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The forgotten Sun ; Eine fantasygeschichte mit Drama, Spannung, Erotik und das alles eingebettet in die Irische Mythologie. FSK 18

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Liviii

24, Weiblich

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The forgotten Sun ; Eine fantasygeschichte mit Drama, Spannung, Erotik und das alles eingebettet in die Irische Mythologie. FSK 18

von Liviii am 01.06.2023 13:01

Kapitel Eins

 

Mein Blick gleitet über die orangenen und gelben Blätter der Bäume, die den Oktober in seiner vollen Pracht zur Schau stellen. Das Farbenspiel, welches zum Herbst gehört, wie die Luft zum atmen. Ich liebe diesen Anblick und genieße es, wie der Wind mir durch die wilden roten Locken weht. Liebe es wie der Fahrtwind mein Gesicht zum prickeln bringt, während mein Onkel entspannt die Straße entlang fährt. In Gedanken versunken lege ich meinen Kopf auf meinem Arm ab, welcher auf der Kante des geöffneten Fensters ruht und schließe die Augen. Eigentlich hatte ich beabsichtigt sauer auf ihn zu sein. Ich hatte mir fest vorgenommen ihm eine Szene zu machen, um ihm meinen Missmut deutlich zu zeigen. Es war mein Plan gewesen nicht in das Auto einzusteigen, doch ich habe mich emotional damit abgefunden alle paar Monate umzuziehen. Anfänglich hatte ich nach Gründen dafür gesucht, warum wir nirgends sesshaft wurden, doch Onkel Aaren war schon immer ein ungebundener Freigeist. Langsam öffne ich meine Augen wieder und beobachte den Tanz meiner Haare im Wind, als ich den Blick meines Onkels auf mir spüre. Ich sehe nicht auf, als seine warme Stimme durch den kleinen Raum des Autos dringt „Bist du schon gespannt auf die neue Heimat Prinzessin?", fragt er sanft und bringt mich dazu mein Gesicht ihm zuzuwenden. Durch den Rückspiegel blicke ich in seine warmen Haselnussbraunen Augen und denke kurz über seine Frage nach. „Spielt es denn eine Rolle? Immerhin schleppst du mich nun in ein komplett neues Land. Wer sollte da schon gespannt sein...", sage ich ruhig und lege einen leichten spöttischen Unterton hinein. Schweigend betrachte ich den Rotschopf vor mir, der von hinten meinem Vater, mit den Sommersprossen im Nacken und den wenigen silbernen Strähnen, so ähnlich sieht. Noch während ich ihn betrachte schweifen meine Gedanken ab und ich denke drüber nach, dass ein Teil von mir ebenso die Wärme meines Vaters widerspiegelt. Diese eine Hälfte, die sanft und gütig ist und das Gegenteil zu dem Wesen meiner Mutter bildet. Meine Mutter war eine temperamentvolle, wilde Frau, die sich nie was gefallen lassen hat und genau diese Züge hat sie mir hinterlassen. Ich bemerke nicht, wie sehr mich diese Gedanken in mein Inneres ziehen und komme erst in die Realität zurück, als mein Onkel sich räuspert und ich durch den Spiegel seine berüchtigte Sorgenfalte sehen kann. „Fia ist wirklich alles in Ordnung bei dir?", fragt er mich sanft und ich überlege tatsächlich ihm zu sagen worüber ich mir den Kopf zerbreche, doch ich bin noch nicht bereit über meine Eltern zu sprechen. Ich verbanne die aufsteigenden Gefühle zurück in die Ecke, aus der sie kommen wollen und lege ein leichtes Lächeln auf meine vollen Lippen „es ist alles gut", beteure ich und versuche damit das Gespräch abzuwenden. Auch wenn er nicht so aussieht, als würde er mir glauben belässt Aaren es dabei und sieht wieder auf die Straße. Mein Blick schweift ebenso ab und verfolgt wieder die Landschaft, während die Zeit nur elendig langsam vergeht. Stunde um Stunde zieht an uns vorbei, ohne dass Aaren und ich ein weiteres Wort wechseln. Jeder hängt seinen eigenen Gedanken nach und es vergeht noch eine weitere Ewigkeit, bis das monotone Geräusch des Motors mich schläfrig macht.

Als ich meine Augen wieder öffne und mir mit einer Hand über mein Gesicht fahre, steigt die Sonne langsam über den Horizont und taucht das Land in einen wundervoll goldenes Licht. Mit steifen Knochen rutsche ich im Sitz wieder auf und traue meinen Augen nicht. „Guten Morgen Prinzessin. Willkommen in der neuen Heimat", höre ich Aaren sagen und mit einem leuchten in meinem Blick betrachte ich meine Umgebung. Das weite grüne Land erstreckt sich vor mir und ich kann die Schönheit dieser Landschaft kaum in Worte fassen. Auch wenn durch den Herbst das Grün nicht so saftig ist, wie es in den Frühlings Monaten wäre. Ich sehe zu meinen Onkel und bekomme das Lächeln nicht aus meinem Gesicht „es ist wunderschön", sage ich leise und gleichzeitig wird mir bewusst, dass ich die Fahrt mit der Fähre und die Reise durch Dublin absolut verschlafen haben muss. Auch wenn es ein wenig bedauerlich ist bestaune ich meine Aussicht und folge der einsamen Straße, die nur eine dünne graue Linie zwischen den Weiten des Landes darstellt. Ich kann nicht sagen, wie lange es dauerte, bis wir durch ein kleines Dorf fahren. Der Straße immer weiter folgend, durchqueren wir es und ich kann geradezu die Klippen erkennen. Es ist ein Atem beraubender Anblick, wie das Meer immer wieder gegen herausstehende Felsen schlägt und wie die Schaumkronen auf den Wellen tanzen. Ich bekomme fast nicht mit, wie Aaren den Wagen zum stehen bringt, da diese Aussicht mich so gefangen hält. Mein Blick gleitet von dem Meer zu dem kleinen Landhaus, welches nun vor dem geparkten Auto steht. Es ist fast zu perfekt... ich habe schon immer von dem ruhigen idyllischen Leben auf den Land geträumt und dieses Haus wirkt fast wie aus einen Traum entsprungen. Der helle Stein zeichnet sich von dem dunkeln Fachwerk deutlich ab und umrahmen die großen Fenster wie ein Bild. Jedes einzelne sorgfältig und bedacht platziert. Ich steige aus, da ich es mir nicht nehmen lassen kann das Haus genauer unter die Lupe zu nehmen und augenblicklich strömt mir der klare, frische Wind in die Nase, als ich die Tür des Autos öffne. Kurz schließe ich meine Augen und nehme diese völlig fremde Luft in mich auf. Es ist fast so als würde ich zum ersten Mal in meinem Leben richtig durchatmen. Zusammen mit Aaren hole ich die Koffer aus dem Wagen und gehe auf das Haus zu. Vor dem Eingang ist eine kleine Terrasse, auf die wir zwei Stühle und ein Tischchen stellen könnten. An den Holzsäulen wächst Efeu zu dem kleinen Dach hinauf, welches den Bereich vor Regen schützt. Die Pflanze rankt sich über die gesamte Linke Seite des Hauses und zusammen mit der mittelhohen Buschreihe, die einmal um das Haus herum gewachsen ist, spiegelt es den idyllischen Traum wieder. Aaren schließt die Tür auf und gemeinsam stellen wir die Koffer erst einmal ab. Wenn man herein kommt steht man unmittelbar im Wohnbereich, welcher durch ein offenes Fachwerk vom Essbereich getrennt ist. Sorgfältig erkundige ich mein neues Zuhause und gehe zuerst in die Küche. Sie ist klein und das helle Holz der Fassaden unterstreicht den ländlichen Touch des Hauses. Im Wohnbereich liegt ein dicker, schwerer Teppich vor einem gemütlich aussehenden Sofa und gepaart mit dem großen steinernen Kamin an der rechten Wand bildet es das Herzstück des Gebäudes. Mein Blick fällt auf die Tür neben dem Kamin. Ich drücke sie mit sanften Fingern auf und nehme die Stimme meines Onkels kurz hinter mir wahr „Ich würde dieses Zimmer nehmen, dann hast du die obere Etage für dich alleine Kleines", ich sehe zu ihm auf und nicke lächelnd. Ich schnappe mir meinen Koffer und gehe zu der schmalen Treppe. Beim Weg nach oben betrachte ich die Bilder, die im Aufgang hängen und auf denen man unterschiedliche Landschaften sehen kann. Jedes einzelne von ihnen hat etwas einzigartiges an sich und wenn der Koffer nicht schwer werden würde, könnte ich sie mir ewig ansehen. Die obere Etage ist offen und hat an der linken Seite zwei Türen. Hinter der einen liegt ein Badezimmer mit einer schönen freistehenden Badewanne und süßen Schränkchen. Hinter der zweiten ist ein kleiner Raum mit geräumigen offenen Regalen und augenblicklich mache ich mich daran meine Kleidung in die Regale einzuordnen. Als ich fertig bin, schiebe ich den Koffer in eine Ecke und betrachte den großen Raum. In der Mitte ist eine Säule aus Stein wegen dem Kamin und direkt dahinter befindet sich ein offenes Fachwerk, in dem einer dieser wunderschönen Hängesessel befestigt ist. Hinter dem Geländer der Treppe steht ein riesen großes Bett, doch meine Aufmerksamkeit zieht der Rechte Bereich auf sich. Er wird von einem schwarzen Flügel geziert und an dem Wänden befinden sich Regale mit tausenden von Büchern. Für eine Tagträumerin wie mich ist dies eine zweite kleine Welt und ich kann mir fast nicht vorstellen je wieder nach unten zu gehen. Überall stehen Pflanzen, die ich hin und wieder leicht streife, während ich auf den Flügel zu gehe. Mein Herz wird etwas schwer, als ich meine dünnen Finger über die Tasten gleiten lasse und ich frage mich, ob Aaren es organisiert hat. Ich atme schwer durch und versuche den Anflug von Trauer weg zu schieben... ich habe ewig nicht gespielt und das letzte mal wo ich es getan habe saß mein Vater neben mir. Er hat es mir beigebracht, wofür er wirklich viel Geduld aufbringen musste. Tage lang ist er mit mir die Notenblätter durchgegangen, bis ich sie so flüssig lesen konnte, dass sie sich praktisch von alleine lasen und doppelt so lange hat er damit verbracht mir zu zeigen welche dieser Noten welche Taste ist. So in meinen Gedanken vertieft merke ich nicht, wie mein Onkel die Treppen herauf kommt und erst als er fast neben mir steht sehe ich auf. „Sie fehlen mir auch", sagt er ruhig und bringt mich damit dazu eine Träne laufen zu lassen. Mit einem schnellen Wisch trockne ich meine Wange und sehe ihn an „soll ich mal gucken, was wir in der Küche haben? Mein Magen knurrt als hätte ich Wochen nichts gegessen", sage ich mit einem aufgesetzten Lächeln, auch wenn ich weiß, dass ich Aaren damit nicht täuschen kann. Ich bin froh, dass er mich nicht weiter drauf anspricht und mir meinen Weg der Verarbeitung lässt. Das einzige was er tut ist mir ein zustimmendes Nicken zu schenken und zur Seite zu treten, damit ich an ihm vorbei gehen kann. Schnell laufe ich hinab und sehe mich in der Küche um. Die Schränke sind bis zum Rand gefüllt mit allem, was man so brauchen kann. Wie mein Onkel das macht ist mir ein Rätsel aber bis jetzt war immer alles was man so brauchen konnte schon da, bevor wir angekommen sind. Sorgfältig suche ich mir die Zutaten zusammen für Pfannkuchen zum Mittag und nur einen Augenblick später ertönt das Brutzeln des Teiges in der Pfanne. Ich wende einen Pfannkuchen, als eine Bewegung vor dem Fenster meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ich beobachte meinen Onkel, der vor dem Haus herum schleicht und den Anschein macht, als würde er mit sich selber reden. Schmunzelnd sehe ich wieder hinab, damit der Teig nicht anbrennt und häufe jeden einzelnen Pfannkuchen auf einem Teller auf. Es sind am Ende viel zu viele, die ihren herrlichen warmen Duft in dem gesamten Haus verteilen. Da Aaren mich jedoch immer noch nicht mit seiner Anwesenheit beehrt, beschließe ich kurz raus zu gehen. Der kühle Wind fegt mir durch mein Haar, während ich um das Haus herum gehe und nach meinem Onkel Ausschau halte. Doch er war nirgends zu sehen... Ich runzle die Stirn und rufe nach ihm, als ich auf etwas weiches trete. Mein Blick gleitet hinab und erfasst den schmalen Streifen. Eine dünne Linie aus Pilzen, die mir nicht aufgefallen waren, als wir vorhin hier angekommen sind. Ich folge der Linie und frage mich, ob es ein Zufall ist, dass sie einmal in einem perfekten Kreis um das Haus gewachsen sind. Noch darüber am grübeln rufe ich meinen Onkel erneut und wende dann meinen Blick vom Boden ab. Eine Hand legt sich auf meine Schulter und ich schreie vor schreck auf. Aaren schmunzelt mich an „tut mir leid Kleine", sagt er und ich funkle ihn gespielt wütend an „das Essen ist fertig und wenn du noch länger brauchst ist es kalt!" Meine Stimme ist ein wenig zickig aber ich weiß, dass er es nicht persönlich nimmt. „Geh schon mal rein und fang ohne mich an. Ich komme gleich nach ja", ich nicke etwas und gehe auf seine Anordnung hinein und lasse mir das gute Essen nicht entgehen. Erst als ich meinen Teller geleert habe und satt zurückgelehnt auf dem Stuhl sitze, streckt Aaren seinen Kopf zur Tür herein und zieht deutlich hörbar den Duft des Essens ein. Ich frage mich wirklich, was er so lange noch draußen gemacht hat, doch ihm diese Frage zu stellen würde eh zu keiner Klärung führen. In der Vergangenheit hatte ich öfter Fragen gestellt, deren Antwort mehr als ernüchternd waren und diese Frage wäre genau so eine, wo die Antwort eher noch mehr Fragen aufwühlen würde. Aus dieser Erkenntnis heraus behalte ich meine Gedanken für mich und befülle schweigend seinen Teller und schmiere ordentlich Nutella zwischen die einzelnen Pfannkuchen und decke den Obersten mit Obst und Sirup ein. Der Teller rutscht über den Tisch vor den Rotschopf der mich mit einem dankbaren Lächeln betrachtet. Ich erwidere es und schaue dabei zu, wie er beginnt zu essen und sich immer wieder kleine Portionen in den Mund schiebt. Meine Gedanken gleiten zu dem freien Land vor dem Gebäude und zu diesem Traum von einem Haus. Es kommt mir zum ersten mal so vor, als würden wir wirklich ankommen und hier ein Zuhause für uns gefunden haben. Ein komplett neues Gefühl, wenn ich es mit dem vergleiche, welches ich in London hatte. Wobei wir dort auch mehr in den Museen unterwegs waren, für die Aaren gearbeitet hat. Tag für Tag untersuchten wir dort staubige Antiquitäten, begutachteten Artefakt und Schriften aus alten Zeiten. Es war zwar auch sehr interessant an den meisten Tagen, doch ich bin froh, wenn ich mal wieder unter Menschen komme und nicht von oben bis unten mit Staub bedeckt bin. Den Heimunterricht lasse ich bei meinen Gedanken komplett ausser acht, da ich hier auch keinen mehr haben werde. Letztes Jahr habe ich meinen Abschluss mit Auszeichnungen gemacht und habe zahlreiche Angebote bekommen für verschiedene Universitäten. Jeder andere hätte sich das Beste heraus gesucht und die Chance ergriffen, doch ich habe nur Aaren angesehen und jedes einzelne Angebot dankend abgelehnt. Ich weiß, dass es töricht war, doch auch wenn er es noch nie gesagt hat weiß ich, dass mein Onkel mich genau so sehr braucht wie ich ihn. Alleine deswegen würde ich ihn nie im Leben alleine lassen. Ich kann es einfach nicht und nun sitze ich hier mit der letzten Person, die mir geblieben ist. Aaren isst den letzten Bissen, als ich aus meinen Gedanken heraus trete und ihn mit offenen Augen betrachte „hat es dir geschmeckt?", frage ich mit meiner sanften, lieblichen Stimme und nehme seinen Teller. Gepaart mit meinem gehe ich in die Küche und wasche ab, nachdem mein gegenüber zufrieden nickt. Es freut mich jedesmal wenn ich etwas tun kann, dass ihn glücklich macht. Es gab mir die Gewissheit einen Teil zurück geben zu können für alles was er immer für mich tut, zumindest wenn man die Tatsache betrachtet, dass er nie Kinder haben wollte und mich ohne zu zögern aufnahm, nachdem meine Eltern aus meinem Leben gerissen wurden. Ein kurzer Stich zuckte durch meine Brust während ich meinen Kopf zwinge sich auf etwas anderes zu konzentrieren. Kurz darauf glänzt die ganze Küche und zufrieden lege ich den Lappen aus meiner Hand, mit dem ich zuletzt noch die Arbeitsfläche abgewischt habe.
Den ganzen Tag haben Aaren und ich damit verbracht uns häuslich einzurichten und haben die wenigen Bilder, die wir besitzen an die Wand neben dem Kamin gezimmert. Ich muss jedoch gestehen, dass die Fahrt und die letzten Stunden mich echt angestrengt haben. „Ich werde mich jetzt nach oben verziehen. Schlaf gut", verabschiede ich mich von meinen Onkel und laufe auf leichten Sohlen die Treppe hinauf, auf direktem Weg in den Ankleideraum. Kaputt streife ich meine Anziehsachen von meiner Haut und lasse sie einfach zu Boden fallen, während die Kühle über meinen Körper huscht und meine Härchen sich dadurch leicht aufstellen. Schnell nehme ich den schwarzen, glatten Stoff in die Hand und ziehe mir mein Nachthemd über. Es schmiegt sich perfekt um meine Kurven und ist dabei so leicht, dass es sich anfühlt, als würde ich in eine Wolke eingehüllt werden. Umgezogen gehe ich noch schnell in das Badezimmer und flechte mir vor dem Spiegel meine Haare zu einen lockeren Zopf. Ich betrachte mich selbst und lege meine Aufmerksamkeit auf meine unterschiedlichen Augen. Das eine so warm und Braun, wie die meines Vaters. Das Andere so tief Grün und wild, wie die meiner Mutter. Ein Abbild von Beiden vereint in einer Person... in mir. Ich seufze leise und gehe noch meine Pflegeroutine durch, ehe ich mich auch in das Bett lege. Die Kissen sind weich und betten meinen Kopf wie Watte, während ich die Decke mir fast bis unter die Nase ziehe. Man kann fast die Sekunden zählen, bis meine Atmung ruhig und gleichmäßig wird. Der Schlaf zieht mich in die Tiefen und lässt meinen Körper schwer und warm werden.
Die Sonne scheint direkt durch das Dachfenster in mein Gesicht. Ein Gähnen entflieht meiner Kehle, während ich mir die Augen reibe und nach oben aus dem Fenster sehe. Der blaue Himmel ist so klar, dass man sich einbilden könnte unendlich weit zu sehen. Nach einem kurzen Strecken fällt mir der Geruch von Kaffee auf und sofort bin ich hell wach. Schnell schwinge ich meine langen, schlanken Beine aus dem warmen Bett und werfe mir nur meinen Morgenmantel über, bevor ich nach unten laufe. Der Geruch wird immer intensiver und in der Küche angekommen sehe ich schon meinen Onkel, wie er in meine Lieblingstasse das schwarze Gold füllt. „Guten morgen Onkelchen", säusle ich ausgeruht und glücklich. Sein breites Lächeln zeigt sich, als er sich zu mir umdreht und mir meine Tasse gibt. „Na gut geschlafen?", fragt er mich und ich berichte, dass ich geschlafen habe wie ein Stein. Ein kleiner Anflug von Erleichterung macht sich in Aarens Gesicht breit und ich weiß, dass er sich wahrscheinlich Sorgen gemacht hat. In den letzten Jahren habe ich mit dem Schlafen nämlich so meine Probleme gehabt. Gelöst von seinen Sorgen betrachtet er mich, während ich an dem Kaffee nippe. Die schwarze Flüssigkeit ist noch heiß und ich muss echt aufpassen mir nicht die Zunge zu verbrühen. „Ich hatte mir gedacht, da heute das Wetter so schön ist, dass wir uns hier mal umsehen könnten. Ich bin mir ziemlich sicher gestern dein Interesse an den Klippen festgestellt zu haben und falls du magst packen wir ein wenig zusammen, um dort ein Picknick zu machen." Ich kann meine Begeisterung über seinen Vorschlag kaum in Grenzen halten. Zufrieden grinst er mich an, als ich die Tasse abstelle und wieder nach oben verschwinde, um mich fertig zu machen. Schnell ziehe ich mir eine enge High Weist über und einen einfachen grauen Hoodie, binde meine Haare hoch und bin so eilig wieder unten, dass Aaren sich darüber kleine stichelnde Bemerkung nicht verkneifen kann, wie eilig ich es anscheinend habe. „Na klar habe ich es eilig immerhin kann ich nicht sagen, wie lange ich hier noch verweilen darf, daher muss ich doch jeden Augenblick auskosten", meine ich und wollte es eigentlich als Scherz verpacken, doch Aarens Mundwinkel sinken herunter und ein Ausdruck von Traurigkeit legt sich hinein „Tut mir leid es war nicht so gemeint." Eine Welle des schlechten Gewissens überrollt mich, da ich ihn nicht verletzen wollte. Er kommt einfach zu mir und nimmt mich in den Arm „ab jetzt wird es anders Kleine. Ich denke, hier haben wir unseren sicheren Hafen gefunden." Einzelne Tränen fallen mir auf meinen Haaransatz und das ziehende Gefühl in meiner Brust wird noch stärker. Meine Arme halte ich noch ein wenig um meinen Onkel geschlungen, während ich ihm versichere, dass alles so wie es ist gut ist und er sich keine Vorwürfe machen soll. Manchmal frage ich mich wie viele Emotionen dieser Mann in sich tragen muss, wenn ein einzelner Satz ihn so treffen kann und gleichzeitig bewundere ich ihn dafür, dass er es zeigen kann. Ich weine niemals vor anderen. In diesem Punkt bin ich verschlossener und härter als das sicherste Schloss dieser Welt, doch wenn ich alleine bin reißen mich meine Gefühle manchmal in ein Loch, aus dem ich kaum raus kommen kann. Alleine das ist schon ein Grund für mich sie nicht zuzulassen. Es dauerte jedoch nicht lange, da haben wir beide unsere Masken wieder gefestigt und sind zu der unbeschwerten Stimmung zu davor über gegangen. Gemeinsam packen wir den Korb für das Picknick und überprüfen noch einmal genau, ob wir auch wirklich alles haben. Mit dem Korb im Arm gehe ich aus der Tür und laufe schon ein wenig voraus, da ich es kaum abwarten kann. Die warme Sonne scheint mir ins Gesicht und augenblicklich kann ich spüren, wie die Endorphine sich in meinem Körper ausbreiten. Es entspannt mich zunehmend, wie der Wind durch das hohe Gras streicht. Langsam setze ich mich in Bewegung und achte nicht darauf, ob Aaren mir hinterher kommt. Ich kann es einfach nicht abwarten zu den Felsen zu kommen und betrachte bei jedem Schritt den blauen Himmel. Die Möwen kreisen über dem Meer und ihr schreien kann man über die gesamte Ebene deutlich hören. Mein Onkel schließt zu mir auf und zusammen gehen wir schweigend einen kleinen Trampelpfad entlang. Gute zehn Minuten dauert es, bis wir in die Nähe des Abgrundes kommen und über den Rand in die Tiefe sehen können. Der Anblick ist wie am Tag zuvor einfach nur überwältigend. Nur ein Schritt und man würde von der unbändigen Kraft des Meeres mitgerissen werden, nachdem die Schwerkraft den Körper hinab gezogen hätte. Dieses Gefühl ist sowohl beängstigend als auch berauschend. Während ich mich diesem Gefühl hingebe, breitet Aaren die Decke aus. „Fia komm bitte einen Schritt zurück, bevor ein Unglück passiert", sagt er sanft aber mit einem leicht sorgenvollen Unterton, der seine väterliche Seite zum vorschein bringt. Ich muss lächeln und entferne mich von der Klippe und setze mich zu ihm auf die Decke. Unbeschwert lasse ich mich nach hinten fallen und schaue in den Himmel auf. „Weißt du noch, wie wir früher immer in den Wolken nach Figuren gesucht haben?", frage ich leise und erinnere mich an die Zeit, wo meine Welt noch heile gewesen ist. Wir reden lange über die alten Zeiten und lachen immer mal wieder über unseren gemeinsamen Erlebnisse. Es ist so unbeschwert, wie schon lange nicht mehr und ich genieße es sichtlich mit meinem Onkel diesen Tag zu verbringen. Erst als die Dämmerung herein bricht richtet sich mein Onkel auf und beginnt die Sachen zusammen zu räumen. Kurz darauf, ist er auch schon bereit zurück zu gehen, doch ich sehe nur zu ihm auf und sage, dass ich noch ein wenig bleiben werde. Sein Gesichtsausdruck ist nicht begeistert, allerdings versucht er auch nicht es mir auszureden. „Pass aber bitte auf dich auf und halte dich vom Abgrund fern", ist das Einzige, was er noch sagt, bevor er sich auf den Weg zum Häuschen macht. Als er weg ist lasse ich mich wieder auf den Rücken sinken und starre in den dunkler werdenden Himmel. Der Wind rauscht stärker durch das hohe Gras als heute Morgen, als ich hier her gelaufen bin und die Temperatur ist deutlich gefallen und dennoch fühle ich mich so wohl, dass ich noch Ewig hier verweilen könnte. Das Meer trägt seine starken Wellen über den Horizont und ich kann hören, wie die Flut an den Felsen berstet und die Gischt aufspritzen lässt. Die Vorstellung dieser Macht regt etwas in mir. Nur ein leiser Hauch, der in mir das Bedürfnis weckt mich vom Wasser treiben und mich vom Strom mitziehen zu lassen. Ich gebe mich diesem Gefühl hin, bis es dann so kalt wird, dass ich es draußen kaum noch aushalte und mit der Decke über den Schultern zurück zum Haus gehe. Selbst als ich die Schwelle ins Innere übertrete lässt mich dieses pulsierende Gefühl nicht los und unmittelbar frage ich mich selbst, was dieser Ort mit mir macht. Oder liegt es damit zusammen, dass hier meine Wurzeln liegen? Meine Eltern sind beide hier geboren und vielleicht ist das nur ein Anflug von einem Verbundenheitsgefühl. Ohne ein Wort zu sagen verschwinde ich nach oben und ziehe mich um. Den kalten Stoff schiebe ich schnell von meiner Hüfte und über meinen Kopf, ehe ich schnell mir meinen Morgenmantel überwerfe. Die schwarze Spitze meiner Unterwäsche blitzt beim laufen durch den Raum immer mal wieder heraus. Eigentlich wollte ich direkt ins Bett, doch der Flügel tritt mir in mein Blickfeld. Ein leises Seufzen entrinnt meiner Kehle, doch es bringt mich nicht davon ab mich auf den Hocker vor dem Instrument zu setzen. Mit meinen zarten Fingern drücke ich den Deckel hinauf und lasse meine Fingerkuppen nur ganz sanft über die Tasten gleiten. So sanft, als hätte ich Angst dem Instrument weh tun zu können. Mir ist bewusst, dass ich es nicht kann, doch dieser Moment hat was intimes für mich... keine sexuelle Intimität, aber so persönlich, dass ich diesen Augenblick mit niemanden teilen wollen würde. Nur zögerlich schlage ich die erste Taste an und lasse die Note im Raum klingen. Schüchtern folgt der zweite Ton und wie von selbst beginnen meine Finger über die Tasten zu gleiten. Die Melodie verteilt sich im Raum und hüllt mich ein. Sie lässt mich alles andere vergessen, während ich voller Gefühl Note für Note spiele. Ich gebe mich dem Stück komplett hin und lausche diesem alten Lied, welches meine Mutter früher immer gesummt hat. Die Klänge sind voller Kraft, so stark als würde sie aus dem Meer entsprungen sein und gleichzeitig ist diese Melodie so sanft, dass sie einen umspielt. Sie ist wie eine warme Decke, die sich um einen legt, während die Noten förmlich von alleine spielen. Ich bekomme kaum mit, dass ich diejenige bin, die an dem Flügel die Noten erklingen lässt. Völlig weggetreten bemerke ich nicht, wie sich das Stück dem Ende nähert und erst als der letzte Ton verklingt öffne ich meine Augen wieder. Es ist so lange her, seit dem ich das letzte Mal gespielt habe und es fühlt sich noch genau so an wie damals. Ein paar Tränen fallen mir auf mein offenes Dekolleté und erst da merke ich, das ich während des Stückes begonnen habe zu weinen. Eigentlich würde ich diesen Anflug der Emotionen wieder herunter schlucken, doch ich lasse sie zu. Immer mehr Tränen laufen mir über mein Gesicht und verschmieren das bisschen Schminke, welche ich noch trage. Drei Jahre sind sie schon nicht mehr bei mir und ich frage mich, wann der Schmerz erträglich wird. Jedes mal wenn ich daran denke, sehe ich meine Zukunft und Bilder vor meinen Augen von Situationen, die ich mit ihnen nicht mehr teilen kann. Mein Schluchzen dringt leise durch den stillen Raum und ich weiß nicht wie lange ich noch geweint habe, nachdem ich in die Kissen gefallen bin. Die Trauer raus zu lassen überwältigt mich, doch irgendwann haben die Tränen aufgehört und das angenehme Gefühl von Leere macht sich in mir breit. Eine Leere, die von der Last befreit und einen nicht noch weiter in ein Loch zieht. Tief in der Nacht schlafe ich ein und genieße die warme Schwärze, die mich in weiche Wolken hebt.

„Fia wach werden", haucht eine sanfte, dunkle Stimme. Ich kann zuerst nicht zuordnen, woher ihr Auslöser kommt, doch als ich die Augen aufschlage kniet Onkel Aaren neben mir am Bett. „Du kannst gleich weiter schlafen Schätzchen, ich wollte dir nur Bescheid sagen, dass ich heute unterwegs sein werde. Ich denke ich bin gegen Abend wieder zu Hause." Ich nehme die Informationen nur verschwommen wahr und nicke einfach. Mein Kopf fällt zurück und kaum sind Aarens Schritte verklungen, bin ich wieder am einschlafen. Gegen Mittag schlage ich die Augen auf und fahre mir mit den Fingern durch mein Haar. Im Haus ist es ruhig und erst nach einem kleinen Augenblick fällt mir ein, dass ich alleine bin. Langsam raffe ich mich auf und gehe ins Bad, wo ich mir Wasser in die Wanne laufen lasse. Ich liebe meinen Onkel dafür, dass er ein Haus ausgesucht hat, in dem es eine Badewanne gibt. Während der Dampf des heißen Wassers sich in dem kleinen Badezimmer verteilt gehe ich hinab in die Küche und mache mir einen Kaffee. Das leise Surren der Maschine ist wie Musik in meinen Ohren und zusammen mit der gefüllten Tasse gehe ich zurück, wo ich gerade noch rechtzeitig das Wasser ausstelle. Die warme, schwüle Luft im Badezimmer ist angenehm auf der Haut, als ich den Morgenmantel ausziehe. Vorsichtig steige ich in das heiße Wasser, was meine kühle Haut zum prickeln bringt und mich leise aufkeuchen lässt. Augenblicklich entspannen sich meine Muskeln und während mein Körper tiefer in die Wanne sinkt, lehne ich meinen Kopf gegen den Badewannenrand. Je länger ich in der wohligen Wärme liege, wird mein Kopf immer leichter und kann spüren, wie meine Seele ihre Risse heilt. Fast den ganzen Mittag verbringe ich so und es ist mir egal, dass meine Haut so runzelig ist, als wäre ich um vierzig Jahre gealtert. Vorsichtig steige ich aus der Wanne und wickle mir ein großes Handtuch um meinen zierlichen Körper. Mit sanften Bewegungen trockne ich meine Haut und überlege, was ich mit dem Rest des Tages anfangen soll. Es dauert nicht lange, da habe ich mir den Plan zurecht gelegt heute in das Dorf zu gehen, welches mein Onkel und ich bei der Ankunft durchquert haben. Schnell ziehe ich mir einen schönen warmen Pullover über und runde das Outfit zusammen mit einem schönen Rock ab. Eigentlich bin ich ein ziemlich praktisch veranlagter Mensch und mache mir nicht so viel aus Anziehsachen und abgestimmte Zusammenstellungen, jedoch finde ich, dass man beim ersten Auftreten einen bleibenden Eindruck hinterlassen kann. Schnell streife ich mir die farblich passenden Overknees an und betrachte mich kurz im Spiegel, um sicher zu gehen, dass ich mir selber in der Wahl meiner Kleidung gefalle. Das Geräusch der Absätze ertönt auf dem Holzboden, während ich mir meinen Rucksack schnappe und das Haus verlasse. Motiviert gehe ich die lange endlose Straße entlang und muss bei der Hälfte mir selber eingestehen, dass ich den Weg absolut unterschätzt habe. Mit dem Auto waren die Strecke aber nicht so lang, zumindest habe ich sie nicht als so lang empfunden. Schließlich erreiche ich das Dorf und verfluche die Tatsache, dass ich Schuhe mit Absätzen angezogen habe. Langsam gehe ich durch die Straßen und verschaffe mir einen Überblick. Dafür, dass dieses Dorf echt klein ist muss ich gestehen, dass es ziemlich gut ausgestattet ist. Am Rand zur Küste befindet sich ein kleiner befestigter Hafen und bietet eine große Fläche, die wahrscheinlich an bestimmten Tagen als Marktplatz genutzt wird. Zudem finde ich ein Angelgeschäft, in dem sich Aaren wahrscheinlich super Wohl fühlen würde. Seit seiner Kindheit ist Aaren ein begeisterter Angler und wenn es eine Sache gibt, die ihn immer beruhigt dann ist es mit einer Angel am Wasser zu stehen. Mein Weg führt weiter durch die Straßen und dabei an einem gemütlich aussehenden Café vorbei und im Anschluss an einer Bibliothek, was mein Herz deutlich zum höher schlagen bringt. Doch ich bin realistisch und habe zu Hause erstmal genug Bücher, die ich lesen kann. Ein Lebensmittelgeschäft zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Nicht nur die Tatsache, dass ich überlege, was ich mir am Abend zu Essen machen möchte, sondern auch die optische Aufmachung des Geschäftes. Die Holzfassade und die Veranda erinnert an einen alten Western und gleichzeitig passt es mit seiner abgeblätterten Türkiesen Farbe so perfekt in das Gesamtbild des Dorfes, dass man gar nichts anderes erwarten kann.

Langsam schlendere ich mit einem Korb in der Hand durch die wenigen Gänge und überlege, was ich mitnehme. Die Frage, was ich kochen möchte beschäftigt mich zusätzlich, während ich das kleine Geschäft unter die Lupe nehme. Es wirkt wie aus einer anderen Zeit. Das Obst und Gemüse gelagert noch in Holzkisten und die Regale ebenfalls bestehend aus Holz. Es löst ein Gefühl von Wärme aus und dabei bemerke ich nicht einmal, wie sich der Korb gefühlt von alleine füllt. Meinen Weg fortsetzend, überlege ich, was ich mit dem Rest des Tages noch anstelle. Ich bin so in Gedanken, dass ich die Frau hinter dem Tresen nicht einmal bemerke, erst als sie sich räuspert sehe ich auf und das warme Lächeln der alten Dame geht einem direkt unter die Haut. Unweigerlich erwidere ich ihr Lächeln und lege meinen Einkauf auf die Fläche vor mir. „Ein neues Gesicht! Wie schön haben sie alles gefunden, was sie gesucht haben?", fragt sie mit einer sanften großmütterlichen Stimme. „Ja ich habe alles was ich brauche. Danke der Nachfrage",ich betrachte die rundliche Frau, während sie meinen Einkauf berechnet und mich in ein kurzes Gespräch verwickelt. Ich erzähle ihr, dass ich mit meinem Onkel hier her in das abgelegene Haus entlang der Straße gezogen bin. Aufmerksam nimmt sie jede Information auf, die ich ihr gebe und man hat wirklich das Gefühl ihr das ganze Leben offen legen zu können ohne dabei Bedenken haben zu müssen. Ich bezahle meinen Einkauf und nach einer kurzen Verabschiedung verlasse ich den Laden. Kurz denke ich drüber nach, wo genau ich hingehe oder ob ich nicht doch lieber den Weg nach Hause einschlage, als ein komisches Unwohlsein sich in mir ausbreitet. Ich sehe auf und Blicke mich um, um nach dem Auslöser zu suchen. Mehrfach schaue ich in jede Richtung, bis ich mir irgendwann selber blöd vorkomme und dann beschließe, dass mein Bett auf mich wartet und ein heißer Kaffee auch verlockend klingt. Mit der Tasche in der Hand gehe ich durch die Straße an den Läden vorbei und hänge ein wenig meinen Gedanken nach, als dieses Gefühl wieder in mir hochkommt. Keine Menschenseele befindet sich mehr auf der Straße, was zu dieser Tageszeit mehr als ungewöhnlich ist. Unweigerlich beschleunige ich meine Schritte und lenke mich ab mit dem Gedanken gleich auf dem Bett zu sitzen mit einem guten Buch und dem heißen Kaffee in der Hand. So in Gedanken vertieft biege ich um eine Ecke, als plötzlich eine schwarze Wand vor mir steht. Ich weiß gar nicht wie mir geschieht, als zwei große starke Hände sich um mich schließen, um mich vor meinem Sturz zu bewahren. Mein Blick trifft auf schwarze Augen, die mich zu durchbohren scheinen und ohne weiter drüber nachzudenken weiß ich, dass er der Auslöser für dieses seltsame Gefühl in mir ist. Ich kann nicht beschreiben, warum ich es weiß... doch diese Erkenntnis trifft mich wie ein Donnerschlag. Langsam lässt er mich los, doch sein Blick fixiert mich. „Tut mir leid", hauche ich schnell und die Röte tritt mir auf die Wange, als ich mich von ihm distanziere. Vor ihm wirke ich wie ein Zwerg, obwohl ich selbst nicht klein bin und die bedrohliche Ausstrahlung von ihm lässt einen Schauer über meinen Rücken laufen. Schnell gehe ich an ihm vorbei und merke erst da, dass mein Herz so schnell schlägt, als wäre ich einen Marathon gelaufen. In dem Moment verfluche ich es noch mehr Schuhe mit Absätzen zu tragen, andernfalls würde ich jetzt bestimmt das Rennen beginnen. Unsicher blicke ich noch einmal zurück, doch er ist verschwunden und unsicher darüber, ob es mich freuen oder beängstigen sollte setze ich meinen Heimweg fort.

Zuhause angekommen beruhige ich mich augenblicklich und merke, wie die Anspannung von meinen Schultern fällt. Auf der Veranda stelle ich die Tasche erst einmal ab und suche nach meinem Schlüssel in meinem Rucksack. Das verkraute Klimpern ertönt beim herumwühlen und kurze Zeit später habe ich mich in mein Bett eingekuschelt. Mit dem Buch in der Hand versuche ich mich abzulenken, doch ich ertappe mich selbst immer wieder dabei, dass meine Gedanken zu diesen schwarzen Augen gleiten und wie sein Blick mich gemustert hat. Er schien fast schon überrascht zu sein, dass ich in ihn rein laufen konnte. Natürlich rechnet keiner damit, dass man mit jemanden zusammenkracht, doch das wirkte anders... meine Gedanken schweifen immer weiter durch diese Situation und bleiben bei seinem Griff um meine Taille hängen. Es ist fast surreal, wie er meine Taille komplett umschließen konnte, was wohl daran liegt dass er weit über die zwei Meter groß sein muss. Erst als ich von unten Geräusche höre, werde ich aus meinen Überlegungen herausgerissen und schnell laufe ich nach unten, um meinen Onkel in Empfang zu nehmen. Gerade in dem Moment wo ich unten ankomme zieht er seine Schlammbedeckten Schuhe aus und bei genauerer Betrachtung sieht er ganz schön mittgenommen aus. „Wo warst du denn bitte unterwegs?", frage ich ihn und lege meine Stirn in Falten. Aaren wiederum sieht mich gar nicht an und läuft einfach in die Küche. Augenblicklich beginne ich mir sorgen zu machen, da dieses Verhalten absolut untypisch für ihn ist „Aaren?", harke ich nach. Immer noch keine Antwort, doch er sieht mich auf eine Weise an, die ich noch nie bei ihm erlebt habe... irgendwie hart und kühl. Es bricht mir fast das Herz ihn so zu sehen „Fia manchmal ist es besser unwissend zu bleiben also stell keine weiteren Fragen", seine Worte sind hart und wären sie ein Messer so scharf, dass es ins Fleisch schneiden würde wie Butter. Ich zucke kaum merklich zusammen und verstumme. Gestresst fährt er sich durch die Haare und wendet sich ab. Ein stechender Schmerz breitet sich in mir aus, weswegen ich weiter zurück weiche, bis ich schließlich wieder nach oben laufe und mich einrolle in meiner Decke. Ich versuche mich zusammen zu reißen und beschließe diesen Tag einfach aus meiner Erinnerung zu verbannen... es dauert Stunden bis ich einschlafe und von Aaren bekomme ich nichts mehr mit. Die Frage, was er gemacht hat beschäftigt mich zunehmend, doch der dichte Nebel des Schlafes hindert mich daran mir weiter darüber den Kopf zu zerbrechen. Ich kann nicht mal sagen, wie lange mich der unruhige Schlaf gefangen hält, doch als ich wach werde ist es immer noch dunkel draußen. Absolut müde rapple ich mich auf und finde irgendwie nach unten, trotz meines benebelten Zustandes, um mir einen Kaffee zu machen. Leise schleiche ich durch das Haus und betrachte kurz die geschlossene Tür von Onkel Aarens Zimmer. Alleine beim Gedanken an ihn versetzt es mir wieder einen Stich, bei der Art und Weise wie er gestern mit mir gesprochen hat. Jedoch bin ich sicher, dass es dafür einen logischen Grund geben muss, sonst würde er sich nicht so verändern. Ich versuche mir selber einzureden, dass es nur daran liegt, dass er einen schlechten Tag gehabt hat. Mehr bleibt mir dabei auch nicht übrig. Erschöpft hebe ich meinen Arm und stelle die Kaffeemaschine an, während dieses liebliche Geräusch mich langsam aus der Traumwelt holt. Jede Person, die eine genauso große Koffeinsucht hat wie ich kann dieses Gefühl höchstwahrscheinlich nachempfinden. Während des Wartens reibe ich mir über mein Gesicht und ignoriere es, dass meine Haare wie die Mähne eines Löwen aussehen, als ein Zucken im Augenwinkel mich aufschrecken lässt. Eine flüchtige Bewegung, die ich auf die Schnelle kaum registrieren kann. Mein Suchtmittel rutscht mit einen mal ganz weit in den Hintergrund, während sich ein leises dröhnen bemerkbar macht. Mir wird schlecht, da dieser tiefe Ton mir durch den ganzen Körper fährt. Es ist wie ein Summen, welches an mir zieht und mich lockt. Dieses Gefühl ist absurd, zumal ich nicht mal beschreiben kann, ob es aus meinem Innern oder von außen kommt. Suchend schaue ich aus dem Fenster, um etwas zu erkennen, doch die Nacht ist so schwarz, dass nicht mal das Licht aus der Küche weiter reicht als ein paar Zentimeter nach draußen. Das Dröhnen in meinem Kopf wird immer lauter und es dauert nicht lange, bis sich alles in mir dreht und meine Sinne sich verzerren. Sehen, hören, fühlen... fast wie betäubt strauchle ich aus der Küche und gehe auf die Tür zu. Der Gedanke an frische Luft verzerrt mich ohne das mir bewusst ist, was in diesem Moment mit mir passiert. Mit zitternden Fingern umschließe ich die Türklinke der Haustür und trete kurz darauf hinaus in die kalte Nachtluft. Mit einem Mal hört das Dröhnen und das Benommenheitsgefühl auf und hinterlässt absolute Leere in meinem inneren, die mir die Galle den Rachen hinauf treibt. Tief durchatmend sehe ich mich um und frage mich, ob ich langsam den Verstand verliere, als ein leises melodisches Säuseln zu mir dringt. So leise, dass ich es gar nicht verstehen kann und dadurch wirklich überzeugt bin, dass ich den Verstand verliere. Gerade als ich mich umdrehen will, um wieder hinein zu gehen höre ich es mit einem Mal klar und deutlich.

„Fia"...

Wie erstarrt bleibe ich stehen und drehe den Kopf leicht zur Seite. Meine Wahrnehmung spielt mir Streiche und Panik steigt in mir auf. Doch ein weiteres Mal ertönt diese tiefe Stimme, die mir wie ein kalter Schauer über meinen Körper läuft. Augenblicklich beginnt mein Puls in ungesunde Höhen zu steigen, als ich mich der Dunkelheit zuwende „Hallo?", rufe ich leise in die Nacht heraus und versuche das Zittern meiner Stimme zu unterdrücken. Auch wenn ich nichts sehen kann bin ich sicher, dass jemand da draußen ist und die Vorstellung mich vom Haus zu entfernendem um mich zu überzeugen, dass ich einfach verrückt werde fällt mir unwahrscheinlich schwer. Unsicher mache ich einen Schritt von der Tür weg, um mich besser umsehen zu können. Wie ein gestresstes Kaninchen gleitet mein Blick durch die Dunkelheit, als das Ziehen in meiner Brust wieder spüre, welches mich immer weiter vom Haus weg zu locken scheint. Ich merke es nicht einmal, wie ich mit jedem Schritt das Licht hinter mir lasse. Es fühlt sich an als würden große schwarze Hände sich nach mir verzehren und ich bin wie die naive dumme Beute, die sich bereitwillig der Gefahr hingebt. Ich atme durch, um mich selbst zu beruhigen. Während ich so da stehe und einfach weiter in die Nacht hinein horche, wird es ruhig. So ruhig, dass ich mich frage, ob ich wirklich wach bin oder das hier nur ein sehr schlechter Traum ist. Mit den Fingern fahre ich mir durch die Haare, als ich mit einmal eine sanfte Wärme auf meiner Haut wahr nehme. So als würde jemand direkt vor mir stehen und ins Gesicht atmen. Ein herber einziger Geruch dringt mir in die Nase und ich gefriere zu einer Säule. Was zum Himmel passiert hier?! Ich merke nicht einmal, wie ich die Luft anhalte und sich meine Wahrnehmung nur auf die undurchdringliche Schwärze fixiert. Das ziehende Gefühl in meiner Brust ist jetzt so stark, dass ich es physisch fühlen kann.

„Fia komm aus der Dunkelheit raus!", höre ich Aaren schreien. Die Panik und Sorge tief in seiner Stimme verankert. Vor Schreck schreie ich auf und drehe mich um. Es geht alles so schnell, dass ich es kaum erfassen kann, als ich ins straucheln komme und auf etwas weiches auf dem Boden trete. Es ist als hätte ich eine Grenze überschritten und mit einmal legen sich große eiserne Hände um Taille und Hals. In Sekundenschnelle werde ich an etwas hartes gepresst und bin absolut bewegungsunfähig. Mein Schreien erklingt in der Nacht, während meine Sicht von Tränen und Panik verzerrt wird. Aaren stürzt aus der Tür auf mich zu, doch die Schwärze hüllt mich ein. Ich bin mir sicher, dass ich nicht Bewusstlos werde, da ich unnachgiebig versuche mich aus den warmen Fesseln dieses Griffes zu lösen. Meine Panik wird immer größer, als Aarens Stimme immer weiter in Entfernung rückt und ich diesen warmen Atem im Nacken spüren kann, der mir die Magensäure nach oben treibt.

Wild trete ich um mich und versuche mich irgendwie zu lösen, als sich weiche Lippen an mein Ohr legen. „Psst kleines", haucht mir eine tiefe Stimme entgegen und augenblicklich beruhige ich mich, als hätte man einen Schleier über meine Emotionen gelegt. Mein Körper wird träge und warm, so als hätte ich Alkohol getrunken und liege nun in meinem Bett. Die Hände die mich halten werden ein wenig lockerer und schieben sich über meinen Körper, bis ein breiter Unterarm sich um mich schlingt und mich hält. Mit aller kraft versuche ich wach zu bleiben und habe das Gefühl, als würde mein inneres mich zerreißen. Mein Körper scheint jedoch keines dieser Signale registrieren zu wollen. Ich schreie mich in meinen Gedanken selber an und zwinge mein Gehirn an der Oberfläche zu bleiben. „Ich weiß, dass du eine Kämpferin bist aber wehr dich nicht Prinzessin. Die Dunkelheit ist nicht dein Feind", höre ich die Stimme sanft sagen. Sie betört mich und mein Körper gehorcht ihr. Es ist als würde ich einen Rausch haben und die Seele trennt sich von dem Körper. Gleichzeitig ist diese Stimme wie ein Kissen, das einen bettet und einhüllt. Es dauert nicht lange da sacke ich in den starken Armen zusammen und lasse mich von der Dunkelheit einhüllen. Jeder nerv in mir protestiert, doch der Schleier in den ich gehüllt werde ist stärker. Ein letztes klägliches Aufkommen von Rebellion erreicht mein Gehirn, als alles in eine friedliche Dunkelheit gehüllt wird.

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Liviii

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Re: The forgotten Sun ; Eine fantasygeschichte mit Drama, Spannung, Erotik und das alles eingebettet in die Irische Mythologie. FSK 18

von Liviii am 01.06.2023 13:04

Kapitel Zwei

 

Leises Rauschen dringt zu mir heran durch den Nebel, der sich in meinem Kopf ausgebreitet hat und ich frage mich, was der Auslöser dafür ist. Ich habe doch das Fenster nicht geöffnet am Abend. Eine sanfte Brise gleitet über meine Haut, während ich langsam immer mehr zu Bewusstsein komme. Meine Knochen sind schwer und jeder einzelne Muskel zieht in meinem Körper. Vorsichtig schlage ich die Augen auf und augenblicklich durchzieht ein Stich meinen Kopf. Ein unwohles Grummeln kommt aus meiner Kehle und ich frage mich was zum Himmel passiert ist, damit es mir jetzt so geht.

Es dauert einiges an Zeit, bis sich meine Sicht aufklart und ich feststelle, dass ich nicht in meinem Bett liege. Vor mir erstreckt sich ein weites Feld und viele Steine liegen um mich herum. Verwirrte Falten legen sich auf mein Gesicht und ich brauche, bis die Erinnerungen auf mich einprasseln. Es ist wie ein Schlag und sofort packt mich die Panik. „Überleg es dir lieber bevor du etwas dummes vor hast", ich reiße den Kopf in die Richtung herum, aus der die Stimme kommt und sehe in diese dunklen Augen, die mich kühl betrachten. Instinktiv möchte ich aufspringen. Mein Körper schreit danach die Flucht zu ergreifen, doch mein Gehirn arbeitet nicht so wie ich es möchte. Ich bin wie erstarrt, obwohl alles in mir schreit mich zu bewegen. Jede Faser befiehlt mir zu rennen, doch bewegen tut sich absolut nichts. Mein Blick gleitet über sein makelloses Gesicht, studiert die Schafen Kanten und je länger mein Blick an ihm haftet, umso schneller beginnt mein Herz zu schlagen. „Wo bin ich?", meine Stimme ist nur ein kratzender Hauch, versuche einen Sinn zu finden in dieser ganzen Sache. Oder ist das hier nur ein verrückter Traum? Die Fragen überschlagen sich in meinem Kopf, während man mir die Überforderung deutlich ansehen kann. Langsam kommt er auf mich zu und unweigerlich weiche ich zurück. Ein genervter Ton kommt aus seiner Kehle „Wir sind bei den Lough Crew. Du hattest ein perfektes Timing um in mich hinein zu laufen Prinzessin", seine Stimme gleitet direkt unter meine Haut und löst eine Gänsehaut bei mir aus. Wie ein Raubtier kommt er auf mich zu, ein riesiges, muskulöses Raubtier. Mit dem Rücken stoße ich gegen einen Stein. Mein Puls rast und ein kleines bösartiges Lächeln bildet sich auf seinen Lippen. Ohne Vorwarnung greift er zu meinen Händen und erst da bemerke ich, dass sie zusammen gebunden sind. Ein leises Keuchen entrinnt meiner Kehle, was sein grinsen nur breiter werden lässt. „Du solltest dich beruhigen, du wirst deine Kräfte noch brauchen", es ist wie eine Drohung und mit einmal scheint mein Gehirn zu realisieren, in was für einer Situation ich mich befinde. Mit einem mal reiße ich mein Knie hoch und bin augenblicklich frei, während er zu Boden sackt. Schneller als jemals zuvor in meinem Leben drehe ich mich um und beginne zu rennen. Meine Beine gehorchen mir endlich und in der Eile muss ich aufpassen mir nicht die Knöchel zu brechen, während ich über die Steine springe, die im Weg liegen. Ich wage es erst gar nicht zurück zu blicken, sondern renne immer weiter und weiter. Meine Lunge brennt, als würde man flüssiges Eisen in mich gießen. Plötzlich werde ich zu Boden gerissen und ein ersticktes Geräusch wird aus mir herausgepresst, während mich das Gewicht in die Erde drückt. Meine Finger krallen sich in den Untergrund und mit all meiner Kraft versuche ich mich gegen ihn zu stemmen, als sich seine langen starken Finger um meine Kehle legen und meinen Kopf nach oben in den Nacken gezerrt wird. Seine Lippen legen sich an mein Ohr „Das hättest du nicht tun sollen Prinzessin", er ist wütend und sein eiserner Griff fixiert mich. Keinen einzelnen Muskel kann ich rühren, während sich die Tränen in meine Augen bilden. Mit einem Ruck steht er auf und zieht mich mit sich und schneller als ich gucken kann liege ich über einer seiner breiten Schultern. „Lass mich runter", fauche ich und versuche mich herunter zu rollen, doch er packt mich einfach fester und macht jeden Widerstand zwecklos. „Ich an deiner Stelle wäre jetzt lieber ruhig, sonst wird es sehr unschön für dich!" Wieder habe ich das Gefühl, als würde mein Körper auf ihn hören, als hätten seine Worte Gewalt über mich. Schweigend fließen die Tränen über meine Wange und drohen mich zu ersticken gemeinsam mit der Masse an Emotionen, die über mir einbrechen wie ein Hurrikan. Jedoch versuche ich schnell wieder mich zu beruhigen und überlege, wie ich aus dieser Situation komme. Die Frage, was das alles zu bedeuten hat brennt sich in mein Innerstes, doch wenn ich ehrlich bin will ich es gar nicht wissen. Ich versuche mir die Umgebung einzuprägen und mich dabei möglichst unauffällig zu bewegen.

Ich weiß nicht, wie lange er mit mir auf der Schulter gelaufen ist und ich muss gestehen, dass ich mein Gefühl für Zeit absolut verloren habe. Nur die langsam untergehende Sonne verrät mir, dass es schon spät geworden sein muss. „Wohin gehen wir?", meine Stimme ist gefasster und ruhiger, während ich versuche herauszufinden, was als nächstes passiert. „Wir gehen in die Heimat, Prinzessin", seine Antwort verwirrt mich und der Fakt, dass er mich ständig mit diesem Kosenamen anspricht treibt mir die Galle herauf. Ich will gerade wieder eine Frage stellen, als er mich von seiner Schulter Fallen lässt und ich es gerade so schaffe nicht hin zu fallen. Schnell richte ich mich auf und kann den schmalen Höhleneingang zwischen zwei großen Steinen erkennen, vor der er stehen geblieben ist „Du gehst vor!" Die Panik macht sich wieder in mir breit und jeder Nerv in mir weigert sich dort rein zu gehen. Akribisch schüttle ich den Kopf und denke nicht im Traum daran auch nur einen Fuß dort hinein zu setzen. Grob packt dieser Riese mich an der Taille und schiebt mich voran. Immer panischer werdend stemme ich mich gegen seinen Griff, doch körperlich kann ich absolut nichts gegen ihn ausrichten. Mühelos zwingt er mich immer wieder einen Schritt machen zu müssen und umhüllt mich dabei mit seiner dunklen Präsenz. Angst mischt sich zu der Panik „Nein", krächzte ich immer und immer wieder. Es klingt fast schon wie ein Flehen „Bitte nicht! Bitte ich bin das letzte was mein Onkel noch hat", versuche ich anzubringen, doch es ist als würde ich gegen eine eiskalte Mauer reden. In der Höhle ist es eng und ich kann spüren, wie er sich hinab bücken muss, um hindurch zu passen. Sein Atem streift über meinen Nacken und sein herber Geruch steigt mir in die Nase so nah ist er mir. Es wird immer dunkler je tiefer wir in die Höhle vordringen und wenn er mich nicht halten würde, wäre ich bestimmt schon einige Male gefallen. „Nicht mehr lange bis Samhain beginnt, wir müssen uns beeilen", sagt er ruhig und durchbricht damit die Stille. Ich überlege kurz „Warum müssen wir uns beeilen, was hat das alles zu bedeuten?", frage ich und nehme nur ein schnaufen hinter mir wahr „Bist du denn überhaupt nicht mit den Sagen dieses Landes vertraut... Samhain ist das Ende der Sommerzeit und verkündet den neuen Zeitzyklus. Wir müssen da sein, bevor dieser Moment eintrifft", mit jedem Wort welches seinen Mund verlässt steigt die Verwirrung in mir „Wo müssen wir sein?" Verzweifelt warte ich auf eine Antwort, doch es kommt keine. Einen weiteren Versuch starte ich nicht, da wir abrupt stehen bleiben. Mein Herz rutscht mir in die Hose und ich frage mich, ob jetzt mein Ende kommt. Ich spüre, wie er sich wieder zu mir herab beugt und seine Lippen an mein Ohr legt „Gleich ist es so weit... darauf warte ich seit langer Zeit", raunt er mir förmlich zu. Diese Situation ist so absurd und ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Im einen Moment packt mich die Panik im Nächsten bin ich einfach nur verwirrt. Gerade als ich ansetzen will etwas zu sagen unterbricht mich ein Surren. Eine Schwingung, die durch den Boden zu uns dringt und meine Sinne berauscht. „Was passiert hier?", meine Stimme ist ein Hauch, fast nicht zu verstehen, während der Boden immer mehr zu vibrieren beginnt. „Es ist so weit Prinzessin", ich will gerade fragen wofür es so weit ist, doch mir bleibt die Stimme im Hals stecken, als ein kleines sanftes Licht auf der anderen Seite des Raumes entsteht. Meine ganze Aufmerksamkeit wird von der kleinen schwebenden Flamme angezogen und ein warmes Gefühl breitet sich in meiner Brust aus.

„Es spürt deine Anwesenheit"

Seine Stimme ist fast schon sanft, doch die Bedeutung hinter seinen Worten will mir nicht so recht aufgehen. Langsam Bewege ich mich darauf zu und dieses zarte Licht folgt mir. Es kommt langsam auf mich zu und versprüht dabei kleine kurz aufleuchtende Funken. Es ist wunderschön, wie sich die Flamme bewegt. Auf halber Strecke zu mir teilt sie sich in Zwei und ziehen kleine Kreise um sich selbst. Ich bemerke nicht einmal, wie ich die Hand nach ihnen ausstrecke und das sanfte Licht sich auf meiner Handfläche niederlässt. In dem Moment beginnen sie etwas heller zu leuchten und schlingen sich um mich herum. Tanzen an meinem Körper auf und ab, während sie mich durch den Raum führen. Ich kann spüren, wie er mich beobachtet, doch das was hier passiert ist zu atemberaubend, um mir darüber sorgen machen zu können. Vor ein paar Stufen halten sie mich an und mein Blick wandert hinauf, fällt auf einen Torbogen gemeißelt aus Stein. Links und rechts jeweils eine Säule und der Rahmen überzogen mit eingearbeiteten Ranken und Schlingen. Wie von selbst setzen sich meine Beine in Bewegung und erklimmen die paar Stufen, bis ich direkt vor dem Bogen stehe. Mit einem mal verlassen die Lichter mich und lassen sich auf den Säulen nieder, die auf beiden Seiten den Durchgang flankieren. Augenblicklich beginnen sie zu glühen und ihr Licht erhellt die gesamte Höhle. Funken gehen von ihnen aus und ein Luftzug fegt durch meine Haare. Es ist betörend wie die Energie durch meine Adern fährt und sich meine Augen schließen, um das Gefühl noch intensiver wahrzunehmen. Ich spüre wie die Funken auf meiner Haut prickeln, während sie um mich herumwirbeln und der Luftzug immer mehr zunimmt. Meine langen Haare wehen mir ins Gesicht und mit einmal hört es auf. Langsam öffne ich die Augen und traue dem nicht, was vor mir liegt. Ich sehe in mein Abbild. Ein Abbild getaucht in goldenes Licht. Zwei große Hände legen sich wieder um meine Taille „Was?", bringe ich gerade noch heraus, als er mich auch schon in das gleißende Licht schiebt. So schnell kann ich gar nicht begreifen, was passiert. Es ist als würde mein Spiegelbild die Hand nach mir ausstrecken und damit kommt die Panik zurück. „Lass mich los!", schreie ich ihn an, doch da verschlingt mich das Glühen.

Alles in mir beginnt sich zu drehen. Mein Verstand, mein Inneres alles ist zum reißen gespannt und ich habe das Gefühl den Boden unter meinen Füßen zu verlieren. Seine Hände ziehen an mir und in dem Wirbel versuche ich sie weg zu schlagen. Verliere das Bewusstsein darüber, wo oben und unten ist, während sich die Funken und das goldenes Licht um mich schlingt. Ich komme ins straucheln und kann mich nicht mehr halten. Ein Schrei entfährt mir, als ich nach vorne Kippe und mit einmal auf einem Steinboden aufschlage.

Keuchend ringe ich am Boden nach Luft und versuche meinen Kopf wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Alles in mir zieht und dreht sich, auch wenn die frische Luft meine Sinne langsam beruhigt. Ich sehe auf und das Blut gefriert mir in den Adern. Gerade waren wir noch in dieser Höhle und jetzt... ich knie auf einer steinernen Platform mit der Aussicht auf einen grauen, düsteren Wald. Um mich herum die gewachsenen Sträucher und das Moos, welches sich über den Stein zu ziehen beginnt. Panisch reiße ich den Kopf herum und sehe den Torbogen, in dem nichts mehr ist. Kein goldenes Licht, kein Schimmern, nur der Durchgang in den Wald hinter mir. „Nein...", bringe ich hervor und stehe auf. Ich versuche durch den Bogen zurück zu kommen, zurück in diese Höhle. „Wo verflucht hast du mich hingebracht ?", beginne ich wütend zu schreien und suche nach diesem riesigen Idioten. Die Angst und Panik wird vollkommen ersetzt durch das Gefühl von Hass und Wut. Ich drehe mich um und sehe ihn da stehen, gelehnt an einem Baum und mich mit einem amüsierten Grinsen betrachtend, was den Wunsch in mir auslöst ihm jeden einzelnen Zahn aus dem Maul schlagen zu wollen. Mit langsamen Schritten gehe ich auf ihn zu, fest entschlossen meine Emotionen an ihm auszulassen. Doch etwas lässt mich inne halten. Mein Blick gleitet an ihm hinauf und es scheint fast so, als würde sein Äußeres noch perfekter sein, so als wäre eine kranke Person wieder zu Kräften gekommen strahlt er eine Macht aus, die für mich kaum greifbar ist. Sein Blick liegt auf mir und die Augen scheinen noch dunkler zu sein als vorher als hätte sich die Schwärze ausgeweitet und eine Tiefe angenommen, die alles verschlingt und nicht mehr frei lässt. Doch eine Veränderung beansprucht meine Aufmerksamkeit am meisten. Zwei Hörner ragen aus seinen Haaren heraus. Schwarze geschwungene Hörner, die wie eine Krone auf seinem Haupt sitzen. Ich bleibe abrupt in der Bewegung stehen und meine Augen weiten sich, während ich ihn betrachte. Langsam stemmt er sich von dem Baum ab und kommt zu mir „Wie ist das möglich?", frage ich und der Schock ist mir deutlich anzumerken. „Los komm wir haben noch einen weiten Weg vor uns", sagt er ruhig und ich frag mich wirklich was hier passiert. Das kann einfach nicht real sein. Weder dieser Ort noch diese Hörner oder die Art und Weise, wie ich hier her gekommen bin. Mein ganzer Körper ist am zittern, während er schweigend meinen Oberarm packt und mich mit sich zieht. Mit einem Ruck reiße ich mich los „Fass mich nicht an! Lass deine dreckigen Finger einfach von mir!", schreie ich und die Tränen beginnen mir über meine Wange zu fließen. Eindringlich sieht er von oben zu mir herunter und eine grübelnde Miene legt sich über sein Gesicht. So als ob er meine Reaktion nicht verstehen könnte, so als müsste das alles hier für mich Sinn ergeben. Doch das tut es nicht! Nichts ergibt für mich einen Sinn. Wieder greift er nach mir und ich versuche auszuweichen, doch er ist schneller. Mit festem Griff hält er meine Oberarme und sieht mich mit ernstem Blick an „Du beruhigst dich jetzt. Deine Tränen werden versiegen und du wirst mir folgen! Du wirst deinen Kummer und Angst hier lassen und ruhe bewahren." Seine Worte dringen direkt in mein Bewusstsein. Mein Körper reagiert auf ihn und meine Tränen hören auf über mein Gesicht zu laufen. „Wie machst du das?", frage ich und spüre wie mein Puls sich senkt „Du hast wirklich absolut keine Ahnung ?", mein Gesichtsausdruck scheint Antwort genug zu sein. „Ich denke wir sollten erstmal von hier verschwinden, wenn die Nacht einbricht wird es ungemütlich. Später ist immer noch Zeit für Erklärungen", sagt er und lässt dabei keinen weiteren Kompromiss zu. Wie er es wollte folge ich ihm ohne weiteren Widerstand und verfluche mich innerlich für diese Machtlosigkeit. Ich beschließe vorerst mich nicht weiter zu Wort zu melden und hänge meinen Gedanken nach. Präge mir den Weg ein, da es mir vielleicht noch nützlich sein und auch wenn es komisch klingen mag, habe ich das Gefühl, als würde der Wald mich beobachten. Alles ist so neu, auch wenn die Pflanzen normal erscheinen, wirken sie anders... sie fühlen sich anders an und das nicht auf physischer Ebene, sondern als hätten sie ihr eigenes Bewusstsein und damit eine eigene Aura, die sie umgibt. Leicht schüttle ich den Kopf, da ich meine Gedanken selbst für verrückt halte und beschließe meine Aufmerksamkeit wieder auf etwas anderes zu richten.

Ich weiß nicht wie lange wir durch den Wald gelaufen sind, doch was ich weiß ist, dass meine Füße brennen und ich nicht mehr kann. Ein paar mal habe ich versucht ihn zum stehenbleiben zu bringen, doch er ist nur schweigend weiter gelaufen. Im Normalfall wäre ich einfach stehen geblieben, doch etwas hindert mich daran und lässt meine Füße mich weiter voran tragen. Vermutlich hat das noch etwas mit seiner Ansprache zu tun und wenn ich drüber nachdenke, dann ist nichts hier normal. Die Sonne geht hier langsam unter und mir fällt auf, dass sich die Zeit verschoben haben muss, da wir mit Einbruch der Nacht die Höhle betreten hatten. „Wohin genau laufen wir?", versuche ich ein weiteres Mal in Erfahrung zu bringen auch wenn ich mir nicht viel Erfolg davon verspreche, doch zu meiner Überraschung erhebt sich seine tiefe fast schon melodische Stimme „Zum Schloss meines Vaters. Er wird uns erwarten." Verwirrt sehe ich zu ihm und frage mich, warum sein Vater uns erwarten sollte. Beim zweiten Mal drüber nachdenkend fällt mir ein Detail auf „Zum Schloss?", in der Frage schwingt ein ungläubiger Klang mit und ich bin mir wirklich nicht sicher, wie unrealistischer das Alles noch werden kann. Ein genervtes Geräusch kommt aus seiner Kehle und er sieht mich mit einem eisigen Blick an „hör zu auch wenn du anscheinend nicht mal deine eigene Geschichte zu kennen scheinst, solltest du es unterlassen mich zu verspotten. Bis jetzt war ich noch sehr rücksichtsvoll, doch ich würde dir raten mich nicht zu reizen!" Ich sehe ihn verwirrt an. Alles was aus seinem Mund kommt scheint darauf abzuzielen mich weiter durcheinander zu bringen. Jedoch bin ich schlau genug leise zu sein und nicht weiter mit Fragen meine Situation zu verschlimmern. Meine Gedanken schweifen wieder ab und wie von alleine Frage ich mich, wie es Aaren wohl gehen mag. Er muss am Boden zerstört sein und wird jede Person, die er in die Finger bekommt dazu bewegen mich zu suchen. Es tut mir in der Seele weh, dass er sich wegen mir Sorgen macht und die Tatsache, dass er mich wahrscheinlich nie finden wird treibt mir wieder Tränen in die Augen. Am liebsten würde ich mir einfach in den Arm kneifen und dann aufwachen. Feststellen, dass ich in meinem Bett liege und das alles nur ein schlechter Traum war. Doch ich muss mir eingestehen, dass das hier zu verrückt ist, als dass sich mein Kopf sowas ausdenken könnte. Beim Nachdenken bemerke ich, wie sich der Boden verändert und der weiche Trampelpfand in einen steinigen Weg umschlägt. Ich blicke auf und schlucke, da sich vor mir ein riesiges Schloss auftut gebaut am Rande einer Klippe. Die dunklen Ziegel geben dem Bauwerk eine gefährliche Ausstrahlung und alleine vom Anblick wird mir unwohl im Magen. Bis jetzt hat das was auch immer er mit mir gemacht hat gereicht, um die Angst zurück zu halten, doch mit jedem Schritt merke ich wie sie wächst. Je näher wir kommen umso kleiner fühle ich mich, so als würden die Mauern mich erdrücken und so ihre Macht auf mir ausüben. Beim Näherkommen fallen mir die in den Felsen geschlagenen Türme auf und eine Glaskuppel ragt zwischen de Dächern heraus. Auf die Schnelle versuche ich die Eindrücke zu verinnerlichen, da Monsieur ich habe zwei Kilometer lange Beine voran prescht ohne dabei Rücksicht zu nehmen ob ich das Tempo halten kann.

Wie von selbst schwingen die riesigen Türen des Tores auf, als wir unmittelbar davor sind. Aus dem Innerem zieht kalte Luft nach außen und sorgt für eine Gänsehaut, die über meinen Gesamten Körper zieht. „Komm Prinzessin wir müssen dich für meinen Vater vorzeigbar machen" „Kannst du bitte aufhören mich so zu nennen! Ich bin nicht deine Prinzessin und du hast kein Recht darauf mich so zu bezeichnen", fahre ich ihn an und bekomme nur im Augenwinkel mit, wie er eine Augenbraue hoch zieht. Es treibt mich fast zur Weißglut und der Wunsch ihm ein blaues Auge zu verpassen steigt wieder in mir auf.
Die Gänge sind düster und kaum beleuchtet. Ab und an gibt es mal eine Flamme, die den Weg erleuchtet, doch mehr kann ich hier nicht vorfinden. Leise folge ich ihm und bin mir sicher, dass wenn ich jetzt stehen bleiben würde er nicht mal bemerkt, dass ich fehle. Doch in Anbetracht, dass mir dieses Schloss mehr Angst macht als er es tut beschließe ich ihm zu folgen. Mit einmal bleibt er stehen und ich renne direkt in ihn herein. Ein leises Aufkeuchen dringt aus mir und nur knapp schaffe ich es das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Er betrachtet mich nur kurz ehe er an die Türklinke greift und mich vor sich hinein schiebt. „Dies hier sind deine Räumlichkeiten. Ein Badezimmer, Ankleidezimmer und das Schlafzimmer hier. Du solltest dich jetzt frisch machen und dir etwas ordentliches anziehen. Ich denke du möchtest meinem Vater so lieber nicht unter die Augen treten", ich runzle die Stirn und sehe an mir herab. Die peinliche Röte schießt mir sofort ins Gesicht. Bei allem was sich zugetragen hat bin ich absolut darüber hinweg gekommen, dass ich noch mein schwarzes Nachthemd trage. Das Adrenalin und die ganzen Veränderungen haben mich so beansprucht, dass mir so etwas wichtiges nicht aufgefallen ist. Automatisch schlinge ich die Arme um meinen Körper und wende meinen Blick ab. Wie unangenehm... „Ich werde vor der Tür auf dich warten. Du solltest dir jedoch nicht zu viel Zeit lassen mein Vater ist nicht sonderlich geduldig", damit verlässt er den Raum und macht hinter sich die Tür zu. Ich starre das Holz an und versuche die unangenehme Wärme auf meinen Wangen zu ignorieren, als ich mich auch umdrehe und erst einmal den Raum unter die Lupe nehme. Es ist ein geräumig großer Raum mit großen Fenstern. Ein gemütlich aussehendes Himmelbett ziert die Wand zwischen den beiden Fenstern und ist mit hunderten von Kissen bestückt, was praktisch dazu einlädt sich hinein zu werfen. Durch einen kleinen Bogen an der rechten Wand kommt man in das Badezimmer, welches sowohl groß als auch luxuriös ist. Der gesamte Boden ist mit dunklem Mamor bestückt und auch wenn die gesamte Einrichtung in Schwarz gehalten ist hat man das Gefühl sich wohl fühlen zu können. Vom Bad aus gelangt man durch eine gläserne Tür auf einen kleinen Balkon, der direkt über der Klippe ragt. Komplett sprachlos bin ich jedoch beim Anblick von dem Ankleidezimmer. Aber tausende Kleider hängen in den offenen Schränken und Schuhe über Schuhe stehen in dafür vorgesehene Fächer. Mit den Fingern fahre ich über den Stoff der Gewänder und frage mich, wem die wohl alle gehören. Ich bemerke nicht einmal, dass jemand zu mir kommt. „MyLady", ertönt eine sanfte weibliche Stimme hinter mir und erschrocken fahre ich herum. Im Türrahmen steht eine junge Frau mit streng nach hinten gebundenen Haar. Ihr Körper wird von einer hochgeschlossenen schwarzen Robe bedeckt, was ihr jedoch sehr gut kleidet. Mein Blick fällt auf den Kleidersack, den sie in den Händen hält, als sie sich räuspert „Es tut mir leid ich wollte sie nicht erschrecken. Man hat mir gesagt, dass ich ihnen beim Ankleiden helfen soll und das hier", sie weist auf den Kleidersack hin „sollen sie gleich tragen." Ich bringe kein Wort hervor, doch lasse es zu, dass sie mich in Richtung des Badezimmers schiebt. Erst als sie mir beim Auskleiden helfen will finde ich meine Stimme wieder „Ich kann mich selber waschen", bringe ich hervor und sehe sie entschuldigend an, doch das geht mir zu weit. Sie verneigt sich vor mir „Wenn sie Hilfe brauchen ich warte an der Tür auf sie", bringt sie höflich hervor und lässt mich damit alleine im Raum. Ich atme durch und suche mir ein Handtuch. Es dauert einen Augenblick, bis ich in den Regalen eines gefunden habe und schiebe dann den Stoff von meinem Körper als ich sicher gegangen bin, dass mich keiner beobachtet. Ich stelle mich unter die Dusche und keuche auf, als das kalte Wasser über meinen zierlichen Körper fließt. Schnell wasche ich mich und nutze die Seife die bereit liegt für meine Haare und Haut. Keine Fünf Minuten später stelle ich das eisige Nass aus, da ich keine Sekunde länger darunter aushalten würde und schlinge das vergleichsweise warme Handtuch um meine Brust. Nachdem ich auch meine Haare in einem eingewickelt habe betrachte ich mich im Spiegel und betrachte ungläubig mein Abbild. Nicht nur der Zweimeter zehn Riese hat sich verändert, denn jetzt betrachte ich meine absolut strahlende und makellose Haut. Die Wimpern länger und noch dichter, die Lippen ein wenig voller, doch die spitz zulaufenden Ohren schockieren mich am meisten. Ich sehe an mir herab und muss feststellen, dass meine Haut an den richtigen Stellen noch straffer ist und meine Kurven sich deutlicher abzeichnen als zuvor. Ein paar mal blinzle ich und stehe einfach nur da, lasse den Blick weiter über mich wandern und auch wenn mir diese Veränderung angst macht muss ich zugeben, dass ich mir gefalle. Es ist als hätte man über mich einen Filter gelegt, der sich in mein Wesen eingebrannt hat und dabei das beste aus mir herausgeholt hat. Tief durchatmend gehe ich aus dem Bad und sehe, wie die junge Frau sich langsam in Bewegung setzt. „Wie heißt du?", frage ich vorsichtig und versuche meinen Scham darüber im Handtuch vor ihr zu stehen zu ignorieren. Ihr scheint es jedenfalls nichts aus zu machen, da sie mich sanft in Richtung Frisiertisch schiebt und mich mit einem leichten Lächeln durch den Spiegel beäugt. „Mein Name ist Lilith", antwortet sie auf meine Frage und zum ersten Mal in der kurzen Zeit glaube ich keine Angst haben zu müssen vor etwas, das sich in diesem fremden Land befindet. Ein kurzes Lächeln legt sich ebenfalls über meine Lippen und ich beobachte sie, wie sie meine Haare beginnt zu kämmen. Die Bewegung scheint für sie völlig selbstverständlich zu sein, genauso wie die Tatsache mich zurecht zu machen. Um es nicht unangenehm werden zu lassen versuche ich mir mein Unbehagen nicht anmerken zu lassen, doch wirklich einen Reim kann ich mir nicht machen aus all dem was hier vor sich geht. „Lilith kann ich dich was fragen?", bringe ich unsicher hervor „Natürlich MyLady jeder Zeit." Mein Lächeln wird ein klein wenig breiter alleine durch ihre Bereitschaft mir mehr zu erzählen. „Warum bin ich hier und wo genau bin ich hier?", sie sieht mir durch den Spiegel wieder in die Augen, während sie beginnt meine Haare zu flechten. „Wir sind in Anueña oder für die Sterblichen in der Anderswelt. Warum du hier bist kann ich dir leider nicht beantworten, da es mir nicht gestattet ist, doch du brauchst keine Angst haben...", ich höre ihren Worten zu, doch etwas an dem Abfallen ihrer Stimme zum Ende hin sagt mir, dass ich mich nicht auf ihre Behauptung verlassen sollte. Zudem entgeht mir nicht, dass sie von Sterblichen redet. Auf die Frage, was sie mit Sterblichen meint entgegnet sie nur, dass ich schon noch früh genug alle Einzelheiten erfahren werde und dass das Alles wohl sehr viel sein muss. „Warten wir erstmal die Audienz beim König ab und vielleicht sind dann schon viele deiner Fragen geklärt", entgegnet sie nur noch und ist dann auch fertig mit meinen Haaren, die sie kunstvoll zusammengesteckt hat und einzelne Locken heraus gucken und dabei mein Gesicht perfekt umrahmen. Der Kleidersack knistert, als sie das Kleid heraus holt, welches sich darin befindet. Der schwarze Stoff sieht nicht gerade deckend aus und schon auf dem Bügel kann ich erkennen, dass dieses Kleid ein Hauch von nichts ist. Selbst mein Nachthemd war angezogener als dieser Fummel. Lilith muss mein Missmut erkennen, da sie mir unmissverständliche klar macht, dass der König persönlich es ausgesucht hat. Widerwillig lasse ich das Handtuch fallen und schlüpfe in den Stoff. Das Kleid schmiegt sich absolut perfekt um meine Kurven und entblößt durch die beiden Schlitze beim laufen meine Beine. Der Rücken ist bis knapp über dem Steißbein offen und der Ausschnitt ist ebenso verboten tief. Einen kurzen Augenblick lässt mich dieses kleine Geschöpf alleine und kommt mit ein Paar schwarzer High Heels zurück. Mein einziger Gedanke dazu ist, dass sie wahrscheinlich will, dass ich mir die Beine breche. Vorsichtig stellt sie sie vor mir ab und ich atme kurz durch bevor ich hinein steige. „Fertig so kannst du dich sehen lassen", bringt sie begeistert hervor, was ich absolut nicht nach empfinden kann bis zu dem Moment indem mein Blick auf den Großen Spiegel in einer Ecke fällt und ich mich selbst im Ganzen betrachten kann. Eigentlich hatte ich erwartet wie eine Hure auszusehen, doch das Gegenteil ist der Fall. Das Kleid umspielt meine Hüfte und betont mein Dekolleté. Jedoch habe ich nicht mehr lange etwas von diesem Anblick, da Lilith mich zur Tür schiebt. Sie meint es wäre Zeit und ich habe keine Zeit mehr zu überlegen, ob ich so wirklich unter andere Augen treten möchte. Bevor ich etwas sagen kann zieht sie die Tür auf und sofort spüre ich den Blick von einem Paar schwarzer Augen. Er steht direkt vor der Tür und mustert mich von oben bis unten. Seine undurchdringliche Mine wandert zu Lilith „Das hast du gut hinbekommen", bringt er hervor, als wäre ich ein Objekt, welches aufpoliert werden musste. Mein Ausdruck wird kalt und ich versuche mir diese Respektlosigkeit nicht anmerken zu lassen. Mit einem kleinen Ruck stützt er sich von der Wand ab und bedeutet mir ihm zu folgen. Mit den Schuhen gehe ich ihm bis unter das Kinn, weswegen ich mir ohne den Nacken zu verrenken sein Erscheinung ansehen kann. Die mehr als breiten Schultern, der starke Nacken und zum Schluss seine Hörner.
Wenn man es genauer betrachtet muss man zugeben, dass sie seine Erscheinung unsagbar gut ergänzen. So als hätte es schon immer sein sollen und bei der Erinnerung an unser erstes aufeinander Treffen muss ich zugeben, dass sie Fehlen wie ein Teil eines Puzzles, welches verschwunden ist. Ein unvollständiges Puzzle welches sich hier vervollständigt hat. Es ist schon fast verrückt, wie normal mir das vorkommt.

Langsam führt er mich durch die Gänge und die Stille hängt wie ein schwerer Teppich zwischen uns. Lediglich das Geräusch der Absätze unterbricht die Geräuschlosigkeit. Vor einer Flügeltür bleibt er stehen und dreht sich zu mir um „Prinzessin", meint er nur und deutet mit einer einladenden Geste auf die Tür. Ich sehe ihn böse an und bekomme das kurze grinsen noch mit, als ich an ihm vorbei gehe und meine Hände gegen das schwere Holz stemme. Vor mir eröffnet sich ein riesiger Saal und ein roter Teppich führt zu einem Podest. Auf der Erhöhung prangt ein kunstvoll gezierter goldener Thron und auf ihm sitzend ein Mann, der nicht älter aussieht als Mitte dreißig. Gemeinsam mit dem Riesen betrete ich den Saal und gehe den Teppich entlang. Ein Händeklatschen ertönt und der Mann steht auf „der verlorene Sohn ist zurück gekommen und hat meinen Gast dabei. Ich bin Stolz auf dich Kyrill. Ich wusste auf dich kann man sich verlassen." Ich sehe kurz nach hinten zu ihm //Kyrill also. Interessanter Name// denke ich mir und bleibe stehen. Mit großen Schritten kommt der König auf mich zu und sein Blick verschlingt förmlich meine Gestalt „das war wahrlich eine gute Wahl für dich meine Liebe", sagt er mich einem spitzbübischen Unterton, während er meine Hand greift und zu seinen Lippen führt. Er drückt einen zarten warmen Kuss auf meinen Handrücken und ich bin mir nicht sicher, ob ich mich geschmeichelt fühlen sollte oder ihm meine Hand entziehen und sie am Stoff des Kleides abwische. Um keine größeren Probleme zu bekommen beschließe ich sie ihm zu überlassen und gleich darauf führt er mich an eine großzügig gedeckte Tafel und zieht mir einen Tisch zurück. Ich bin überwältigt von der Fülle und dem Verhalten mir gegenüber. Auch wenn ich mich nicht gerade gut mit Monarchen auskenne, doch so hätte ich mir meine erste Begegnung mit einem König nicht vorgestellt. Kyrill setzt sich mir schweigend gegenüber und beobachtet uns mit kühlem Blick. Wenn man versuchen würde in seinem Gesicht irgendeine Regung zu lesen so wäre es als würde an in einem leeren Buch blättern. „Du musst Hunger haben nach der langen Reise. Bedien dich", bringt der König überschwänglich hervor und sieht mir aufmerksam zu, als ich zögerlich ein wenig Essen auf meinen Teller lege. „Tut mir leid für die Vermessenheit, aber warum bin ich hier?", stelle ich die Frage zum gefühlten Tausendsten Mal. Das Grinsen des Königs wird breiter. „Nun Liebes du bist hier, weil ich deine Hilfe brauche, immerhin bist du die einzige, die das nötige Potenzial besitzt", ich merke wie es langsam in mir zu brodeln beginnt „könnten sie konkreter werden, ich durfte mich schon auf dem Weg hier her mit kryptischen Antworten rumschlagen und nachdem man mich hier her gebracht hat habe ich doch wenigstens eine vernünftige Antwort verdient!" Der König betrachtet mich amüsiert und trifft damit einen Nerv, der mich alle Mühe kostet, um nicht die Fassung zu verlieren. Er beugt sich zu Kyrill „Sie hat Feuer gefällt mir", bei seinen Worten verlässt sein Blick keine Sekunde mein Gesicht und ich verstecke meine vor Wut zitternden Hände „Nun gut dann wollen wir mal ein wenig Licht ins dunkle bringen. Vor langer Zeit haben in diesem Land Könige und Königinnen regiert, die darauf bedacht waren die Herrschaft für ihre Gunst auszunutzen. Sie rissen sich alles an Macht an sich, was sie bekommen konnten und schufen in ihrem Rausch einen Schleier, der unsere Welt von der Welt der Menschen abtrennte. Wir haben in Frieden gemeinsam gelebt, doch die Menschen waren dem alten Königreich nicht unterstellt, weshalb sie frei waren im Gegensatz zu den Erí. Im streben nach Freiheit erhoben sich viele Feenwesen und wollten sich der Macht entziehen, die sie befehligte, weswegen der Schleier geschaffen wurde. Ein Schleier, der nur von einer direkten Nachfahrin vernichtet werden kann. Hier kommst du ins Spiel Liebes...

denn du bist diese Nachfahrin"

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