Deutsche Einheit vollzogen werden sollte und der Geltungsbereich sich ausweiten würde auf die neuen Bundesländer, wie sie bereits hiessen.
An dem Tag würde er auch vollen Zugriff bekommen – jedenfalls theoretisch. Praktisch sah es sicher so aus dass niemand für ihn zuständig wäre, nicht direkt am 3. Oktober. Erst langsam würde sich die westdeutsche Bürokratie auch im Osten ausbreiten und alles erfassen und neu regeln.
Er selbst hatte diese Zeit nicht. Er würde spätestens morgen nach Berlin reisen und von dort aus nach Bautzen, wo Cathy Hasselmann wohl tatsächlich im berüchtigten 'Stasi-Knast' sass. Was sie wohl von den politischen Umwälzungen hielt? Gut gefiel es ihr sicher nicht in Bautzen, aber es konnte ihr auch kaum recht sein dass sie sich bald ihren wahren Häschern stellen musste.
Interpol und die deutsche Staatsanwaltschaft würden kein grosses Interesse daran haben, aus welchem Grund Cathy in Bautzen einsass. Aber man würde ihr den Prozess machen. Er würde die Vereinigten Staaten darum bitten, eine Auslieferung zu beantragen. Und sollte das gelingen, dann würde einen Weg finden um ihr auch die Strafe zukommen zu lassen die sie verdient hatte. Das konnte nur die Todesstrafe sein. In einigen Staaten richtete man die Verurteilten auf dem Elektrischen Stuhl hin. Das würde ihm ganz gut gefallen, denkt er und knackt mit seinen Fingern.
Er hatte daran gedacht schon früher nach Bautzen reisen, aber erstens hatte seine Arbeit in Lyon das kaum zugelassen. Sein Zeitplan hatte keine grossen Lücken mehr für die Arbeit an Cathys Fall vorgesehen. Und zweitens wollte er die Situation vermeiden nach einer langen Reise vor einem Gebäude zu stehen, welches ihm verschlossen blieb weil es immer noch eine der allerletzten Bastionen des alten Regimes war. Man wusste im Westen ja längst dass dies kein normales Gefängnis war, sondern dass dort auch Systemkritiker gefangengehalten wurden. Er wollte sich die Enttäuschung sparen wie ein Schuljunge weggeschickt zu werden. Er würde dann kommen, wenn Recht und Gesetz ihm alle Türen öffnen würden.
Er würde morgen allein reisen aber er hatte bereits Amtshilfe beantragt. Er hoffte dass Beamte aus Berlin mitkommen würden. Falls dies nicht der Fall sein sollte, würde er allein nach Bautzen reisen und dort auf die Hilfe der Polizei und der Gefängnisleitung hoffen. Das war recht viel verlangt, das sah er ein. Jeder Deutsche würde am dritten Oktober etwas anderes zu tun haben, ganz besonders Beamte die für die Sicherheit ihres Landes zuständig waren. Aber er hatte keine Wahl: er musste jedenfalls absolut sichergehen dass Cathy nicht in den Wirren der Wiedervereinigung irgendwie aus Verstehen entlassen würde. Er hatte eine Zahl gelesen dass bereits im Februar diesen Jahres zwei Drittel aller Gefangenen in der DDR entlassen worden waren. Gleichzeitig sollten alle Schwerverbrecher noch immer im Gefängnis sitzen und daran sollte sich wohl rechtlich auch nichts ändern. Aber das war graue Theorie. Er musste wissen wie es praktisch vor Ort aussah. Er musste Cathy endlich sehen. Er musste wissen, dass sie hinter Gittern sass. Und vor allem musste er sicher gehen, dass das auch so bleiben würde. Vorher würde er nicht mehr ruhig schlafen können.
Kapitel 10 - Episode 3
von Alina am 10.03.2022 15:23Haftanstalt Bautzen II, Nordostring, Bautzen,
Deutsche Demokratische Republik
Montag, der 10. September 1990
Soundtrack für diese Episode:
Michael Bolton - How Am I Supposed To Live Without You
Quelle des Bildes
Beide küssen sich heftig, Cathy hält seinen Kopf mit beiden Händen während er sie an sich drückt. Dann schauen sich beide atemlos an.
„Es muss heute sein. Ich weiss nicht ob du später nochmal 'rauskommst."
Bernd spricht mit einem sächsischen Akzent und Cathy nickt. Sie hatten diese Sache seit einigen Tagen, wenn nicht gar Wochen geplant. Die Lage spitzte sich immer weiter zu. Im Sommer 1989 hatte es erste öffentliche Proteste gegen den Staat gegeben und seitdem hatten sich die Ereignisse überschlagen. Die Ausreise über Ungarn, die Montagsdemonstration in Leipzig mit 120.000 Teilnehmern, der Sturz Honeckers, der Zerfall der SED, der Beitritt zu zahlreichen Bündnissen und dann zuletzt der Einigungsvertrag zwischen der BRD und der DDR. Nun war es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Westen vollständigen rechtlichen Zugriff bekam – auch auf die restlichen Häftlinge der DDR.
Es tat Cathy nicht leid um diesen Staat; immerhin hatte er sie äusserst unfreundlich behandelt und eingesperrt, für ganze drei Jahre. Aber diese drei Jahre waren nichts im Vergleich zu dem, was sie im Westen erwartete. Sie würde entweder lebenslang sitzen und zwar garantiert oder sie würde in die USA ausgeliefert und hingerichtet. In Maryland, ihrem Heimatstaat, gab es die Todesstrafe noch immer. Sie würde jahrelang in einer Todeszelle sitzen und dann höchstwahrscheinlich durch eine Giftspritze sterben.
Am 31. August war der 'Einigungsvertrag' unterzeichnet worden. Am 3. Oktober 1990 würden die Bundesländer der DDR vollständig zum Geltungsbereich der BRD gehören, wie es offiziell hiess. Dann wäre Cathy eine Gefangene der Bundesrepublik Deutschland. Viele Häftlinge waren schon entlassen worden aber dazu gehörten vor allem die politischen Gefangenen. Schwerverbrecher verblieben natürlich in Haft. Trotz dieser Tatsache spürte man dass das Recht teilweise ausgesetzt war; zusätzlich zum Taumel der Wiedervereinigung spürten Häftlinge, Obdachlose und andere Menschen am Rande der Gesellschaft dass sie gerade vergessen wurden. Man würde sich vielleicht später wieder um sie kümmern, aber gerade schauten alle auf die historischen Ereignisse – und auch sich selbst, auf ihre eigene Stellung in dieser neuen Welt. Vielleicht war das Cathys Glück, denn so gern sie sich auch in einem Bereich aufgehalten hatte der dem westlichen Zugriff verschlossen geblieben war – sie befand sich in Haft und dies zu ändern lag auch in ihrem Interesse.
„Ich bringe dich jetzt raus. Du kennst den Plan, du hast alles was du brauchst. Das Versteck kennst du auch. Wir treffen uns in St. Petersburg, Liebes."
Cathy nickt wieder und sieht ihn an. Sie fühlt eine grosse Zuneigung in diesem Moment. Bernd war ein guter Mann. Genau wie sie hatte er in diesem neuen Staat keinen Platz, als Wärter des berüchtigtsten Gefängnisses der DDR. Er wollte in die Sowjetunion fliehen und dort wollten sie sich treffen. Am schwersten war es. ihn zu beruhigen und ihm verständlich zu machen dass sie es auch allein bis nach St. Petersburg schaffen würde. Nie wieder würde sie so naiv sein wie beim Grenzübertritt in die DDR. Das konnte sie ihm so nicht sagen, aber er wusste dass sie ein kluges Mädchen war. Er würde sie auch nie wiedersehen – auch wenn er das noch nicht wusste. Aber er würde sie nun hier herausbringen – und darauf kam es an.
Sie hatte ihn kennengelernt als er eine Wärterin ihres Blockes vertreten hatte. Wenige Tage hatten gereicht um ihm den Kopf zu verdrehen. Auch wenn sie sich danach nicht mehr sehen konnten, aber sie konnten sich Nachrichten zukommen lassen – Liebesschwüre und seinerseits das Versprechen sie hier herausbringen zu können. Unter normalen Umständen wäre Bernd nicht auf diese Idee gekommen, da war sich Cathy fast sicher. Aber dann hatte der Zerfall des Staates endgültig seinen Lauf genommen und nun war für sie die Freiheit zum Greifen nah. In diesen Tagen interessierten sich die meisten Menschen nur noch für sich. Die Wärter hatten keine Ahnung wo ihr nächster Lohn herkommen würde. Gefangene, die als Volksverräter galten und besonders verabscheuungswürdig waren, wurden einfach über Nacht freigelassen. Das ganze Wertesystem kippte, für jeden einzelnen Bewohner der DDR, ob Unterstützer oder Widersacher. Und daher war es nie so einfach gewesen einfach hier herauszumarschieren. Auch Bernd würde nicht wiederkommen. Es würde sowieso der Tag kommen an dem man ihn entlassen würde, höchstwahrscheinlich kurz nach dem 3. Oktober. Dann konnte man auch jetzt verschwinden und Cathy würde er mitnehmen.
Er nimmt sie an der Hand, drückt sie, sieht sie ein letztes Mal liebevoll an und dann legt er ihr Handschellen an.
„Du bist in zehn Minuten draussen, Liebes."
Cathy kann wieder nur leicht nicken, sie schluckt hart. Jetzt wird es ernst. Durch die Flure, durch den Hof – ganz sicher war es nicht dass es klappen würde. Es war nur sehr viel wahrscheinlicher als vor einigen Tagen oder Wochen. Eine Überführung nach Bautzen I – das war die offizielle Version die Bernd einem Kollegen gegenüber erwähnen würde, sollten sie gefragt werden. Aber davon gingen beide nicht aus. Es war alles mehr oder weniger egal. Wer fragt nach Dokumenten und Stempeln wenn die Welt ringsherum untergeht?
Kapitel 10 - Episode 2
von Alina am 09.03.2022 11:49Hauptquartier von Interpol, Lyon, Frankreich
Anfang Sommer 1987
Soundtrack für diese Episode: Rick Astley - Never Gonna Give You Up
Quelle des Bildes
Hill schaut auf die Uhr und gähnt. Gleich waren es 21 Uhr und er streckt sich. Die Überstunden würde er sich aufschreiben und morgen später ins Büro kommen.
Heute hatte er viel zu tun gehabt. Interpol nahm immer weniger Rücksicht auf die Tatsache dass er an einem äusserst zeitaufwendigen Fall sass. Zuletzt hatte er fast acht Stunden am Tag mit anderen Arbeiten verbracht. Dabei musste er nach wie vor eine Menge Statistiken sichten. Mehr und mehr kamen jedoch auch Computer zum Einsatz die die Verwaltung und Auswertung von Daten erleichtern konnten – wenn man ein Händchen dafür hatte. Er selbst hatte diesen elektrischen Kisten noch längst nicht all ihre Geheimnisse entlockt.
Vielleicht würde er bald noch mehr Zeit für diese Maschinen haben. Heute hatte er einen Anruf entgegengenommen, der ihn sehr nachdenklich gemacht hatte. Eigentlich war der Fall gelöst.
Gegen 14 Uhr hatte ihn ein Mitarbeiter der „Stasi" angerufen, wie das Ministerium für Staatssicherheit der Deutschen Demokratischen Republik bei seinen westdeutschen Kollegen und wohl auch von den Bürgern der DDR genannt wurde. Knapp hatte dieser ihn davon in Kenntnis gesetzt dass Cathy Muller in Ost-Berlin angekommen war und sich nun in einer Haftanstalt befand. Hill hatte das erst schweigend zur Kenntnis genommen. Dann aber hatte der Beamte ihn noch gefragt, was denn wirklich der Grund dafür war dass man nach Cathy fahndete. Er hatte an die politische Neutralität von Interpol appelliert – für Hill ein Witz denn die DDR, als auch anderen Länder des Ostblocks machten seiner Behörde immer wieder das Leben schwer und den Dienstweg bei Amtshilfeersuchen lang.
Er hatte dem Mann auch nichts weiter sagen können. Unausgesprochen stand im Raum dass es sich bei Cathy um eine Agentin handeln musste. Eine Amerikanerin oder eben eine Deutsche mit amerikanischen Wurzeln, die aber entweder den Westen betrogen hatte und so zu einem Vermögen gekommen oder aber vom Westen fallengelassen worden war. Aber war sie nun in der DDR um dort zu spionieren und sich vielleicht wieder dem Westen anzudienen? Man traute ihr anscheinend hinter dem Eisernen Vorhang nicht.
Hill entschuldigte sich dass er nicht weiterhelfen konnte und versicherte noch einmal, dass man Cathy eine Menge Morde vorwarf und sonst nichts, jedenfalls von Seiten Interpols. Seinerseits konnte er nun sicher sein dass sie in Haft sass und das ausserhalb seiner Reichweite – eine Situation die er schon hatte kommen sehen.
Trotzdem fühlt er sich nun leer und geht langsam alle Finger seiner Hände durch und lässt sie knacken. Bevor er nach Hause geht würde er sich einen Pernod gönnen, drüben bei François in der Bar.
***
Cathy steht an dem vergitterten Fenster und schaut heraus auf den Hof. Nur einmal hatte sie sich so gefühlt und das war im Jahre 1943 gewesen, als sie in einer Brig der USS Enterprise in Untersuchungshaft gesessen hatte. Sie würde nicht wieder so verzweifeln wie damals. Es war sehr lange her aber es hatte sie gelehrt nicht die Hoffnung aufzugeben.
Nichtsdestotrotz fühlte sie sich unfassbar naiv. Sie hatte wirklich geglaubt, im Osten hätte man auf sie und ihre Diamanten gewartet. Die Diamanten und ihr Geld hatten sie jetzt – ein Mehrfaches der DM 100.000 die sie ihnen zugesichert hatte. Aber auf sie selbst konnte man ganz augenscheinlich verzichten.
Seit sie in diesem Gefängnis sitzt hatte sie mit niemandem gesprochen. Man hatte sie erst in Berlin in eine Zelle gebracht; schwer bewacht hatte sie dort die Nacht verbringen müssen und bereits am nächsten Tag fuhr man sie im Inneren eines kleinen Busses drei, vier Stunden zu einem anderen Gefängnis. Auch während des Transports wurde sie schwer bewacht, ausserdem hatte der Bus keine Fenster. Sie hatte also keine Ahnung wo man sie hingefahren hatte. Sie war aber sicher dass sie noch in der DDR befand. Die Leute sprachen deutsch, aber das war garantiert nicht Westdeutschland. Den Kerl von Interpol hätte sie dann auch schon längst kennengelernt, davon war sie überzeugt.
Das hatte sie also geschafft – sie hatte Interpol abgehängt und zwar für immer. Diese Zelle war bis auf weiteres ihre Heimat. Mittlerweile vertraute sie auch diesen Stimmen ein wenig. Sie würden sie nicht hier herausholen können, aber sie würden sie auch nicht hier drin sitzenlassen, oder? Das war doch reine Verschwendung. Sie würde hier herauskommen. Natürlich hatte sie sich sehr schnell die Frage gestellt was passieren würde wenn sie eingesperrt wäre. Es passierte dasselbe wie unter Deck der USS Enterprise: gar nichts. Die Stimmen verhielten sich still. Sicher war sie schon drei, vier Wochen in diesem Loch, aber die Stimmen waren wohl nicht dumm. Selbst wenn sie es schaffen würde einen Wärter zu verführen, dann wäre sie trotzdem kurz danach erledigt. Die Stimmen schienen das zu wissen.
Arbeiten muss sie nicht, jedenfalls bisher nicht. Das Essen ist aussergewöhnlich fade aber wenigstens ausreichend. Sie fühlt sich wie ein besonderer Gast; sie ist kein gewöhnlicher Häftling. Sie durfte wohl gespannt sein wer irgendwann mit ihr reden wollen würde.
Kapitel 10 - Moskau
von Alina am 08.03.2022 13:38Ministerium für Staatssicherheit – Haus 15, Berlin (Ost),
Deutsche Demokratische Republik
Mittwoch, 20. Mai 1987
Soundtrack für diese Episode: Madonna - Who's That Girl
Quelle des Bildes
Das Büro war nicht sonderlich gross. Die Wände waren weiss gestrichen und das kleine Büro war sehr spartanisch eingerichtet. Schon das Gebäude hatte von aussen seltsam ausgesehen, fast wie ein riesiger Plattenbau mit Wohnungen darin.
Nun wartet Cathy darauf dass sich jemand mit ihr unterhalten will. Der Koffer steht dicht neben ihren Beinen. Vielleicht würde sie die Diamanten gleich hier übergeben. Ihr wäre es sehr recht wenn alle Formalitäten heute erledigt würden. Sie wollte sich auf das Leben konzentrieren und nicht auf einen langwierigen Umgang mit der Polizei oder anderen staatlichen Behörden.
Herr Ruppert hatte sich in diesem Büro von ihr verabschiedet. Er war bis zuletzt sehr nett und zuvorkommend gewesen. Er hatte Cathy ihren Koffer tragen lassen weil sie es so gewollt hatte. Nicht mal geschmunzelt hatte er darüber. Er war ein Gentleman der alten Schule.
Die Tür öffnet sich und ein anderer Mann kommt herein. Wortlos lächelt er Cathy an, gibt ihr die Hand und nimmt dann hinter seinem Schreibtisch Platz. Er trägt eine getönte Hornbrille, einen Anzug und ist wohl um die fünfzig Jahre alt. Er hat bereits graues Haar und sein Gesicht ist von Sorgenfalten gezeichnet. Auch sein Lächeln wirkt gezwungen – wie etwas, was er nicht gewohnt ist. Cathy lässt sich nichts anmerken und setzt sich wieder, nachdem sie ihm die Hand gegeben hat.
Der Mann sieht sie an und sagt:
„Oßwald, mein Name. Guten Tag. Schön, dass Sie hergefunden haben. Dann wollen wir gleich zur Sache kommen."
Cathy sieht ihn leicht verwundert an und nickt dann leicht schulterzuckend.
Der Mann holt eine Akte hervor und legt dann ein Fahndungsplakat auf seinen Schreibtisch, darauf zu sehen ist Cathys Phantombild. Diese hebt die Augenbrauen und schaut sofort zur Tür.
Oßwald sagt: „Vor der Tür stehen zwei Soldaten mit Maschinenpistolen. Bitte machen Sie uns keine Unannehmlichkeiten."
Cathy atmet tief ein und schaut Herrn Oßwald mit eng zusammengekniffenen Augen an. Dann atmet sie wieder aus, sinkt etwas auf ihrem Stuhl zusammen und Oßwald nickt leicht.
„Sie haben die Gelegenheit uns zu sagen was wir wissen sollten. Es wird nur dieses eine Gespräch geben. Daher überlegen Sie sich gut, was Sie uns hier auftischen."
Cathy überlegt fieberhaft und nickt dann. Sie nimmt langsam das Fahndungsplakat an sich. Oßwald konnte es sich vielleicht nicht vorstellen aber sie kannte es nicht. Die Zeichnung hatte sie ganz gut getroffen, Mord in über hundert Fällen. Sie kratzt sich an der Wange und legt es wieder auf den Schreibtisch. Nun weiss sie Bescheid.
Sie musste entweder zugeben dass sie eine Mörderin war – oder sie konnte es leugnen. Dann wären die Vorwürfe vielleicht von den westdeutschen Behörden erfunden und Cathy war etwas... noch viel Interessanteres. Das wollte der Herr hier sicher herausfinden. Sie schluckt und sagt:
„Es gibt keinen einzigen Mord den man mir nachweisen kann. Das wissen Sie sicher schon. Aber ich bin auch keine Betrügerin oder eine Spionin. Ich habe keine Informationen für Sie aus dem Westen. Ich habe nur die Diamanten für Sie. Das war unsere Vereinbarung. Oder, mein Herr?"
Sie sieht Oßwald an und der nickt langsam.
„Das war unsere Vereinbarung." Eine lange Pause folgt.
„Soso, keine Informationen aus dem Westen. Nun, das ist schade. Dann gehen wir vielleicht besser davon aus, dass die Kollegen aus dem Westen vielleicht Recht damit haben uns vor Ihnen zu warnen."
Er lässt die Worte auf Cathy wirken, aber diese verzieht keine Miene. Nun trägt auch sie ihr Pokerface.
„Teilweise aufgewachsen in den Vereinigten Staaten von Amerika. Tochter eines US-Soldaten, der in Westdeutschland stationiert ist. Sicher schlägt Ihr Herz noch für die alte Heimat, oder?"
Nun lächelt er doch noch. Cathy lächelt nicht. Sie wusste, wo das nun hinführen würde. Sie räuspert sich und sieht kurz auf ihren Koffer.
Dann beugt sie sich vor, lächelt den nicht besonders einschüchternd wirkenden Mann mit funkelnden Augen an und flüstert: „Bitte schieben Sie sich meine Diamanten in Ihren faltigen Arsch, mein Herr."
Oßwald muss auch kurz durchatmen. Auch wenn hier sicher schon einige Verhöre stattgefunden hatten, solche Worte war er nicht gewohnt.
Dann nickt er und lässt sich zu der Bemerkung hinreissen:
„Gern, gnädige Frau. Falls Vater Staat keine andere Verwendung dafür findet, dann gern."
Er grinst und nimmt dann einen kleinen Hammer, wie ihn auch Richter im Gerichtssaal haben. Damit schlägt er dreimal auf seinen Schreibtisch.
Die Tür öffnet sich und er hat nicht gelogen. Zwei Männer in Uniform kommen hinein, Maschinenpistolen im Anschlag. Einer sagt nur laut und knapp: „Rauskommen."
Cathy sieht den Mann hinter dem Schreibtisch nochmal hasserfüllt an und folgt dann. Sie probiert es nicht einmal, den Koffer mitzunehmen.
Re: Das Zimmermädchen [FSK18]
von Alina am 06.01.2022 23:44„Oßwald, mein Name. Guten Tag. Schön, dass Sie hergefunden haben. Dann wollen wir gleich zur Sache kommen.“
Cathy sieht ihn leicht verwundert an und nickt dann leicht schulterzuckend. Der Mann holt eine Akte hervor und legt dann ein Fahndungsplakat auf seinen Schreibtisch, mit Cathys Phantombild. Diese hebt die Augenbrauen und schaut sofort zur Tür.
Oßwald sagt: „Vor der Tür stehen zwei Soldaten mit Maschinenpistolen. Bitte machen Sie uns keine Unannehmlichkeiten.“
Cathy atmet tief ein und schaut Herrn Oßwald mit eng zusammengekniffenen Augen an. Dann atmet sie wieder aus, sinkt etwas auf ihrem Stuhl zusammen und Oßwald nickt leicht.
„Sie haben die Gelegenheit uns zu sagen was wir wissen sollten. Es wird nur dieses eine Gespräch geben. Daher überlegen Sie sich gut, was Sie uns hier auftischen.“
Cathy überlegt fieberhaft und nickt dann. Sie nimmt langsam das Fahndungsplakat an sich. Oßwald konnte es sich vielleicht nicht vorstellen aber sie kannte es nicht. Das Photo war ganz gut getroffen, Mord in über hundert Fällen. Sie kratzt sich an der Wange und legt es wieder auf den Schreibtisch. Nun weiss sie Bescheid.
Kapitel 9 - Episode 18
von Alina am 05.01.2022 17:18Mehrfamilienhaus in der Antwerpener Straße, Wedding, Berlin (West), Deutschland
Mittwoch, 20. Mai 1987
Soundtrack für diese Episode: Bon Jovi - Wanted Dead Or Alive
Quelle des Bildes
Sie hatte nichts dem Zufall überlassen. Sie hatte über ein Jahr nach einem Kontakt gesucht der ihre Ausreise organisieren konnte. Sie stellte keine Fragen, sie hatte keine Ahnung wer dieser Mann wirklich war und was seine Beweggründe waren. Er liess sich Hans nennen und im besten Fall war er einfach jemand der seine Kontakte nutzte um Geld zu verdienen. Cathy bezahlte den Mann gut und stellte auch Devisen in Aussicht. Sie war bereit für ihre Aufnahme in Ost-Berlin zu zahlen. Bestenfalls fragte man sie nicht woher sie das Geld hatte.
Sie wusste dass einige RAF-Terroristen in die DDR geflüchtet waren. Es störte sie nicht wenn sie als Bankräuberin gelten würde; auch die Mitglieder der RAF hatten Banken überfallen. Sie hoffte dass man einfach wenig Fragen stellen würde und wenn, dann sollten sie Cathys vermeintliche Taten vielleicht mit einer gewissen Genugtuung zur Kenntnis nehmen. Immerhin hatte sie dem Kapitalismus dort geschadet wo es ihm am meisten weh tat – beim Geld.
Sie würde die Grenzübergangsstelle Bahnhof Friedrichstraße nutzen. Der Halle für die Einreise nach West-Berlin hatte der Volksmund den melodramatischen Namen „Tränenpalast" verliehen. Cathy würde aber die Bahnhofsanlagen des Bahnhofs Friedrichstraße benutzen, dort wurden die Einreisenden nach Ost-Berlin abgefertigt.
Sie hatte die Summe von DM 100.000 in Diamanten als Devisen in Aussicht gestellt. Das Angebot war wohl so verlockend dass ihr Kontakt sehr schnell grünes Licht gab. Sie setzte alles auf eine Karte. Vielleicht würde man ihr alles abnehmen und sie wieder zurück in den Westen bringen, vielleicht sogar ausliefern um sich weitere Devisen zu sichern. Aber sie war bereit für dieses Risiko. Entweder sie würde ein besseres Leben führen oder ihr Weg war zu Ende. Sie hatte sich sogar Zyankali-Kapseln besorgt. Sie hatte keine Ahnung ob sie wirken würden, aber bevor man sie verhaftete wäre der Freitod vermutlich die bessere Option.
Der Milliardenkredit von Strauss 1983 hatte zwar dafür gesorgt dass die Grenzen jetzt nicht mehr so tödlich waren. Selbstschussanlagen waren abgebaut worden, Minen waren geräumt worden. Aber sie wollte nicht illegal einreisen, es war in diesem Falle einfach zu gefährlich. Sie musste all ihr Vermögen mit sich tragen und wenn sie geschnappt würde, gäbe es wohl wenig Vertrauen ihr gegenüber. Sie konnte auch eine West-Spionin sein. Dieses Risiko wollte sie lieber nicht eingehen.
Eine halbe Stunde später trifft sie Hans der ihr ein Schreiben aushändigt. Das Schreiben trägt mehr Unterschriften und Stempel als sie vorher je gesehen hat und schon die Westdeutschen mochten Stempel. Sie bezahlt den letzten Anteil von Hans und dann trennen sie sich. Sie verbucht es schon als Erfolg, dass Hans nicht versucht sie auszurauben. Immerhin muss er auch vermuten dass sie all ihren Besitz bei sich trägt, im Koffer. Und das konnte nicht wenig sein.
Eine weitere halbe Stunde später passiert sie den Grenzübergang. Es reicht vollkommen das Schreiben wortlos zu zeigen. Selbstverständlich nimmt sich jeder Beamte die Zeit das wohl äusserst rare Dokument zu prüfen und sie mit einem fast anerkennenden Blick zu mustern, aber sie darf passieren. Auch weitere Zollbeamte der DDR bestehen nicht auf eine Untersuchung nachdem sie das Schreiben vorzeigt. Aber sie wird von einem Herrn in Anzug in Empfang genommen als sie alle Sperren passiert hat. Der nickt ihr freundlich zu.
„Ruppert mein Name. Gestatten Sie, gnädige Frau?" Er bietet ihr seinen Arm an und obwohl ihr das etwas komisch vorkommt und sie sich auf einen Schlag fünfzig Jahre in die Vergangenheit versetzt fühlt hakt sie sich ein.
„Dann wollen wir mal. Eine kurze Stippvisite im Ministerium und dann zeige ich Ihnen Ihre Wohneinheit."
Cathy nickt obwohl der Mann offen lässt welches Ministerium er meint. Sie geht stark vom Ministerium für Staatssicherheit aus. Das musste kein schlechtes Zeichen sein.
Sie lassen überraschenderweise den Bahnhof links liegen und steigen einige Treppen. Dann betreten sie einen Parkplatz. Der Mann öffnet den Kofferraum einer dunkelblauen und sehr kantigen Limousine und Cathy legt schweren Herzens ihren Koffer dort hinein.
Dann öffnet er ihr die hintere Türe des Volvos und sie steigt ein. Mit einem satten Geräusch schliesst sich die Türe. Der Mann steigt vorn ein, er fährt selbst. Cathy atmet tief durch. Das war geschafft.
Die nächsten Minuten vergehen damit dass sie durch eine graue, neue Welt fahren. Cathy gefällt es. „Nachts waren alle Katzen grau"; dieses Sprichwort fällt ihr nun ein und sie muss schmunzeln. Es war so alt dass sie es sogar aus Baltimore kannte. Ihr Vater hatte das manchmal gesagt. Schorsch, ihr Vater...
Sie blinzelt, sie hat plötzlich dicke Tränen in den Augen. Ihre Familie, Baltimore, die USA... nirgendwo war dies weiter weg als hier, hinter dem Eisernen Vorhang. Niemals würde sie ihre Heimat wiedersehen.
„Time To Say Goodbye" – „Добро пожаловать домой"
ASU
Kapitel 9 - Episode 17
von Alina am 04.01.2022 13:59Mehrfamilienhaus in der Antwerpener Straße, Wedding, Berlin (West), Deutschland
Mittwoch, 20. Mai 1987
Soundtrack für diese Episode: Billy Idol - Eyes Without A Face
Quelle des Bildes
Wieder so ein letzter Tag, wie schon so oft. Wieder so ein letzter Tag, sogar in ihrer eigenen Wohnung wie damals in Paris. Dieses Mal hatte sie im Gegensatz zu früher einen Koffer gepackt. Alles andere würde hierbleiben.
Sie war einmal umgezogen hier in Wedding, von der Genter Straße in die Antwerpener Straße, kurz nach den Ereignissen im Jahre 1984. Die Begegnungen mit der Polizei hatten sich wiederholt, obwohl sie einen grossen Bogen um die Szene der Hausbesetzer machte. Die Polizei in Berlin schien ganz generell die Faxen dicke zu haben. Sie geriet urplötzlich in Kontrollen, gerade in Mitte und Kreuzberg. Sie hatte wieder aufgehört zu arbeiten und hielt sich meist in ihrer neuen Wohnung auf. Sie sie ging sicher dass niemand diese Wohnung kannte.
Angelika war längst nicht mehr in Berlin. Sie war zurück in die Eifel gegangen, mit zwei kraushaarigen Zwillingen. Cathy vermutete dass sie kein leichtes Leben hatte. Dass es Zwillinge waren schien eine besondere Laune der Natur gewesen zu sein – immerhin hatten es beide Libanesen mit ihr getrieben.
Ihre Beziehung zu Cathy hatte durch den Vorfall merklich gelitten. Nachdem feststand dass sie schwanger war konnte man sowieso nicht mehr von einer tiefen Freundschaft sprechen. Angelika nahm an dass ihr Leben verpfuscht war. Sie konnte hier in Berlin bleiben, ihre Kinder allein erziehen und dabei jeden Groschen umdrehen oder sie ging zurück in die Eifel, besser: sie kroch zu Kreuze damit ihre Familie sie wieder aufnahm nachdem sie fortgelaufen war, mit zwei ausländisch-aussehenden Kindern. Das war kein Hauptgewinn.
Cathy hatte schon stillschweigend eine Lösung gefunden. Sie wollte Angelika ihre alte Wohnung überlassen und ihren Unterhalt bestreiten – Geld hatte sie genug. Und sie fühlte sich ja mitschuldig. Angelika aber war von einem Tag auf den anderen verschwunden.
Dann war Cathy selbst umgezogen und hatte ihr komplettes Umfeld in Berlin hinter sich gelassen: die alte Wohnung, die Arbeit, die Freunde, die Wohngemeinschaft, einfach alles. Und danach war Berlin so langweilig wie ein Kuhkaff in Hessen oder in Wyoming. Berlin schien vorbei zu sein. Wie Paris damals vorbei war zu einem gewissen Zeitpunkt.
Aber da gab es noch den Ostteil der Stadt. Cathy wusste nicht was die Faszination dieses Ortes ausmachte. Die Leute versuchten reihenweise von dort zu flüchten. Es gab auch Fluchten nach Ost-Berlin aber natürlich in weitaus geringerem Maße.
Sie wusste dass die Polizei in den Ländern des Warschauer Paktes sicher anders mit Verbrechen umging. Es war schwer darüber Informationen zu erhalten. Ausserdem machte die DDR dauernd Schlagzeilen. Wirtschaftlich ging es drüben bergab. Das konnte natürlich westliche Propaganda sein aber sie erinnerte sich an Gesprächsfetzen in den besetzten Häusern. Auch dort wusste man dass es nicht gut stand um die Deutsche Demokratische Republik – die ganze Situation für die Sowjetunion und deren Satellitenstaaten sah nicht rosig aus. Aber Cathy kam es vor wie ein riesiges neues und unerschlossenes Gebiet. Interpol würde ihre Spur vollständig verlieren. Vielleicht konnte man in einem Kollektiv besser untertauchen.
Logischerweise ergab ihre Hoffnung kein Sinn. Kollektive liessen weniger Privatsphäre zu. Aber sie würde einen Weg finden. Sie hatte auch eine stille Hoffnung dass man ihre heimliche Bewunderung Russland gegenüber belohnen würde. In Ost-Berlin war man ja nicht gefangen wie in West-Berlin. Man konnte in jedes andere ostdeutsche Bundesland ziehen, man konnte sicher auch in andere Länder des Warschauer Paktes ziehen, Polen, Rumänien, Bulgarien, die Tschechoslowakei...
Sie hatte generell die Nase voll vom Westen. Seit über sechzig Jahren lebte sie nun unter ständiger Gefahr in dieser Hemisphäre. Sie hatte in den USA, in Grossbritannien, Frankreich und Deutschland gewohnt. Und sie war immer in Gefahr gewesen. Seit es Interpol gab war sie sogar in noch grösserer Gefahr Es war genug, es reichte ihr. Wenn Ost-Berlin ihre Endstation sein sollte dann war es eben so. Aber Interpol würde sie nicht kriegen, niemals!
Kapitel 9 - Episode 16
von Alina am 03.01.2022 17:37Deponie Wannsee, Zehlendort, Berlin (West), Deutschland, Montag Früh, 23. September 1984
Soundtrack für diese Episode: U2 - Sunday Bloody Sunday
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Cathy schleicht sich aus dem Zimmer. Niemand war zu sehen; entweder waren alle bereits geflüchtet oder sie hatten sich versteckt. Cathy hastet zum Flur, schaut zur Treppe. Rauch kam ihr von unten entgegen, ausserdem liegt ein beissender Geruch in der Luft. Ganz sicher brennt es unten und Cathy spürt wie sich etwas Panik in ihr breitmacht. Sie hört wieder Gebrüll, dann fliegt anscheinend etwas durch ein geschlossenes Fenster. Glas splittert, sicher nur ein Stockwerk unter ihr. Das Gebrüll wird lauter, Stiefel stampfen die Treppe hinauf.
Sie zieht sich zurück. Sie trägt nur Unterwäsche aber sie sieht jetzt die Notwendigkeit sich anzukleiden. Sie huscht zurück ins Zimmer, schliesst vorsorglich die Tür und zischt:
„Zieh' dir deine Jacke an. Schnapp' dir dein Geld und deinen Ausweis. Vielleicht kannst du nie mehr hierhin zurückkommen."
Angelika starrt sie ängstlich und hilflos an. Immerhin hatte sie Cathys Rat befolgt und sich angekleidet.
„Los! Mach' schon! Du hast nicht mehr viel Zeit!"
Cathy zieht sich auch schnell an, ihre eigenen Papiere und ihr Geld waren in ihrer Jackentasche verstaut.
Dann winkt sie Angelika zu sich heran, setzt sich auf die alte Couch, zieht Angelika auf ihren Schoss und drückt sie fest an sich. Sie spürt das Mädchen zittern und drückt ihren Kopf auf ihre Schulter. Sie flüstert:
„Dir passiert nichts, versprochen. Wenn hier jemand 'reinkommt, lass mich sprechen, okay? Ich mach' das schon."
Es vergeht noch einige Zeit. Stimmen ertönen bald auch auf ihrer Etage, der beissende Rauch zieht auch unter ihrer Türritze hindurch. Man hört wütende Stimmen, Schreie, Schläge, Klatschen, hin und wieder einen Knall und auch hier wird ein Fenster eingeworfen, höchstwahrscheinlich wieder von innen. Cathy und Angelika können sich nur ausmalen was draussen vor der geschlossenen Zimmertüre passiert.
Aber dann fliegt die Türe doch auf. Angelika zuckt zusammen und beginnt wieder zu weinen. Cathy drückt ihren Kopf gegen ihren Hals und schaut verächtlich zur Tür. Ein schwer gepanzerter Polizist, ganz in Schwarz, steht in der Tür. „RAUSKOMMEN!", schreit er.
Cathy macht eine beschwichtigende Handbewegung, zeigt ihre leere Handflächen und setzt Angelika vorsichtig ab und flüstert ihr zu:
„Du musst aufstehen, Kleines. Mach' einfach was sie sagen, dann passiert uns nichts, okay?"
Sie steht auf und hebt selbst die Hände und verlässt dann langsam das Zimmer. In der Tat würde sie es nie wieder sehen.
***
Cathy tröstet die weinende Angelika die sich völlig aufgelöst an sie klammert. Sie stehen mitten auf einer Müllkippe, der Gestank ist fürchterlich. Es ist kalt und sie stehen in einem Morast aus Schlamm und verrottendem Müll, gerade geht die Sonne auf. Weit und breit ist kein Haus zu sehen. Cathy hat nicht die geringste Ahnung wo sie sich befinden.
Sie weiss dass sie noch ungeheures Glück gehabt haben. Draussen hatte die Polizei die Bewohner des Hauses gesammelt und bevor sie von wütenden Nachbarn und anderen Mitgliedern der linksextremen Szene angegriffen wurden, die sich um diese Uhrzeit auch erst einmal organisieren mussten, hatten sie sie in die Busse gepfercht und in diese Einöde verfrachtet. Wohlgemerkt, nur dieser Bus war zu dieser Deponie gefahren. Cathy und Angelika stehen mit noch zwei anderen Gestalten auf dieser Mülldeponie und sehen dem Bus nach bis er nicht mehr zu sehen ist. Cathy wollte sich gar nicht ausmalen was hätte passieren können. Sie hätte im Gefängnis enden können oder Angelika hätte in einem anderen Bus landen können und würde hier vielleicht nun allein stehen. Sie streicht ihr tröstend über den Kopf.
„Diese Mistbullen. Die haben nix gegen uns in der Hand... deswegen drangsalieren die uns!"
Ein langhaariger Kerl mit zerrissener Lederjacke spuckt aus und zeigt den ausgestreckten Mittelfinger in die Richtung, in der der Bus verschwunden war.
„Wo sind wir hier?" fragt Cathy knapp. Sie hatte keine Lust sich zu unterhalten. Sie kannte den Kerl auch nicht, er musste ein Besucher gewesen sein oder unten im anderen Stockwerk wohnen.
„Sieht aus wie Wannsee... die haben mich schon mal hierher gekarrt. Da haben sie aber ein besetztes Haus hochgenommen, diese Schweine."
Cathy nickt. Sie lässt Angelika los und nimmt sie an die Hand.
„Dann mal los, Kleines. Vielleicht sind wir gegen Mittag wieder zuhause."
Sie würde Angelika mit nach Wedding nehmen und so gegen ihre eigenen Regeln verstossen. Aber sie konnte das Mädchen nicht wieder zurück in die Oranienstrasse schicken. Und auch ihr selbst musste klar sein dass sie gerade eben einer lebenslangen Haft oder gar der Todesstrafe, zum Beispiel bei einer Auslieferung an die USA, ganz knapp entkommen war.
Kapitel 9 - Episode 15
von Alina am 02.01.2022 17:57Wohngemeinschaft, Hansaviertel, Mitte, Berlin (West), Deutschland
Nacht von Sonntag auf Montag, 23. September 1984
Soundtrack für diese Episode: Duran Duran - Wild Boys
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Aus Cathys altem Zimmer dringt ein vielkehliges Stöhnen, die Tür steht einen Spalt weit offen. In einigen anderen Zimmern und im grossen Gemeinschaftraum der Etage wird noch immer gelacht und getrunken, Punk-Musik dröhnt dumpf aus riesigen alten Lautsprechern.
Sie war ihrem Instinkt gefolgt und hatte Herrn Zimmermann versetzt. Sie hatte sich stattdessen umgezogen und war dann ins Hansaviertel gefahren. Das war zwar wieder Jagen in ihrem alten Revier, aber sie hatte Lust gehabt Angelika zu sehen Diese war nicht da als Cathy ein Gespräch mit zwei Libanesen begann, einem Brüderpaar welches gerade erst in Berlin angekommen war. Beide waren nach einer abenteuerlichen Flucht am Flughafen Schöneberg gelandet und waren von dort aus nach West-Berlin gekommen.
Sie hatte sich mit den beiden unterhalten und später hatte sich Angelika doch noch zu ihnen gesellt. Sie kam gerade von einer Schicht in einer Bar die aber gegen Mitternacht schloss. Angelika fremdelte mit den beiden, aber um Cathy zu gefallen liess sie sich auf das Flirten der beiden Männer ein zu dem Cathy die beiden bereits eindeutig ermuntert hatte.
Dann hatten sie sich in Angelikas Zimmer verzogen welches ja gleichzeitig Cathys altes Zimmer war. Und dort war es dann ohne weitere Umschweife losgegangen. Während der ältere der beiden Brüder bereits von Cathy mit dem Mund befriedigt wurde, liess sich Angelika etwas mehr Zeit. Der jüngere Bruder durfte sie immerhin küssen und sie mit dem Finger erkunden und in Stimmung bringen. Irgendwann war aber das Eis bei Angelika gebrochen, auch wenn es noch den ein oder anderen ermutigenden, wenn nicht gar ermahnenden Blick von Cathy gebraucht hatte. Dieses Landei sollte sich nicht so anstellen, dachte Cathy.
Und jetzt liegt Angelika auf dem Rücken und wird schön langsam und beinahe sanft von ihrem Liebhaber gestossen der ein Bein von ihr auf seiner Schulter abgelegt hatte. Cathy hingegen wird heftig von hinten gefickt; auf allen Vieren war sie über Angelika gebeugt, liess diese an ihren Brüsten nuckeln und starrt auf den Schwanz der immer wieder in Angelikas Pussy verschwindet. Cathys Finger reiben ihre Klitoris dabei. Alle vier stöhnen laut und lassen ihrer Lust endgültig freien Lauf.
Cathy war es wichtig dass Angelika auf ihre Kosten kam. Sie war noch jung und sollte dieses Abenteuer geniessen. So etwas passierte nicht alle Tage und man konnte es später immer noch als Jugendsünde abhaken.
Als das Stöhnen des jungen Mannes immer verzweifelter klingt und er immer fester zustösst, da blickt Cathy auf und keucht auf Englisch:
„Komm bloss... komm bloss nicht in ihr." Sie erntet dafür einen noch verzweifelteren Blick und Cathy greift beherzt zu. Sie holt den nassen Schwanz mit einem geschickten Griff aus dem zuckenden, behaarten Loch und stopft ihn sich in den Mund. Gerade noch rechtzeitig, denn er kommt bereits und spritzt brüllend seinen Samen in Cathys Schlund. Der ältere Bruder hinter ihr kommt fast zeitgleich, er verschiesst seine Ladung allerdings in ihr was für Cathy aber keine Rolle spielte. Angelika hingegen musste sie vor einem grossen Fehler bewahren. Alleinerziehend in West-Berlin, fernab ihrer Heimat wo auch ein Kind mit krausen dunklen Haaren sicherlich eine Menge Misstrauen wecken würde, das musste nicht sein.
Zur gleichen Zeit reibt sie weiter Angelikas nasse Pussy und ihre Klitoris, bläst den jungen Mann weiter, schluckt seinen dickflüssigen Samen herunter, saugt ihn leer bis der nicht mehr kann und sich aufs Bett sinken lässt. Sie hört erst auf als sie Angelika leise schreien hört und ihren schwitzenden Leib zucken sieht. Sie lächelt zufrieden und auch die Stösse in ihren Unterleib hatten mittlerweile aufgehört. Auch ihr Liebhaber braucht anscheinend eine Pause. Sie lässt ihren Kopf auf Angelikas vor Schweiss glänzenden, kleinen, süssen Bauch sinken, während ihr Po noch hoch in Luft ragt. Sie spürt Samenflüssigkeit zäh von ihren Schamlippen herunter auf ihre Waden tropfen.
Die folgenden Stunden vergehen wie im Traum. Mal schläft Cathy, mal flüstert sie leise mit Angelika und streicht ihr die nassen Strähnen aus dem Gesicht, mal spürt sie fremde Hände an ihren Beinen und ihren Brüsten, mal hat sie einen Schwanz im Mund, den sie schläfrig leckt und küsst. Aber es bricht keine wilde Ekstase mehr aus – alles geschieht langsam und unglaublich entspannt. Vielleicht liegt es auch an den Joints die immer wieder kreisen.
Und dann dringen seltsame Geräusche von unten an Cathys Ohr. Die beiden Libanesen reagieren zuerst, plötzlich kommt Leben in ihre müden Glieder und sie springen auf. Cathy bekommt eine Ferse an den Kopf als einer der Männer regelrecht aus dem Bett flüchtet und sie seufzt widerwillig. Was sollte dieser Mist?
Sie drückt Angelika fester an sich, so als wolle sie sie beschützen. Doch dann begreift sie langsam. Unten kämpfen Menschen miteinander. Sie hört Gebrüll welches auch eher lauter als leiser wird, sie hört dumpfe Schläge, Klatschen, dann einen ohrenbetäubenden Knall!
Nun kämpft sie sich auch hoch. Von den beiden Libanesen ist nichts mehr zu sehen. Sie hatte deren Namen bereits wieder vergessen. Sie weckt Angelika auf eine sehr grobe Art und Weise, rüttelt und schüttelt sie. Hier droht echte Gefahr und sie fühlt sich plötzlich für dieses junge Mädchen verantwortlich. Als sie das realisiert, flucht sie. Sie müsste schon längst ihre Kleidung anziehen und dann einen Weg nach draussen suchen. Ratlos sieht sie das arme, zitternde Häuflein Mensch an, was nun vor ihr steht. Angelika hatte wohl auch verstanden dass hier Gefahr drohte und ihr Blick hängt an Cathy. Dann bellt Cathy sie an:
„Anziehen, schnell. Und dann ab hinten in die Ecke, hinsetzen und Mund halten. Ich hole dich dann..." Sie zeigt in eine Ecke des Raumes wo noch etwas Platz seitlich hinter einem Schrank ist. Angelika nickt nur angsterfüllt. Anscheinend zweifelte sie daran dass Cathy tatsächlich wiederkommen würde wenn sie erst einmal aus dem Zimmer verschwunden war.