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Alina

-, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Beiträge: 180

Leseprobe

von Alina am 19.06.2022 11:45

Ich möchte noch eine kleine Leseprobe veröffentlichen, eine Art Teaser von 2012 mit der ich einen Rollenspielpartner gesucht habe. Der Teaser ist aufregender als der Entwurf der ersten Folge und somit auch aussagekräftiger.
Viel Freude beim Lesen.


Es ist tiefe Nacht, es ist kalt und der Himmel ist sternenklar. Wer sich jetzt noch draussen herumtreibt, hat wohl keinen Platz mehr gefunden wo er unterschlüpfen könnte. Die Silhouetten der Hochhäuser zeichnen sich vor dem hellen Mondlicht ab. Der Park ist menschenleer, nur der Müll zeugt davon, dass sich hier wohl ab und zu Menschen aufhalten.

Eine kleine, dünne Gestalt schleppt sich durch das Gras, immer wieder halten Büsche und Sträucher sie davon ab, schneller voranzukommen. Vereinzelt stehen auch Laubbäume herum, die aber um diese Jahreszeit schon fast alle Blätter abgeworfen haben. Die Gestalt drückt sich vorsichtig und leise an einem hochgewachsenen Strauch vorbei. Nur leichte weibliche Rundungen lassen vermuten, dass es sich um ein Mädchen handeln muss. Eine ungezähmte Fahne aus langen Haaren flattert im kalten Wind, Strähnen schlagen dem Mädchen immer wieder ins eigene Gesicht. Sie muss gegen den Wind ankämpfen, wenn er ihr direkt ins Gesicht bläst, so schwach scheint sie zu sein.

Sie bleibt stehen, atmet schwer und späht in die Dunkelheit. Nichts zu erkennen, nur Dunkelheit und noch dunklere Schatten die das Mondlicht wirft. Dann schleicht sie weiter, wie ein Raubtier welches irgendwie in der Tiefe der Finsternis doch noch eine Beute entdeckt hat. Sie geht gebückt durch das kniehohe Gras. Dort, einige Meter entfernt, steht eine Bank und darauf liegt jemand. Sie kommt näher und kann im Schein des Mondes einen hellgrauen Schlafsack entdecken, in den sich der Unglückliche eingerollt hat. Sie hört ein lautes und unregelmäßiges Schnarchen, eine leere Flasche Wein steht neben der Bank. Als sie das sieht, verzieht sie das Gesicht und schüttelt sich als würde sie sich ekeln. Aber ihre Augen glühen vor Verlangen, der Hunger ist unerträglich geworden, die letzten Wochen hat sie nur überlebt, weil sie ihren Hunger mit minderwertigem Blut von Tieren des Waldes gestillt hat. Doch jetzt muss es endlich soweit sein, und sei dieses Blut auch noch so widerwärtig – es ist besser, als weiter zu darben.

Sie schleicht sich leise an die Bank heran, begutachtet den Schlafenden. Er scheint doppelt so schwer wie sie zu sein und mindestens zwei Köpfe grösser. Es muss schnell gehen, er darf nicht aufwachen, er darf sich nicht mehr wehren. Das ist nicht leicht wenn man kraftlos und ausgehungert ist. Sie legt ganz langsam ihre kleinen und schlanken Hände auf den Saum des Schlafsacks. Ihre Hände berühren den langen Bart des Mannes auf der Bank. Sie zögert einen Moment, weiss sie doch, dass dieser Mann genauso bedauernswert ist wie sie selbst. So sehr ihr auch immer wieder eingetrichtert wurde dass es sich ausnahmslos um Beute handelt, so schwer fällt es ihr dies zu akzeptieren. Genau genommen ist das erst ihr zweites Opfer, das erste fiel ihr in die Hände wie ein Geschenk des Himmels... ein Mann, der bewusstlos im Wald lag als sie gerade ihren Hunger mit Tierblut stillen wollte weil sie sich keinen Rat mehr wusste. Er war wohl ausgeraubt worden, er blutete aus einer Kopfwunde. Selbst wenn sie satt gewesen wäre, wäre es unmöglich gewesen, an diesem Schmaus vorbeizugehen. Das frische Blut konnte sie schon mehrere Dutzend Meter vorher wittern. Sie stürzte sich regelrecht darauf, der Mann wurde nicht mehr wach. Doch hier liegt der Fall anders. Die Beute lebt noch, auch wenn sie wohl zumindest betäubt ist. Ihr Vater fand meistens Menschen welche sich ebenso betäubt hatten, mit Alkohol wie er sagte. Und wirklich schmeckte das Blut anders, nicht so intensiv, irgendwie chemisch und nachdem sie ihren Hunger gestillt hatte, wurde ihr übel und schwindelig und sie verfluchte ihren Vater, dass er wieder nichts Gutes zum Essen gefunden hatte.

Sie zittert als sie ihre kleinen Hände um den Hals der Beute legen. Vater hatte ihr oft genug gezeigt wie es geht. Bevor man anfangen durfte zu trinken sollte man sicher sein, dass keine Gegenwehr mehr zu erwarten war. Vater hatte grosse, schwielige Hände, er fasste mühelos um den Hals der Beute, drückte zu, bewegte seine Hände ruckartig und dann knackte auch schon das Genick, ein Geräusch, bei der ihr jedes Mal ein Schauer über den Rücken lief. Sie atmet tief durch, ihr Griff wird noch fester und dann nimmt sie alle Kraft zusammen und dreht ihre Hände, so wie sie es beim Vater gesehen hatte. Doch statt eines Knackens hört sie ein überraschtes Brummen, ein Stöhnen und der Mann richtet sich schlagartig auf. Erschrocken lässt sie los und ehe sie sich versieht, verliert sie das Gleichgewicht und sitzt plötzlich auf dem Hintern. Der Mann springt auf und flucht laut. Panikartig springt sie auf und läuft los, verfolgt von dem wütenden Mann der wohl davon ausgeht bestohlen worden zu sein. Sie bringt einige Meter zwischen sich und die wütende Stimme, dann explodiert etwas in ihrem Kopf, so fühlt es sich jedenfalls an. Aus den Augenwinkeln sieht sie die leere Weinflasche an ihrem Kopf vorbeifliegen, sie dreht sich mehrere Male um die eigene Achse, bevor sie im Gras landet. Das Mädchen läuft weiter, stolpert mehr als das sie läuft. Schwindel, Schmerz, Angst und Panik sind allgegenwärtig, doch sie treibt sich vorwärts. Die böse Stimme in ihrem Rücken wird immer leiser und leiser... erst als sie sie gar nicht mehr hört, lässt sie sich erschöpft ins Gras fallen und bleibt schwer atmend liegen. Hinter diesem Busch wird man sie so schnell nicht entdecken, jedenfalls nicht bevor es hell ist. Hell! Es war schon spät als sie losgegangen ist, der nächste Tag ist sicherlich nicht mehr fern... sie muss hier weg und zwar schnell – das sind ihre letzten Gedanken bevor sie bewusstlos wird.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 19.06.2022 11:46.

Alina

-, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Beiträge: 180

Entwurf Folge 1

von Alina am 18.06.2022 13:18

                  Ein kalter und regnerischer Tag im späten Herbst

 Die Sonne war schon längst untergegangen, nur wenig Mondlicht durchbrach die Wolkendecke. Der Wind peitschte die Regentropfen in die Gesichter derer, die keinen Unterschlupf vor ihm finden konnten. Dann wurde das Toben des Herbststurmes von dem plötzlichen, schrillen Quietschen der haltenden Straßenbahn durchdrungen. Als sich die Türen öffneten stiegen auch prompt einige Gestalten aus und hetzen in alle Himmels-richtungen, auf der Suche nach Schutz vor der Natur und ihren Launen.

Einer dieser Menschen war Malte, ein junger Verwaltungsangestellter der örtlichen Universität. Auch er blieb von dem Wetter nicht verschont, so war er bemüht so schnell wie es ihm möglich war zu seiner Wohnung in unmittelbarer Nähe der Haltestelle zu kommen. Seine nassen, braunen Haare hingen ihm ins Gesicht und erschwerten die Sicht, während der Sturm an seinem langen, schwarzen Mantel zerrte. Auf dem Weg zur Haustür raffte er die Laptoptasche an sich, damit sie vor dem Wasser geschützt ist. Vor der Tür blieb er stehen und durchsuchte seine Taschen nach den Schlüsseln, als sein Blick für wenige Augenblicke an einer Gestalt hängen blieb, die wie aus dem Nichts neben ihm aufgetaucht war. Eine junge Frau, höchstens Mitte Zwanzig, stand neben ihm, warf einen kurzen Blick aus ihren smaragdgrünen Augen in seine Richtung, dann senkte sie ihren Blick erneut, als würde sie ebenfalls ihren Schlüssel suchen. Ihre nassen roten Haare, die in dicken Strähnen herunterhingen, verbargen ihr Gesicht vor seinen Blicken, während die wenigen sichtbaren Flecken ihrer porzellanfarbenden Haut das Mondlicht reflektierten.
„Guten Abend!" sagte er leise, während er den Schlüssel hervorholte. Ohne den Blick zu heben murmelte sie ein „N'abend" und nachdem die Tür geöffnet worden war huschte sie an ihm vorbei in den etwas schäbig wirkenden Flur des Hauses und betrat das Treppenhaus, ohne den Briefkasten eines Blickes zu würdigen. In allen steckte ein Infobrief der Hausverwaltung, wahrscheinlich wiedermal eine Mieterhöhung.... die zweite in diesem Jahr. Anscheinend hatte sie den nicht wahr genommen, dachte er sich und als er sie darauf, kurz bevor sie um die Ecke verschwand, ansprach und ihr anbot den Brief für sie mitzubringen, wirkte sie im ersten Moment etwas überrascht, dann bedankte sie sich und nahm ihn entgegen. Schweigend stiegen sie die Treppen hinauf, kurz bevor Malte zu seiner Wohnung abbiegen wollte, blieb sie kurz stehen und schaute ihn an.

„Wissen Sie, wo die Stromkästen in den Fluren sind?" Kurz hielt er inne und schaute zu ihr auf, dann antwortete er:
"Klar, soll ich dir das schnell zeigen?" Die Verwirrung über die etwas seltsam anmutende Frage ließ er sich nicht anmerken, zumindest versuchte er sie weitesgehend zu verbergen. Sie nickte nur und dann gingen sie weiterhin schweigend die Treppen noch zwei weitere Stockwerke hinauf. Sie schaute sich kurz um und stieß eine scheinbar nicht abgeschlossene Tür auf und wurde von der Dunkelheit des dahinter befindlichen Raumes fast sofort verschluckt. Er folgte ihr und tastete die Wand nach einem Lichtschalter ab, doch ehe er einen finden konnte, zeichneten sich ihre Schemen in dem dunklen Gang ab, dann hörte er neben sich die Stimme der jungen Frau: "Geht nicht mehr." Daraufhin gab er die mit dem neuen Wissen ohnehin unnütze Suche nach dem Schalter auf und tastete sich an der Wand entlang. Fast augenblicklich verschwand sie in der tiefen Dunkelheit des Raumes. Scheinbar aus einem anderen Raum hörte er die Stimme erneut.
"Hab' ein Feuerzeug". Sie schien sich im Dunkeln sehr sicher und zielstrebig bewegen zu können.
"Kannst du es kurz anmachen? Ich habe dich aus den Augen verloren." fragte er mit einem süffisanten Unterton. Es gab ein leises Zischen und am Ende des Ganges leuchtete eine kleine Flamme auf. Ein beklemmendes Gefühl machte sich in seiner Magengegend breit, die ganze Situation war ihm nicht geheuer.
„Ich habe schon gedacht, die Dunkelheit hätte dich verschluckt!"
Sie ging sie nicht weiter auf seinen Kommentar ein.
„Es ist schwer im Dunkeln die Tür aufzuschließen...." Die Stimme erschien vollkommen ausdruckslos, dann schaute sie ihn wartend an, woraufhin er an ihr vorbeiging, zu dem Sicherungskasten, an der rechten Wand des Nebenraumes. Er klopfte kurz dagegen... so dass es ein metallisches Pochen gab. „Da wären wir."
Sofort machte sie einen Schritt auf ihn zu und leuchtete ihm. „Können Sie das Licht vielleicht wieder einschalten, bitte?" In ihrem Gesicht zeichnete sich Hilflosigkeit, gepaart mit Unbehagen ab.
„Das sollte ich hinbekommen. Darf ich einmal kurz das Feuerzeug haben?"
Sie quittierte die Frage mit einem kurzen Nicken, dann wurden sie beide sofort wieder von Finsternis umfangen. Es dauerte nicht lange, dann spürte er einen leichten Druck auf seiner Brust und als er an die Stelle griff, spürte er zuerst die Hand der jungen Frau, deren feingliedrige Finger noch immer das Feuerzeug umfassten. Als er ihre Haut berührte, zuckte sie kurz zusammen, dann nahm er ihr das Feuerzeug aus der Hand. Wenige Augenblicke später wurde der schlichte Raum von dem flackernden Licht des Feuerzeugs erhellt. Es dauerte nicht lange, bis ein Schalter der Sicherung umgelegt war und mit einem lauten Klacken das Licht der Deckenlampe das Zimmer füllte. Mit einem freundlichen Lächeln stand die junge Frau an dem Lichtschalter und mit der Dunkelheit schien auch die unheimliche Atmosphäre verschwunden.
„Vielen Dank für Ihre Hilfe." Im warmen Licht der Deckenlampe schienen ihre roten Haare hell zu leuchten und bildeten einen sehr schönen Kontrast zu ihrer schlichten, herbstfarbenden Kleidung und ihrem fast komplett farblosen Teint. „Nichts zu danken." Er streckte seine Hand aus. „Vergiss dein Feuerzeug nicht!". Als sie es ihm aus der Hand nahm, zierte erneut der Anflug eines Lächelns ihr Gesicht, dann nickte sie noch einmal dankbar und öffnete ihre Wohnungstür.
„Hab' noch einen  schönen Abend!"
Noch einmal wandte sie ihren Blick zurück. „Danke, wünsche ich Ihnen auch."
Bevor die Tür sich wieder schloss, konnte er noch einen kurzen Blick in die triste, voll-kommen unmöblierte Wohnung werfen. Danach machte er sich auf den Weg in seine eigenen vier Wände. Erschöpft von der Arbeit ließ er seine Tasche im Flur stehen, hing den Mantel an der Garderobe auf, schlüpfte aus den Schuhen und ging in die Küche, um sich dort einen Tee zu machen. Während das Teewasser zu kochen begann, fuhr er sich mit einer Hand durchs Haar und murmelte „Was für ein Tag.", dann goss er das kochende Wasser in seine Tasse, in der bereits ein Beutel Schwarztee hing, nahm sie und setzte sich im Wohnzimmer vor den Fernseher. Es dauerte nicht lang, bis ihm die Augen zufielen und er langsam wegdöste. Als der Nachrichtensprecher über einen Mord berichtete, der in dieser Woche im Park begangen worden war, horchte er noch kurz auf, aber als danach ein Film begann, driftete er endgültig in das Reich der Träume ab...


Antworten Zuletzt bearbeitet am 20.03.2024 22:16.

Alina

-, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Beiträge: 180

Haunted [FSK18]

von Alina am 18.06.2022 13:00

Hallo. Ich heisse Lina und ihr kennt mich vielleicht schon. Ich habe zwischen 2016 und 2022 die Geschichten des "Zimmermädchens" veröffentlicht, welche auch in diesem Bereich des Forums zu finden sind.

Ich denke schon länger über ein neues Projekt nach. Gerade weiss ich noch nicht wie es aussehen wird, aber ich würde zumindest gern mal einen Versuch wagen ob das Thema Anklang findet, an welches ich immer wieder denken muss.
Zwischen 2012 und 2015 habe ich ein Chat-Rollenspiel gespielt und ich habe mich bei der Geschichte etwas an dem Film "So Finster die Nacht" orientiert, welcher im Film "Let Me In" ein Remake erfuhr.

Nur der Vollständigerkeit halber möchte ich erwähnen, dass sowohl die Geschichten als auch Rollenspiele unter die FSK18 fallen dürften.

"Rollenspielhimmel" bittet um Triggerwarnungen, daher möchte ich diese neue Regel auch hier umsetzen. Grundsätzlich würde ich darum bitten, diese Geschichte nicht zu lesen, wenn man zart besaitet ist.
Im Einzelnen gibt es in dieser Geschichte Darstellung von Gewalt und Tod. Falls Euch beim Lesen eine Triggerwarnung ins Auge springt, die ich hier vergessen habe, bitte schickt mir eine Nachricht und ich werde sie hier hinzufügen.


Quelle des Bildes (bearbeitet von Alina)

Mein Spielpartner hat damals angefangen, unser Spiel in eine Romanform zu giessen*. Und genau diesen Text würde ich gern veröffentlichen um zu sehen, ob er Anklang findet. Falls euch die Idee gefällt, lasst es mich gern via Nachricht wissen. Ich freue mich schon auf euer Feedback.
Schon jetzt bedanke ich mich bei meinem damaligen Spielpartner Malte, mit dem ich unvergessliche Stunden erleben durfte, in einem der intensivsten Spiele die ich bisher erlebt habe. Ihr dürft in einer Fortsetzung dieser Story eine sehr sensible Charakterdarstellung erwarten, genauso wie grausame als auch verzweifelte Szenen. Die Geschichte ist wirklich tragisch und ich versuche mal eine kurze Übersicht zu geben ohne allzuviel zu verraten.

Story:
Unser Protagonist lernt eine andere Mieterin des Plattenbaus kennen in dem er wohnt. Es scheint sich um eine ungewöhnliche junge Frau zu handeln die nicht nur ein Geheimnis hütet. Malte zieht es immer wieder zu dieser Person, scheint sie doch ebenfalls unter der Einsamkeit in der Großstadt zu leiden. Auch sie sucht etwas Gesellschaft, wenn sie doch zunächst einen anderen Eindruck erweckt.
Langsam kommt Malte hinter die fürchterlichen Geheimnisse der jungen Frau, was ihn aber nicht davon abhält sich in sie zu verlieben... mit allen dramatischen Folgen. Die Geschichte spitzt sich auf ein dramatisches Ende zu, ein Schicksal aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt.
"So finster die Nacht - und so schwarz das Blut."

Genres:
Horror / Drama / Mystery / Romanze


*Ich möchte nochmal erwähnen dass nicht ich den folgenden Text geschrieben habe, sondern mein damaliger Spielpartner. Falls ich das Projekt beginne, werde ich aber die gesamte Geschichte schreiben - so wie ihr es auch erwarten dürft.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 17.03.2023 13:21.

Alina

-, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Beiträge: 180

Kapitel 11 - Episode 12

von Alina am 09.04.2022 09:18

96. Etage des WTC 1 Gebäudes, World Trade Center, Manhattan,
New York City, NY, USA

8:00 am, Tuesday, 11th of September 2001


Soundtrack für diese Episode: Linkin Park - In The End


Quelle des Bildes


  Lange Minuten vergehen während betretenes Schweigen herrscht. Man raucht und starrt aus dem Fenster. Die Stimmung ist so bedrückend dass man die Luft schneiden kann. Die Protokollantin sieht mittlerweile blass aus. Cathy glaubt dass sie innerlich betet.

Zimmermann sagt:
"So kommen wir nicht weiter. War das... war das Ihr letzter Trumpf, Mrs. Hasselmann? Dämonen? Stimmen im Kopf, die natürlich niemand anders hören kann ausser Sie selbst? Und... diese Dämonen töten dann ihre Sexualpartner und nicht Sie selbst? Wie tun sie das? Warum tun sie das? Und wieso...?"
Er bricht ab und sieht Cathy verständnislos an. Cathy zuckt wieder mit den Schultern.
"Ich wüsste das selbst so gern. Ich habe mir das nicht ausgesucht. Ich..."
"Stop. Halt. Ich..."
Die Anwesenden drehen die Köpfe und sehen Hill, der sich nun erhoben hat.
"Ich denke, ich... weiss etwas darüber."
Alle schauen Hill verwundert an, besonders Cathy. Hill selbst scheint sich zu winden als wolle er gar nicht sprechen. Aber er zwingt sich und spricht mit gepresster Stimme:
"Es gibt ein Tagebuch Ihrer Mutter, Mrs. Hasselmann. Sie hat dort etwas... niedergeschrieben was... Ihr Vater Ihrer Mutter anvertraut hat kurz bevor er starb, am Totenbett. Ihre Mutter Inge schrieb dass ihr Mann unter Tränen davon berichtete dass er einen Fluch auf sich geladen habe, in einer alten Mühle, am Fluss. Sie lagen im Sterben, Cathy... als Sie noch ganz klein waren. Und es gab wohl keine Hoffnung mehr. Dann ist Ihr Vater zu einer geheimnisvollen Gruppe gegangen die sich dort in der Mühle versammelt hat und dort hat er nach eigener Aussage an einem okkulten Ritual teilgenommen. Und als er dann nach Hause kam, da... waren Sie gesund, Cathy. Es war ein Wunder, sowohl Ihre Mutter als auch der Arzt..."
Hill redet nicht weiter denn Cathy bricht weinend zusammen. Sie weint wie ein Kind, die Knie versagen ihr, sie sinkt zu Boden und rollt sich zusammen wie ein Fötus und sie weint, fassungslos, entsetzt und gleichzeitig auf irgendeine Art erleichtert. Ging hier eine achtzigjährige Suche zu Ende? Natürlich erklärte das eben Gesagte gar nichts, man wusste noch immer nichts von diesen 'Dämonen' oder was auch immer Cathy dort angeblich in Knechtschaft hielt... aber es war ein Anfang.

Die Protokollantin weint selbst, Hill steht stumm und steif neben seinem Sessel, selbst mit der eigenen Schwäche ringend und es ist Zimmermann der sich erbarmt und neben Cathy niederkniet. Er deutet eine Umarmung an, kann sich dann aber doch nicht überwinden. Cathy zittert und bebt, Zimmermann bittet sie leise, aufzustehen und sich hinzusetzen. Die vier Agenten sehen ebenfalls mitgenommen aus, dies ist nicht spurlos an ihnen vorbeigegangen. Und die beiden Agenten am Aufzug schauen neugierig herüber, sie wüssten nur allzugern was dort gerade am Fenster passiert.
Zimmermann kann Cathy auf den Sessel bugsieren. Dann endlich können sich die Gemüter ein wenig beruhigen.

Einige Minuten später schneuzt Cathy in ein Taschentuch, ihre Augen sehen verquollen aus. Noch nie hatte sie so geweint, noch nie hatte sie sich so schwach gefühlt. Wie ein Sack liegt sie im Sessel, sie hat kaum mehr Körperspannung. Sie flüstert leise.
"Ich will sterben. Ich will... so gern sterben. Bitte lasst mich sterben... irgendwer...."
Es ist kein Bluff. In diesem Moment wünscht sie sich sogar die Todesstrafe herbei. Es musste doch auf irgendeine Weise enden!
Zimmermann atmet tief durch und sagt leise:
"Entspannen Sie sich noch wenig. Ich lasse Ihnen gerade etwas zur Beruhigung kommen. Dann bringen wir das noch zu einem halbwegs vernünftigen Ende und dann... naja, ich weiss gerade auch nicht weiter. Ich werde mich beraten müssen mit meinem..."
Wieder bricht er ab. Nichts interessierte Cathy gerade weniger und er hatte Verständnis dafür.
Cathy schaut auf und sieht gerade noch wie sich die Aufzugtür schliesst. Sie schaut sich um. Einer der Männer der alles mit angesehen und angehört hatte war nun weg. Sie hatte ihren Plan längst vergessen aber nun fällt er ihr wieder ein. Sollten sich ihre Hoffnungen erfüllen? Würden diese Mitwisser nun vernichtet werden? Sie war sich auch gar nicht mehr sicher ob sie das wollte. Hill war ein schrecklicher Kerl und er würde sie wohl noch immer am liebsten auf dem Elektrischen Stuhl sehen; trotzdem hatte er ihr gerade etwas offenbart wonach sie seit achtzig Jahren suchte.
Und wenn diese Mitwisser nun sterben mussten, würde das jeden einzeln treffen oder alle zusammen? Es bereitete ihr irgendwie Sorgen dass dieser vierte Mann nun im Fahrstuhl unterwegs war und sich immer weiter von der Gruppe entfernte. Hoffentlich kam er schnell wieder. Sie fühlt fast körperlich dass die Stimmen das nicht mochten.

Zimmermann reicht ihr ein neues Taschentuch und sagt dann:
"Ihr Makeup ist etwas verschmiert. Hier nehmen Sie..."
Cathy nimmt das Taschentuch und tupft ihre Augen ab. Erst während sie das tut hebt sie verwundert die Augenbrauen. Sie steht auf und fragt leise: "Welches Makeup? Im Knast gibt es kein..."
Sie stockt und sieht Zimmermann fragend und mit grossen Augen an, denn dieser starrt nun seinerseits sie fassungslos an.
"Cathy... Sie... Sie..."
Mehr bekommt er nicht heraus. Und Cathy lässt das Taschentuch fallen denn sie kann ihre Schläfen fühlen, sie sind leicht zerfurcht wie von den Krähenfüssen einer... vielleicht vierzigjährigen Frau!
Alle starren sie nun an, Zimmermann, die drei Agenten, Hill, sogar die Protokollantin der nun das pure Entsetzen ins Gesicht geschrieben steht.
Cathy schaut auf ihre Hände und auch diese sehen leicht zerfurcht aus. Ihre glatte, junge Haut verschwindet unter ihrem Blick und wird von leicht faltigen Linien durchzogen. Sie schaut entsetzt hoch und... ihr Blick findet wieder die anderen Personen im Raum. Diese sahen nun... zu Tode erschrocken aus und Cathy versteht es denn es geht ihr nicht anders. Sie spürt ein Kribbeln, ihre Haut scheint sich zu kräuseln, sie wird runzelig und sie konnte dabei zusehen wie Altersflecken ihre Haut verdunkelten. Hier ging etwas vor sich was mit gesundem Menschenverstand nicht zu erklären war. Cathy öffnet den Mund, um etwas zu sagen oder um Hilfe zu schreien aber dann beginnen plötzlich alle anderen Personen im Raum zu brüllen! Cathy ist davon so perplex dass sie nur den Mund öffnet aber stumm bleibt.

Aber die anderen Personen brüllen nicht nur – sie rennen mit weitaufgerissen Augen und schreiend zum Fahrstuhl. Cathy schaut ihnen hinterher und schluckt hart. Dann sieht sie wieder zum Tisch und sieht die Protokollantin die gerade ihre Fassung komplett verliert, wild kreischt, jedoch nicht mit dem Finger auf Cathy sondern an Cathy vorbei zeigt. Dabei drückt sie sich verkrampft in ihrem Stuhl. Cathy, die als einzige mit dem Rücken zum Fenster steht, dreht sich herum und dann sieht sie es.
Ein Flugzeug, auf absolut ungewöhnlicher Höhe und... auf direktem Kollisionskurs wie sehr schnell und ohne Zweifel festzustellen ist. Innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde wird es von einem dicken schwarzen Punkt zu einem fensterfrontausfüllenden Rammbock mit Flügeln. Die Zeit verrinnt wie in Zeitlupe und Cathy lässt die Schultern sinken und flüstert mit brüchiger Stimme:
"Natürlich... ausgerechnet ein Flugzeug!"

Eintrag Wikipedia:
(...) Um 8:46 Uhr am 11. September 2001 flog AA11 (eine Boeing 767) mit einer Fluggeschwindigkeit von etwa 750 km/h in die nördliche Fassade des Nordturms (WTC 1) vom World Trade Center in New York. (...) Gemäß dem Abschlussbericht des NIST durchschlug der Flugzeugkorpus das Gebäude zwischen dem 93. und 99. Stockwerk. (...)




ENDE.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 09.04.2022 09:18.

Alina

-, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Beiträge: 180

Kapitel 11 - Episode 11

von Alina am 08.04.2022 11:37

96. Etage des WTC 1 Gebäudes, World Trade Center, Manhattan,
New York City, NY, USA

7:30 am, Tuesday, 11th of September 2001


Soundtrack für diese Episode: Destiny's Child - Say My Name


Quelle des Bildes


  Die Frage war berechtigt. Sie konnte ihnen nichts von den Stimmen erzählen. Das fühlte sich an wie... Verrat. Vielleicht würde sie sofort zu Asche werden wenn sie jemals von diesen Stimmen erzählen würde. Sie denkt lange nach, Zimmermann hatte eine Frückstückspause vorgeschlagen. Alle waren erschöpft, vor allem Hill. Cathy hatte seine Frage nicht beantwortet, das war für die Zeit nach der Pause geplant. Zimmermann war wohl fest entschlossen das Verhör heute noch zu einem Ende zu bringen.
Cathy durfte sich ein Frühstück aussuchen welches per Lieferung kommen sollte, natürlich direkt aus einem hauseigenen Restaurant. Und während sie schweigend am Fenster steht und eine Zigarette raucht, da erinnert sie sich. Sie hatte Anuschka davon erzählt. Und dann war diese gestorben. Musste sie sterben weil sie zuviel über die Stimmen wusste? Musste sie vielleicht doch eher deshalb sterben weil sie leidenschaftlichen Sex gehabt hatten? Oder wäre sie auf jeden Fall überfallen, dann vergewaltigt und getötet worden? Diese Fragen würde sie wohl nie beantworten können und das war sehr traurig. Andererseits war es vielleicht auch egal denn dieses Wissen war nur relevant wenn Cathy jemals wieder frei sein würde. Sie hatte immer Fehler vermeiden wollen; es war demütigend einen Fehler zu wiederholen. "Fool me once, shame on you. Fool me twice, shame on me!"

Sie schüttelt leicht den Kopf, etwas ärgerlich und nach Klarheit suchend. Sie war mit den Gedanken abgeschweift. Sie hatte hier eine gewissen Chance dass das Wissen nicht sie selbst vernichten würde, sondern... diejenigen die von den Stimmen erfuhren. Das war eine sehr verlockende Chance. Sie hatte keine Ahnung was passieren würde aber sie war ganz sicher dass es es irgendeine Reaktion hervorrufen würde.
Weiter kommt sie nicht denn Zimmermann gesellt sich an ihre Seite, auch er raucht jetzt.
"Ich habe zwei Fragen. Zuerst einmal... ich habe die Namen gesehen, die in den Akten stehen. Cathy O'Donovan, Cathy Conrad, Cathy O'Brien, Cathy Muller. Warum in aller Welt immer der gleiche Vorname?"
Er lächelt sogar und Cathy antwortet, nicht ohne Scham:
"Ich kam in Schwierigkeiten wenn ich mich anders nennen liess. Nennen Sie es meine Schwäche. Immerhin war es nicht diese Schwäche die mich zu Fall gebracht hat, oder?"
"Nein, das war Ihre beeindruckende Schönheit, Cathy. Sie wurden immer wieder erkannt. Das... war Ihre einzige Schwäche... und leider auch die all Ihrer Opfer, nichr wahr?"
Cathy nickt und beide sehen sich an.
"Es tut mir leid, falls Ihnen das etwas bedeutet", sagt sie leise.
"Nein. Das bedeutet mir gar nichts. Und ich bitte Sie gleich mit irgendetwas wirklich Wichtigem herauszukommen, denn ansonsten fürchte ich dass Sie heute Abend wieder in Kentucky sein werden."
Seine Miene ist wieder ausdruckslos, auch er konnte sehr gut pokern. Cathy mustert ihn mit eng zusammengekniffenen Katzenaugen.
"Ich verstehe, Mister Zimmermann. Und ja, ich werde gleich auspacken. Aber... es wird Ihnen nicht gefallen."
"Das Risko gehe ich ein", erwidert er, nun wieder schmunzelnd und begibt sich wieder zu seinem Sessel.

Cathy dreht sich herum und schaut alle der Reihe nach an. Zimmermann, Hill, die Protokollantin. Die Security-Agenten waren ihr ziemlich egal. Es vergehen einige lange Augenblicke während sie sich umschaut und nachdenkt. Sie räuspert sich und beginnt:
"Es gibt Stimmen in meinem Kopf. Und ich bin ganz sicher dass es Dämonen sind. Ich bin mir auch darüber im Klaren, dass die Irrenanstalten voll sind von Menschen die etwas Ähnliches sagen. Aber sehen Sie mich an. Ich kann nicht sterben – oder, ich bin vielleicht sterblich aber ich werde nicht älter. Und Menschen sterben wenn ich mit ihnen schlafe. Sie können das nicht widerlegen. Ich kann unmöglich 2.500 Menschen mit meinen eigenen Händen umgebracht haben. Ich gestehe jeden Mord den ich mit meinen eigenen Händen begangen habe. Wieviele mögen es gewesen sein? Vielleicht ein halbes Dutzend? Vielleicht ein Dutzend? Ich weiss dass ich damit für alle Zeiten erledigt bin. Zehn Tote oder 2.500 Tote, das macht in Ihrem Rechtssystem keinen Unterschied. Mit 2.500 Opfern gehe ich in die Geschichte ein, schreibe ein Buch darüber und werde am Ende noch reich. Aber ich habe all diese Menschen nicht getötet. Ich hatte... Sex mit ihnen, seit Anfang der '20er Jahre. Seit achtzig Jahren mache ich das und ich kann auch nicht damit aufhören. Die Stimmen... zerfetzen mich innerlich wenn ich mich dagegen auflehne. Machen Sie sich nicht einmal die Mühe das zu verstehen. Das können Sie nicht, niemals. Das habe ich Ihnen schon damals gesagt, Mr. Hill... damals am Telefon. Erinnern Sie sich?"

Hill atmet tief durch und nickt dann. Auswendig zitiert er:
„'Selbst wenn Sie mich finden, werden Sie es nie verstehen. Niemand kann das.' Die Worte einer Irren. Sie sind irre. Wir beide wissen das."
Cathy lächelt nur und zuckt mit den Schultern.
„Es ist bedauernswert dass sie das so sehen, Mr. Hill. Denn ich würde nichts lieber tun als mit Ihnen zusammen das Geheimnis zu lüften. Ich suche seit achtzig Jahren nach einer Antwort. Ich habe viel herausgefunden doch es ist sicherlich nur ein Bruchteil. Ich bin sicher dass ich besessen bin. Aber nicht wie im Fernsehen. Sie schauen zuviele alberne Filme, Mr. Hill. Ich... habe Dämonen in meinem Kopf die Sie vielleicht ganz sicher mit Ihren Geräten messen können, wenn ich vor Schmerz schreie und dann 'rausgehen muss um mir ein Opfer zu suchen. Denn das ist Ihre Antwort, Mr. Hill. Ich muss gehen und töten denn ansonsten... verbrenne ich innerlich. Und bevor Sie das für Humbug halten, schauen Sie sich nochmal meine Photos an. Ich bin um einiges älter als Sie. Trotzdem werden Sie vor mir sterben. Vielleicht müssen Sie mich nochmal hundert Jahre einsperren um zu überprüfen dass ich nicht altern werde. Vielleicht findet sich dann ein kluger Mitarbeiter der diesem Geheimnis wirklich auf den Grund gehen will."

Sie hat während des Gesprächs die Arme vor ihrer Brust verschränkt und sieht alle der Reihe nach mit ernster Miene an.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 09.04.2022 09:07.

Alina

-, Weiblich

  10. Wannabe Poet

Beiträge: 180

Kapitel 11 - Episode 10

von Alina am 07.04.2022 12:06

96. Etage des WTC 1 Gebäudes, World Trade Center, Manhattan,
New York City, NY, USA

6:45 am, Tuesday, 11th of September 2001


Soundtrack für diese Episode: Dido - Here With Me


Quelle des Bildes


  Cathy hatte einige Minuten am Fenster verbracht. Die Sonne war aufgegangen und sie hatte wieder weinen müssen. Sie hatte das Gefühl dass dieser emotionale Ausbruch alle ein wenig rührte – alle ausser Hill natürlich. Es war der schönste Sonnenaufgang aller Zeiten nachdem sie hundert Monate lang lebendig begraben war. Aber gegen 6:45 Uhr geht es dann weiter.

(Es folgen Auszüge aus dem Gesprächsprotokoll, Teil IV)

"...1940 habe ich dann im Hotel Monteleone gekündigt und habe mit Joe zusammengelebt bis zum Sommer '41. Das war keine gute Idee. Ich war besessen von der Idee, ein normales Leben führen zu können mit Joe. Die Leute hatten schon wieder begonnen zu fragen warum ich nur so verdammt jung aussähe. Es wurde immer mehr Leuten unheimlich, nicht nur Joe. (...)
Aber das Schicksal kam mir zuvor. Irgendwie... muss ich einen Fehler gemacht haben. Oder... naja, wie auch immer, Joe war plötzlich todkrank, Krebs. Ich weiss dass auch manchmal... Menschen einfach so sterben und ich weiss bis heute nicht ob ich einen Anteil daran hatte. Er ist dann schnell gestorben und ich bin abgehauen. Dieses Mal nach Houston, Texas. Dort habe ich dann Jules getroffen. Jules hat mich recht schnell mit nach San Francisco genommen. Das war... Neujahr '42 glaube ich. Ja, genau.
Mir war das recht, denn... ich wusste dass die vielen Toten längst aufgefallen sein mussten. Bis 1940 hatte ich meistens Sex mit Hotelgästen und das musste doch irgendwann auffallen, oder?
In San Franciso jedenfalls habe ich dann etwas über mich gelesen. Eine bundesweite Fahndung mit meinem Namen! Da bin ich Panik geraten. Bundesweite Fahndung, das heisst doch sicherlich dass das FBI mit drinsteckt. Jedenfalls traute ich niemandem mehr, vor allem nicht Jules. Ich habe ihn dann vergiftet."

Zimmermann: "Also noch ein... 'ganz normaler Mord', wenn ich das nennen darf? Sie haben ihn mit eigenen Händen umgebracht? (...) Verstehe. Sehr interessant. (...)
Ich darf Ihnen vielleicht noch mitteilen dass das FBI zwar auf Zack ist, aber nicht ganz so wie sie befürchteten. Das FBI fahndete erst seit 1943 nach Ihnen. (...)"

Anmerkung der Protokollantin: Streichung eines Fluches von Mrs. Hasselmann aus dem Protokoll.

Zimmermann: "Und Sie haben recht. Es waren vor allem die Totenfälle in Hotels die unsere Aufmerksamkeit erregt haben. Die Tatorte kombiniert mit Ihrem Aussehen sorgten dafür, dass wir von ein und derselben Täterin ausgehen konnten. Sogar unser Sonderermittlungsteam beim FBI trug den Namen 'Hotel'."

Hasselmann: "(...) Dann habe ich noch ein paar Wochen irgendwo in der Pampa gewohnt und habe mir einen neuen Pass besorgt. Der Name lautete 'Cathy O'Donovan'.
Und dann nichts wie weg. Ich bin mit dem Schiff nach Hawaii gefahren. Und irgendwann '42 bin ich dann wohl in Pearl Harbour an Bord der USS Enterprise gegangen. Dort habe ich gedient. (...)
Auch das war ein Fehler. Man sollte niemals dorthin fliehen von wo es keinen Ausweg mehr gibt. Erst die Enterprise, dann später die DDR... zweimal eingeschlossen und zweimal verhaftet worden. Heute... wäre ich klüger. (...)"
An Bord war alles anders. Ich hatte viel weniger Sex und... das war auch okay so. Zwei Männer in drei Monaten aber beide starben. Einer fiel von Bord und einer wurde bei einem Luftangriff der Japaner getötet. Ich war sogar dabei. Ich war voller Blut und... es war einfach schrecklich. (...)
Der Admiral war von mir beeindruckt. (...) Ja, Admiral selbst. Es war Halsey, William Halsey. Er wollte eine Heldin aus mir machen und mich auf Plakate drucken lassen. Dann wäre ich erledigt gewesen und das konnte ich natürlich nicht zulassen..."

Anmerkung der Protokollantin: Mr. Hill muss von Mr. Zimmermann und einem weiteren Agenten beruhigt werden. Ihm wurde ausserdem versichert dass der Kriegsheld Halsey erst im Jahre 1959 mit 77 Lebensjahren verstarb.

Hasselmann: "Was dann folgte war ein ziemliches Durcheinander. Da war dieser Kerl, George Dempsey. Der wollte mich nach Hollywood bringen. Ich hatte vor, ihm irgendwo auf dem Weg dorthin davonzulaufen und einen neuen Pass würde ich auch wieder brauchen. Und da war dann noch Shawn, so ein niedlicher Matrose. Er wollte mich mit auf seine Farm nehmen, nach Wyoming glaube ich. Er wurde eifersüchtig. Er brachte Dempsey um, es war ein Unfall. Und ich brachte dann Shawn um. Nicht mit Gift, mit... mit Sex und es war so leidenschaftlich dass er noch in der gleichen Nacht gestorben ist. Das war wohl ein bisschen viel... Dempsey, dann Shawn. Sie haben mich dann eingelocht."

Hill: "Das ist ja allerhand. Ich brauche eine Pause. Sonst ersticke ich. Eine Heldin sollte sie werden... ein Weibsstück, welches nichts Besseres zu tun hat als unsere braven Jungs auf See zu verführen und zu töten!
Sagen Sie mal, warum... warum hatten Sie soviele wechselnde Partner? Nehmen Sie mich mal mit in Ihre kranke Gedankenwelt. Warum gehen Sie so sorglos mit Menschenleben um? Sie wissen, wenn sie mit jemandem Geschlechtsverkehr haben wird er sterben. Warum nur hatten Sie so viele Männer? Warum haben Sie nicht versucht, die Opferzahl wenigstens so gering wie möglich zu halten?"

Stille breitet sich im Raum aus.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 09.04.2022 09:09.

Alina

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Kapitel 11 - Episode 9

von Alina am 06.04.2022 10:19

96. Etage des WTC 1 Gebäudes, World Trade Center, Manhattan,
New York City, NY, USA

6:00 am, Monday, 10th of September 2001


Soundtrack für diese Episode: Sugababes - Overload


Quelle des Bildes

(Es folgen Auszüge aus dem Gesprächsprotokoll, Teil III)

Hasselmann: "...in den Süden. Mein Ziel war New Orleans und ich bin direkt dort 'runtergefahren, also keine Anstellungen in anderen Städten auf dem Weg dorthin. Ich musste weg aus Chicago. Dieses Mal nicht wegen den Bul-... nicht wegen der Polizei, sondern weil es langsam auffiel dass ich nicht altere. Ich habe getrunken, geraucht, war die ganze Nacht unterwegs, hatte viele Männer... und nichts davon hinterliess eine Spur. Ich wusste dass ich nirgends länger sechs, sieben, acht Jahre lang bleiben konnte."

Anmerkung der Protokollantin: Schriftlicher Zusatz von Mr. Zimmermann während einer Pause. "Bitte von Direktion prüfen lassen ob eine Todesstrafe in diesem Falle nicht doch zielführender wäre. Der Aufwand einer Verlegung alle sechs Jahre bedeutet nahezu eine Verdoppelung der Bemühungen. Kosten und Nutzen stehen hier in keinem günstigen Verhältnis mehr zueinander."

Hasselmann: "...keine anderen Hotels auf dem Weg, ich bin direkt nach New Orleans gegangen und habe dann eine Anstellung im Hotel Monteleone gefunden. An zwei Gäste kann ich mich erinnern, zwei prominente Männer. Einmal der Musiker Frank Dusen den ich im Hotel kennenlernte. Er wollte mich unbedingt und... nach einigem Drängen habe ich dann nachgegeben. Er ist kurze Zeit später ziemlich elendig an einer schweren Krankheit gestorben."

Hill: "Schon in der Bibel steht: 'Vor ihm her ging Pestilenz, und Plage ging aus, wo er hin trat.' Ihre Worte sind schwer zu ertragen, Mrs. Hasselmann. Wie kann man nur so verkommen und rücksichtlos sein?"

Hasselmann (ungerührt): "Was sehr viel interessanter ist, Mister... da gab es diesen Lokalpolitiker, Mr. Hébert. Auch er stellte mir im Hotel nach, etwa zur selben Zeit. Ich liess mich darauf ein, es schmeichelte mir dass er mich wollte. Doch... er konnte nicht. Ganz sicher war er impotent, wir versuchten es Stunden. Und er ist nicht gestorben, das weiss ich. Ich habe seine Karriere noch eine Zeitlang verfolgt. Genau weiss ich es nicht wann er gestorben ist, aber das können sie mir sicherlich sagen.

Zimmermann (recherchiert im Internet): "Das kann ich tatsächlich, liebe Catherine. Der Mann ist 1901 geboren, so wie Sie. Allerdings hatte er wohl das Gefühl ein junges Mädchen im Bett zu haben. Wann war das? (...) 1935, ich verstehe. Ja, gefühlt war er fast doppelt so alt wie Sie, Mrs. Hasselmann? (...) Ja. Und er ist 1979 gestorben, er wurde also 78 Jahre alt. Sie haben Recht, er hatte noch ein langes Leben."

Anmerkung der Protokollantin: Mr. Hill seufzt erleichtert.

Hasselmann: "Dann war da noch meine wichtiste Begegnung... vielleicht die wichtigste meines ganzen Lebens, Joe... Johann Conrad. (...) Ja, deutschstämmig, die Liebe meines Lebens. Ich wusste zu diesem Zeitpunkt dass ich... die Sache doch manipulieren kann. Es klingt schrecklich aber... ich hatte herausgefunden dass ich über ein kleines... wie soll ich sagen, Zeitfenster verfüge wenn ich gerade Sex mit einem anderen Mann hatte. Der würde sterben, aber... nicht der Mann der kurz darauf folgt. Verstehen Sie das? Der Fluch scheint... inaktiv zu sein – falls das einen Sinn ergibt. Aber nicht sehr lang, keine Ahnung. Ich habe nie eine richtige Statistik darüber angelegt."

Hill (reibt sich die Schläfen): "Sagen Sie, schämen Sie sich nicht? Haben Sie nie versucht sich einen Strick zu nehmen? Mir ist speiübel. Ich komme mir vor als würde ich Adolf Eichmann verhören. Sie sind ja..."

Zimmermann: "Ich sehe durchaus einen Konflikt in ihr. Sie versucht zu überleben, wie wir alle. Und sie versucht herauszufinden warum Menschen sterben. Ist es nicht so? Waren Sie glücklich mit dieser Situation, Mrs. Hasselmann? Oder hätten Sie nicht lieber ein normales Leben gelebt?"

Hasselmann: "Die Frage habe ich mir oft gestellt. Ich habe lange nicht mit Johann geschlafen... aus Angst ich würde ihn töten. Schlussendlich habe ich ihn dann sogar verlassen. Ich dachte mein Herz zerbricht daran. Später sind wir dann doch wieder zusammengekommen. Da war mir dann die Sache mit dem Zeitfenster klar. Wir konnten sogar miteinander schlafen..."

Hill (erbost): "...wenn Sie vorher einen anderen braven Mann ermordeten, stimmt's? Wie krank sind Sie da drinnen in Ihrem Kopf? Das ist ja unerhört!"

Anmerkung der Protokollantin: Mr. Hill muss davon abgehalten werden Mrs. Hasselmann tätlich anzugreifen. Mr. Zimmermann unterbricht daraufhin die Anhörung.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 09.04.2022 09:09.

Alina

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Kapitel 11 - Episode 8

von Alina am 05.04.2022 10:48

96. Etage des WTC 1 Gebäudes, World Trade Center, Manhattan,
New York City, NY, USA

5:00 am, Tuesday, 11th of September 2001


Soundtrack für diese Episode: Melanie C - Never Be The Same Again


Quelle des Bildes

(Es folgen Auszüge aus dem Gesprächsprotokoll, Teil II)

"...einige Monate in Louisville. Auch dort erinnere ich mich an einen Gast des Hotels in dem ich arbeitete. Wir hatten Sex und kurz darauf rutschte er auf dem Parkett aus und schlug sich den Schädel ein. Mir kam es immer absurder vor was rings um mich herum passierte, aber... ich erinnere mich auch mit der Zeit gleichgültiger geworden zu sein. (...)
Ich bin sicher dass ich nur einen Bruchteil der Todesanzeigen oder Nachrichten gesehen habe. Ich hatte oft Sex, durchschnittlich mit zwei verschiedenen Männern pro Woche wenn ich das überschlage und manchmal habe ich von ihrem Tod erfahren – vor allem wenn es sich um etwas bekanntere Personen handelte wie Lokalpolitiker oder auch Musiker. Aber wenn Sie mich fragen dann... bin ich fast sicher, dass alle Männer gestorben sind mit denen ich Sex hatte. Daran glaube ich fest. Und das wusste ich damals schon. Oder besser gesagt, ich musste es stark annehmen."

Hill (wütend): "Um Gottes willen, warum haben Sie es denn dann gemacht? Heilige Mutter Gottes, warum sind Sie nicht ins Kloster gegangen? Das sind doch vorsätzliche Morde!"

Zimmermann (schmunzelnd): "Nun glauben Sie ihr also, Herr Kollege? Und ich danke Ihnen, Frau Hasselmann, dass Sie meine Zahlen verifiziert haben. Dank der peniblen Arbeit schon lange verstorbener Mitarbeiter an Ihrem Fall und nicht zuletzt der Berechnungen von Mr. Hill sind wir anhand sehr ähnlicher Annahmen auf eine Zahl von etwa 2.500 Morden gekommen. Deckt sich das mit Ihrer eigenen Vermutung?"

Anmerkung der Protokollantin: Mrs. Hasselmann nickt. Mr. Hill stöhnt schmerzerfüllt.

Hasselmann: "...in Chicago. Das muss Anfang der 1930er Jahre gewesen sein... vielleicht auch ein wenig früher. Ja, noch vor dem "Black Thursday", ich erinnere mich. Ich wollte schon die ganze Zeit nach Chicago gehen aber erst kurz vor der Weltwirtschaftskrise war es soweit. Ich habe im Guyon Hotel gearbeitet. Zu dieser Zeit ist mir aufgefallen dass ich nicht altere. Ich hätte ja schon Ende Zwanzig sein müssen – oder besser, ich war Ende Zwanzig aber ich sah so aus wie ich jetzt auch aussehe. Wenn Sie mich fragen würden, so würde ich antworten dass ich mich seit Mr. Richards Tod nicht mehr verändert habe. Und fragen Sie mich nicht wieso. Das ist etwas was ich selbst nur allzugern wüsste. Ich konnte mir nie einen Reim drauf machen. Und seien sie sich gewiss, ich habe es versucht. Ich hatte lange genug Zeit dafür. Sagen Sie es mir. Sie haben mich acht... Sie haben mich lange genug untersucht."

Anmerkung der Protokollantin: Auf Anordnung von Mr. Zimmermann werden die letzten beiden Sätze aus dem Protokoll gestrichen.

Hasselmann: "...sein Name war Frank Yale. Ich nannte ihn Frankie. Er war ein Mafiosi, das wusste ich. Ich erinnere mich dass ich mich zu dieser Zeit immer sicherer fühlte was meinen... Fluch angeht. Es tut mir leid, ich kann es nicht anders nennen. Ich dachte ich hätte den Dreh heraus. Ich hatte mich etwas in Mr. Yale verliebt, sein Geld war ein schöner Anreiz, ich hätte vielleicht nie mehr arbeiten müssen. Ich hätte ihn geheiratet oder ich wäre sogar glücklich geworden seine Geliebte zu sein. Ich gab mir Mühe es 'anders zu machen', wenn Sie verstehen was ich meine. Wenn Sie es nicht verstehen... das macht nichts – zu diesem Zeitpunkt wusste ich auch noch gar nichts, wie ich später herausfinden sollte. Frankie wurde übrigens erschossen nachdem ich Sex mit ihm hatte."

Anmerkung der Protokollantin: Mrs. Hasselmann trinkt Kaffee und zündet sich eine Zigarette an. Dann fährt sie fort.

Hasselmann: "...Tode, aber keine Morde. Menschen starben wenn sie mich trafen und mit mir Sex hatten aber bisher hatte ich niemals Hand an jemanden gelegt. Niemals. Glauben Sie das oder lassen Sie es. Aber ich habe später doch jemanden ermordet und zwar in Chicago. Da war dieser Kerl der mich wiedererkannte. Er hiess Peterson, Dillon Peterson. Er hatte mich in New York gesehen, ebenfalls bei meiner Arbeit als Zimmermädchen. Und er liess sich nicht abwimmeln. Dann sind wir zu ihm gegangen und da habe ich ihn dann umgebracht. Ich habe ihn mit KO-Tropfen erledigt und ihn dann mit einem Kissen erstickt."

Hill (fassungslos): "Herrje, warum bringt sie jemanden um wenn die Kerle doch von ganz allein sterben? Was in aller Welt erzählt sie uns da?"

Zimmermann (beschwichtigend): "Bitte, lassen Sie sie doch berichten. Jetzt haben Sie doch endlich ihr erstes Geständnis. Ein Mord! Dafür bekommt sie lebenslänglich. (...) Nun beruhigen Sie sich doch, Mr. Hill!"

Hasselmann (nachdenklich): "Ich weiss nicht warum ich es getan habe. Ich kann mich erinnern dass ich grosse Angst hatte. Die ganze Sache war mir selbst unheimlich. Da war jemand der sich an etwas erinnerte wovor ich geflohen bin. Und dann sprach er mich noch darauf an dass ich mich gar nicht verändert hätte. Dann sah ich rot. Ich wusste auch dass er eh sterben wird nachdem... nachdem ich mit ihm geschlafen hatte. Ich wollte es... bloss beschleunigen."

Anmerkung der Protokollantin: Mr. Hill bittet um eine Pause.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 09.04.2022 09:08.

Alina

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Kapitel 11 - Episode 7

von Alina am 04.04.2022 11:44

96. Etage des WTC 1 Gebäudes, World Trade Center, Manhattan,
New York City, NY, USA

4:00 am, Tuesday, 11th of September 2001


Soundtrack für diese Episode: Craig David - Walking Away


Quelle des Bildes

  Etwa zehn Minuten später ist es soweit. Zimmermann hatte vorher noch das aktuelle Schreiben für alle sichtbar auf den Tisch gelegt. Es trug die Unterschrift des Präsidenten und genehmigte dem FBI genau das Vorgehen welches Zimmermann Cathy angeboten hatte: vollständiges Geständnis, danach Haft in Sing Sing oder, falls kein befriedigendes Geständnis dabei herauskam, schnellstmögliche Vollstreckung der Todesstrafe durch die Giftspritze und zwar in Kentucky wohin Cathy sofort wieder zurückkehren würde.
Natürlich war das nichts als ein Stück Papier, sie würde niemals etwas einklagen können. Aber der eigentlich riskante Teil war die Tatsache dass Zimmermann "zufrieden" sein musste. Er musste glauben dass das Geständnis vollständig war. Und Cathy war bereit etwas zu liefern – sie war nicht hier um ihre Weste reinwaschen zu können.
Doch nun geht es los. Cathy räuspert sich, schaut auf ihre Fingernägel und beginnt in Baltimore...

(Es folgen Auszüge aus dem Gesprächsprotokoll, Teil I)

Hasselmann: "...hatte ich eine Anstellung bei der Familie Richards in Baltimore. Das muss gegen Ende des Grossen Krieges gewesen sein. Ich habe dort etwa ein Jahr gearbeitet und ich kann mich daran erinnern dass mich Mr. Richards immer wieder angefasst hat. Er wollte mit mir schlafen. Und dazu ist es auch gekommen. Mr. Richards ist dann kurz darauf an einem Herzinfarkt gestorben. Die Polizei vermutete dass ich etwas damit zu tun hatte. Das hatte ich nicht, jedenfalls nicht direkt. Ich denke dazu sollte ich später mehr sagen. Zunächst hatte ich keine Ahnung was die Polizei von mir wollte. Ich habe ihn nicht vergiftet und er ist auch nicht während des Beischlafes gestorben. Ich war genauso überrascht wie alle anderen. (...)
...und bin dann nach New York gefahren, mit dem Zug. Ich wollte nur noch weg, weg von der Polizei, weg von meiner Familie, weg von meinen Nachbarn, alle redeten über mich, niemand glaubte mir. Ich wollte in einer grossen Stadt neu anfangen, ich war noch so jung.
Ich habe dann im Waldorf-Astoria angefangen zu arbeiten. Es war eine recht anstrengende Zeit aber New York war der richtige Ort für mich. Ich liebe New York..."

Anmerkung der Protokollantin: Mrs. Hasselmann steht auf, schaut seufzend aus dem Fenster und setzt sich dann wieder.

"...dann passierte es wieder. Da war dieser Mr. Buchanan. Ich erinnere mich nicht mehr an den Vornamen. Aber es war eine grässliche Nacht, ich... war total überfordert. Ich wusste nicht was geschieht. Ich hatte Sex mit Mr. Buchanan, er war ein Gast und... er hatte ein Auge auf mich geworfen. Später wurde ich von den Polizeisirenen geweckt. Er ist entweder selbst vom Balkon gesprungen oder er ist aus Versehen heruntergefallen. Jedenfalls war er tot und... ich hatte ein Deja-Vu. Der gleiche Mist wie in Baltimore, stimmt's?"

Hill (ärgerlich): "Wohin führt das? Das wollen Sie alles nicht gewesen sein? Wieso sollten wir uns so eine törichte Geschichte anhören?"

Zimmermann: "Lassen wir sie ausreden, das ist Teil des Deals."

Hasselmann: "Danke, Mr. Zimmermann. Das war auch noch nicht alles. Ich hatte auch Sex mit einem Ralf German oder so ähnlich. Ich habe ihn im Park getroffen, dann haben wir was zusammen getrunken und dann hatten wir Sex. Kurz darauf ist er von einem Auto überrollt worden wenn ich mich recht entsinne. Zu diesem Zeitpunkt war ich geschockt und dachte, ich wäre verflucht oder...was auch immer."

Hill: "Ein ganz schön frivoles Früchtchen, wenn man bedenkt dass damals...
Naja, das tut hier wohl nichts zur Sache. Aber gut, dann stimmt diese Verbindung schon mal. Ein Officer aus New York hat eine Verbindung hergestellt zwischen einem Mord in Baltimore an einem Mr. Richards und dem Tod eines Mr. Buchanan in New York. Beide Male soll ein junges, rothaariges Mädchen irgendwie involviert gewesen sein. Das stimmt also, Mrs. Hasselmann?"

Hasselmann: "Ja, das stimmt. Das war ich. Ich war zeitnah beim Tod von Mr. Richards anwesend und dasselbe gilt für Mr. Buchanan. Mit beiden hatte ich kurz unmittelbar zuvor auch Geschlechtsverkehr.
Und wieder hatte ich mit der Polizei zu tun. Wieder wurde ich befragt und ich dachte, das ganze Spiel würde sich nun hier in New York wiederholen. Also bin ich wieder davongelaufen. (...)
Lassen Sie mich nachdenken. Philadelphia, Indianapolis... ich erinnere mich an diese Zeit weil ich auch dort dieselben Erfahrungen gemacht habe wie in New York – nur dass sie jetzt allmählich zur Routine wurden. Ich fing an mich nicht mehr zu wundern. Ich suchte förmlich nach Todesanzeigen die mir bestätigten was ich irgendwie ahnte: wenn ich mit Männern schlief, dann starben sie meist kurze Zeit später."

Hill (aufgebracht): "Ich schlage vor, Mrs. Hasselmann noch heute zurück nach Lexington zu bringen. Das hier ist Zeitverschwendung."

Zimmermann: "Finden Sie? Ich finde es sehr interessant. Und was wundert Sie so sehr, verehrter Kollege? Sehen Sie sich ihre Photos an. Denken Sie nicht dass wir uns die Geschichte bis zum Ende anhören sollten? Ich bin jedenfalls auf Dinge gefasst die... mit normalem Verstand nicht zu erklären sind."

Hasselmann (pikiert): "Ich danke Ihnen. Und ich kann Ihnen versichern dass... ich mich genauso hilflos und sogar ausgeliefert gefühlt habe. Warum sollte ich lügen? Da liegt ein Schreiben Ihres Präsidenten, oder? Dann sage ich Ihnen halt dass ich 2.500 Männer vergiftet habe und dann bringen Sie mich bitte ins Sing Sing. Das soll mir auch recht sein."

Anmerkung der Protokollantin: Mr. Zimmermann unterbricht die Anhörung.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 09.04.2022 09:08.

Alina

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Kapitel 11 - Episode 6

von Alina am 03.04.2022 12:03

96. Etage des WTC 1 Gebäudes, World Trade Center, Manhattan,
New York City, NY, USA
Tuesday, 11th of September 2001


Soundtrack für diese Episode: Kylie Minogue - Can't Get You Out Of My Head


Quelle des Bildes

  Es ist drei Uhr morgens als einige schwarze Limousinen und ein Kleinbus in die Tiefgarage des World Trade Centers einbiegen. Etwa dreissig Minuten später befindet sich Cathy in der 96. Etage des Gebäudes. Hier befanden sich die Betriebsräume, genauer gesagt sogar zwischen der 92. und der 99. Etage von insgesamt 110 Etagen. Weiter oben gab es noch zusätzliche Maschinenräume die wohl für die Aufzüge zuständig waren, aber auf den neunziger Etagen handelte es sich um Betriebsräume aller Art, Lüftungs-, Energie- und Wasserversorgung. Diese Räume bildeten einen Kern aber man hatte die Aussenräume leer gelassen, dort wo ringsherum Fenster das Gebäude umschlossen. Diese Räume standen wohl mehr oder weniger leer, konnten für bestimmte kurzzeitige Projekte angemietet werden oder als Abstellräume benutzt werden.

Die Sicherheitsvorkehrungen waren beträchtlich aber nicht übertrieben. Cathy war wieder gefesselt, die Hände hinter dem Rücken, die Füsse zusammengekettet und sie hatte sich einen Peilsender implantieren lassen müssen – eine Technik die das CIA extra für diesen Fall bereitgestellt hatte. Und noch dazu trug sie einen kleinen Sprengsatz an der Hüfte der von Zimmermann notfalls gezündet werden konnte. Man wollte nichts dem Zufall überlassen. Dazu ein halbes Dutzend Agenten mit Handfeuerwaffen am Gurt und Schnellfeuerpistolen in der Hand, stark gepanzert und mit Kapuzen. Ein Aufzug war von der Tiefgarage nach oben reserviert worden für eine ganze Stunde damit niemand dieses Sonderkommando zu Gesicht bekam.

Oben war alles ganz nett vorbereitet. Vier Sessel standen dort, ein grosser Tisch mit zwei Stühlen, eine Kommode mit Kaffeemaschine und daneben Getränkekisten – alles provisorisch und einfach hingestellt aber immerhin. Dann allerlei technisches Gerät auf kleinen Tischen und ein Rekorder auf dem grossen Tisch.
Die Agenten hatten sich in Position gebracht. Zwei am Aufzug beziehungsweise an der Treppe, zwei an der Fensterfront, Cathy zugewandt und noch zwei im Raum verteilt, ebenfalls Cathy zugewandt – die Waffen feuerbereit, aber im Moment nicht auf Cathy gerichtet.
Cathy hat auf einem Sessel Platz genommen, die Hände sind nun frei, nur ihre Füsse sind weiterhin mit einer Kette verbunden. Vor ihr dampft ein frischgebrühter Kaffee. Eine junge Frau hat am Tisch Platz genommen, Cathy kennt ihre Funktion bisher nicht. Vielleicht war sie für das Protokoll zuständig, ein Diktat oder sie trug die Verantwortung für das reibungslose Funktionieren des Rekorders. Dann ist da Zimmermann der heute morgen angespannt wirkt. Cathy freute es zu sehen dass dies auch keine normale Situation für den sonst so betont-lässigen Agenten war. Das war seine Operation und jedes Malheur musste dafür sorgen, dass er sich an höchster Stelle verantworten musste.

Man hatte ihr gesagt dass auch ein Mann von Interpol kommen würde. Sie hatte aber nicht gefragt, wer das sein würde. Bei Hill war sie sich nicht sicher wie alt er mittlerweile war. Vielleicht war er schon tot. Jedenfalls war von diesem Mann noch nichts zu sehen.
Cathy geniesst die Aussicht und schaut immer wieder von ihrem Sessel aus zum Fenster. Zimmermann hatte ihr anfangs erlaubt einige Minuten am Fenster zu stehen und hinauszuschauen. Es war atemberaubend. New York bei Nacht, Millionen von Lichtern – die Stadt, die niemals schlief. Der beste Moment war aber gewesen als sie zum ersten Male wieder die Sonne gesehen hatte. Sie war gestern gegen Abend geweckt worden und als sie das oberirdische Gebäude verliess welches wie ein Grabstein auf ihrem Gefängnis stand, da hatte sie die letzten Strahlen der untergehenden Sonne auffangen können. Dabei hatte sie Tränen in den Augen. Es folgte eine kurze Fahrt zu einem kleinen Flughafen von wo aus sie mit einem Privatjet nach New York geflogen waren. Der Flug und die Ankunft in New York war von der gleichen Schönheit, sie hatte endlich wieder den Mond und die Sterne gesehen. Dabei hatte sie leise geweint. Niemand konnte sich diese Schönheit vorstellen wenn man fast neun Jahre auf diesen Anblick verzichten musste.
Gegen zwei Uhr waren sie in New York angekommen und dann folgte die Fahrt zum Welthandelszentrum. Gegen drei Uhr kamen sie an und nun schlug es fast vier Uhr. Cathy wusste nicht warum ihre Anhörung so früh am morgen stattfinden musste, aber sie war viel zu fasziniert von der Tatsache das erste Mal seit achteinhalb Jahren einen Tag-Nacht-Wechsel mitzuerleben.

Cathy schaut zum Aufzug. Zimmermann steht auf und geht herüber. Die Agenten machen einem älteren Herrn Platz der den Aufzug verlässt. Ein recht stattlicher Mann, weiss-blondes Haar und sommersprossig, sodass man vermuten kann dass er früher mal rothaarig war. Er redet zwar kurz mit Zimmermann aber sein Blick gilt sofort nur einer Person am Fenster. Cathy lässt ihn auch nicht aus den Augen und sie weiss dass das Hill sein muss. Sie kann von Anfang an diese Mischung in seinem Blick erkennen – Faszination gepaart mit Abscheu. Sie schmunzelt leicht. Sie hatte nicht mehr viel zu verlieren, das Gespräch konnte amüsant werden.
Beide nehmen Platz während Zimmermann und der noch unbekannte Mann miteinander tuscheln. Dann endlich sieht Zimmermann Cathy an und sagt laut, für alle hörbar:
"Das hier ist Mr. Hill, Interpol. Fürs Protokoll: aus dem aktiven Dienst entlassen aber er ist im offiziellen Auftrag von Interpol anwesend und wird die Verdächtige Catherine Hasselmann zusammen mit mir verhören."

Cathy lächelt nun und nickt Hill zu. "Mr. Hill. Es ist eine Freude Sie endlich kennenzulernen."
Sie steht auf und streckt die Hand aus, viel zu weit weg von ihm aber die Geste ist eindeutig und eine Provokation dazu. Hill verzieht säuerlich das Gesicht und starrt Cathy nur an.
Cathy wartet einige Sekunden die sehr zäh verinnen. Auch Zimmermann sieht Hill an. Diese Momente sagten ihm viel über die Beziehung dieser beider Menschen, die sich zwar noch nie gesehen hatten aber die sich seit einigen Jahrzehnten kannten. Hill hasste Cathy abgrundtief – aber er war zu stolz um ihr das ins Gesicht zu speien. Sein Blick sagt es trotzdem und Cathy schmunzelt. Nach all den Jahren und trotz seines Ruhestandes geht sie ihm noch immer unter die Haut. Diese Runde geht an sie.


Antworten Zuletzt bearbeitet am 09.04.2022 09:08.
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